Tariflicher Feiertagszuschlag für den 24. Dezember

Tarifvertragliche Regelungen über die Zahlung eines Zuschlags für Feiertagsarbeit knüpfen zwar regelmäßig an die gesetzlichen Feiertage am Beschäftigungsort an. Das schließt aber nicht aus, dass die Tarifvertragsparteien auch andere Tage mit einem Feiertagszuschlag belegen. Abweichende Regelungen müssen nur deutlich erkennbar sein1

Tariflicher Feiertagszuschlag für den 24. Dezember

In diesem Sinn haben in dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Falls eines Haustarifvertrags für eine Kinokette die Tarifvertragsparteien in § 5 Nr. 1 Satz 2 MTV ua. den Ostersonntag und den Pfingstsonntag mit einem Zuschlag belegt, obwohl diese Tage zB im Freistaat Bayern (Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 BayFTG) und im Land Nordrhein-Westfalen, für das die Tarifverträge mit Blick auf die Standorte der Kinos auch gelten, keine gesetzlichen Feiertage sind (§ 2 Abs. 1 Feiertagsgesetz NW)2.

 Die Systematik des § 5 Nr. 1 MTV zeigt, dass die Tarifvertragsparteien von gestuften Zuschlägen für die Arbeit an den von ihnen als Feiertage definierten Tagen ausgegangen sind und für die Arbeit am 24.12. die höchsten Zuschläge festgelegt haben. Für gesetzliche Feiertage ist in § 5 Nr. 1 Satz 1 MTV ein Zuschlag von 50 % vorgesehen. An bestimmten Feiertagen – an Ostern und Pfingsten jeweils mit Sonntag und Montag, an beiden Weihnachtsfeiertagen sowie am 1.05.- fallen für die Arbeit Zuschläge von 100 % an (§ 5 Nr. 1 Satz 2 MTV). Der Grundzuschlagssatz nach Satz 1 wird an diesen Tagen verdoppelt. In einem weiteren Schritt wird die Arbeit am 24.12. geregelt. Dort sind mit der durchschnittlichen Tagesvergütung und dem Zuschlag iHv. 100 % zwei zusätzliche Entgeltkomponenten vorgesehen. Soweit die Arbeitgeberin insoweit einwendet, dieses Verständnis führe zu einem Zuschlag von insgesamt – je nach Höhe der Durchschnittsvergütung – etwa 200 %, was wertungsmäßig im Vergleich zu den „echten Feiertagen“ nicht gerechtfertigt sei, geht dies fehl. Maßgeblich ist insoweit die Wertung der Tarifvertragsparteien. Diese haben der Arbeit am 24.12. eine besondere Bedeutung zugemessen und dies durch die Stufung der Zuschlagshöhen in § 5 Nr. 1 MTV zum Ausdruck gebracht. Hätten die Tarifvertragsparteien beabsichtigt, dass für die Arbeit am 24.12. als Zuschlag nur ein zusätzliches Entgelt iHv. 100 % zu zahlen ist, hätte es nahegelegen, den Heiligabend in die Aufzählung in § 5 Nr. 1 Satz 2 MTV aufzunehmen.

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Auch aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich im hier entschiedenen Fall, dass die Arbeit am 24.12. mit einer besonders hohen Vergütung entlohnt werden soll:

Nach § 4 Nr. 2 Satz 1 MTV ist der 24.12. grundsätzlich spielfrei. Satz 2 regelt, dass für die Arbeit an diesem Tag grundsätzlich die Zustimmung der Beschäftigten einzuholen ist, es sei denn, es greift einer der drei benannten Ausnahmefälle. Die Bestimmung eines einzigen Tages im Jahr als grundsätzlich spielfrei zeigt die besondere Bedeutung, die die Tarifvertragsparteien diesem Tag zugemessen haben. Dass an diesem Tag gleichwohl gearbeitet werden darf, lässt den besonderen Charakter nicht entfallen. § 4 Nr. 2 Satz 2 MTV regelt nur, unter welchen Voraussetzungen die Zustimmung der Arbeitnehmer für einen Einsatz am 24.12. entbehrlich und dass das Direktionsrecht der Arbeitgeberin insoweit nicht beschränkt ist. Es hebt den Grundsatz aber nicht auf, dass der Tag spielfrei sein soll. Darauf, ob die Arbeitsleistung am 24.12. in der sozialen Wirklichkeit die Ausnahme ist, kommt es entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin nicht an. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend herausgearbeitet, dass die Tarifvertragsparteien für den 24.12. regulatorisch ein Regel-Ausnahme-Verhältnis hergestellt haben.

 Der bereits thematisierte Einwand der Arbeitgeberin, ein Zuschlag für Arbeit am 24.12. von 200 % sei wertungsmäßig im Verhältnis zu den Zuschlägen an „echten Feiertagen“ nicht zu rechtfertigen, lässt sich auch aus dem Gesamtzusammenhang widerlegen. § 2 Nr. 1 MTV sieht vor, dass die Spitze der Arbeitsleistung aufgrund der Besonderheiten des Berufs in der zweiten Tageshälfte, am Wochenende und an den Feiertagen liegt. Daraus ergibt sich, dass die Tarifvertragsparteien Feiertage als gewöhnliche Arbeitstage angesehen haben, die Arbeit an diesen Tagen aber gleichwohl mit Zuschlägen von 50 % oder 100 % belegt haben. Wenn die Tarifvertragsparteien dann den einzigen, ausdrücklich als grundsätzlich spielfrei deklarierten Tag des Jahres mit einem Zuschlag versehen, der in der Höhe über die Zuschläge an gewöhnlichen (§ 5 Nr. 1 Satz 1 MTV) und besonderen Feiertagen (§ 5 Nr. 1 Satz 2 MTV) hinausgeht, handelt es sich um eine in sich stimmige Regelung.

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Sinn und Zweck der Regelung stützen das Auslegungsergebnis. Die Tarifvertragsparteien haben die Arbeit an Feiertagen mit Zuschlägen in unterschiedlicher Höhe versehen. Sie wollen damit die Arbeit zu besonders ungünstigen Lagen höher vergüten und haben die Zuschlagshöhe mit zunehmender Bedeutung der Tage als freie Zeit entsprechend gesteigert. Die Arbeitgeberin weist zutreffend darauf hin, dass Arbeitnehmer, die am 24.12. Arbeit versehen, erst durch die Regelung in § 5 Nr. 1 Satz 3 MTV in den Genuss einer höheren als der Grundvergütung kommen. Das rechtfertigt aber nicht die Annahme, der Zweck der Tarifnorm liege darin, eine eigenständige und abschließende Vergütungsregelung für den 24.12. zu treffen. Vielmehr sollen Arbeitnehmer mit dem zusätzlichen Anspruch auf eine durchschnittliche Tagesvergütung motiviert werden, am 24.12. zu arbeiten. Der daneben vorgesehene Zuschlag von 100 % stellt die klassische Zuschlagsregelung für die Arbeit an Feiertagen im tariflichen Sinn dar. Mit beiden Komponenten wird zum einen bezweckt, Arbeitnehmer an einem Tag zur Arbeit zu motivieren, der – jedenfalls am Spätnachmittag und Abend – häufig dem Familienleben vorbehalten ist. Zum anderen soll mit der Vergütungsregelung erreicht werden, den am 24.12. tätigen Arbeitnehmern für die ungünstige Lage der Arbeitszeit einen Ausgleich zukommen zu lassen. Es liegt fern anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien mit der Regelung einer durchschnittlichen Tagesvergütung eine Pauschalvergütung einführen wollten, die vom Umfang der tatsächlichen Arbeitsleistung, an die der ETV anknüpft, abgekoppelt ist.

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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Juli 2022 – 10 AZR 220/20

  1. BAG 24.02.2021 – 10 AZR 130/19, Rn. 16 mwN[]
  2. vgl. dazu BAG 24.02.2021 – 10 AZR 130/19 – aaO[]

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