Tarifhöhung – und ihre Anrechenbarkeit auf eine übertarifliche Vergütung

Ob eine Tarifentgelterhöhung individualrechtlich auf eine übertarifliche Vergütung angerechnet werden kann, hängt von der zugrunde liegenden Vergütungsabrede ab.

Tarifhöhung – und ihre Anrechenbarkeit auf eine übertarifliche Vergütung

Haben die Arbeitsvertragsparteien darüber eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, gilt – sofern wirksam – diese. Sonst ist aus den Umständen zu ermitteln, ob eine Befugnis zur Anrechnung besteht. Die Anrechnung ist grundsätzlich möglich, wenn dem Arbeitnehmer nicht vertraglich ein selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist1.

Allein in der tatsächlichen Zahlung liegt allerdings noch keine vertragliche Abrede, die Zulage solle auch nach einer Tarifentgelterhöhung als selbständiger Vergütungsbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt gezahlt werden2.

Jedenfalls dann, wenn sich durch eine Anrechnung – anders als beim Widerruf der Zulage – die Gesamtgegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung nicht verringert, ist die mit einer Anrechnung verbundene Veränderung der Zulagenhöhe dem Arbeitnehmer regelmäßig zumutbar. Ein darauf gerichteter Anrechnungsvorbehalt hielte einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB stand3.

Für den Fall, dass eine vertragliche Anrechnungsbefugnis seitens der Arbeitgeberin besteht, wird im vorliegenden Fall noch zu beachten sein, ob diese Erklärungen so auszulegen sind, dass sie nach ihrem Wortlaut („können“ bzw. „kann“) eine Gestaltungserklärung seitens der Arbeitgeberin verlangen, die Zeitpunkt und Höhe des anzurechnenden Betrags festlegt.

Hinsichtlich des Zeitpunkts der Anrechnung wird ggf. zu beachten sein, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts übertarifliche Vergütungsbestandteile, die unter dem Vorbehalt der Anrechnung stehen, mit einer offenen Tilgungsbestimmung versehen sind, die eine Anrechnung auf rückwirkend zu erbringende Entgelte auch grundsätzlich nachträglich noch zulässt4.

Weiterlesen:
Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den BAT

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Januar 2017 – 4 AZR 517/15

  1. vgl. BAG 19.04.2012 – 6 AZR 691/10, Rn. 35 mwN, BAGE 141, 207; vgl. auch 3.09.2014 – 5 AZR 109/13, Rn. 12, BAGE 149, 78[]
  2. BAG 19.04.2012 – 6 AZR 691/10 – aaO mwN[]
  3. vgl. BAG 19.04.2012 – 6 AZR 691/10 – aaO; 16.05.2012 – 10 AZR 729/10, Rn. 38; 30.05.2006 – 1 AZR 111/05, Rn. 17, BAGE 118, 211[]
  4. vgl. BAG 20.10.2010 – 4 AZR 552/08, Rn. 55; so für den Fall der rückwirkenden Tariflohnerhöhung 27.08.2008 – 5 AZR 820/07, Rn. 18, 26, BAGE 127, 319[]