Ne ultra petita – und die Heilung in der Berufungsinstanz

Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Umgekehrt darf die beklagte Partei nicht zu etwas anderem verurteilt werden als zu dem, worauf sie ihre Verteidigung einrichten musste. Das ist Ausdruck der den Zivilprozess beherrschenden Dispositionsmaxime. Das Gericht darf der klagenden Partei weder quantitativ mehr noch qualitativ etwas anderes zuerkennen.

Ne ultra petita – und die Heilung in der Berufungsinstanz

Die Verletzung des § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann jedoch geheilt werden, wenn die klagende Partei sich die angefochtene Entscheidung im zweiten Rechtszug durch den Antrag auf Zurückweisung der Berufung zu Eigen macht1.

Im hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hat die Klägerin vor dem Landesarbeitsgericht vorbehaltlos die Zurückweisung der Berufung der Beklagten beantragt. Damit hat sie sich das erstinstanzliche Urteil – und insbesondere dessen Antragsverständnis, zu Eigen gemacht. Die Beklagte hat hiergegen keine Einwendungen erhoben. Sie hat weder die Verletzung des § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO gerügt noch sich gegen die in dem Antrag auf Zurückweisung der Berufung etwa liegende Klageerweiterung gewandt.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. November 2014 – 1 AZR 257/13

  1. vgl. BAG 28.02.2006 – 1 AZR 460/04, Rn. 15 mwN, BAGE 117, 137[]
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