Sachgrundlose Befristung – und die Verlängerung im Auftrag

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags möglich.

Sachgrundlose Befristung – und die Verlängerung im Auftrag

Das Tatbestandsmerkmal der Verlängerung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG setzt voraus, dass die Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts noch vor dem Ende der Laufzeit des bisherigen Vertrags in schriftlicher Form vereinbart wird und der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleibt1.

Nach § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrags zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Das erfordert nach § 126 Abs. 1 BGB eine eigenhändig vom Aussteller durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnete Urkunde. Einen Vertrag wie eine Befristungsabrede müssen die Parteien nach § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB regelmäßig auf derselben Urkunde unterzeichnen. Wird ein Vertrag für eine Vertragspartei von einem Vertreter iSv. § 164 Abs. 1 BGB unterzeichnet, muss das Vertretungsverhältnis in der Vertragsurkunde deutlich zum Ausdruck kommen. Das kann insbesondere durch einen entsprechenden Zusatz bei der Unterschrift erfolgen. Für die Frage, ob jemand eine Erklärung in fremdem Namen abgibt, kommt es auf deren objektiven Erklärungswert an. Nach §§ 133, 157 BGB ist maßgeblich, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen darf. Dabei sind außer dem Erklärungswortlaut alle Umstände zu berücksichtigen, die unter Beachtung der Verkehrssitte Schlüsse auf den Sinn der Erklärung zulassen. Von Bedeutung sind insbesondere die dem Rechtsverhältnis zugrunde liegenden Lebensverhältnisse, die Interessenlage, der Geschäftsbereich, dem der Erklärungsgegenstand angehört, und verkehrstypische Verhaltensweisen. Die gesetzliche Schriftform ist nur gewahrt, wenn der ermittelte rechtsgeschäftliche Vertretungswille in der Urkunde jedenfalls andeutungsweise Ausdruck gefunden hat2.

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Ist eine Erklärung mit dem Zusatz „im Auftrag“ unterschrieben, kann das im Einzelfall dafür sprechen, dass der Unterzeichner nicht selbst handelnd wie ein Vertreter die Verantwortung für den Inhalt der von ihm unterzeichneten Erklärung übernehmen will3. Der Zusatz „in Vertretung“ deutet demgegenüber darauf hin, dass der Erklärende selbst für den Vertretenen handelt. Bei der nach §§ 133, 157 BGB gebotenen Auslegung der Erklärung ist aber zu berücksichtigen, dass im allgemeinen, unjuristischen Sprachgebrauch nicht immer hinreichend zwischen „Auftrag“ und „Vertretung“ unterschieden wird4. Die Zusätze „in Vertretung“ und „im Auftrag“ werden häufig nur verwendet, um unterschiedliche Hierarchieebenen auszudrücken. Deswegen folgt nicht allein aus dem Zusatz „im Auftrag“, dass der Erklärende lediglich als Bote und nicht als Vertreter gehandelt hat. Maßgeblich sind vielmehr die Gesamtumstände. Ergibt sich daraus, dass der Unterzeichner die Erklärung ersichtlich im Namen eines anderen abgegeben hat, ist von einem Handeln als Vertreter auszugehen. Für die Wahrung der Schriftform kommt es nicht darauf an, ob der Unterzeichner tatsächlich bevollmächtigt war5.

Danach ist die Schriftform gewahrt.

Die Änderungsvereinbarung vom 21.11.2011 wurde von dem Arbeitnehmer und seitens der Arbeitgeberin, vertreten durch die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit B, durch Herrn L eigenhändig unterzeichnet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass Herr L den Vertrag als Vertreter und nicht als Erklärungsbote unterzeichnet hat. Es kann dahinstehen, ob die Änderungsvereinbarung vom 21.11.2011 typische Willenserklärungen enthält, deren Auslegung durch das Landesarbeitsgericht der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt, oder nichttypische Willenserklärungen, deren Auslegung vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat6. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält auch einer uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

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Der Wille des Herrn L, für die Geschäftsführung der Agentur für Arbeit B und damit für die Arbeitgeberin zu handeln, ergibt sich bereits aus dem äußeren Erscheinungsbild der Änderungsvereinbarung. Sie ist – wie auch schon der Arbeitsvertrag vom 17.02.2011 – zwischen dem Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin, vertreten durch die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit B, geschlossen. Die Geschäftsführung der Agentur für Arbeit B wurde ihrerseits durch Herrn L vertreten. Zwar enthält der Unterschriftszusatz die Formulierung „im Auftrag“. Dies spricht jedoch allein nicht gegen eine Vertretung. Aus dem weiteren Inhalt des Zusatzes „Für die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit B“ ist ersichtlich, dass Herr L die Erklärung im Namen einer anderen Person abgegeben hat. Wird eine Erklärung als Bote überbracht, wird nicht „für“ eine andere Person unterzeichnet7.

Die Rüge des Arbeitnehmers, die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit B sei nicht zur Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrags befugt gewesen, steht der Wahrung der Schriftform nicht entgegen. Für die Wahrung der Schriftform kommt es auf das Bestehen der Vertretungsmacht nicht an.

Die Rüge der fehlenden Vertretungsmacht der Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit B zur Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrags führt auch nicht aus anderen Gründen zum Erfolg der Klage. Die Befugnis zur Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrags lag bei der Arbeitgeberin, die durch die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit B vertreten wird. Sie war nicht mit der Zuweisung des Arbeitnehmers zum Jobcenter T auf dessen Geschäftsführer übergegangen.

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Nach § 44d Abs. 4 SGB II übt die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer der gemeinsamen Einrichtung über die Beamtinnen und Beamten sowie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen in der gemeinsamen Einrichtung Tätigkeiten zugewiesen worden sind, die dienst, personal- und arbeitsrechtlichen Befugnisse sowie die Dienstvorgesetzten- und Vorgesetztenfunktion aus mit Ausnahme der Befugnisse zur Begründung und Beendigung der mit den Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bestehenden Rechtsverhältnisse. Danach stehen der Geschäftsführerin oder dem Geschäftsführer der gemeinsamen Einrichtung nicht die Befugnisse zur Begründung und Beendigung von Arbeitsverhältnissen zu. Diese Befugnisse verbleiben bei den jeweiligen Trägern, die weiterhin Dienstherren oder Arbeitgeber sind8. Ihnen sind daher die Entscheidungen vorbehalten, die die Begründung und Beendigung von Arbeitsverhältnissen betreffen.

Die Zuständigkeit des Trägers für die Begründung und Beendigung von Arbeitsverhältnissen iSv. § 44d Abs. 4 SGB II umfasst nicht nur den erstmaligen Abschluss eines Arbeitsvertrags, sondern auch die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags9. Zwar geht allein aus den Begriffen der „Begründung“ und „Beendigung“ nicht eindeutig hervor, dass auch die Verlängerung eines schon bestehenden Arbeitsverhältnisses darunter fallen soll. Dies folgt jedoch aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung. Bei den Befugnissen zur „Begründung und Beendigung der mit den Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bestehenden Rechtsverhältnisse“ geht es um die Entscheidungen, die den Beginn und das Ende und damit den Bestand dieser Rechtsverhältnisse betreffen. Dazu gehört auch die Entscheidung, ob ein befristeter Vertrag auslaufen soll oder ob er verlängert wird.

Die Regelung in § 44k SGB II rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Nach § 44k Abs. 1 SGB II übertragen die Träger mit der Zuweisung von Tätigkeiten nach § 44g Abs. 1 und Abs. 2 SGB II der gemeinsamen Einrichtung die entsprechenden Planstellen und Stellen sowie Ermächtigungen für die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit befristeten Arbeitsverträgen zur Bewirtschaftung. Damit wird die weitgehende Übertragung dienst- und arbeitsrechtlicher Befugnisse auf den Geschäftsführer (§ 44d Abs. 4 SGB II) personalwirtschaftlich abgesichert. Dies führt jedoch nicht zu einer Ausdehnung der dienst- und arbeitsrechtlichen Befugnisse der Geschäftsführer über die Regelung in § 44d Abs. 4 SGB II hinaus10.

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Ein anderes Verständnis der Regelung in § 44d Abs. 4 SGB II ergibt sich entgegen der Auffassung des Arbeitnehmers nicht daraus, dass die in § 44d Abs. 4 SGB II enthaltene Ausnahmeregelung eng auszulegen ist11 und dass die beamtenrechtliche Terminologie zwischen der Begründung und der Beendigung eines Beamtenverhältnisses einerseits und der Beförderung eines Beamten andererseits unterscheidet. Die Beförderung eines Beamten ist mit der Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses nicht vergleichbar, da sie nicht den Bestand des Rechtsverhältnisses betrifft. Deshalb kann ein angestellter Arbeitnehmer aus den zu Beamtenverhältnissen ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.10.201412, des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29.08.201313 und des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 18.04.201314 nichts zu seinen Gunsten herleiten. Diese Entscheidungen befassen sich mit der Befugnis zur Übertragung einer anders zu bewertenden Tätigkeit und mit der Befugnis zur Beförderung eines Beamten, nicht aber mit einer Entscheidung, die – wie die Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses – den Bestand des Rechtsverhältnisses betrifft. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht angenommen, zum Ausspruch einer Änderungskündigung zwecks Übertragung einer niedriger bewerteten Tätigkeit sei der Geschäftsführer des Jobcenters zuständig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch damit begründet, dass für den Arbeitgeber die Änderungskündigung nicht primär den Zweck habe, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen, sondern die fehlende Zustimmung des Arbeitnehmers zur Tätigkeits- und Vergütungsänderung zu überwinden. Sie ziele auf die Erweiterung seines Direktionsrechts15. Demgegenüber zielt die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags darauf ab, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu bewirken.

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Der Arbeitgeberin ist es nicht unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Befristung des Arbeitsvertrags zum 31.12 2012 zu berufen. Der Arbeitnehmer konnte nicht darauf vertrauen, dass sein Arbeitsverhältnis über die vertraglich vereinbarte Laufzeit hinaus bis zur Dauer von fünf Jahren fortgesetzt wird. Er musste vielmehr aufgrund der Befristung des Arbeitsvertrags mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12 2012 rechnen. Der Arbeitnehmer beruft sich ohne Erfolg auf den Zweck des Bundesprogramms „Perspektive 50plus“ und die mit seiner Qualifizierung verbundenen Kosten. Die Arbeitgeberin konnte in Ausübung ihrer Vertragsfreiheit entscheiden, ob sie unter Berücksichtigung dieser Umstände das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer über den 31.12 2012 fortsetzen wollte. Sie war nicht gehalten, den Befristungsrahmen des § 14 Abs. 3 TzBfG auszuschöpfen.

Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt nicht zur Entscheidung an. Er ist für den Fall des Obsiegens mit dem Befristungskontrollantrag gestellt. Der Arbeitnehmer hat den Antrag zwar in der Revision – anders als in den Vorinstanzen – nicht ausdrücklich in ein Hilfsverhältnis zum Befristungskontrollantrag gestellt. Dennoch ist der Antrag als unechter Hilfsantrag zu verstehen, da regelmäßig ein Eventualverhältnis anzunehmen ist16. Dafür spricht zudem, dass der Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung „bis zum rechtskräftigen Abschluss des Befristungskontrollverfahrens“ begehrt. Die innerprozessuale Bedingung des Obsiegens mit dem Befristungskontrollantrag ist nicht eingetreten.

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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9. September 2015 – 7 AZR 190/14

  1. vgl. BAG 18.03.2015 – 7 AZR 272/13, Rn. 45; 16.01.2008 – 7 AZR 603/06, Rn. 7, BAGE 125, 248[]
  2. BAG 4.05.2011 – 7 AZR 252/10, Rn. 32, BAGE 138, 9; 25.03.2009 – 7 AZR 59/08, Rn. 30; 13.12 2007 – 6 AZR 145/07, Rn. 14, BAGE 125, 208[]
  3. vgl. BAG 4.05.2011 – 7 AZR 252/10, Rn. 33, BAGE 138, 9; 25.03.2009 – 7 AZR 59/08, Rn. 30; 13.12 2007 – 6 AZR 145/07, Rn. 14, BAGE 125, 208[]
  4. vgl. Klein NZA 2004, 1198, 1200[]
  5. BAG 4.05.2011 – 7 AZR 252/10, Rn. 33, aaO; 25.03.2009 – 7 AZR 59/08, Rn. 31; 13.12 2007 – 6 AZR 145/07, Rn. 15, aaO[]
  6. BAG 22.07.2014 – 9 AZR 1066/12, Rn. 14 mwN, BAGE 148, 349; 18.05.2010 – 3 AZR 373/08, Rn. 32, BAGE 134, 269[]
  7. vgl. BAG 4.05.2011 – 7 AZR 252/10, Rn. 37, BAGE 138, 9[]
  8. vgl. BT-Drs. 17/1555 S. 26; BAG 15.10.2014 – 7 ABR 71/12, Rn. 32 mwN[]
  9. vgl. Knapp in jurisPK-SGB II 3. Aufl. § 44d Rn. 54; Luthe in Hauck/Noftz SGB II Stand Juli 2015 K § 44d Rn. 45; Weißenberger in Eicher/Spellbrink SGB II 3. Aufl. § 44d Rn. 26[]
  10. BAG 15.10.2014 – 7 ABR 71/12, Rn. 34 mwN[]
  11. vgl. insoweit BVerwG 1.10.2014 – 6 P 13.13, Rn. 21[]
  12. BVerwG 01.10.2014 – 6 P 13.13 – ua.[]
  13. OVG NRW 29.08.2013 – 20 A 1399/12.PVB[]
  14. VG Aachen 18.04.2013 – AN 7 P 12.01283[]
  15. BVerwG 1.10.2014 – 6 P 13.13, Rn.20[]
  16. BAG 2.06.2010 – 7 AZR 85/09, Rn. 21[]