Bei einem Zusammentreffen eines Kündigungsschutzantrags und einer Zahlungsklage, deren Erfolg unmittelbar von dem der Bestandsschutzklage abhängt, besteht wirtschaftliche Teilidentität, weshalb die Streitwerte nicht zu addieren sind, sondern vom jeweils höheren Wert auszugehen ist1.

Der mit einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung des Arbeitnehmers zu bewertende allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag wirkt sich streitwerterhöhend aus, da dieser sowohl im Verhältnis zum Bestandsschutzantrag2 als auch zum Zahlungsantrag ab dem Ablauf der Kündigungsfrist nicht denselben Gegenstand im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG betrifft. Denn der Zahlungsantrag bezweckt den Erhalt der Vergütung, während der allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag ausschließlich die Möglichkeit der tatsächlichen Erbringung der Arbeitsleistung zum Inhalt hat. Deshalb hat auch bei einem Aufeinandertreffen eines Zahlungsanspruchs nach Ablauf der Kündigungsfrist und eines allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrags eine Werteaddition gemäß § 39 Abs. 1 GKG zu erfolgen.
Dies gilt jedoch nicht im Verhältnis eines Bestandsschutz- und eines Antrags auf Annahmeverzugsvergütung einerseits und eines Hilfsantrags auf Wiedereinstellung andererseits3.
Grundsätzlich sind die Werte von Haupt- und Hilfsanträgen zusammenzurechnen, soweit auch über den Hilfsanspruch eine Entscheidung ergeht (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG) oder der Rechtsstreit auch insoweit durch Vergleich erledigt wird (§ 45 Abs. 4 GKG). Dies gilt jedoch nicht, wenn die Anträge denselben Gegenstand betreffen; dann ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).
Mit dem Wort „Gegenstand“ in § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG ist nicht der Streitgegenstand iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gemeint. Denn dann beträfe die Regelung nur die Fälle, in denen ein und derselbe Antrag (oder im Falle der Widerklage sein kontradiktorisches Gegenteil) mehrfach eingeklagt worden wäre. Dafür bestünde aber kein Regelungsbedarf, weil der Fall, dass im Verhältnis zum Hauptantrag ein identischer Hilfsantrag gestellt wird, selten eintreten wird. Hierfür gibt es in der Regel keinen Sinn. Der Gegenstand iSd. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG muss sich also lediglich auf den Klagegrund, den Lebenssachverhalt, aus dem der prozessuale Anspruch hergeleitet wird, beziehen4.
Dass der Begriff des Gegenstands nichts mit dem Streitgegenstand in § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu tun hat, ergibt sich im Übrigen auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs5 zu der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG a.F.. Danach ist entscheidend für die Anwendung des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG, ob die Ansprüche einander ausschließen und damit notwendigerweise die Zuerkennung des einen Anspruchs mit der Aberkennung des anderen verbunden ist (vgl. insoweit auch die amtliche Begründung des Gesetzentwurfs6, in dem mit dem Zusammenrechnungsausschluss bei demselben Gegenstand „die von der Rechtsprechung entwickelte Unterscheidung zwischen dem prozessualen und dem kostenrechtlichen Gegenstandsbegriff“ übernommen worden ist).
Nach diesem kostenrechtlichen Gegenstandsbegriff sind für das Merkmal „desselben Gegenstandes“ 2 Voraussetzungen erforderlich, nämlich dass die Ansprüche nicht nebeneinander bestehen können und dass sie auf dasselbe Interesse gerichtet sind7. Diese beiden Voraussetzungen werden auch unter dem Begriff der (rechtlichen oder wirtschaftlichen) Identität zusammengefasst.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Juli 2013 – 5 Ta 74/13
- LAG Baden-Württemberg, 18.12.2009 – 5 Ta 155/09[↩]
- vgl. hierzu LAG Baden-Württemberg 27.04.2010 – 5 Ta 63/10[↩]
- anders noch LAG Baden-Württemberg 06.08.2012 – 5 Ta 110/10[↩]
- LAG Baden-Württemberg 04.02.2004 – 3 Ta 7/04
[↩] - BGH 27.02.2003 – III ZR 115/02, NJW-RR 2003, 713[↩]
- Gesetzentwurf der Bundesregierung
, BT-Drs. 12/69 62, S. 63[↩] - LAG Baden-Württemberg 04.02.2004 – 3 Ta 7/04 < § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG a.F.>; LAG Brandenburg 01.09.2000 – 6 Ta 70/00, JurBüro 2001, 95; Hartmann Kostengesetze 42. Aufl. § 45 GKG Rn. 10 mwN.[↩]