Anders als im zivilgerichtlichen Verfahren, in dem ein Zweites Versäumnisurteil gemäß § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 ZPO nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit der Revision angegriffen werden kann, soweit diese darauf gestützt wird, ein Fall der schuldhaften Säumnis habe nicht vorgelegen ((vgl. etwa BGH 24. Januar 2019 – VII ZR 123/18 – Rn. 9 ff.; 5. Juli 2018 – IX ZR 264/17 – Rn. 6; 26. November 2015 – VI ZR 488/14 – Rn. 5, BGHZ 208, 75)), findet nach § 72 Abs. 1 Satz 1 ArbGG die Revision an das Bundesarbeitsgericht auch gegen ein Zweites Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts nur statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 ArbGG zugelassen worden ist.
Die §§ 72, 72a ArbGG regeln den Zugang zum Bundesarbeitsgericht eigenständig und abschließend und tragen dabei dem besonderen Beschleunigungsbedarf in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten Rechnung. Das gilt auch dann, wenn der Revisionsführer geltend macht, ein Fall schuldhafter Säumnis habe nicht vorgelegen ((BAG 17. März 2016 – 6 AZN 1087/15 – Rn. 4; 5. Juni 2007 – 5 AZR 276/07 – Rn. 3; 22. April 2004 – 2 AZR 314/03 – zu II 2 der Gründe)). Dieser unterschiedliche Revisionszugang führt zu keiner Rechtsschutzlücke im arbeitsgerichtlichen Verfahren. Die beschwerte Partei kann nämlich Gehörsverletzungen, zu denen auch die Rüge gehört, eine Säumnis habe nicht bestanden, nach § 72 Abs. 2 Nr. 3, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vorbringen ((vgl. BAG 17. März 2016 – 6 AZN 1087/15 – aaO; 5. Juni 2007 – 5 AZR 276/07 – Rn. 4; Düwell/Lipke/Düwell 5. Aufl. § 72 Rn. 5; vgl. auch GMP/Müller-Glöge 9. Aufl. § 72 Rn. 3)).
Das Zweite Versäumnisurteil ist ohne ausdrückliche Zulassung der Revision auch nicht deshalb mit der Revision anfechtbar, weil es eine Rechtsmittelbelehrung dahin enthält, dass vom Kläger hiergegen Revision eingelegt werden kann, und der Kläger zudem darauf hingewiesen wurde, dass ein Zweites Versäumnisurteil der Revision nur insoweit unterliegt, als sie darauf gestützt werde, dass der Fall der schuldhaften Säumnis nicht vorgelegen habe. Zwar wäre gegen das Zweite Versäumnisurteil der Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde statthaft gewesen, insbesondere hätte der Kläger im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nach § 72 Abs. 2 Nr. 3, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG Gehörsverletzungen, zu denen auch die Rüge gehört, eine Säumnis habe nicht bestanden, vorbringen können1. Der Kläger hat indes im hier entschiedenen Fall keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28. Mai 2020 – 8 AZR 169/19
- vgl. BAG 17.03.2016 – 6 AZN 1087/15, Rn. 4; 5.06.2007 – 5 AZR 276/07, Rn. 4; Düwell/Lipke/Düwell 5. Aufl. § 72 Rn. 5; vgl. auch GMP/Müller-Glöge 9. Aufl. § 72 Rn. 3[↩]
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