Mündliche Verhandlung vor dem (Landes)Arbeitsgericht – und der Grundsatz der Öffentlichkeit in Coronazeiten

Nach § 52 Satz 1 iVm. § 64 Abs. 7 ArbGG ist die Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht öffentlich.

Mündliche Verhandlung vor dem (Landes)Arbeitsgericht – und der Grundsatz der Öffentlichkeit in Coronazeiten

Der Grundsatz der Öffentlichkeit, der zu den Prinzipien demokratischer Rechtspflege gehört und zudem in § 169 Abs. 1 Satz 1 GVG niedergelegt ist, verlangt, dass jedermann nach Maßgabe des tatsächlich verfügbaren Raums Zutritt zur Verhandlung ermöglicht wird.

Die Beachtung des Grundsatzes findet ihre Grenze in der tatsächlichen Unmöglichkeit, ihr zu entsprechen. Er ist nicht verletzt, wenn aus zwingenden Gründen Beschränkungen bestehen oder angeordnet werden müssen.

Zulässig ist daher eine Reduzierung der Zuhörerzahl in einem Saal, um Abstandsregelungen im Zuge einer Pandemiebekämpfung einhalten zu können. Die Verhandlung ist aber nur dann öffentlich, wenn beliebige Zuhörer, sei es auch nur in sehr begrenzter Zahl, die Möglichkeit des Zutritts haben. Erforderlich ist, dass Zuhörer in einer Anzahl Einlass finden, in der sie noch als Repräsentanten einer keiner besonderen Auswahl unterliegenden Öffentlichkeit angesehen werden können. Ein einziger Platz für Zuhörer wäre zu wenig, weil dies zu einem faktischen Ausschluss der Öffentlichkeit führte1.

Danach war in dem hier vom Bundesarbeitsgericht beurteilten Verfahren die Öffentlichkeit in der Berufungsverhandlung vor dem Sächsischen Landesarbeitsgericht2 gewahrt:

Auf der Internetseite des Sächsischen Landesarbeitsgerichts befand sich in Auszügen folgender Hinweis: „Personen, die keine Justizbediensteten sind, sollen Gerichte grundsätzlich nur zur Wahrnehmung von Terminen, zu denen sie geladen wurden oder die tatsächlich telefonisch abgestimmt wurden, betreten. Der Zugang zu Gerichten soll somit auf das erforderliche Maß beschränkt werden. … Die Terminsladung ist im Rahmen der Zugangskontrolle vorzulegen. Dies gilt nicht für Rechtsanwälte*innen oder Verbandsvertreter*innen. Der Zutritt zum Zweck des Besuches von öffentlichen Verhandlungen ist unter Beachtung der 3G-Regelungen grundsätzlich gestattet. Der Eintritt zum Gericht wird aber grundsätzlich nur in dringenden Fällen oder nach vorheriger Vereinbarung eines Termins oder als Zuschauer*in einer öffentlichen Verhandlung zugelassen. Bitte wenden Sie sich zunächst schriftlich oder telefonisch an das jeweilige Gericht (Telefon siehe hierzu Kontaktangaben nebenstehend).“

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Darin liegt keine Zutrittsbeschränkung in einer Weise, dass öffentliche Zuhörer nicht mehr in einer Anzahl hätten Einlass finden können, in der sie noch als Repräsentanten einer keiner besonderen Auswahl unterliegenden Öffentlichkeit angesehen werden konnten. Der Zutritt von Zuschauern „zum Zweck des Besuchs von öffentlichen Verhandlungen“ war vielmehr „grundsätzlich gestattet“ und durch das Wort „oder“ auch eindeutig vom Zutritt „in dringenden Fällen“ oder „nach vorheriger Vereinbarung eines Termins“ abgegrenzt. Auch in der Bitte, sich vorab an das Gericht zu wenden, lag erkennbar keine Zugangsvoraussetzung.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. März 2023 – 3 AZR 176/22

  1. vgl. BAG 2.03.2022 – 2 AZN 629/21, Rn. 4 f.[]
  2. Sächs. LAG 26.11.2021 – 4 Sa 337/20[]

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