Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht.

Erforderlich sind Darlegungen
- zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht,
- zu den Abschiebungsvoraussetzungen,
- zu der Erforderlichkeit der Haft,
- zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und
- zu der notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG).
Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte ansprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden [1].
Diesen Anforderungen wurde der Haftantrag in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall gerecht:
Zum dafür maßgeblichen Zeitpunkt der Haftanordnung durch das Amtsgericht lag ein zulässiger Haftantrag vor. Zwar hatte die beteiligte Behörde in ihrem schriftlichen Haftantrag vom 28.03.2018 die Anordnung von Überstellungshaft zunächst nur bis zum 3.04.2018 beantragt. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts hat sie aber ihre Ausführungen zur Haftdauer im Anhörungstermin vor dem Amtsgericht ergänzt und in diesem Termin Haft bis zum 18.04.2018 beantragt.
Diese Änderung des Haftantrags im Hinblick auf die Dauer der Haft konnte im Anhörungstermin beim Amtsgericht mündlich erfolgen. Gemäß § 25 Abs. 1 FamFG kann ein Antrag auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle gestellt werden. Dieses Formerfordernis ist ohne Weiteres erfüllt, wenn ein Antrag oder eine Antragsänderung in das Anhörungsprotokoll aufgenommen worden ist, das von dem Richter und dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterzeichnet worden ist [2]. Aus der protokollierten Erklärung des Vertreters der beteiligten Behörde ergibt sich, dass innerhalb der ursprünglich beantragten Haftdauer bis zum 3.04.2018 eine Überstellung nach Frankreich nicht möglich war, die französischen Behörden jedoch zugesagt hätten, den Betroffenen auf jeden Fall am 18.04.2018 zu übernehmen, sodass dieser Termin sicher eingehalten werden könne. Danach hielt die Behörde eindeutig nicht mehr an der ursprünglich nur bis zum 3.04.2018 beantragten Haftdauer fest. Die protokollierte Erklärung des Vertreters der beteiligten Behörde konnte vielmehr nur dahin verstanden werden, dass zur Erreichung des Zwecks der Haft, die Überstellung abzusichern, nunmehr eine Haftdauer bis zum 18.04.2018 beantragt werden müsse.
Die beteiligte Behörde hat den neuen Zeitbedarf nach Maßgabe von § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 FamFG ausreichend erläutert. Laut Protokoll hat ihr Vertreter angegeben, nach Auskunft des LKA erfordere die Rücküberstellung nach Frankreich erfahrungsgemäß drei Wochen, wovon regelmäßig zehn Tage auf die Abstimmung mit den französischen Behörden entfielen. Angesichts des Umstands, dass der Anhörungstermin beim Amtsgericht am Gründonnerstag, dem 29.03.2018 stattfand, konnte dieser Abstimmungsprozess erkennbar im Hinblick auf die bevorstehenden Feiertage voraussichtlich nicht vor Dienstag, dem 3.04.2018, in Gang gesetzt werden. Bis zu der von den französischen Behörden zugesagten Übernahme des Betroffenen am 18.04.2018 verblieben somit nur fünf weitere, ein Wochenende einschließende Tage, die als notwendiger Vorlauf nach erfolgter Abstimmung ohne Weiteres plausibel sind.
Ausweislich des Protokolls wurde die Anhörung im Anschluss an die Erklärung des Vertreters der beteiligten Behörde und nach einer kurzen Unterbrechung fortgesetzt. Danach hatte der Betroffene die Möglichkeit, sich zu der Erklärung zu äußern. Das reicht zur Wahrung seines Anspruchs auf effektives rechtliches Gehör aus. Die hier in Rede stehende Dauer eines Überstellungsverfahrens von Deutschland nach Frankreich ist ein außerhalb der Sphäre des Betroffenen liegender Umstand des zwischenstaatlichen Behördenverkehrs, bei dem der Betroffene von vornherein nicht zur Sachaufklärung beitragen kann. Bei dem für die Überstellung nach Frankreich benötigten Zeitraum handelt es sich außerdem um einen einfachen, überschaubaren Sachverhalt, zu dem sich der Betroffene selbst bei einer etwaigen Überraschung ohne Weiteres äußern konnte. Unter diesen Umständen ist unschädlich, dass sich aus dem Protokoll der Anhörung nicht ergibt, ob dem Betroffenen der zum Protokoll gereichte und der Begründung der längeren Haftdauer dienende Behördenvermerk vom 29.03.2018 übersetzt und übergeben worden ist.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20. Mai 2020 – XIII ZB 51/19
- BGH, Beschluss vom 12.02.2020 – XIII ZB 49/19 8 mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 28.04.2011 – V ZB 118/10 10; Beschluss vom 13.09.2018 – V ZB 145/17 12[↩]
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