Geht ein entlassener Arbeitnehmer ein neues Arbeitsverhältnis mit den Stationierungsstreitkräften ein, enden ein aufgrund der ursprünglichen Entlassung bestehender Sicherungsfall und mit ihm der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe mit dem beabsichtigten Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses.

Schließt ein von den Stationierungsstreitkräften entlassener Arbeitnehmer mit diesen einen neuen Arbeitsvertrag ab, endet ein ursprünglich bestehender Sicherungsfall mit der Folge, dass der Arbeitnehmer ab dem beabsichtigten Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses nicht mehr berechtigt ist, Leistungen nach dem TV SozSich auf der Grundlage des ursprünglichen Sicherungsfalls zu beanspruchen. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrags.
Der TV SozSich dient in der Gesamtschau mit dem Abkommen zur Änderung des Zusatzabkommens vom 03. August 1959 zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 21. Oktober 1971 [1] einer Verbesserung der Rechtslage der bei den ausländischen Streitkräften beschäftigten Arbeitnehmer, insbesondere deren sozialer Sicherung [2]. Damit soll der besonderen sozialen Situation der bei den fremden Streitmächten beschäftigten Arbeitnehmer Rechnung getragen werden. Denn zu den Eigentümlichkeiten dieser Arbeitnehmer gehört es, entsprechend den wechselnden militärischen Erfordernissen beweglich sein und bleiben zu müssen. Diese Abhängigkeit von militärischen Erfordernissen bringt für die Arbeitnehmer, insbesondere wenn sie lange bei den Alliierten beschäftigt waren, eine nicht kalkulierbare Ungewissheit mit sich, weil sie nicht voraussehen können, ob und wann ihr Arbeitseinsatz infolge von Umorganisation aus militärischen Gründen wegfällt. Ein derartiges Moment der Ungewissheit besteht bei anderen Arbeitsverhältnissen in diesem Ausmaß nicht [3]. Ansprüche nach dem TV SozSich sollen demgemäß nur dann und nur so lange bestehen, wie sich diese Ungewissheiten durch eine Entlassung iSd. § 2 Ziff. 1 TV SozSich noch realisieren. Das ist jedoch nicht mehr der Fall, sobald der Arbeitnehmer ein neues Arbeitsverhältnis mit den Stationierungsstreitkräften abschließt. Dann bedarf der betreffende Arbeitnehmer keiner Absicherung mehr und der Sicherungsfall endet mit dem beabsichtigten Beginn der neuerlichen Tätigkeit bei den Stationierungsstreitkräften. Erst wenn sich die dem neuen Arbeitsverhältnis innewohnenden Unwägbarkeiten in Gestalt einer weiteren Entlassung auswirken, können wieder Ansprüche nach dem TV SozSich aufgrund des neuen Sicherungsfalls entstehen.
Dem entspricht der Sinn und Zweck der Überbrückungsbeihilfe. Sie dient dazu, dem Arbeitnehmer einen Anreiz zu bieten, entweder eine anderweitige Beschäftigung aufzunehmen oder zumindest der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stehen [4]. Dieses Ziel ist erreicht, wenn der Arbeitnehmer wieder ein Arbeitsverhältnis mit den Stationierungsstreitkräften eingegangen ist. Damit endet zugleich der ursprüngliche Sicherungsfall. Das kommt in den tariflichen Regelungen hinreichend zum Ausdruck. Wie § 4 Ziff. 1 TV SozSich, insbesondere dessen Buchst. a zeigt, sieht der Tarifvertrag Leistungen nur vor, wenn der Arbeitnehmer gar nicht oder aber außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte beschäftigt ist. Wird hingegen eine neue Beschäftigung im Bereich der Stationierungsstreitkräfte vereinbart, kann der betreffende Arbeitnehmer nach dem Willen der Tarifvertragsparteien keine Überbrückungsbeihilfe mehr beanspruchen. Dann ist der Wiedereingliederungszweck mit dem Zeitpunkt des beabsichtigten Tätigkeitsbeginns im neuen Arbeitsverhältnis mit den Stationierungsstreitkräften erreicht. Wenn ein Arbeitnehmer ein neues Arbeitsverhältnis mit den Stationierungsstreitkräften abschließt, übt er die ihm verfassungsrechtlich garantierten Freiheitsrechte aufgrund eigener Entscheidung dahingehend aus, dass er sich für diese Beschäftigung entscheidet. Das ist dem betreffenden Arbeitnehmer nach der tariflichen Ausgestaltung jedoch nur um den Preis des Verlusts des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe möglich.
Mit Abschluss des neuen Arbeitsvertrags mit den US-Stationierungsstreitkräften am 5.08.2016 endete vorliegend der durch die Beendigung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2014 entstandene Sicherungsfall zum beabsichtigten Tätigkeitsbeginn am 1.09.2016. Der Arbeitnehmer war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr berechtigt, Leistungen nach dem TV SozSich zu beziehen.
Der Umstand, dass das neue mit den US-Stationierungsstreitkräften begründete Arbeitsverhältnis, ohne vollzogen worden zu sein, später wieder geendet hat, lässt den aufgrund der Beendigung des früheren Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2014 entstandenen und mit dem 1.09.2016 beendeten Sicherungsfall nicht wieder aufleben. Dem TV SozSich lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass ein durch ein neues Arbeitsverhältnis mit den Stationierungsstreitkräften beendeter Sicherungsfall nach der Beendigung dieses neuen Arbeitsverhältnisses nochmals Anknüpfungspunkt für einen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe sein kann. Vielmehr lebt ein ursprünglich vorhandener, dann aber beendeter Sicherungsfall ebenso wenig auf, wie dem Arbeitnehmer im Rahmen des ersten Sicherungsfalls nicht in Anspruch genommene Monate der Anspruchsberechtigung (§ 4 Ziff. 5 TV SozSich) als Restanspruch erhalten bleiben. Soweit sich Ziff. 2.06.1 der Erläuterungen und Verfahrensrichtlinien zum TV SozSich Abweichendes entnehmen lässt, sind diese einseitigen Auslegungen einer Tarifvertragspartei kein Hilfsmittel der Tarifauslegung und findet ihr Inhalt in den Tarifnormen auch keinen Ausdruck [5]. Soweit den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 23.07.2015 [6] etwas anderes zu entnehmen sein sollte, hält er daran nicht fest.
Die Beendigung des neuen Arbeitsvertrags begründete im hier entschiedenen Fall keinen neuen Sicherungsfall. Dabei kann offenbleiben, ob der neuerliche Arbeitsvertrag mit den US-Stationierungsstreitkräften seitens des Arbeitnehmers noch vor dem 30.04.2017 rechtswirksam beendet worden ist. Jedenfalls erfolgte die Beendigung nicht aufgrund einer Entlassung seitens der US-Stationierungsstreitkräfte infolge einer aus militärischen Gründen von der obersten Dienstbehörde angeordneten Auflösung von Dienststellen oder Einheiten oder deren Verlegung außerhalb des Einzugsbereichs des bisherigen ständigen Beschäftigungsortes, wie von § 2 Ziff. 1 TV SozSich vorausgesetzt [7]. Der Arbeitnehmer hat im vorliegenden Fall das Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung beendet, um weiterhin beim Freistaat Bayern tätig zu bleiben.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 5. September 2019 – 6 AZR 455/18
- BGBl. 1973 II S. 1022[↩]
- BT-Drs. 7/361 S. 2; BAG 31. Juli 2014 – 6 AZR 993/12 – Rn. 20[↩]
- BAG 23. Juli 2015 – 6 AZR 687/14 – Rn. 22[↩]
- BAG 15. November 2018 – 6 AZR 522/17 – Rn. 25[↩]
- vgl. BAG 26. Januar 2017 – 6 AZN 835/16 – Rn. 17; 23. September 2010 – 6 AZR 338/09 – Rn. 18, BAGE 135, 318[↩]
- BAG 23.07.2015 – 6 AZR 687/14, Rn. 24 ff.[↩]
- vgl. dazu BAG 23. Juli 2015 – 6 AZR 687/14 – Rn. 20[↩]
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