Rangfolge des Vergütungsanspruchs gegen den starken Insolvenzverwalter

Der Lohnspruch der Arbeitnehmerin ist durch die Stellung des Antrages auf Gewährung von Insolvenzgeld auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangen. Soweit Insolvenzgeld jedoch nur in Höhe der abgesenkten Altersteilzeitvergütung bewilligt wurde, ist der darüber hinausgehende Arbeitsentgeltanspruch mit der Bestandskraft des Insolvenzgeldbescheides an die Arbeitnehmerin zurückgefallen.

Rangfolge des Vergütungsanspruchs gegen den starken Insolvenzverwalter

Bei den zurückgefallenen Lohnansprüchen der Arbeitnehmerin handelt es sich um sonstige Masseverbindlichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO, da der Insolvenzverwalter die Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin als Gegenleistung aus einem Dauerschuldverhältnis in Anspruch genommen hat.

Der Gesetzgeber hat im Anschluss an die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 03.04.20011 § 55 InsO mit Wirkung vom 01.12.2001 abgeändert und in Abs. 3 geregelt, dass nach § 55 Abs. 2 InsO begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die auf die Bundesagentur für Arbeit übergehen, von dieser nur als Insolvenzgläubiger geltend gemacht werden können. Nach dem Wortlaut erstreckt sich die Ausnahme von § 55 Abs. 2 InsO ausdrücklich lediglich auf die Ansprüche der Bundesagentur für Arbeit, nicht jedoch auch auf die Ansprüche der Arbeitnehmer, soweit diese nicht oder nicht mehr von dem Anspruchsübergang betroffen sind. An diese Wertung des Gesetzgebers sieht sich die Kammer gebunden.

Eine weitergehende Einschränkung des § 55 Abs. 2 InsO ist nicht nach dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung gerechtfertigt. Zwar werden die Vergütungsansprüche der Arbeitnehmerin durch die gesetzliche Regelung hinsichtlich ihrer Wertigkeit unterschiedlich behandelt, soweit die Bundesagentur für Arbeit die übergegangenen Ansprüche nur als Insolvenzgläubiger geltend machen kann, während die für den gleichen Monat erwachsenen Ansprüche der Arbeitnehmerin als Masseforderung zustehen. Bei einer anderen Wertung würde die Arbeitnehmerin gegenüber anderen Gläubigern benachteiligt, soweit der starke vorläufige Insolvenzverwalter Verbindlichkeiten eingegangen ist oder aus einem anderen Dauerschuldverhältnis fortgeführt hat. Dies lässt sich mit dem Regel/Ausnahmeverhältnis der Abs. 2 und 3 nicht rechtfertigen, wonach lediglich die Bundesagentur für Arbeit das Vorrecht des § 55 Abs. 2 InsO verliert.

Weiterlesen:
Umsatzsteuer - und das insolvenzrechtliche Aufrechnungsverbot

Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 8. September 2016 – 7 Sa 807/15

  1. BAG 03.04.2001 – 9 AZR 301/00[]