§ 55 Nr. 4 Abs. 5 Satz 1 TVöD-BT-V sieht vor, dass ua. Zeitzuschläge nach § 8 Abs. 1 TVöD-AT (z.B. für Überstunden oder Nachtarbeit) nicht zu zahlen sind, falls Beschäftigte eine Theaterbetriebszulage nach einem landesbezirklichen Tarifvertrag erhalten.

Nach § 55 Nr. 4 Abs. 5 Satz 2 TVöD-BT-V kann landesbezirklich jedoch Abweichendes geregelt werden. Insoweit enthält der TVöD-BT-V eine Öffnungsklausel für landesbezirkliche Tarifverträge1.
Hiervon haben der Kommunale Arbeitgeberverband Sachsen-Anhalt e. V. und die Gewerkschaft ver.di durch den TV Theaterbetriebszulage Gebrauch gemacht. Nach § 4 Abs. 7 TV Theaterbetriebszulage gilt § 8 Abs. 1 TVöD-AT – ausdrücklich in Abänderung von § 55 Nr. 4 Abs. 5 Satz 1 TVöD-BT-V – uneingeschränkt. Allerdings können die Zeitzuschläge nach § 8 Abs. 1 TVöD-AT gemäß § 4 Abs. 8 TV Theaterbetriebszulage im Interesse der Verwaltungsvereinfachung einzelvertraglich pauschaliert werden.
Dies haben die Parteien in dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall getan. Sie haben damit keine Regelung geschaffen, welche einen Anspruch des Betriebstechnikers auf die Theaterbetriebszulage abbedingt. Nach der Konzeption des landesbezirklichen Tarifvertrags besteht der Anspruch nach § 8 Abs. 1 TVöD-AT neben dem Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage.
Der Betriebstechniker konnte im vorliegenden Fall für den streitgegenständlichen Zeitraum auch keinen Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage nach § 5 des ursprünglichen Arbeitsvertrags geltend machen.
Dies folgt aus der Inbezugnahme des BAT-O durch den Änderungsvertrag vom 03./5.08.1999. Die Parteien haben damit ersichtlich das gesamte Vergütungssystem des BAT-O und damit später auch des TVöD-BT-V einschließlich der Regelungen bzgl. einer Theaterbetriebszulage in einem landesbezirklichen Tarifvertrag (TV Theaterbetriebszulage) zur Anwendung gebracht. Dies gilt auch angesichts des Umstands, dass eine Änderung von § 5 des Arbeitsvertrags vom 07.04.1998 nicht ausdrücklich vorgenommen wurde, obwohl das Formular des Änderungsvertrags diese Möglichkeit vorgesehen hat. Der Wille zur Aufhebung von § 5 des Arbeitsvertrags vom 07.04.1998 ergibt sich daraus, dass die dortige Regelung des Anspruchs auf eine Theaterbetriebszulage ausdrücklich an die Vorgaben des damals geltenden BTT gebunden war. Der Betrag von 290, 00 DM belief sich auf acht Prozent des nach § 6 Abs. 1 BTT zulässigen Höchstbetrags. Daraus wird deutlich, dass die ursprünglich vereinbarte Theaterbetriebszulage im Tarifsystem des BTT verankert war und keine von tariflichen Vorgaben losgelöste Einzelvereinbarung darstellte. Mit der Umstellung der Vergütung auf das Tarifsystem des BAT-O wäre die Fortgeltung einer aus dem BTT folgenden Theaterbetriebszulage unvereinbar.
Zudem wäre die normativ geltende Regelung der Theaterbetriebszulage in §§ 2, 4 TV Theaterbetriebszulage gegenüber § 5 des Arbeitsvertrags vom 07.04.1998 vorrangig. Der Günstigkeitsvergleich des Landesarbeitsgerichts ist rechtsfehlerhaft.
Der TVöD-BT-V und der TV Theaterbetriebszulage galten im streitgegenständlichen Zeitraum unstreitig aufgrund beiderseitiger Tarifbindung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG unmittelbar und zwingend für das Arbeitsverhältnis des Betriebstechnikers. Hiervon geht auch das Landesarbeitsgericht aus. Für das Verhältnis von tarifvertraglichen und arbeitsvertraglichen Regelungen gilt die gesetzliche Kollisionsregel des § 4 Abs. 3 TVG. Hiernach treten unmittelbar und zwingend geltende Tarifnormen hinter einzelvertragliche Vereinbarungen mit für den Arbeitnehmer günstigeren Bedingungen zurück. Ob ein Arbeitsvertrag abweichende günstigere Regelungen gegenüber dem Tarifvertrag enthält, ergibt ein Vergleich zwischen der tarifvertraglichen und der arbeitsvertraglichen Regelung2. Zu vergleichen sind nur Regelungen, die in einem sachlichen Zusammenhang stehen (sog. Sachgruppenvergleich; vgl. BAG 14.02.2017 – 9 AZR 488/16, Rn. 27 mwN; 12.05.2016 – 6 AZR 259/15, Rn. 26). Für die Durchführung eines Günstigkeitsvergleichs sind die abstrakten Regelungen maßgebend, nicht das Ergebnis ihrer Anwendung im Einzelfall. Hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die betreffende Regelung günstiger ist oder nicht (sog. ambivalente Regelung), ist keine „Günstigkeit“ iSv. § 4 Abs. 3 TVG gegeben. Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien des Arbeitsvertrags die vertraglichen Regelungen vor oder nach Inkrafttreten des Tarifvertrags vereinbart haben3.
Ausgehend von diesen Grundsätzen verbliebe es hier bei der zwingenden Geltung der tariflichen Anspruchsvoraussetzungen für die Theaterbetriebszulage. Der vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Vergleich zwischen § 5 des Arbeitsvertrags vom 07.04.1998 mit den tariflichen Regelungen in §§ 2, 4 TV Theaterbetriebszulage lässt unberücksichtigt, dass die Frage der Günstigkeit letztlich vom Ergebnis der Regelungsanwendung im Einzelfall abhängig ist.
Im vorliegenden Streitfall war davon auszugehen, dass die volle Theaterbetriebszulage nach § 4 Abs. 1 TV Theaterbetriebszulage im streitgegenständlichen Zeitraum höher als die Theaterbetriebszulage nach § 5 des Arbeitsvertrags vom 07.04.1998 gewesen wäre. Dies entspricht dem Vortrag des Betriebstechnikers, der mit den Hauptanträgen einen höheren Gesamtbetrag als mit dem Hilfsantrag geltend gemacht hatte.
Bei einem Anspruch auf eine Theaterbetriebszulage in voller Höhe nach § 4 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. b TV Theaterbetriebszulage hätte die tarifliche Theaterbetriebszulage daher die günstigere Regelung dargestellt. Anders verhält es sich, wenn der Betriebstechniker nur eine hälftige Theaterbetriebszulage nach § 4 Abs. 2 iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. c TV Theaterbetriebszulage hätte beanspruchen können. Letztlich hängt die Höhe der tariflichen Theaterbetriebszulage für die Beschäftigten in der Gebäudeleit- und Haustechnik von ihrer Verwendung ab. Werden sie regelmäßig zum Proben- und Vorstellungsdienst iSv. § 2 Abs. 1 Buchst. b TV Theaterbetriebszulage eingesetzt, haben sie den Anspruch auf die volle Theaterbetriebszulage. § 5 des Arbeitsvertrags vom 07.04.1998 wäre daher für den Betriebstechniker keine günstigere Regelung iSd. § 4 Abs. 3 TVG gewesen und hätte die zwingenden Tarifregelungen nicht abbedingen können.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. September 2017 – 6 AZR 474/16