Teilweise Umstellung laufender Betriebsrenten-Leistungen auf Kapitalleistung

Die teilweise Umstellung eines Versprechens laufender Betriebsrentenleistungen auf ein Kapitalversprechen bedarf einer eigenständigen Rechtfertigung anhand der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit. Bei der dabei erforderlichen Abwägung der wechselseitigen Interessen ist zu berücksichtigen, dass die Umstellung nur einen Teil der laufenden Leistungen betrifft.

Teilweise Umstellung laufender Betriebsrenten-Leistungen auf Kapitalleistung

Nach dem dreistufigen Prüfungsschema sind den abgestuften Besitzständen der Arbeitnehmer entsprechend abgestufte, unterschiedlich gewichtete Eingriffsgründe des Arbeitgebers gegenüberzustellen1. Der unter der Geltung der bisherigen Ordnung und in dem Vertrauen auf deren Inhalt bereits erdiente und entsprechend § 2 Abs. 1, § 2a Abs. 1 BetrAVG ermittelte Teilbetrag kann hiernach nur in seltenen Ausnahmefällen entzogen werden. Das setzt zwingende Gründe voraus. Zuwächse, die sich – wie etwa bei endgehaltsbezogenen Zusagen – dienstzeitunabhängig aus variablen Berechnungsfaktoren ergeben (erdiente Dynamik), können nur aus triftigen Gründen geschmälert werden. Für Eingriffe in dienstzeitabhängige, noch nicht erdiente Zuwachsraten genügen sachlich-proportionale Gründe2.

Ob eine spätere Versorgungsregelung in Besitzstände eingreift und deshalb eine Überprüfung anhand des dreistufigen Prüfungsschemas erforderlich ist, kann nur im jeweiligen Einzelfall und auf das Einzelfallergebnis bezogen festgestellt werden3. Dazu ist es erforderlich, die Versorgungsansprüche bzw. -anwartschaften nach den beiden unterschiedlichen Versorgungsordnungen zu berechnen und einander gegenüberzustellen. Deshalb kann insbesondere bei endgehaltsbezogenen Versorgungszusagen regelmäßig erst beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis festgestellt werden, ob mit der ablösenden Neuregelung in bestehende Besitzstände eingegriffen wird. In diesen Fällen kann regelmäßig erst zu diesem Zeitpunkt beurteilt werden, welche Versorgungsordnung sich als günstiger erweist4.

Liegt ein Eingriff auf der ersten Stufe (erdienter Teilbetrag) und auf der zweiten Stufe (erdiente Dynamik) nicht vor, ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Die gebotene Interessenabwägung im Hinblick auf die nur teilweise Umstellung von laufenden Rentenleistungen auf eine einmalige Kapitalleistung kann regelmäßig erst erfolgen, wenn feststeht, ob die Neuregelung die Versorgungsleistungen verschlechtert. Dies kann vorliegend erst mit dem Eintritt des Versorgungsfalls beurteilt werden, weil erst dann die betragsmäßig nicht garantierten Überschüsse nach der neuen Versorgungsordnung feststehen, die bei der Ermittlung der Höhe der Versorgungsleistungen nach der neuen Versorgungsordnung zu berücksichtigen sind.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts5 bedarf die Ersetzung einer Rentenanwartschaft durch eine Anwartschaft auf eine Kapitalleistung in einer – eine andere Versorgungsregelung ablösenden – Versorgungsregelung nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit einer eigenständigen Rechtfertigung. Laufende Rentenleistungen haben für den Arbeitnehmer eine besondere Wertigkeit. Er kann darauf vertrauen, als Gegenleistung für seine Dienste und seine Betriebszugehörigkeit im Alter laufende Rentenzahlungen zu erhalten. Deshalb hat ein Arbeitgeber, der eine Zusage laufender Rentenleistungen vollständig durch die Zusage einer Kapitalleistung ersetzen will, diese Umstellung besonders zu rechtfertigen6. Allerdings stellt eine solche Umstellung für sich genommen keinen Eingriff in die Höhe der Versorgungsanwartschaften dar. Die Umstellung ist deshalb an den dem Drei-Stufen-Modell zugrunde liegenden allgemeinen Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zu messen. Diese erfordern eine Abwägung der wechselseitigen Interessen. Dabei müssen die vom Arbeitgeber zur Rechtfertigung der Umstellung angeführten Gründe umso gewichtiger sein, je schwerwiegender für den Arbeitnehmer die Nachteile der Umstellung sind.

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Bereits die hinter dem Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG stehende gesetzgeberische Wertung deutet auf die Notwendigkeit einer besonderen Rechtfertigung für die Umstellung einer Rentenzusage in eine Zusage einer Kapitalleistung hin. Eine einmalige Kapitalleistung hat nicht dieselbe Wertigkeit wie laufende Rentenleistungen. Das betriebsrentenrechtliche Abfindungsverbot soll sicherstellen, dass dem Versorgungsberechtigten die zugesagte Betriebsrente im Versorgungsfall auch tatsächlich in Form von laufenden Rentenleistungen zur Verfügung steht7.

Zudem ist der Wechsel von der Zusage einer Rentenleistung zu einem Kapitalversprechen mit nicht unerheblichen Veränderungen bzw. Nachteilen für die betroffenen Arbeitnehmer verbunden.

Im Grundsatz sind laufende Rentenzahlungen und einmalige Kapitalleistungen nach dem Betriebsrentengesetz gleichwertige Formen der betrieblichen Altersversorgung8. Gleichwohl macht es einen Unterschied, ob der Arbeitgeber von vornherein eine Altersversorgung in Form einer laufenden Rentenzahlung oder einer einmaligen Kapitalleistung zusagt. Hat er eine laufende Rentenzahlung zugesagt, hat er damit zum Ausdruck gebracht, dass er das Langlebigkeitsrisiko mit allen für den Arbeitnehmer und ihn damit verbundenen Vor- und Nachteilen tragen will. Hierauf konnte sich der Arbeitnehmer verlassen. Durch den Wechsel von der Zusage laufender Rentenleistungen hin zur Zusage einer Kapitalleistung wird das Langlebigkeitsrisiko einseitig auf den betroffenen Arbeitnehmer verlagert. Außerdem lösen nur laufende Rentenleistungen eine Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 BetrAVG aus, wodurch regelmäßig der Wert der Rente über die gesamte Rentenbezugsdauer erhalten bleibt9.

Zudem birgt der Wechsel von laufenden Rentenleistungen hin zur Kapitalleistung die Gefahr, dass es aufgrund der Progressionswirkung zu einer höheren Steuerlast des Versorgungsempfängers kommt. Dies gilt auch bei Leistung des Kapitals in Teilbeträgen, die dem Versorgungsberechtigten in mehreren Jahren zufließen10.

Auch im Hinblick auf eine mögliche Zwangsvollstreckung führt der Übergang von laufenden Rentenleistungen zu einer Kapitalleistung zu Veränderungen. Während laufende Rentenleistungen dem Pfändungsschutz des § 850c ZPO unterliegen, unterfallen Kapitalleistungen dem Pfändungsschutz nach § 850i ZPO, wozu zur Bewirkung des Pfändungsschutzes ein Antrag, dh. ein Tätigwerden des Schuldners nötig ist11.

Die Umstellung von einer laufenden Leistung zu einer Kapitalleistung bedarf auch dann einer Rechtfertigung, wenn das vom Arbeitgeber gezahlte Kapital bei einer statistischen Durchschnittsbetrachtung ausreichen würde, um durch Eigenvorsorge Einbußen bei der Altersversorgung zu vermeiden. Ob der Arbeitnehmer im Einzelfall tatsächlich in der Lage ist, den Wechsel durch Schaffung einer privaten Altersrente zu kompensieren, hängt auch von den persönlichen Verhältnissen des Arbeitnehmers ab, wie etwa bestehenden Schulden oder anderem Ausgabendruck12.

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Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung sind das Interesse des Arbeitnehmers am Fortbestand des Versprechens einer Rentenleistung und das Interesse des Arbeitgebers an der Umstellung von einer Renten- auf eine Kapitalleistung angemessen zu berücksichtigen. Nicht zu beanstanden ist der Wechsel allerdings nur dann, wenn das die Umstellung begründende Interesse des Arbeitgebers das Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt der Rentenleistung erheblich überwiegt. Die Umstellung von laufenden Rentenleistungen auf eine Kapitalleistung ist nicht nur mit geringfügigen Veränderungen bzw. Nachteilen für die betroffenen Arbeitnehmer verbunden. Deshalb reicht es nicht aus, dass sich die Entscheidung des Arbeitgebers lediglich als nicht willkürlich erweist, weil Sachgründe eine Umwandlung des Rentenversprechens in ein Versprechen einer Kapitalleistung nur nahelegen13.

Danach können sich im Rahmen der Abwägung wirtschaftliche Gründe zugunsten des Arbeitgebers auswirken, beispielsweise dann, wenn der Arbeitgeber jedenfalls auf Dauer nicht mehr in der Lage ist, die Kosten des bisherigen Versorgungswerks einschließlich der daran anknüpfenden Anpassungsprüfungen aufzubringen. Berücksichtigungsfähig ist auch der Umstand, dass der Wechsel Vorteile im Hinblick auf die Bilanzierung und die Finanzierung der Versorgungsverpflichtungen mit sich bringt. Aber auch andere Umstände, wie etwa Leistungsverbesserungen durch eine Anhebung des Dotierungsrahmens, können die Abwägung zugunsten des Arbeitgebers beeinflussen. Hat der Arbeitgeber in der Neuregelung beispielsweise eine Kapitalleistung zugesagt, die den nach den Rechnungsgrundlagen und anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik ermittelten Barwert der nach der Altregelung geschuldeten Rentenleistung übersteigt, so kann dies unter Umständen die Nachteile, die der Arbeitnehmer infolge der Umstellung erleidet, aufwiegen14.

Die im hier entschiedenen Fall in der Vorinstanz vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf15 ausgehend von diesen Grundsätzen vorgenommene Interessenabwägung erweist sich als rechtsfehlerhaft. Zwar ist dem Landesarbeitsgericht bei der Durchführung dieser Interessenabwägung ein vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbarer Bewertungsspielraum zuzugestehen. Sie kann in der Revision nur beschränkt darauf überprüft werden, ob der zugrunde liegende Rechtsbegriff selbst verkannt, bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts darunter Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder bei der gebotenen Interessenabwägung nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind oder ob das Ergebnis in sich widersprüchlich ist16. Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das angefochtene Urteil nicht stand.

as Urteil des Landesarbeitsgerichts ist – entgegen der Auffassung der Revision – nicht schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil es die Rechtfertigung der Umstellung von Rentenleistungen nach der SPA 1995 in Verbindung mit dem Leistungsplan 1995 hin zu einer teilweisen Kapitalleistung nach der SPA 2004 in Verbindung mit der AV2004 gesondert prüft. Soweit das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 15.05.201217 angenommen hat, die Ersetzung einer Anwartschaft auf Rentenleistungen durch eine Anwartschaft auf Kapitalleistung bedürfe einer eigenständigen Rechtfertigung, hat er nicht auf den technischen Begriff einer „Anwartschaft“ im Sinne einer bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis entstehenden Anwartschaft abgestellt, sondern „Anwartschaft“ im umfassenden Sinne einer Aussicht auf eine künftige Versorgung verstanden, also allein darauf abgestellt, dass eine Versorgungszusage erteilt wurde. Schon mit der Erteilung einer entsprechenden Zusage entsteht schutzwürdiges Vertrauen auf den Erhalt laufender Rentenzahlungen im Versorgungsfall18.

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Das Berufungsurteil ist auch nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil das Landesarbeitsgericht angenommen hat, dem Arbeitnehmer stehe nach der Neuregelung kein Rentenwahlrecht zu. Nach der Regelung in § 22 Abs. 4 AV2004/§ 22 Abs. 5 AV2019 erfolgt die Verrentung durch Übertragung der Kapitalleistung auf den Chemie Pensionsfonds. Damit kommt es zu einem Wechsel des Versorgungsschuldners. Dies ist nicht deshalb unbeachtlich, weil der Versorgungsempfänger damit, so die Argumentation der Arbeitgeberin, lediglich einen weiteren Schuldner bekäme. Vielmehr besteht schon zwischen einem Pensionsfonds und der Arbeitgeberin als Schuldnerin einer Direktzusage regelmäßig keine Gesamtschuld19. Zudem soll die Arbeitgeberin nach der Neuregelung in Höhe der zu gewährenden Kapitalleistung selbst keine Rentenzahlung mehr schulden.

Das Landesarbeitsgericht hat die letztlich bei der Umstellung von Rentenzahlungen auf einmalige Kapitalleistungen vorzunehmende Interessenabwägung durchgeführt, ohne die dafür notwendigen Grundlagen festgestellt zu haben. Es hat offengelassen, ob die Neuregelung zu einem Eingriff in künftige dienstzeitabhängige Zuwächse führt. Die aus den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes abgeleitete Abwägung der wechselseitigen Interessen kann regelmäßig nur dann durchgeführt werden, wenn die dafür erforderlichen Tatsachen vollständig feststehen (idR beim Eintritt des Versorgungsfalls). Dies verlangt auch die Feststellung, ob bei der Ablösung, im Zuge derer die Umstellung von ausschließlich laufenden Leistungen in Form von Rentenzahlungen auf zumindest teilweise Zahlung von Kapital erfolgt, ein die Höhe der Versorgungsleistung betreffender Eingriff vorliegt oder nicht.

Die gebotene Interessenabwägung und damit die Überprüfung der erforderlichen Rechtfertigung für die Umstellung kann erst vorgenommen werden, wenn feststeht, ob die Versorgungsleistungen der Höhe nach nicht geringer werden als ohne die Umstellung und damit für den Versorgungsempfänger einzig die Umstellung von Rentenzahlungen auf Kapitalleistung zu Nachteilen führt. In diesem Fall bleibt dem Versorgungsempfänger der Wert seiner zugesagten Versorgung vollständig erhalten, wenn auch in anderer Form.

Dem Landesarbeitsgericht ist in der Sache zuzugestehen, dass die vom Bundesarbeitsgericht erkannten Nachteile für den Versorgungsempfänger dem Grunde nach auch bei einer nur teilweisen Kapitalisierung bestehen. Allerdings hat das Berufungsgericht bei seiner Interessenabwägung nicht in den Blick genommen, dass die wechselseitigen Interessen unterschiedlich zu bewerten sind, je nachdem, in welchem Umfang dem Versorgungsempfänger die bisher zugesagten laufenden Leistungen auch künftig als laufende Leistungen zustehen. Wird die Versorgungsleistung auch künftig in einem nicht unerheblichen Umfang weiter als laufende Rentenleistung gewährt und nur ein kleinerer Teil als Kapitalleistung gezahlt, und bleibt dem Versorgungsempfänger damit nach der Umstellung noch ein erheblicher Anteil als Rentenleistungen, relativiert dies die Nachteile der Kapitalzahlung. Der Arbeitgeber trägt dann auch weiterhin einen Teil des sog. Langlebigkeitsrisikos und bleibt typischerweise auch zu Anpassungsprüfungen nach § 16 BetrAVG verpflichtet. Daneben können die Nachteile bei Besteuerung und Zwangsvollstreckung im Falle einer nur teilweisen Kapitalleistung weniger ins Gewicht fallen.

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Weiter ist zu beachten, dass mit Blick auf die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes eine unterschiedliche Bewertung und Gewichtung der Interessen geboten ist, wenn die Umstellung der laufenden Leistungen auf Kapitalleistungen nur den Teil der Versorgungsleistungen betrifft, der sich aus den künftigen dienstzeitabhängigen Zuwächsen der zugesagten Versorgungsleistungen ergibt. In diesem Fall wird dem Versorgungsberechtigten bereits im Zeitpunkt der Umstellung deutlich, dass ihm Teile seiner künftig erwirtschafteten Versorgungsleistungen als Einmalkapital zufließen werden. Darauf kann und muss er sich ggf. einstellen. Dies führt – entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin – zwar nicht dazu, dass die Umstellung keiner Rechtfertigung bedürfte. Der Umstand hat aber Einfluss auf die Interessenabwägung.

Die Interessenabwägung kann schließlich erst dann durchgeführt werden, wenn feststeht, welche Leistungen gegenüberzustellen sind. Das ist vorliegend offen und kann vom Bundesarbeitsgericht auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch nicht selbst berechnet werden. Dafür sind die Leistungen nach der ursprünglichen Versorgungszusage aus der SPA 1995 in Verbindung mit dem Leistungsplan 1995 einerseits und die Leistungen nach der SPA 2004 in Verbindung mit der AV2004 andererseits im Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls am 1.01.2023 zu ermitteln.

In einem ersten Schritt sind die Leistungen nach der ursprünglichen Versorgungszusage nach der SPA 1995 in Verbindung mit dem Leistungsplan 1995 zu berechnen. Dabei spricht vieles dafür, dass von den Berechnungen der Arbeitgeberin  auszugehen ist. Danach dürfte sich die Festrente nach § 5 Leistungsplan 1995 auf einen Betrag in Höhe von 1.128,00 Euro entwickelt haben. Für die Ermittlung der variablen Rente ist danach von einem pensionsfähigen Gehalt in Höhe von 9.078,68 € auszugehen. Dies führt zu einer variablen Rente in Höhe von gerundet 1.362,00 € (9.078,68 € x 15 % = 1.361,80 €). Dazu kommt das anteilige monatliche Weihnachtsgeld in Höhe von 51, 88 € (1.128,00 € + 1.362,00 € (gerundet) = 2.490,00 €, davon 25 % ergibt 622,50 €; dieser jährliche Betrag geteilt durch 12 Monate ergibt 51,88 €). Folglich ergäbe sich ein monatliches Ruhegeld in Höhe von gerundet 2.542,00 €.

Bislang sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Arbeitnehmer bei Fortschreibung der Anlage zum Leistungsplan 1995 aus der Pensionsgruppe I in die Pensionsgruppe II hineingewachsen wäre.

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In einem zweiten Schritt sind die Leistungen nach der bei Eintritt des Versorgungsfalls am 1.01.2023 geltenden Versorgungszusage nach der SPA 2004 in Verbindung mit der AV2004 in ihrer zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung zu berechnen. Um die Vergleichbarkeit der Leistungen nach der neuen Versorgungsregelung mit der abzulösenden Versorgungsregelung herzustellen, die keinen Kapitalanteil hatte, muss die sich nach der Neuregelung dem Arbeitnehmer neben der laufenden Rentenleistung zustehende Kapitalleistung einschließlich der dem Arbeitnehmer bei Eintritt des Versorgungsfalls am 1.01.2023 zustehenden Überschussbeteiligung nach versicherungsmathematischen Grundsätzen in eine laufende Rentenleistung umgerechnet werden. Bei der Umrechnung der Kapitalleistung in eine monatliche Rente nach versicherungsmathematischen Grundsätzen sind – was das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt hat – nicht die im Zeitpunkt der Ablösung anzuwendenden Heubeck-Richttafeln 1998, sondern die aktuellen Richtwerte bei Eintritt des Versorgungsfalls zugrunde zu legen. Die sich danach ergebende monatliche Rente ist mit der dem Arbeitnehmer nach der Neuregelung zustehenden laufenden monatlichen Rente zusammenzurechnen.

Die sich so ergebenden Leistungen nach der Altregelung und der Neuregelung sind sodann zu vergleichen. Ergibt der Vergleich, dass dem Arbeitnehmer nach der Altregelung höhere Leistungen zustehen als nach der Neuregelung, so ist zu prüfen, ob sich die Arbeitgeberin auf sachlich-proportionale Gründe stützen kann, die diese Verschlechterung rechtfertigen können. Insoweit wird ggf. zu prüfen sein, ob die von der Arbeitgeberin angeführten Gründe, wie etwa das geltend gemachte Vereinheitlichungsinteresse, die sich ergebenden Verschlechterungen rechtfertigen können. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre die Ablösung dem Arbeitnehmer gegenüber unwirksam. Dies hätte zur Folge, dass sich seine Versorgungsansprüche ausschließlich nach der SPA 1995 in Verbindung mit dem Leistungsplan 1995 richteten. Auf die Frage, ob die teilweise Umstellung auf eine Kapitalleistung gerechtfertigt ist, käme es nicht mehr an.

Sollten die nach der Neuregelung dem Arbeitnehmer zustehenden Leistungen gleich hoch oder höher sein als nach der Altregelung, wird zu prüfen sein, ob die für die teilweise Umstellung der Rentenleistung auf eine Kapitalleistung erforderliche gesonderte Rechtfertigung vorliegt.

Bei dieser Interessenabwägung wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass nur eine teilweise Umstellung von Rentenzahlungen auf eine Kapitalleistung erfolgt ist. Im Rahmen der Interessenabwägung ist es von Belang, in welchem Verhältnis diese beiden Teile zueinander stehen. Bleiben dem Versorgungsempfänger auch nach der Umstellung laufende Leistungen, die wesentliche Teile der bisherigen laufenden Leistungen darstellen, sind seine Interessen an der Beibehaltung der laufenden Leistungen auch im Übrigen von geringerem Gewicht, als wenn ein nur geringer Teil erhalten bleibt. Je höher der Anteil der Leistung ist, der als laufende Leistung fortgewährt wird, desto geringer ist das Gewicht der Interessen an der vollständigen Beibehaltung der Rentenleistungen. Dies gilt insbesondere auch für den Aspekt der höheren Wertigkeit laufender Leistungen wegen der Übernahme des Langlebigkeitsrisikos durch den Arbeitgeber und ihres (zumindest teilweisen) Werterhalts aufgrund der Anpassungsprüfungs- und -entscheidungspflicht des Arbeitgebers nach § 16 BetrAVG.

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Daneben sind die absoluten Beträge nicht ohne Bedeutung für die Interessenabwägung. Liegen nach der teilweisen Umstellung noch Rentenleistungen in relevanter Höhe vor, hat dies Auswirkungen auf die Interessen des Versorgungsempfängers im Hinblick auf den Pfändungsschutz. Stehen ihm nach wie vor Rentenleistungen zu, die letztlich neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung keinen Pfändungsschutz mehr gewährleisten, verliert das Argument eines besseren Pfändungsschutzes bei laufenden Leistungen an Gewicht.

Auf Seiten der Arbeitgeberin wäre zu ihren Gunsten insbesondere zu gewichten, wenn die dem Arbeitnehmer nach der Neuregelung geschuldeten Leistungen höher ausfallen als nach der Altregelung. Das geltend gemachte Vereinheitlichungsinteresse wäre – entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts – nicht allein deshalb unbeachtlich, weil es bislang bei der Arbeitgeberin keine Versorgungsordnung mit Kapitalelementen gab. Vielmehr kann grundsätzlich ein Interesse an Vereinheitlichung auch auf einer neuen Grundlage bestehen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Juni 2023 – 3 AZR 231/22

  1. vgl. etwa BAG 10.03.2015 – 3 AZR 56/14, Rn. 35 mwN[]
  2. vgl. etwa BAG 30.09.2014 – 3 AZR 998/12, Rn. 24 mwN[]
  3. vgl. BAG 15.05.2012 – 3 AZR 11/10, Rn. 26, BAGE 141, 259; 21.04.2009 – 3 AZR 674/07, Rn. 36[]
  4. vgl. für einen Eingriff in die erdiente Dynamik BAG 11.12.2001 – 3 AZR 128/01, BAGE 100, 105; vgl. auch BAG 13.10.2016 – 3 AZR 439/15, Rn. 22[]
  5. BAG 15.05.2012 – 3 AZR 11/10, Rn. 73 ff., BAGE 141, 259[]
  6. BAG 15.05.2012 – 3 AZR 11/10, Rn. 74, BAGE 141, 259[]
  7. BAG 15.05.2012 – 3 AZR 11/10, Rn. 77, BAGE 141, 259[]
  8. vgl. BAG 17.01.2023 – 3 AZR 501/21, Rn. 35 mwN; 21.03.2000 – 3 AZR 127/99, zu II 2 b bb der Gründe[]
  9. BAG 15.05.2012 – 3 AZR 11/10, Rn. 79, BAGE 141, 259[]
  10. BAG 15.05.2012 – 3 AZR 11/10, Rn. 80, BAGE 141, 259[]
  11. BAG 15.05.2012 – 3 AZR 11/10, Rn. 81, BAGE 141, 259[]
  12. BAG 15.05.2012 – 3 AZR 11/10, Rn. 82, BAGE 141, 259[]
  13. BAG 15.05.2012 – 3 AZR 11/10, Rn. 83, BAGE 141, 259[]
  14. BAG 15.05.2012 – 3 AZR 11/10, Rn. 84, BAGE 141, 259[]
  15. LAG Düsseldorf  11.02.2022 – 6 Sa 760/21[]
  16. vgl. BAG 3.05.2022 – 3 AZR 472/21, Rn. 65[]
  17. BAG 15.05.2012 – 3 AZR 11/10, Rn. 71 ff., BAGE 141, 259[]
  18. vgl. BAG 15.05.2012 – 3 AZR 11/10, Rn. 74, aaO[]
  19. vgl. BAG 13.07.2021 – 3 AZR 298/20, Rn. 16 ff.[]

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