Sozialplanabfindung, Wechselprämie – und die Auslegung eines Sozialplans

 Sozialplänen kommt typischerweise eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion zu. Es sollen diejenigen wirtschaftlichen Nachteile ausgeglichen werden, die den Arbeitnehmern im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung entstehen. Dagegen bedarf es keines Ausgleichs für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn dem Arbeitnehmer ein zumutbarer anderer Arbeitsplatz – der auch in der Möglichkeit der Weiterarbeit bei einem Betriebserwerber liegen kann – angeboten wird. 

Sozialplanabfindung, Wechselprämie – und die Auslegung eines Sozialplans

In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Rechtsstreit streiten Arbeitnehmerin und Arbeitgeberin über eine Sozialplanabfindung und einen Schadensersatzanspruch. Die Arbeitnehmerin war seit 1990 bei der Arbeitgeberin und deren Rechtsvorgängerin in deren Betrieb in H beschäftigt. Am 3.06.2016 vereinbarte die Rechtsvorgängerin der Arbeitgeberin, die im August 2017 auf diese verschmolzen wurde, mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat einen Sozialplan (SP). Dort heißt es auszugsweise:

Präambel

Ab dem 14.04.2016 streiten die Parteien im Rahmen einer Einigungsstelle … über den aktuellen und zukünftigen Umgang mit ggf. geplanten betriebsbedingten Kündigungen. Wesentlicher Bestandteil dieser Verhandlungen war die Forderung des Betriebsrats, dass alle aufgrund der dargelegten Faktoren zukünftig vom Wegfall ihres Arbeitsplatzes am Standort H noch betroffenen Mitarbeiter hinsichtlich der Milderung der daraus folgenden wirtschaftlichen Nachteile gleichbehandelt werden.

Nach ausführlicher weitergehender Erörterung dieser Fragen im Rahmen der Einigungsstelle ist die Gesellschaft nun dazu bereit, der Forderung des Betriebsrats nachzukommen. Die Parteien sind sich somit darüber einig, dass den während der Laufzeit dieser Betriebsvereinbarung vorgenommenen Maßnahmen zum Personalabbau eine einheitliche unternehmerische Planung der Gesellschaft zugrunde liegt. Insofern handelt es sich insgesamt um eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG.

§ 1 – Geltungsbereich

  1. Dieser Sozialplan gilt, zugleich auch als vorsorglicher Sozialplan, für alle Mitarbeiter der Gesellschaft iSd. § 5 Abs. 1 BetrVG, die aus Anlass der unternehmerischen Planung und des daraus folgenden Personalabbaus ihren Arbeitsplatz verlieren werden, unabhängig davon, ob dem Ausspruch der Kündigung eine ggf. weitere Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG zugrunde liegt oder nicht und welches Ausmaß die Maßnahme hat. Auf den Interessenausgleich der Parteien vom heutigen Tag wird insoweit Bezug genommen. Im Fall zukünftiger Maßnahmen während der Laufzeit gilt dieser Sozialplan unabhängig davon abschließend, ob für die konkrete Personalabbaumaßnahme eigens ein Interessenausgleich abgeschlossen wird oder nicht.

§ 2 – Abfindung

§ 4 – Transfermaßnahmen

  1. Mitarbeiter, die aufgrund dieser Betriebsänderung nach §§ 111, 112 BetrVG von Kündigungen betroffen sind, haben die Möglichkeit, auf Grundlage der Betriebsvereinbarung ‚über die Einrichtung und Durchführung eines Transferprojektes gem. §§ 110, 111 SGB III‘ in eine Transfergesellschaft überzutreten, sofern die persönlichen und betrieblichen Voraussetzungen für den Bezug von Transferkurzarbeitergeld nach § 111 SGB III erfüllt sind.

§ 7 – Schlussbestimmungen

  1. Dieser Sozialplan tritt mit Unterzeichnung in Kraft und gilt für alle Personalabbaumaßnahmen ab dem 01.05.2016. Er endet ohne Nachwirkung zum 31.12.2019. Die Parteien sind sich darüber einig, dass dieser Sozialplan jede Form des Personalabbaus, auch wenn keine Betriebsänderung nach § 111 BetrVG vorliegen sollte, erfassen soll. …

Ferner schlossen die Rechtsvorgängerin der Arbeitgeberin und der Betriebsrat am 3.06.2016 „auf Grundlage des Interessenausgleichs und Sozialplans vom 03.06.2016 sowie der darin enthaltenen Regelungen nach § 4 des Sozialplans“ eine Betriebsvereinbarung „über die Einrichtung und Durchführung eines Transferprojektes gemäß §§ 110, 111 SGB III“ (BV Transferprojekt) sowie eine „Freiwillige Betriebsvereinbarung“, welche für alle Mitarbeiter, die „auf Grundlage“ der BV Transferprojekt und des Sozialplans vom 03.06.2016 in die Transfergesellschaft übertreten, eine Wechselprämie iHv. bis zu 8.000,00 € vorsieht. Mit Ergänzungsvereinbarung vom 07.02.2017 verlängerten die Betriebsparteien die Laufzeit des Sozialplans bis zum 31.12.2022.

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Mit Schreiben vom 04.07.2018 unterrichtete die Arbeitgeberin die Arbeitnehmerin darüber, dass der Betrieb in H veräußert und infolgedessen ihr Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs auf die Erwerberin übergehen werde, falls sie dem nicht widerspreche. In dem Schreiben heißt es weiter, dass die Arbeitgeberin und die Betriebserwerberin sich angesichts der anhaltenden Verlustsituation über die Erforderlichkeit eines kurzfristigen Personalabbaus einig seien. Vor diesem Hintergrund werde der Betriebserwerberin ein Betrag von bis zu 2,6 Mio. € für Kosten im Zusammenhang mit dem Abbau von bis zu 20 Arbeitsplätzen zur Verfügung gestellt, der für jeden dem Betriebsübergang widersprechenden Arbeitnehmer gekürzt werde. Die Arbeitnehmerin widersprach neben 22 weiteren von insgesamt ca. 160 Arbeitnehmern der Arbeitgeberin dem Betriebsübergang. Am 9.08.2018 ging der H Betrieb der Arbeitgeberin auf die Betriebserwerberin über. Mit Schreiben vom 10.08.2018 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmerin betriebsbedingt zum 31.03.2019.

Die Arbeitnehmerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe ein Anspruch auf eine Abfindung nach § 2 SP zu. Sie unterfalle dem Geltungsbereich des Sozialplans. Die Kündigung der Arbeitgeberin habe zum Verlust ihres Arbeitsplatzes geführt. Ihr Widerspruch gegen den Betriebsübergang sei unschädlich, da der Sozialplan keinen entsprechenden Ausschlusstatbestand enthalte. Überdies stehe ihr ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 8.000, 00 € zu, weil sie aufgrund pflichtwidrigen Verhaltens der Arbeitgeberin keine Wechselprämie erhalten habe. Die Arbeitgeberin sei ihrer Verpflichtung zur Einrichtung einer Transfergesellschaft nicht nachgekommen. Zudem habe sie es unterlassen, ihr den Übertritt in eine solche anzubieten.

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Das Arbeitsgericht Hamburg hat der Klage hinsichtlich der Sozialplanabfindung stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen1. Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat die Berufungen beider Parteien – soweit für die Revision noch von Belang, zurückgewiesen2. Im Revisionsverfahren hat das Bundesarbeitsgericht die Urteile der Hamburger Vorinstanzen abgeändert und die Klage insgesamt als unbegründet abgewiesen:

Die Arbeitnehmerin hat keinen Anspruch gegen die Arbeitgeberin auf Zahlung einer Abfindung aus dem Sozialplan vom 03.06.2016. Seine Auslegung3 ergibt, dass die Arbeitnehmerin nicht dem Geltungsbereich nach § 1 Nr. 1 SP unterfällt, da sie ihren Arbeitsplatz nicht aufgrund eines – vom Sozialplan erfassten – „Personalabbaus“ verloren hat. Die Frage, ob der Sozialplan nach dem – identitätswahrenden – Betriebsübergang auf die Erwerberin noch normativ (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) für die Arbeitgeberin und die Arbeitnehmerin galt, bedarf deshalb keiner Entscheidung.

Der Wortlaut von § 1 Nr. 1 Satz 1 SP ist allerdings nicht eindeutig. Danach gilt der Sozialplan „für alle Mitarbeiter der Gesellschaft iSd. § 5 Abs. 1 BetrVG, die aus Anlass der unternehmerischen Planung und des daraus folgenden Personalabbaus ihren Arbeitsplatz verlieren werden“. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet „aus Anlass“ „anlässlich“4 oder „wegen“5. Damit erfasst der Geltungsbereich seinem Wortlaut nach nur Fälle, in denen der Arbeitsplatzverlust des Mitarbeiters – im Sinne einer doppelten Kausalität – auf einer unternehmerischen Planung und einem sich hieraus ergebenden „Personalabbau“ beruht. Dies könnte dafür sprechen, dass ein Betriebsübergang, der sich auf einen bloßen Inhaberwechsel beschränkt, nicht vom Geltungsbereich des Sozialplans erfasst werden soll. Ein solcher Betriebsübergang führt – bezogen auf den betroffenen Betrieb – weder zu einem Personalabbau noch einem Arbeitsplatzverlust. Die Arbeitsverhältnisse der hiervon betroffenen Arbeitnehmer gehen lediglich auf den Erwerber über (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB). Aufgrund der einleitenden Formulierung in § 1 Nr. 1 SP („Mitarbeiter der Gesellschaft“) ist jedoch auch denkbar, dass das Bezugsobjekt eines solchen Personalabbaus nicht der H Betrieb der Arbeitgeberin, sondern ihr Unternehmen sein sollte. Dies hätte zur Folge, dass auch ein Betriebsübergang als ein – für die diesem widersprechenden Arbeitnehmer zu einem Verlust ihres Arbeitsplatzes führender – „Personalabbau“ anzusehen wäre, da die Arbeitgeberin nicht mehr Arbeitgeberin der vom Betriebsübergang erfassten Arbeitnehmer ist und die im Betrieb bestehenden Arbeitsplätze nicht mehr bei ihr vorhanden sind.

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Die Systematik des Sozialplans zeigt, dass die Betriebsparteien den Begriff des „Personalabbaus“ iSd. § 1 Nr. 1 SP betriebsbezogen verstanden haben. Von der Arbeitgeberin nach dem vollständigen Übergang ihres H Betriebs auf einen Erwerber erklärte Kündigungen sollten nicht von seinem Geltungsbereich erfasst werden, da der Arbeitsplatz dieser Arbeitnehmer nicht aufgrund einer – betriebsbezogenen – Personalabbaumaßnahme entfallen ist.

Ausweislich der Präambel waren sich die Betriebsparteien darüber einig, „dass den während der Laufzeit dieser Betriebsvereinbarung vorgenommenen Maßnahmen zum Personalabbau eine einheitliche unternehmerische Planung der Gesellschaft zugrunde liegt“ und es sich damit „insgesamt um eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG“ handelt. Danach sollen mit dem Sozialplan diejenigen Nachteile ausgeglichen werden, die Arbeitnehmern infolge einer Einschränkung oder Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen (§ 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG) entstehen. Dies lässt erkennen, dass Personalabbaumaßnahmen nur solche sind, mit denen bezogen auf den H Betrieb die dort vorhandene Anzahl von Arbeitnehmern reduziert werden soll. Eine – nach dem Willen der Betriebsparteien ausgleichspflichtige – Maßnahme liegt damit weder in der vollständigen Veräußerung dieses Betriebs noch in dem Ausspruch von Kündigungen, die nach einem derartigen Betriebsübergang erfolgen, weil Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber widersprochen haben und bei der Arbeitgeberin keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr vorhanden ist.

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Etwas anderes folgt nicht daraus, dass der Sozialplan gemäß seinem § 1 Nr. 1 Satz 1 Halbs. 2 unabhängig davon gilt, „ob dem Ausspruch der Kündigung eine ggf. weitere Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG zugrunde liegt oder nicht und welches Ausmaß die Maßnahme hat“. Wie die Präambel erkennen lässt, bestand zwischen den Betriebsparteien vor Abschluss des Sozialplans zunächst Streit darüber, wie mit denjenigen Mitarbeitern verfahren werden sollte, die wegen des weiterhin schwierigen wirtschaftlichen Umfelds künftig noch vom Wegfall ihres Arbeitsplatzes am Standort H betroffen wären. Die Rechtsvorgängerin der Arbeitgeberin erklärte sich in der Folgezeit mit der vom Betriebsrat insoweit erhobenen Forderung nach einer „gleichen“ Behandlung dieser Arbeitnehmer einverstanden. Das infolgedessen in Abs. 3 der Präambel dokumentierte Einvernehmen der Betriebsparteien sollte erkennbar dem Umstand Rechnung tragen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine sozialplanpflichtige Betriebseinschränkung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG, die in einem bloßen Personalabbau besteht, auf einer einheitlichen unternehmerischen Planung beruhen und eine relevante Zahl von Arbeitnehmern erfassen muss6. Ausschließlich hieran knüpft die Regelung in § 1 Nr. 1 Satz 1 Halbs. 2 SP an. Sie soll – ebenso wie § 7 Nr. 1 Satz 3 SP – lediglich verdeutlichen, dass den gekündigten Arbeitnehmern ungeachtet des Umfangs des Personalabbaus eine Abfindung zusteht. Ein weitergehender Wille der Betriebsparteien, diesen einen Sozialplananspruch ohne Rücksicht darauf zu gewähren, ob ihr Arbeitsplatzverlust auf einem den Betrieb betreffenden Personalabbau beruht, kann den Formulierungen nicht entnommen werden.

Auch der Umstand, dass § 5 SP einen Abfindungsanspruch nicht ausschließt, wenn Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses nach § 613a BGB widersprechen, gebietet kein abweichendes Verständnis. Einer solchen – im Grundsatz zulässigen7 – Bestimmung hätte es allenfalls dann bedurft, wenn der Geltungsbereich des Sozialplans auch Arbeitnehmer erfassen würde, die einem – ausschließlich in einem Inhaberwechsel bestehenden – Betriebsübergang widersprechen und wegen des hieraus resultierenden Wegfalls einer Beschäftigungsmöglichkeit gekündigt werden. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Daher lässt sich aus dem Fehlen einer derartigen Bestimmung nichts Gegenteiliges herleiten.

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Sinn und Zweck des Sozialplans bestätigen dieses Auslegungsergebnis.

Sozialplänen kommt typischerweise eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion zu8. Es sollen diejenigen wirtschaftlichen Nachteile ausgeglichen werden, die den Arbeitnehmern im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung entstehen. Wie § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG verdeutlicht, bedarf es keines Ausgleichs für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn dem Arbeitnehmer ein zumutbarer anderer Arbeitsplatz – der auch in der Möglichkeit der Weiterarbeit bei einem Betriebserwerber liegen kann9 – angeboten wird. Anhaltspunkte für die Annahme, die Betriebsparteien hätten abweichend hiervon die Nachteile auch solcher Arbeitnehmer ausgleichen wollen, die gekündigt werden, weil sie nach einem – ausschließlich in einem Inhaberwechsel bestehenden – Betriebsübergang dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber widersprechen, sind nicht ersichtlich. Ausweislich der Präambel soll der Sozialplan vielmehr gewährleisten, dass alle zukünftig aufgrund unternehmensexterner oder -interner Faktoren „vom Wegfall ihres Arbeitsplatzes am Standort H noch betroffenen Mitarbeiter hinsichtlich der Milderung der daraus folgenden wirtschaftlichen Nachteile gleichbehandelt werden“. Dies zeigt, dass es den Betriebsparteien ausschließlich um den Ausgleich solcher Nachteile ging, die aufgrund eines Arbeitsplatzwegfalls am Standort H entstehen. Solche Nachteile sind bei einem Betriebsübergang, bei dem lediglich der Inhaber des Betriebs wechselt, regelmäßig nicht gegeben.

Aus dem Umstand, dass die Arbeitnehmerin – so das Landesarbeitsgericht – mit ihrem Widerspruch lediglich ihr aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG resultierendes Grundrecht ausgeübt hat, welches für abhängig Beschäftigte die Vertragsfreiheit gerade im Bereich beruflicher Betätigung garantiert10, ergibt sich nichts Abweichendes. Die Betriebsparteien können wirtschaftliche Nachteile ausgleichen, die sich aus einem solchen Widerspruch ergeben, sie sind hierzu aber nicht verpflichtet11.

Soweit das Landesarbeitsgericht im Übrigen angenommen hat, aus Nr. 11 des Informationsschreibens vom 04.07.2018 ergebe sich, dass ein nach dem Sozialplan ausgleichspflichtiger Personalabbau auch durch das Ausscheiden von Arbeitnehmern aus dem Betrieb infolge Widerspruchs gegen den Betriebsübergang erfolgen könne, verkennt es, dass dem – ohnehin erst Jahre nach Abschluss des Sozialplans gefertigten – Schreiben der Arbeitgeberin für die Auslegung des von den (damaligen) Betriebsparteien geschlossenen Sozialplans keine Bedeutung zukommen kann.

Der Arbeitnehmerin steht kein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Arbeitgeberin in Höhe der Wechselprämie zu. Es fehlt schon an einer Vertragspflichtverletzung seitens der Arbeitgeberin (§ 280 Abs. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB). Diese war weder verpflichtet, eine Transfergesellschaft zu errichten, noch der Arbeitnehmerin den Übertritt in eine solche anzubieten.

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Auf § 4 SP kann die Arbeitnehmerin ein entsprechendes Begehren schon deshalb nicht stützen, weil sie nicht unter den Geltungsbereich des Sozialplans (§ 1 Nr. 1 Satz 1 SP) fällt.

Gleiches gilt für die BV Transferprojekt. Diese erfasst nach ihrem § 1 Abs. 1 Satz 2 nur Arbeitnehmer, die während der Laufzeit des Sozialplans durch Abschluss eines dreiseitigen Vertrags aus dem Unternehmen ausscheiden. Wie die einleitende Formulierung („auf Grundlage des … Sozialplans vom 03.06.2016 sowie der darin enthaltenen Regelungen nach § 4 des Sozialplans“) erkennen lässt, betrifft dies nur Arbeitnehmer, die nach § 4 SP einen Anspruch auf Übertritt in eine Transfergesellschaft haben. Daran fehlt es im Streitfall.

Nichts anderes gilt für die „Freiwillige Betriebsvereinbarung“. Auch diese setzt einen Übertritt „auf Grundlage des Sozialplans vom 03.06.2016“ und damit einen Anspruch nach § 4 SP voraus. Ein solcher steht der Arbeitnehmerin nicht zu.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9. November 2021 – 1 AZR 278/20

  1. ArbG Hamburg 25.09.2019 – 8 Ca 108/19[]
  2. LAG Hamburg 13.05.2020 – 7 Sa 146/19[]
  3. zu den Maßstäben sh. nur BAG 15.05.2018 – 1 AZR 20/17, Rn. 10 mwN[]
  4. Duden Deutsches Universalwörterbuch 9. Aufl. Stichwort „anlässlich“[]
  5. Duden Das Synonymwörterbuch 7. Aufl. Stichwort „anlässlich“[]
  6. vgl. zB BAG 28.03.2006 – 1 ABR 5/05, Rn. 18, BAGE 117, 296[]
  7. vgl. zB BAG 17.04.2012 – 1 AZR 119/11, Rn. 28, BAGE 141, 101; 22.07.2003 – 1 AZR 575/02, zu III 1 b aa der Gründe, BAGE 107, 100[]
  8. vgl. BAG 12.02.2019 – 1 AZR 279/17, Rn. 15, BAGE 165, 336; 8.12.2015 – 1 AZR 595/14, Rn. 17, BAGE 153, 333[]
  9. vgl. BAG 5.02.1997 – 10 AZR 553/96, zu II 2 der Gründe[]
  10. vgl. BVerfG 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09, Rn. 70, BVerfGE 128, 157[]
  11. vgl. zB BAG 17.04.2012 – 1 AZR 119/11, Rn. 28, BAGE 141, 101[]