Die Behandlung von Streitgegenständen in gerichtlichen oder außergerichtlichen Terminen eines Verfahrens, in dem sie nicht anhängig sind, führt nicht nach Nr. 3104 Abs. 2 VV RVG zu einer eigenen Terminsgebühr in dem Verfahren, in dem sie (die einbezogenen Gegenstände) anhängig sind.

Eine Terminsgebühr fällt nur in dem Verfahren an, in dem ein gerichtlicher oder außergerichtlicher Termin im Sinne der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG stattgefunden hat. Nr. 3104 Abs. 2 VV RVG ist kein eigener Gebührentatbestand für das einbezogene Verfahren (hier: Verfahren B), sondern regelt lediglich für bestimmte Fälle die teilweise Anrechnung der im einbeziehenden Verfahren (hier: Verfahren A) entstandenen Gebühr auf eine anderweitig entstandene Terminsgebühr im einbezogenen Verfahren (hier: Verfahren B).
Die Vorschrift lautet:
„Sind in dem Termin auch Verhandlungen zur Einigung über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche geführt worden, wird die Terminsgebühr, soweit sie den sich ohne Berücksichtigung der nicht rechtshängigen Ansprüche ergebenden Gebührenbetrag übersteigt, auf eine Terminsgebühr angerechnet, die wegen desselben Gegenstands in einer anderen Angelegenheit entsteht.“
Die Vorschrift trifft eine unmittelbare Aussage nur zu der erhöhten Terminsgebühr in einem Verfahren, das durch Vergleich erledigt wird und dabei Gegenstände miterledigt, die in jenem Verfahren nicht streitgegenständlich waren. Für den Erhöhungsbetrag, der sich aus der Erhöhung des Streitwerts um den Wert der miterledigten Streitpunkte ergibt, ist angeordnet, dass er auf eine in dem miterledigten Verfahren (hier: Verfahren B) entstandene Terminsgebühr anzurechnen ist (vgl. auch § 15a RVG).
Damit ist jedoch nicht festgelegt, dass in dem einbezogenen Verfahren (hier: Verfahren B) eine Gebühr durch die Vergleichsverhandlung in dem einbeziehenden Verfahren (hier: Verfahren A) entsteht. Vielmehr ist lediglich eine Anrechnungsvorschrift für den Fall getroffen, dass eine Terminsgebühr im einbezogenen Verfahren anderweitig anfällt. Dies wird gelegentlich der Fall sein, wenn zB in dem einbezogenen Verfahren ein Gerichtstermin stattgefunden hat, der für sich genommen bereits eine Gebühr ausgelöst hat1. Ob die Gebühr in dem einbezogenen Verfahren (hier: Verfahren B) entsteht, ist jedoch allein davon abhängig, ob in ihm die Voraussetzungen eines Gebührentatbestands erfüllt sind2. Die gegenteilige Auffassung des Oberlandesgerichts Rostock3 ist vereinzelt geblieben. Sie überzeugt auch nicht. Sie steht nicht in ausreichendem Zusammenhang mit den gesetzlichen Regelungen, insbesondere mit dem Prinzip der Wertabhängigkeit der Gebühr und dem Grundsatz, dass für eine Tätigkeit nicht mehrere Gebühren anfallen sollen. Mit der vom Oberlandesgericht Rostock in den Vordergrund gestellten Überlegung, durch die Gewährung einer zusätzlichen Gebühr einen Anreiz zur terminlosen vergleichsweisen Erledigung zu setzen, können die gesetzlichen Vorgaben nicht beiseitegeschoben werden.
Der Gesetzgeber wollte durch die Regelung in Nr. 3104 Abs. 2 VV RVG sicherstellen, dass auch bei der Einbeziehung verfahrensfremder Gegenstände der in § 15 Abs. 2 RVG niedergelegte Grundsatz eingehalten wird, demzufolge der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann4. Doppelt verdient würde sie jedoch, wenn durch einen Gebühren auslösenden Sachverhalt zwei Gebühren anfielen, wenn also durch einen gerichtlichen oder außergerichtlichen Termin in einem Verfahren sowohl eine Terminsgebühr für das Verfahren, in dem verhandelt wird, als auch eine weitere Terminsgebühr für das miterledigte Verfahren entstünden. Eben dies geschähe, wenn der Prozessbevollmächtigte des Klägers für die Miterledigung des Verfahrens B durch die Verhandlungen und den Termin im Verfahren A eine eigene Gebühr im Verfahren B erhielte.
Bundesarbeitsgericht, Beschlus vom 17. Februar 2014 – 10 AZB 81/13
- OLG Stuttgart 10.03.2005 – 8 W 89/05[↩]
- OLG Stuttgart 10.03.2005 – 8 W 89/05; OLG Frankfurt 30.01.2008 – 6 W 166/07; OLG Köln 20.01.2011 – II-25 WF 255/10, 25 WF 255/10; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe 21. Aufl. VV 3104 Rn. 98; Riedel/Sußbauer/Keller 9. Aufl. VV Teil 3 Abschnitt 1 Rn. 54, 56; Baumgärtel/Hergenröder/Houben 16. Aufl. Nr. 3104 VV Rn. 38 – 42; Hartung/Schons/Enders/Schons 2. Aufl. Nr. 3104 VV Rn. 42[↩]
- OLG Rostock 15.08.2006 – 11 WF 109/06[↩]
- BT-Drs. 15/1971 S. 212[↩]