Die Überleitung der Beschäftigten in die neue Entgeltordnung erfolgte gemäß § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA unter Beibehaltung der Eingruppierungen, die sich aus den von der EGO abgelösten Vergütungssystemen nach dem Grundsatz der Tarifautomatik ergaben.

Diese bleiben grundsätzlich auch dann maßgeblich, wenn die unverändert ausgeübte Tätigkeit in der neuen Entgeltordnung anders bewertet ist. Die §§ 29a ff. TVÜ-VKA setzen nur mit Wirkung für die Zukunft die Tarifautomatik außer Kraft, die erst durch eine Änderung der Tätigkeit oder einen fristgerecht gestellten Höhergruppierungsantrag nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA wiederhergestellt wird1.
Ausgangspunkt der §§ 29 ff. TVÜ-VKA, die die Überleitung in die neue EGO umfassend regeln, war die Eingruppierung und Stufe, die sich unter Beachtung der bis zum 31.12.2016 geltenden Tarifautomatik des durch die EGO abgelösten Eingruppierungsrechts ergab. Die Beschäftigten wurden tarifmäßig eingruppiert übergeleitet. Insoweit sollten für die vorhandenen Beschäftigten durch die neue EGO keine Veränderungen, insbesondere keine Verschlechterungen eintreten2. Auf der Grundlage dieser Eingruppierung sollte der Beschäftigte nach den in § 29b TVÜ-VKA festgelegten Maßgaben die Wahl haben, ob er an dem in der bisherigen tarifgerechten Eingruppierung zum Ausdruck kommenden Besitzstand festhalten wollte oder ob er mit dem fristgerechten Stellen eines erfolgreichen Höhergruppierungsantrags in die neue EGO eingegliedert wurde3.
Diese tarifliche Systematik ist bei der Abgrenzung der Anwendungsbereiche des § 29a Abs. 1 Satz 1 und des § 29c Abs. 2 und Abs. 3 TVÜ-VKA zu berücksichtigen.
§ 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA legt mit der Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe insoweit das Grundprinzip fest. Aus dem Zweck des Besitzstandsschutzes folgt zugleich, dass auch die nach dem abgelösten Recht tarifgerecht erreichte Entgeltstufe einschließlich der angebrochenen Stufenlaufzeit bis zur Änderung der Tätigkeit bzw. bis zum Erfolg eines Höhergruppierungsantrags nach § 29b TVÜ-VKA beibehalten wird4.
Für die Beschäftigten der bisherigen Entgeltgruppe 9 TVöD haben die Tarifvertragsparteien mit § 29c Abs. 2 und Abs. 3 TVÜ-VKA eine besondere Überleitungsregelung geschaffen, da aufgrund der im Interesse einer größeren Differenzierung erfolgten Aufspaltung dieser Entgeltgruppe in drei neue Entgeltgruppen eine Besitzstandswahrung durch die Beibehaltung der bisherigen Eingruppierung und Entgeltstufe nicht möglich war. Die Ausgestaltung der speziellen Überleitungsregelung steht im Einklang mit dem den §§ 29 ff. TVÜ-VKA zugrundeliegenden Prinzip der Beibehaltung der bisherigen tarifmäßigen Eingruppierung und Entgeltstufe, weil die Beschäftigten in die neu geschaffene Entgeltgruppe gelangten, die im Kern ihrer bisherigen Eingruppierung entsprach. Konsequenterweise haben die Tarifvertragsparteien in § 29c TVÜ-VKA darum keine Regelung zur Überleitung in die Entgeltgruppe 9c TVöD (VKA) geschaffen, weil diese in der bisherigen Entgeltgruppe 9 TVöD keine Entsprechung hatte. Die Eingruppierung in diese Entgeltgruppe erforderte als echte Höhergruppierung von den Übergeleiteten vielmehr einen Antrag nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA5. Das Vorbringen der Arbeitnehmerin gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.
Im hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Streitfall war die Arbeitnehmerin am 31.12.2016 unstreitig tarifgerecht in die sog. große Entgeltgruppe 9 TVöD eingruppiert und deshalb ebenfalls tarifgerecht nach § 29c Abs. 2 TVÜ-VKA in die Entgeltgruppe 9b TVöD (VKA) überzuleiten. Entgegen ihrer Auffassung ist die Tarifautomatik nicht mit Wirkung zum 2.01.2017 wieder in Kraft getreten, sondern kann nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 29a Abs. 1 Satz 1 und § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA nur durch einen Antrag auf Höhergruppierung oder eine eingruppierungsrelevante Veränderung der Tätigkeit wiederhergestellt werden. Für dieses Tarifverständnis bedurfte es keiner Einholung einer Tarifauskunft6. Der Arbeitgeber musste aufgrund dieser tariflichen Ausgangslage den Antrag der Arbeitnehmerin vom 03.01.2017 trotz der Formulierung „Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9c TVöD“ als Höhergruppierungsantrag iSv. § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA verstehen7. Für diesen Fall ordnet § 29b Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA für die Stufenzuordnung in der höheren Entgeltgruppe, im Streitfall der Entgeltgruppe 9c TVöD (VKA), die Regelungen für Höhergruppierungen in der bis zum 28.02.2017 geltenden Fassung und damit eine betragsgemäße Stufenzuordnung an.
Die in § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA enthaltene Rechtsfolgenverweisung auf § 17 Abs. 4 TVöD-V aF verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Insbesondere führt die Regelung – wie das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden hat – nicht unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu einer Schlechterstellung von Beschäftigten, die ohne Änderung ihrer Tätigkeit nach § 29b TVÜ-VKA höhergruppiert sind, gegenüber neu eingestellten oder vorhandenen Beschäftigten, die aufgrund der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ab dem 1.03.2017 nach § 17 Abs. 4 TVöD-V nF stufengleich höhergruppiert werden. Diese Beschäftigtengruppen sind nicht miteinander vergleichbar8. Aus diesem Grund durften die Tarifvertragsparteien auch mit §§ 29 ff. TVÜ-VKA ein eigenes Regelungssystem für die in die neue Entgeltordnung Übergeleiteten schaffen und insoweit die Tarifautomatik aussetzen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. März 2021 – 6 AZR 41/20
- BAG 22.10.2020 – 6 AZR 74/19, Rn. 16 mwN[↩]
- BAG 22.10.2020 – 6 AZR 74/19, Rn. 17 mwN[↩]
- BAG 22.10.2020 – 6 AZR 74/19, Rn. 18 mwN[↩]
- BAG 22.10.2020 – 6 AZR 74/19, Rn. 21[↩]
- ausführlich BAG 22.10.2020 – 6 AZR 74/19, Rn. 22 mwN[↩]
- vgl. hierzu BAG 12.12.2018 – 4 AZR 147/17, Rn. 44 mwN, BAGE 164, 326; 16.10.1985 – 4 AZR 149/84 19 ff., BAGE 50, 9[↩]
- zur Auslegung von Anträgen iSd. vergleichbaren § 29a Abs. 3 TVÜ-Länder vgl. BAG 18.10.2018 – 6 AZR 300/17, Rn. 44 ff.[↩]
- ausführlich hierzu BAG 19.11.2020 – 6 AZR 449/19, Rn. 26 ff. mwN; ebenso zu der vergleichbaren Tarifregelung des § 29a TVÜ-Länder BAG 21.12.2017 – 6 AZR 790/16, Rn. 22 ff. mwN[↩]
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