Die Erstreckung des Mindestlohns auf die gesamte Branche Briefdienstleistungen ist rechtswidrig, zumindest wenn ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin rechtskräftig werden sollte.

Geklagt vor dem VG Berlin hatten Unternehmen der PIN- bzw. TNT-Gruppe sowie der Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e.V. (BdKEP), ein Arbeitgeberverband von Konkurrenten der Deutschen Post AG. In der Sache ging es um einen Tarifvertrag, den der Arbeitgeberverband Postdienste e. V., hinter dem im Wesentlichen die Deutsche Post AG steht, mit der Gewerkschaft ver.di geschlossen hatte. Er sieht für Briefzusteller einen Mindestlohn von 9,80 Euro (West) bzw. 9,00 Euro (Ost) vor. Demgegenüber sehen Tarifverträge zwischen dem BdKEP bzw. einer weiteren Arbeitgebervereinigung von Postkonkurrenten und der Gewerkschaft der Neuen Brief- und Zustelldienste (GNBZ) einen Mindestlohn von 7,50 Euro (West) bzw. 6,50 Euro (Ost) vor; die GNBZ organisiert bei den Wettbewerbern der Post beschäftigte Arbeitnehmer und hat dort nach eigenen Angaben ca. 1.300 Mitglieder.
Die Tarifverträge bei den Postkonkurrenten erklärte die Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales im Ergebnis für unbeachtlich, weil der zwischen Post und Verdi geschlossene Tarifvertrag auch für “alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer”, die unter seinen Geltungsbereich fallen, Anwendung finde. Zu Unrecht, wie das Verwaltungsgericht nun entschied. Denn damit habe der Minister die gesetzliche Ermächtigung überschritten, die nur Verordnungen erlaube, die (überhaupt) nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer betreffen.
Die Kammer ließ offen, ob die Klage von PIN und TNT auch wegen Verlet-zung von deren Rechten aus Art. 12 Grundgesetz (Berufsfreiheit) auch deshalb begründet wäre, weil eine Vielzahl von Konkurrenten der Deut-schen Post AG in ihrer Existenz bedroht wäre, wofür die Kammer aufgrund des derzeit bekannten Sachverhalts Anhaltspunkte sah.
Als Rechtsmittel gegen die Entscheidung hat das Verwaltungsgericht Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg und Sprungrevi-sion zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.
Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 7. März 2000 – VG 4 A 439.07