Rentenalter als arbeitsvertragliche Altersgrenze

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann eine mit Erreichen des Regelrentenalters verknüpfte Altersgrenzenregelung, die einzelvertraglich vereinbart ist oder kollektivrechtlich gilt, die Befristung des Arbeitsverhältnisses iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG sachlich rechtfertigen.

Rentenalter als arbeitsvertragliche Altersgrenze

war verfolgt der Arbeitnehmer mit seinem Wunsch nach einer dauerhaften Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses über das Regelrentenalter hinaus legitime wirtschaftliche und ideelle Anliegen. Das Arbeitsverhältnis sichert seine wirtschaftliche Existenzgrundlage und bietet ihm die Möglichkeit beruflicher Selbstverwirklichung.

Jedoch hat der Arbeitnehmer bei Erreichen der Regelaltersgrenze regelmäßig ein langes Berufsleben hinter sich. Daneben war er typischerweise von der Anwendung der Altersgrenzenregelung durch seinen Arbeitgeber selbst begünstigt, weil sich seine Einstellungs- und Aufstiegschancen durch das altersbedingte Ausscheiden anderer Arbeitnehmer verbessert haben. Demgegenüber steht das Bedürfnis des Arbeitgebers nach einer sachgerechten und berechenbaren Personal- und Nachwuchsplanung. Dessen Interessen überwiegen das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers, wenn dieser durch den Bezug einer Regelaltersrente wirtschaftlich abgesichert ist.

Endet das Arbeitsverhältnis durch die vereinbarte Altersgrenze, verliert der Arbeitnehmer den Anspruch auf die Arbeitsvergütung, die ihm bisher zum Bestreiten seines Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden hat. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Altersgrenzenregelung ist unter Beachtung des Schutzzwecks des Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich nur gerechtfertigt, wenn an die Stelle der Arbeitsvergütung die Möglichkeit eines dauerhaften Bezugs von Leistungen aus einer Altersversorgung tritt. Die Anbindung an eine rentenrechtliche Versorgung bei Ausscheiden durch eine Altersgrenze ist damit Bestandteil des Sachgrunds. Die Wirksamkeit der Befristung ist allerdings nicht von der konkreten wirtschaftlichen Absicherung des Arbeitnehmers bei Erreichen der Altersgrenze abhängig1.

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Es kann dahinstehen, ob nach diesen Grundsätzen Altersgrenzen, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze vorsehen, ohne Hinzutreten besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt sein können. Jedenfalls setzt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Altersgrenzenregelung die Möglichkeit des Bezugs einer gesetzlichen Altersrente ab Erreichen der Altersgrenze voraus. Die für die sachliche Rechtfertigung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Altersgrenze maßgebliche Absicherung des Arbeitnehmers durch eine gesetzliche Altersrente kann nicht durch eine Ausgleichszahlung des Arbeitgebers oder eine betriebliche Altersversorgung ersetzt werden2.

Danach ist eine arbeitsvertraglich auf einen früheren Zeitpunkt (hier: den 60. Geburtstag) vereinbarte Altersgrenzenregelung nicht nach § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt. Nach der vertraglichen Bestimmung soll das Arbeitsverhältnis nicht mit Erreichen des gesetzlichen Regelrentenalters enden, sondern bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahrs der Arbeitnehmerin. Bei Vertragsschluss konnte nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeitnehmerin bei Vollendung des 60. Lebensjahrs eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen konnte.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Januar 2017 – 7 AZR 236/15

  1. vgl. BAG 9.12 2015 – 7 AZR 68/14, Rn. 26; 13.10.2015 – 1 AZR 853/13, Rn. 15, BAGE 153, 46; 11.02.2015 – 7 AZR 17/13, Rn. 25, BAGE 150, 366; 12.06.2013 – 7 AZR 917/11, Rn. 23 mwN; 5.03.2013 – 1 AZR 417/12, Rn. 27 und 30 f.; 27.07.2005 – 7 AZR 443/04, zu 2 c cc der Gründe, BAGE 115, 265[]
  2. vgl. ErfK/Rolfs 17. Aufl. § 41 SGB VI Rn. 17 mwN[]
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