Wenn Unternehmen in die Situation kommen, im Rahmen von Restrukturierungsmaßnahmen Mitarbeitende entlassen zu müssen, stellt sich die Frage, was man tun kann, um den Betroffenen die Situation zu erleichtern und ihnen trotz der schwierigen Situation eine berufliche Perspektive zu bieten. Transfergesellschaften wie Connect.QBV unterstützen dabei das Unternehmen und auch die Mitarbeitenden. Fragen an den geschäftsführenden Gesellschafter René Leibold.

Herr Leibold, Abfindung oder Transfergesellschaft?
René Leibold: Eindeutig Transfergesellschaft. Die Möglichkeiten hinsichtlich des Wiedereinstiegs in eine neue Arbeit sind bei einer Transfergesellschaft quantitativ und vor allem auch qualitativ wesentlich besser als bei der Inanspruchnahme einer Abfindung. Dann kann der Arbeitnehmer zwar die Abfindungssumme nutzen, muss sich allerdings selbst um eine neue und vor allem adäquate Arbeitsstelle bemühen oder über die Agentur für Arbeit gehen. Die Erfahrungen zeigen, dass die Verweildauer bei einer neuen Tätigkeit, die über eine Transfergesellschaft gefunden wurde, signifikant länger ist als bei einer Abfindung und eigenen Bemühungen.
Was sind Ihre persönlichen Aufgaben bei Connect.QBV?
René Leibold: Wir sind als Connect.QBV seit über 20 Jahren im Bereich Transferlösungen aktiv, unsere Muttergesellschaft Connect KG gibt es bereits über 25 Jahre. Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass Unternehmen und Mitarbeiter am Ende des Tages mit einem möglichst geringen Schaden aus dem Prozess herausgehen. Wir erarbeiten Lösungen, die beiden Seiten gerecht werden, organisatorisch und finanziell. Uns ist der Respekt gegenüber der Kündigungssituation der Mitarbeitenden wichtig, wir möchten ihnen nicht zuletzt die bestmöglichen Orientierungschancen geben und eine Perspektive aufzeigen, dass eine Wiedereingliederung möglich ist.
Welche Veränderungen haben Sie in den letzten beiden Geschäftsjahren beobachten können?
René Leibold: Die Vermittelbarkeit ist in den letzten Jahren besser geworden. Insgesamt betreuen wir drei verschiedene Gruppen. Die erste Gruppe ist, auch aufgrund ihrer Qualifikation, leicht wieder zu vermitteln, die zweite braucht etwas mehr Geduld, was beispielsweise an Mobilitätseinschränkungen, am Alter oder an eigenen Anforderungen in Sachen Teilzeitbeschäftigung liegt. Die dritte Gruppe bedarf der größten Aufmerksamkeit, weil bei dieser Gruppe größere Schwierigkeiten hinsichtlich der Vermittelbarkeit zutage treten. Zu beobachten ist dabei, dass die erste Gruppe sich in den letzten Jahren vergrößert hat, die mittlere hingegen ist geschrumpft und die letzte Gruppe ist zahlenmäßig in etwa gleich groß geblieben.
Für wen lohnt sich eine Transfergesellschaft? Gibt es steuerliche Vorteile bzw. wie sieht die Zusammenarbeit mit Steuerberatern aus?
René Leibold: Zunächst einmal ist es wichtig zu betonen, dass es kein Unternehmen gibt, dass leichtfertig eine Zweigstelle schließt oder Mitarbeitende zum Spaß entlässt. Bei Restrukturierungen ist eine Transfergesellschaft für das Unternehmen und auch für die Mitarbeitenden eine sinnvolle Lösung. Für das Unternehmen deshalb, weil etwa die Kündigungsfristen in die Transfergesellschaft eingebracht werden. Das Einkommen in der Gesellschaft ist niedriger, was dem Unternehmen zu Einsparungen verhilft. Die Entscheidung, welcher Standort geschlossen werden soll, kann für das Unternehmen hinsichtlich der Gewerbesteuer wichtig sein.
Für die Mitarbeitenden ist die Transfergesellschaft vor allem im Hinblick auf die bereitgestellte professionelle Begleitung und eben auch für die Neuorientierung sinnvoll. Der einzelne Mitarbeitende profitiert allerdings steuerlich nicht von dieser Situation, denn die Einkommensteuer sinkt zwar, was aber am niedrigeren Einkommen liegt und selbstverständlich hätte er lieber höhere Einkünfte.
Welche Unternehmen oder Organisationen übernehmen hierfür welche Kosten?
René Leibold: Die Löhne werden auf Kurzarbeiterniveau gezahlt, sie kommen aus der Arbeitslosenversicherung und werden von der Agentur für Arbeit gezahlt, wie bei anderer Kurzarbeit auch. Diese Löhne werden von der Transfergesellschaft in der Regel aufgestockt, die dadurch entstehenden Kosten zahlt das Unternehmen.
Qualifikationen im Rahmen der Transfergesellschaft werden aus einem Topf des Sozialplans getragen und durch die EU bezuschusst. Dient die Qualifikation einem Wiedereinstieg in einen neuen Job, so gibt es Zuschüsse. Ist die Kündigung bereits klar, der Mitarbeitende aber noch nicht in der Transfergesellschaft, kommen sogenannte Transfermaßnahmen zum Einsatz, welche von der Agentur für Arbeit getragen werden. Die ersten Schritte hin zu einer Transfergesellschaft werden also vor allem von der Agentur für Arbeit geleistet.
Insgesamt kann man festhalten, dass zwar Staat und Europäische Union in einer solchen Situation helfend unterstützen, die Leistungen aber mehrheitlich von den Unternehmen und den Mitarbeitenden erbracht werden (hauptsächlich durch die von ihnen über die Jahre geleisteten Beiträge für die Arbeitslosenversicherung).
Was ist bei der Berechnung von Personaleinsparungen besonders zu beachten?
René Leibold: Frühzeitig mögliche Modelle für den Ernstfall berechnen. Die Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen haben hier eine besonders wichtige Funktion, da sie entstehende Schieflagen sehr früh erkennen. Sich rechtzeitig mit Experten zusammenzutun und verschiedene Kalkulationsmodelle für Freisetzungen zu entwickeln, kann später sehr hilfreich sein. Man sollte die Expertise der Fachleute frühestmöglich nutzen, sie wissen aus Erfahrung, was in einer Transfergesellschaft genau geschieht.
Die Abweichungen zwischen Kalkulationen und realen Kosten sind meist groß, weshalb wir vor allem auch beratenden Berufen, wie eben Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen unsere Dienstleistungen anbieten. So erhält man belastbare, erfahrungsbasierte Zahlen, wodurch Unternehmen wiederum bessere Entscheidungen treffen, alternative Restrukturierungen finden oder sogar Freisetzungen verhindern können.
Mit welcher Branche arbeiten Sie hauptsächlich?
René Leibold: Wir haben hauptsächlich mit personalintensiven Industrie- und Dienstleistungsunternehmen mit 100 bis 300 freizusetzenden Mitarbeitenden zu tun. Es ist also vor allem der Mittelstand aus dem Handwerks- und Industrieunternehmen, etwa Autobauer, Zulieferer und mittelständische Handwerksbetriebe. Beispiele wären hier z. B. Corning, Saint Gobain, FEAG, Reichenbacher und MCM. Wobei der Dienstleistungssektor eher den kleineren Teil unserer Klienten bildet.
Bildnachweis:
- René Leibold: Connect Neustadt GmbH & Co. KG