Die von der Arbeitgeberin AGB-mäßig verwendete Klausel „Kündigt der Mitarbeiter innerhalb von drei Jahren nach Abschluss der Fortbildungsmaßnahme das Arbeitsverhältnis, so hat er die von der Firma verauslagten Kosten des Fortbildungslehrgangs und die für die Zeit der Freistellung gezahlte Vergütung in Höhe der bestehenden Restforderung aus dem Kontokorrentkonto zu tragen. …“ ist unwirksam.

§ 307 BGB findet auf den von der Arbeitgeberin vorformulierten Fortbildungsvertrag jedenfalls gemäß § 310 Abs. 3 BGB Anwendung1. Das Landesarbeitsgericht hat weder festgestellt, dass der Arbeitnehmer die Vertragsbedingungen seinerseits in den Vertrag eingeführt hat, noch, dass er auf dessen Klauseln Einfluss nehmen konnte.
§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB steht der uneingeschränkten AGB-Kontrolle nach den §§ 307 ff. BGB nicht entgegen. Danach gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 BGB nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Dazu gehören auch Regelungen, die die Umstände des vom Verwender gemachten Hauptleistungsversprechens ausgestalten2. Um eine derartige Regelung handelt es sich hier. Die Arbeitgeberin hat in dem Fortbildungsvertrag festgelegt, unter welchen Voraussetzungen nicht sie, sondern der Arbeitnehmer die Fortbildungskosten zu tragen hat.
Die zitierte Regelung des Fortbildungsvertrags benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil sie die Kostentragungspflicht des Arbeitnehmers ausnahmslos an eine von diesem erklärte Kündigung des Arbeitsverhältnisses knüpft.
Die Rückzahlungsklausel des Fortbildungsvertrags unterscheidet nicht danach, ob der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Sphäre der Arbeitgeberin oder der des Arbeitnehmers entstammt, und greift damit ohne Einschränkung auch dann ein, wenn die Kündigung des Arbeitnehmers durch die Arbeitgeberin (mit-)veranlasst wurde, zB durch ein vertragswidriges Verhalten. Durch eine solche undifferenzierte Regelung wird ein Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt3. Es ist nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen. Vielmehr muss nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden4.
Eine Rückzahlungsklausel stellt nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer selbst in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen. Verluste aufgrund von Investitionen, die nachträglich wertlos werden, hat grundsätzlich der Arbeitgeber zu tragen. Hätte der Arbeitnehmer die in seine Aus- und Weiterbildung investierten Betriebsausgaben auch dann zu erstatten, wenn die Gründe für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich dem Verantwortungs- und Risikobereich des Arbeitgebers zuzurechnen sind, würde er mit den Kosten einer fehlgeschlagenen Investition des Arbeitgebers belastet. Sieht eine Vertragsklausel auch für einen solchen Fall eine Rückzahlungspflicht vor, berücksichtigt sie entgegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht die wechselseitigen Interessen beider Vertragspartner, sondern nur diejenigen des Arbeitgebers.
Nichts anderes gilt, wenn die Arbeitgeberin gemäß ihrem Vorbringen an der weiteren Qualifikation des Arbeitnehmers selbst kein Interesse gehabt haben sollte. In diesem Fall wäre die vorgesehene Bindungsdauer von drei Jahren von vornherein nicht durch ein billigenswertes Interesse der Arbeitgeberin gerechtfertigt, dass sich die von ihr gemäß § 4 des Fortbildungsvertrags dem Arbeitnehmer zu erstattenden Fortbildungskosten armortisieren und der Arbeitnehmer seine neu erworbene Qualifikation in seine Tätigkeit einbringt. Die Vorteile der Ausbildung und die Dauer der Bindung müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen5. Soweit die Rechtsprechung Regelwerte entwickelt hat, sind diese einzelfallbezogenen Abweichungen zugänglich. Zu berücksichtigen sind auch die Vorteile, die der Arbeitgeber aus der Fortbildung des Arbeitnehmers zu ziehen plant. Das Interesse des Arbeitgebers, der seinem Arbeitnehmer eine Aus- oder Weiterbildung finanziert, geht typischerweise dahin, die vom Arbeitnehmer erworbene Qualifikation möglichst langfristig für seinen Betrieb nutzen zu können6. Dieses grundsätzlich berechtigte Interesse gestattet es dem Arbeitgeber, als Ausgleich für seine finanziellen Aufwendungen von einem sich vorzeitig abkehrenden Arbeitnehmer die Kosten der Ausbildung ganz oder zeitanteilig zurückzuverlangen7. Wollte oder konnte die Arbeitgeberin die durch die Fortbildung erlangte weitere Qualifikation des Arbeitnehmers nicht nutzen, kann der Bleibedruck, den die Dauer der Rückzahlungsverpflichtung auf den Arbeitnehmer ausübt und durch den er in seiner durch Art. 12 GG geschützten Kündigungsfreiheit betroffen wird, nicht gegen ein Interesse der Arbeitgeberin an einer möglichst weitgehenden Nutzung der erworbenen Qualifikation des Arbeitnehmers abgewogen werden. Es fehlt an einer Rechtfertigung der langen Bindungsdauer8.
Der Umstand, dass im vorliegenden Fall nach dem Fortbildungsvertrag nicht die Arbeitgeberin, sondern der Arbeitnehmer die Verpflichtungen im Rahmen der Fortbildung einging und die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer zur Erfüllung dieser Verpflichtungen über das Kontokorrentkonto einen Kredit einräumte, ist für die Frage der Erstattungspflicht des Arbeitnehmers ohne Bedeutung. Der Erstattung von Ausbildungskosten sind bei einer solchen Konstruktion dieselben Grenzen wie bei einer unmittelbaren Kostentragung durch den Arbeitgeber gesetzt, wenn ihre Bindungsintensität und -folge denen einer typischen Rückzahlungsvereinbarung entsprechen9.
Die Rückzahlungsklausel ist auch nicht lediglich insoweit teilunwirksam, als sie die Rückzahlungsverpflichtung an Gründe im Risiko- und Verantwortungsbereich des Arbeitgebers bindet. Die Klausel ist nicht teilbar10.
Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet aus. Durch eine solche würde die Regelung des § 307 BGB unterlaufen11. Das Festhalten am Vertrag stellt sich nicht als unzumutbare Härte iSd. § 306 Abs. 3 BGB für die Arbeitgeberin dar. Bei Vertragsschluss im November 2008 konnte auch kein schützenswertes Vertrauen der Arbeitgeberin darauf bestehen, die von ihr gewählte Vertragsgestaltung könne einer Inhaltskontrolle standhalten. In der Rechtsprechung war seit langem anerkannt, dass eine vom Arbeitgeber in einem Formulararbeitsvertrag aufgestellte Klausel, nach welcher der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber getragene Ausbildungskosten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne jede Rücksicht auf den Beendigungsgrund zurückzahlen muss, unwirksam ist, weil sie den Arbeitnehmer benachteiligt12.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. März 2014 – 9 AZR 545/12
- vgl. zum Verbraucherbegriff: BAG 19.05.2010 – 5 AZR 253/09, Rn. 21 ff.[↩]
- BAG 13.12 2011 – 3 AZR 791/09, Rn. 14 mwN[↩]
- eingehend BAG 13.12 2011 – 3 AZR 791/09, Rn. 15 ff.; bestätigt durch BAG 28.05.2013 – 3 AZR 103/12, Rn. 17[↩]
- so bereits BAG 11.04.2006 – 9 AZR 610/05, Rn. 27, BAGE 118, 36[↩]
- BAG 14.01.2009 – 3 AZR 900/07, Rn. 18, BAGE 129, 121[↩]
- BAG 19.02.2004 – 6 AZR 552/02, zu 2 a aa der Gründe, BAGE 109, 345[↩]
- BAG 11.04.2006 – 9 AZR 610/05, Rn. 25, BAGE 118, 36[↩]
- vgl. zur Bindungsdauer bei „normalen“ Sonderzahlungen: BAG 12.12 1962 – 5 AZR 324/62, zu II der Gründe; HWK/Thüsing 6. Aufl. § 611 BGB Rn. 113 mwN; ErfK/Preis 14. Aufl. § 611 BGB Rn. 550 mwN[↩]
- vgl. Schmidt NZA 2004, 1002, 1006; Preis/Stoffels Der Arbeitsvertrag II A 120 Rn. 64[↩]
- vgl. zur Teilbarkeit: BAG 11.04.2006 – 9 AZR 610/05, Rn. 31 f., BAGE 118, 36[↩]
- vgl. BAG 11.04.2006 – 9 AZR 610/05, Rn. 35, BAGE 118, 36[↩]
- BAG 11.04.2006 – 9 AZR 610/06, Rn. 27, aaO; vgl. auch schon BAG 24.06.2004 – 6 AZR 383/03, zu B II 2 der Gründe, BAGE 111, 157[↩]