Teilzeitarbeit – und die Verteilung der reduzierten Arbeitszeit

Der in § 8 Abs. 4 TzBfG geregelte Anspruch des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung ist zwingend und bindet auch die Tarifvertragsparteien (§ 22 Abs. 1 TzBfG). Tarifliche Regelungen, die dem gesetzlichen Verringerungsanspruch widersprechen, sind daher unwirksam. Günstigere Vereinbarungen sind aber nicht ausgeschlossen. Hierzu gehört § 11 Abs. 1 TVöD-B. Abweichend von § 8 Abs. 4 TzBfG ermöglicht die Tarifvorschrift dem Arbeitnehmer, die Arbeitszeit befristet herabzusetzen1.

Teilzeitarbeit – und die Verteilung der reduzierten Arbeitszeit

§ 11 Abs. 1 TVöD-B gewährt Beschäftigten unter den dort genannten Voraussetzungen nur einen Anspruch auf Verringerung der vertraglich festgelegten Arbeitszeit. Die Vorschrift begründet jedoch keine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitsvertrag hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit zu ändern.

Der Arbeitgeber kann gemäß § 106 Satz 1 GewO ua. die Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. § 106 GewO verpflichtet die Beklagte damit nicht, die Verteilung der Arbeitszeit vertraglich festzulegen. Die Vorschrift regelt das einseitige Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers2. Selbst wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Umstände des Einzelfalls zum Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber das Weisungsrecht ausübt, einen Anspruch auf eine bestimmte Entscheidung hat („Ermessensreduzierung auf Null“), führt dies nicht zu einer Änderung des Arbeitsvertrags.

Allerdings haben die Tarifvertragsparteien in § 11 Abs. 1 Satz 4 TVöD-B bestimmt, dass der Arbeitgeber bei der Gestaltung der Arbeitszeit im Rahmen der dienstlichen bzw. betrieblichen Möglichkeiten der besonderen persönlichen Situation der/des Beschäftigten Rechnung zu tragen hat. Damit haben sie dem Beschäftigten bezüglich der Lage der Arbeitszeit keinen Anspruch auf eine Änderung des Arbeitsvertrags eingeräumt3. Das zeigt die Formulierung „Bei der Gestaltung der Arbeitszeit hat der Arbeitgeber …“, die den Arbeitgeber als Subjekt nennt. Hierin kommt klar zum Ausdruck, dass die Ausgestaltung der verringerten Arbeitszeit weiterhin Teil des Direktionsrechts des Arbeitgebers ist. § 11 Abs. 1 Satz 4 TVöD-B nimmt zudem die Abwägung der gegenläufigen Interessen, die für die Ausübung des Direktionsrechts nach billigem Ermessen charakteristisch ist, in seinen Wortlaut auf. Die billigem Ermessen entsprechende Leistungsbestimmung durch den Arbeitgeber verlangt nach ständiger Rechtsprechung eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen4. Diese allgemeinen Grundsätze ergänzt § 11 Abs. 1 Satz 4 TVöD-B hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit, indem die Vorschrift von dem Arbeitgeber verlangt, die persönliche Betreuungs- bzw. Pflegesituation des Beschäftigten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten als einen besonderen Gesichtspunkt zu berücksichtigen.

Weiterlesen:
Wachdienst bei der Bundeswehr - und die Fakturierung der Arbeitszeit

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Dezember 2014 – 9 AZR 915/13

  1. vgl. zur im Wesentlichen inhaltsgleichen Regelung in § 15b Abs. 1 BAT BAG 18.03.2003 – 9 AZR 126/02, Rn. 30, BAGE 105, 248[]
  2. HK-ArbR/Becker 3. Aufl. § 106 GewO Rn. 2[]
  3. vgl. Nollert-Borasio in Burger TVöD/TV-L 2. Aufl. § 11 Rn. 18; Laber in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 5 A Rn. 99; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand November 2014 § 11 Rn. 32; Bremecker/Hock TVöD Lexikon Verwaltung Bd. 3 Stichwort Teilzeit S. 23; Görg/Guth/Hamer/Pieper TVöD § 11 Rn. 13; BeckOK TVöD/Buschmann/Guth Stand 1.10.2012 § 11 Rn. 16; wohl auch Bredemeier/Neffke/Weizenegger TVöD/TV-L 4. Aufl. § 11 Rn. 21; aA HaKo-TzBfG/Boecken 3. Aufl. § 11 TVöD Rn. 15[]
  4. vgl. BAG 31.07.2014 – 6 AZR 822/12, Rn. 30; 10.07.2013 – 10 AZR 915/12, Rn. 28, BAGE 145, 341[]