Schmähkritik genießt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht den Schutz von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG1.

Eine Schmähung ist eine Äußerung – unter Berücksichtigung von Anlass und Kontext2 – jedoch nur dann, wenn jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern allein die Diffamierung der Person im Vordergrund steht3.
Wesentliches Merkmal der Schmähung ist eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung4. Handelt es sich um Äußerungen in einer öffentlichen Auseinandersetzung, liegt dagegen nur ausnahmsweise eine Schmähkritik vor5.
Auch im Betrieb ist die Meinungsfreiheit geschützt und sachbezogene Auseinandersetzungen dürfen durchaus scharf geführt werden. Allein in dem sinngemäßen Vorwurf an einen Vorgesetzten, ein „Ausbeuter“ zu sein, liegt daher keine Schmähkritik6.
Desgleichen ist ein Sachbezug nicht von vornherein zu verneinen, wenn im Betrieb eine Rücksichtslosigkeit gegenüber vor Diskriminierung geschützten alten oder behinderten Beschäftigten und gegenüber befristet oder im Wege der Arbeitnehmerüberlassung prekär Beschäftigten kritisiert wird, wo dies – wie hier – im Zusammenhang mit Beratungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über eine Gesundheitsprämie und zur betrieblichen Praxis der Übernahme zeitweilig Beschäftigter in ein Dauerarbeitsverhältnis steht. Desgleichen ist die Äußerung, ein Betriebsleiter wolle Beschäftigte „wie Zitronen auspressen“, nicht zwingend allein auf die Diffamierung der Person angelegt, wenn – wie hier – ein Bezug zu Auseinandersetzungen über die Kaffeepreise am Getränkeautomat im Betrieb erkennbar ist.
Der Sachbezug einer Äußerung endet auch nicht ohne weiteres, wenn insoweit im Betrieb eine Einigung erzielt worden ist. Zudem fehlt ein Sachbezug nicht, weil sich der Beschwerdeführer hier, wie das Landesarbeitsgericht meint, nach Nichtigkeit der Betriebsratswahl keiner informationsbedürftigen „Wählerschaft“ habe gegenübersehen können. Zugunsten der Meinungsfreiheit ist vielmehr zu berücksichtigen, ob Kritik von Beschäftigten geäußert wird, die sich für einen Betriebsrat zur Wahl stellen oder, wo eine Betriebsratswahl nachträglich für nichtig erklärt wird, als Mitglieder des Gremiums bis dahin entsprechend tätig geworden sind.
Es erscheint auch weder zwingend noch wird es der Bedeutung der Meinungsfreiheit in kontroversen Auseinandersetzungen im Arbeitsleben gerecht, wenn die Äußerung einer „Angst, dass die bevorstehende Betriebsratswahl“ den Betriebsleiter „zu diesem Schritt bewegt haben“ könne, arbeitsgerichtlich so verstanden wird, dass unterstellt werde, der Betriebsleiter schrecke nicht vor der strafbaren Behinderung von Betriebsräten zurück. Vielmehr liegt es zugunsten der Meinungsfreiheit nahe, diese Äußerung als Spekulation über Angst als Motiv zu verstehen, nicht aber als Unterstellung einer Tat. Desgleichen ist die Aussage, der Arbeitgeber habe mit bestimmten Hoffnungen „brutal gespielt“, zugunsten der Meinungsfreiheit nicht zwingend als Charakterisierung des Verhaltens einer Person zu werten, sondern lässt sich auch als Verweis auf eine als schmerzhaft erlebte Enttäuschung der Betroffenen verstehen. In einem Kündigungsschutzverfahren sind die Arbeitsgerichte jedenfalls gehalten, derartige gleichermaßen mögliche Deutungen grundrechtsschützend zu berücksichtigen.
Insofern ist regelmäßig eine alle Umstände berücksichtigende fallbezogene Abwägung7 zwischen den arbeitsrechtlich geschützten Rechtsgütern und der Einbuße an Meinungsfreiheit durch die Kündigung nach einer Äußerung erforderlich.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30. Mai 2018 – 1 BvR 1149/17
- vgl. BVerfGE 93, 266, 294; 99, 185, 196[↩]
- vgl. BVerfGE 93, 266, 303[↩]
- vgl. BVerfGE 82, 272, 284; 85, 1, 16; 93, 266, 294[↩]
- vgl. BVerfGE 82, 43, 52; 93, 266, 295 f.; 114, 339, 348[↩]
- vgl. BVerfGE 82, 272, 283 f.; 93, 266, 294, 303[↩]
- vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 01.02.1977 – VI ZR 204/74 52[↩]
- vgl. BVerfGE 99, 185, 196 f.; 114, 339, 348[↩]