Nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG hat ein Arbeitnehmer, der durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Im Falle einer erneuten Erkrankung sieht § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG Einschränkungen vor, wenn die erneute Arbeitsunfähigkeit auf derselben Erkrankung beruht.

Kommt es vor Beendigung der ersten Erkrankung zu einer erneuten Erkrankung oder schließt sich die zweite Erkrankung unmittelbar, d.h. ohne relevante Unterbrechung an die erste Erkrankung an, gilt folgendes1:
Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung ist auch dann auf die Dauer von sechs Wochen seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit begrenzt, wenn während bestehender Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auftritt, die ebenfalls zur Arbeitsunfähigkeit führt. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer bei entsprechender Dauer der durch beide Erkrankungen verursachten Arbeitsverhinderung die 6‑Wochen-Frist nur einmal in Anspruch nehmen (Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalles). Eine weitere Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall kann der Arbeitnehmer nur fordern, wenn die erste Arbeitsverhinderung bereits in dem Zeitpunkt beendet war, in dem eine weitere Erkrankung zu einer neuen Arbeitsverhinderung führt2. Zwei selbständige Verhinderungsfälle liegen nur vor, wenn der Arbeitnehmer zwischen zwei Krankheiten tatsächlich arbeitet oder wenn er zwischen den beiden Krankheiten zwar arbeitsfähig war, tatsächlich aber nicht arbeiten konnte, weil er nur wenige außerhalb der Arbeitszeit liegende Stunden arbeitsfähig war3. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer nach seiner Gesundung, also nach Beendigung des Verhinderungsfalles, die Arbeit tatsächlich wieder aufgenommen hatte oder nicht4. Falls der erste Verhinderungsfall abgeschlossen war, ist die neue Arbeitsunfähigkeit infolge Erkrankung ein neues Unglück, das nur zufällig in einem nahen zeitlichen Zusammenhang mit der soeben beendeten Arbeitsunfähigkeit eintritt. Hierfür spricht auch der Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen, der nicht auf eine Krankheit abstellt, sondern auf eine Arbeitsunfähigkeit. Nur für den Fall, dass zwischen zwei Zeiträumen der Arbeitsunfähigkeit eine Arbeitsfähigkeit wieder hergestellt war, die nicht zwingend mit einer Arbeitsleistung einhergehen muss, kommt es auf die Ursachen der Arbeitsunfähigkeit, also auf die zugrundeliegenden Krankheiten an5. Dabei entscheidet über die Dauer der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit und damit über das Ende des Verhinderungsfalles grundsätzlich der Arzt6. Enthält die ärztliche Bescheinigung nur die Angabe eines Kalendertages, wird in der Regel die Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende der vom erkrankten Arbeitnehmer üblicherweise an diesem Kalendertag zu leistenden Arbeitsschichten bescheinigt7.
Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 27 Ca 300/14
- vgl. LAG Rheinland-Pfalz vom 04.03.2010 – 11 Sa 547/09 39 f.[↩]
- vgl. BAG vom 02.12.1981 – 5 AZR 89/80; LAG Hamm vom 09.01.2001 – 11 Sa 889/00[↩]
- LAG Rheinland-Pfalz vom 28.06.2007 – 2 Sa 109/07 30[↩]
- vgl. BAG vom 02.12.1981 – 5 AZR 89/80[↩]
- LAG Rheinland-Pfalz vom 28.06.2007 – 2 Sa 109/07 32[↩]
- BAG vom 10.09.2014 – 10 AZR 651/12 17[↩]
- BAG vom 02.12.1981 – 5 AZR 89/80 15; vom 11.07.1990 – 5 AZR 368/89 15[↩]