Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gilt trotz der in § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG enthaltenen Verweisung auf das Betriebsrentengesetz auch für die betriebliche Altersversorgung, soweit das Betriebsrentenrecht nicht vorrangige Sonderregelungen enthält1. Letzteres ist vorliegend nicht der Fall.

Nach Art. 4 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14.08.20062, das am 17.08.2006 verkündet wurde, trat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz am 18.08.2006 in Kraft. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist in zeitlicher Hinsicht anwendbar, wenn die Arbeitnehmerin zu oder nach diesem Zeitpunkt in einem Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber stand.
Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters, benachteiligt werden. Unzulässig sind nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam3.
Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine Aufzählung von Tatbeständen, wonach derartige unterschiedliche Behandlungen insbesondere gerechtfertigt sein können. Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist dies der Fall bei der Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen. Indem der Gesetzgeber den in Nr. 4 geregelten Tatbestand in die Rechtfertigungsgründe des § 10 Satz 3 AGG eingeordnet hat, hat er zum Ausdruck gebracht, dass die Festsetzung von Altersgrenzen für den Anspruch auf Leistungen aus den dort aufgeführten betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit grundsätzlich objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist. Da eine solche Altersgrenze in der jeweiligen Versorgungsregelung festzusetzen ist, muss die konkret gewählte Altersgrenze allerdings iSv. § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein4. Soweit die Voraussetzungen von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG erfüllt sind, ist eine unterschiedliche Behandlung danach zwar grundsätzlich, aber nicht immer zulässig5.
§ 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf6 in das nationale Recht. Die Bestimmung ist mit Unionsrecht vereinbar7. Dies gilt auch, soweit die dortigen Anforderungen an die Zulässigkeit von Altersgrenzen iSd. § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG über das nach Unionsrecht Erforderliche hinausgehen8.
Eine Altersgrenze ist nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG angemessen, wenn sie erlaubt, das mit ihr verfolgte Ziel zu erreichen, ohne die legitimen Interessen der hiervon besonders nachteilig betroffenen Arbeitnehmer übermäßig zu beeinträchtigen9. Sie ist erforderlich iSd. § 10 Satz 2 AGG, wenn sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist10.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17. Oktober 2017 – 3 AZR 737/15
- vgl. etwa BAG 19.04.2016 – 3 AZR 526/14, Rn. 31 mwN; 18.03.2014 – 3 AZR 69/12, Rn. 14 mwN, BAGE 147, 279[↩]
- BGBl. I S. 1897[↩]
- vgl. etwa BAG 19.04.2016 – 3 AZR 526/14, Rn. 32; 4.08.2015 – 3 AZR 137/13, Rn. 40, BAGE 152, 164; 18.03.2014 – 3 AZR 69/12, Rn. 17 mwN, BAGE 147, 279[↩]
- st. Rspr., vgl. etwa BAG 4.08.2015 – 3 AZR 137/13, Rn. 43, BAGE 152, 164; 9.12 2014 – 1 AZR 102/13, Rn. 25, BAGE 150, 136; 18.03.2014 – 3 AZR 69/12, Rn.20, BAGE 147, 279; 12.11.2013 – 3 AZR 356/12, Rn. 22 mwN[↩]
- vgl. ausführlich BAG 26.09.2017 – 3 AZR 72/16, Rn. 38 ff.[↩]
- ABl. EG L 303 vom 02.12 2000 S. 16, im Folgenden Richtlinie 2000/78/EG[↩]
- vgl. bereits BAG 18.03.2014 – 3 AZR 69/12, Rn. 22 ff. mwN, BAGE 147, 279; 12.11.2013 – 3 AZR 356/12, Rn. 23 ff. mwN[↩]
- vgl. dazu ausführlich BAG 26.09.2017 – 3 AZR 72/16, Rn. 40 ff.[↩]
- vgl. etwa EuGH 26.02.2015 – C-515/13 – [Ingeniørforeningen i Danmark] Rn. 25[↩]
- vgl. BAG 4.08.2015 – 3 AZR 137/13, Rn. 66, BAGE 152, 164[↩]