Sofortige Beschwerde wegen verspäteter Absetzung des Berufungsurteils – und die Anforderungen an die Begründung

Die Begründung einer sofortigen Beschwerde wegen verspäteter Absetzung des Berufungsurteils nach § 72b ArbGG erfordert die substantiierte Darlegung von Tatsachen, die die Versäumung der Fünfmonatsfrist belegen.

Sofortige Beschwerde wegen verspäteter Absetzung des Berufungsurteils – und die Anforderungen an die Begründung

Die sofortige Beschwerde wegen verspäteter Absetzung des Berufungsurteils nach § 72b Abs. 1 ArbGG ist gemäß § 72b Abs. 2 Satz 1 ArbGG zu begründen. Sie kann gemäß § 72b Abs. 3 Satz 3 ArbGG nur damit begründet werden, dass das Urteil des Landesarbeitsgerichts mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung noch nicht vollständig abgefasst und mit den Unterschriften sämtlicher Mitglieder der Kammer versehen der Geschäftsstelle übergeben worden ist.

Die Begründung der sofortigen Beschwerde erfordert entsprechenden Tatsachenvortrag. Wird die sofortige Beschwerde – wie hier – darauf gestützt, dass die Unterschrift eines Richters mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht durch einen Verhinderungsvermerk hätte ersetzt werden dürfen und die Fünfmonatsfrist deswegen versäumt sei, hat der Beschwerdeführer dies im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden, notwendig begrenzten Mittel substantiiert darzustellen1. Entsprechender Sachvortrag kann auf der Grundlage von Akteneinsicht oder einer Anfrage bei der Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts erbracht werden2. Auch die Einholung einer amtlichen Auskunft des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts kommt in Betracht3. Erforderlich ist zumindest die Darlegung eines Versuchs der Aufklärung des gerichtsinternen Vorgangs4. Die Äußerung einer bloßen Vermutung reicht hingegen nicht aus5. Dies gilt für alle Begründungsansätze, die im Rahmen einer sofortigen Beschwerde nach § 72b ArbGG möglich sind.

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Vorliegend ist eine Versäumung der Fünfmonatsfrist wegen des Fehlens der Unterschrift der ehrenamtlichen Richterin nicht hinreichend dargelegt. Die Unterschrift wurde durch einen Verhinderungsvermerk rechtzeitig ersetzt. Die Beschwerdebegründung legt weder das Fehlen eines Verhinderungsgrundes iSv. § 315 Abs. 1 Satz 2 ZPO noch entsprechende Aufklärungsbemühungen dar. Sie stellt den zeitlichen Ablauf lediglich bezogen auf die Verkündung und die Zustellung des Urteils dar und bestreitet allein deshalb das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für das Ersetzen der Unterschrift der ehrenamtlichen Richterin. Dies ist mangels diesbezüglichen Tatsachenvortrags nicht ausreichend.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 26. Oktober 2023 – 8 AZB 18/23

  1. vgl. BAG 3.03.2010 – 4 AZB 23/09, Rn. 8, BAGE 133, 285[]
  2. vgl. GMP/Müller-Glöge 10. Aufl. § 72b Rn. 17; Helml/Pessinger/Pessinger 5. Aufl. § 72b Rn. 12[]
  3. ErfK/Koch 23. Aufl. ArbGG § 72b Rn. 6; HWK/Klug 10. Aufl. § 72b ArbGG Rn. 8[]
  4. BeckOK ArbR/Klose Stand 1.09.2023 ArbGG § 72b Rn. 7[]
  5. GK-ArbGG/Krumbiegel Stand Januar 2022 § 72b Rn. 37[]

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