Beruft eine Stelle, die der Bestellpflicht nach § 4f Abs. 1 BDSG unterliegt, mehrere interne Datenschutzbeauftragte, können diese alle Sonderkündigungsschutz gemäß § 4f Abs. 3 Satz 5, 6 BDSG erwerben.

Ein Arbeitnehmer gehört mithin aufgrund seiner Bestellung zum „stellvertretenden“ Datenschutzbeauftragten der Arbeitgeberin zu dem Personenkreis, der nach § 4f Abs. 3 Satz 5, 6 BDSG vor einer ordentlichen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses geschützt ist.
Auf die Bestellung von Datenschutzbeauftragten durch die Arbeitgeberin findet § 4f BDSG Anwendung. Bei dieser handelt es sich um eine „andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtung“ iSv. § 2 Abs. 1 Satz 1 BDSG. Betriebskrankenkassen sind rechtlich selbstständige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung, für die – soweit nicht im Bereich der Verarbeitung von Sozialdaten das Sozialgesetzbuch eingreift – das Bundesdatenschutzgesetz unter der Voraussetzung gilt, dass sie – wie die Arbeitgeberin – über die räumlichen Grenzen eines Bundeslandes hinaus tätig sind1.
Beruft eine Stelle, die der Bestellpflicht nach § 4f Abs. 1 BDSG unterliegt, mehrere interne Datenschutzbeauftragte, erwerben diese den in § 4f Abs. 3 Satz 5 BDSG normierten Sonderkündigungsschutz. Für dessen Eingreifen ist unerheblich, ob die Bestellung eines weiteren („stellvertretenden“) Datenschutzbeauftragten erforderlich war, um die im Betrieb oder der Dienststelle anfallenden Aufgaben zu erledigen. Mit der Voraussetzung, dass ein Beauftragter „nach Absatz 1 (…) zu bestellen (ist)“, knüpft § 4f Abs. 3 Satz 5 BDSG nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut an die grundsätzliche (allgemeine) Bestellpflicht der verantwortlichen Stelle nach § 4f Abs. 1 BDSG an.
Danach zählte der Arbeitnehmer zu den nach § 4f Abs. 3 Satz 5, 6 BDSG geschützten Personen.
Die Arbeitgeberin war nach § 4f Abs. 1 BDSG verpflichtet, einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen. Darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit.
Der Arbeitnehmer war von der Arbeitgeberin aus Anlass der krankheitsbedingten Abwesenheit der betriebsangehörigen Datenschutzbeauftragten für die Zeit vom 01.08.2014 bis zum 1.02.2015 zum „stellvertretenden“ Datenschutzbeauftragten bestellt.
Dies ist dahin zu verstehen, dass der Arbeitnehmer zeitlich begrenzt die Aufgaben der bereits bestellten Datenschutzbeauftragten eigenverantwortlich und frei von Weisungen wahrnehmen sollte. Bei dem Arbeitnehmer handelt es sich damit nicht um eine Hilfsperson der Datenschutzbeauftragten iSv. § 4f Abs. 5 Satz 1 BDSG, sondern um einen Datenschutzbeauftragten iSd. § 4f Abs. 1 BDSG2.
Die Bestellung des Arbeitnehmers war nicht deshalb unwirksam, weil die Arbeitgeberin bereits eine andere Arbeitnehmerin zur internen Datenschutzbeauftragten bestellt hatte. Ist der „originär“ bestellte Datenschutzbeauftragte – wie im Streitfall – nicht nur kurzfristig an der Aufgabenwahrnehmung gehindert, besteht objektiv ein hinreichender Grund für die Bestellung einer Person zum Datenschutzbeauftragten, der während der voraussichtlichen Abwesenheit des Beauftragten dessen gesetzliche Aufgaben wahrnimmt. Ein Kompetenzkonflikt ist hier wegen der nicht nur kurzfristigen Abwesenheit des zuerst bestellten Amtsinhabers nicht zu befürchten3. Daher bedarf es keiner Entscheidung, ob die Bestellung mehrerer Datenschutzbeauftragter dann Bedenken unterliegt, wenn dies zu Kompetenzüberschneidungen führt. Allerdings spricht vieles dafür, dass die einzelnen Bestellungen wirksam sind und es ggf. Aufgabe der verantwortlichen Stelle oder der Aufsichtsbehörde ist, eine klare Aufgabentrennung sicherzustellen oder eine Bestellung nach § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG zu widerrufen.
Die Bestellung des Arbeitnehmers erfolgte schriftlich und damit in der von § 4f Abs. 1 Satz 1 BDSG gebotenen Form.
Der Arbeitnehmer erfüllte – unbeschadet der Frage, ob seine Bestellung andernfalls unwirksam wäre – unstreitig die Voraussetzungen des § 4f Abs. 2 Satz 1 BDSG. Die Arbeitgeberin zieht nicht in Zweifel, dass er die zur Erfüllung der Aufgaben eines Datenschutzbeauftragten erforderliche Fachkunde und Zuverlässigkeit besaß.
Im hier entschiedenen Fall waren zudem bei Zugang der Kündigung vom 01.10.2015 auch die weiteren Voraussetzungen dafür erfüllt, dass der Arbeitnehmer jedenfalls Sonderkündigungsschutz nach § 4f Abs. 3 Satz 6 BDSG für sich reklamieren konnte.
Der Arbeitnehmer hat in der Zeit vom 01.08.2014 bis zum 1.02.2015 eigenverantwortlich Tätigkeiten ausgeführt, die nach den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes bzw. des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch zum Aufgabenbereich eines Datenschutzbeauftragten gehörten.
Unter diesen Umständen genoss der Arbeitnehmer am 1.10.2015 Sonderkündigungsschutz, ohne dass es darauf ankäme, ob die Bestellung mit Ablauf des 1.02.2015 geendet hat. Auf die Wirksamkeit der von der Arbeitgeberin vorgenommenen zeitlichen Begrenzung der Amtstätigkeit kommt es nicht an.
Wäre die Befristung unwirksam, hätte dies nicht die Unwirksamkeit der Bestellung zur Folge. Vielmehr bestünde diese über den 1.02.2015 hinaus. Der Arbeitnehmer wäre auf unbestimmte Zeit zum Datenschutzbeauftragten bestellt worden. Die streitbefangene Kündigung wäre dann gemäß § 4f Abs. 3 Satz 5 BDSG iVm. § 134 BGB nichtig. Das gölte selbst dann, wenn man den Schutz für „stellvertretende“ Datenschutzbeauftragte nach der Wertung des § 4f Abs. 3 Satz 6 BDSG auf ein Jahr nach dem Ende des letzten, eine Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter auslösenden Vertretungsfalls begrenzen wollte4.
Hätte die Bestellung des Arbeitnehmers hingegen am 1.02.2015 geendet, ergäbe sich die Nichtigkeitsfolge aus § 4f Abs. 3 Satz 6 BDSG iVm. § 134 BGB. Der nachwirkende Sonderkündigungsschutz dient dazu, im Verhältnis zwischen der verantwortlichen Stelle und einem Datenschutzbeauftragten, eine „Abkühlung“ eintreten zu lassen. Einer solchen bedarf es jedenfalls dann, wenn ein „stellvertretender“ Beauftragter tatsächlich als solcher tätig geworden ist5. „Abberufung“ iSd. Vorschrift ist jede Beendigung des Amtes, die durch ein Verhalten der verantwortlichen Stelle veranlasst wurde. Hiervon erfasst ist auch die Beendigung des Amtes aufgrund einer zeitlich begrenzten Bestellung. Im Streitfall bedarf keiner Entscheidung, ob der nachwirkende Sonderkündigungsschutz für einen tätig gewordenen Datenschutzbeauftragten ausnahmsweise entfällt, wenn er das Amt aus eigener, nicht auf die verantwortliche Stelle zurückgehender Veranlassung niederlegt6. Das hat der Arbeitnehmer nicht getan.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. Juli 2017 – 2 AZR 812/16
- Gola/Schomerus BDSG 12. Aufl. § 2 Rn. 17a[↩]
- aA Simitis in Simitis BDSG 8. Aufl. § 4f Rn. 145 der wohl die Bestellung eines unabhängigen Vertreters des Datenschutzbeauftragten generell für unzulässig hält[↩]
- Franck/Reiff ZD 2015, 405, 406[↩]
- so Franck/Reiff ZD 2015, 405, 408[↩]
- Deeg ArbR 2010, 365, 366[↩]
- so zum Immissionsschutzbeauftragen BAG 22.07.1992 – 2 AZR 85/92, zu B III der Gründe[↩]