§ 20 Abs. 3 DRK-RTV regelt den Beginn und das jeweilige Ende der Laufzeit innerhalb einer Stufe. Der Beginn ist danach gekennzeichnet durch den Zeitpunkt des Aufstiegs in die betreffende Stufe bzw. bei Stufe 1 in die Einordnung gem. § 20 Abs. 2 DRK-RTV bei der Einstellung. Die darauf „folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe“ bestimmen den Zeitpunkt des Aufstiegs in die nächste Stufe. Dies setzt die Geltung des Tarifvertrags für das betroffene Arbeitsverhältnis während der Stufenlaufzeit voraus.

Die tarifliche Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten, Tätigkeitszeiten, Bewährungszeiten usw. kann in Tarifverträgen in verschiedener Weise geregelt werden. Das kann von sehr unspezifischen Anforderungen wie „Zeiten der Arbeitstätigkeit“ über weitergehende Anforderungen an die Tätigkeit als solche (zB bezogen auf die Tätigkeit, etwa „Arbeitszeiten in dieser Tätigkeit“, „… als Arzt“), noch eingegrenzter im Hinblick auf den Vertragspartner (etwa „Beschäftigungszeiten bei dem Arbeitgeber oder einem anderen Arbeitgeber, der diesen Tarifvertrag oder einen Tarifvertrag wesentlich gleichen Inhalts anwendet“) bis hin zu sehr spezifischen Anforderungen gehen, die – wie vorliegend – die „Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe“ oder – noch spezieller – etwa die „Bewährung in dieser Fallgruppe“ fordern. Den Tarifvertragsparteien ist es dabei grundsätzlich freigestellt zu bestimmen, welche Zeiten welcher Tätigkeiten sie tariflich in welcher Form berücksichtigen wollen [1], auch wenn eine andere Regelung unter nachvollziehbaren Gesichtspunkten durchaus als gleichwertig erscheinen könnte. Diese Entscheidung haben die Gerichte hinzunehmen [2].
Bezieht sich die Bezeichnung der zu berücksichtigenden Zeiten auf die tarifliche Bewertung bestimmter Tätigkeiten, ist in der Regel die Geltung des Tarifvertrags im Arbeitsverhältnis Voraussetzung für deren Berücksichtigung. Dies gilt für Bewährungszeiten in einer bestimmten Fallgruppe einer Entgeltgruppe [3] ebenso wie für Zeiten einer Tätigkeit, die der Entgeltgruppe eines Tarifvertrags zugeordnet wird. „In dieser Entgeltgruppe“ kann ein Arbeitnehmer nur tätig sein, wenn seine Tätigkeit die Anforderungen eines der dort aufgeführten Tätigkeitsmerkmale erfüllt und die betreffende Entgeltordnung für das Arbeitsverhältnis rechtliche Wirkung entfaltet, zB normativ gilt. Dagegen können Tätigkeiten, die in einem nicht diesem Tarifvertrag unterworfenen, insoweit ihm „fremden“ Arbeitsverhältnis verrichtet werden oder worden sind, nicht als solche „in dieser Entgeltgruppe“ angesehen werden, auch wenn sie gleichartig sind oder im Falle einer Tarifgebundenheit und Erfassung des Arbeitsverhältnisses vom Geltungsbereich des Tarifvertrags geeignet wären, die Anforderungen des jeweiligen Tätigkeitsmerkmals zu erfüllen. Die Tarifvertragsparteien knüpfen mit einer solchen Regelung nicht an die in einem anderen System erworbene Tätigkeitszeit an, sondern stellen auf Leistung und Erwerb von Berufserfahrung in den Tätigkeiten der neuen Entgeltgruppen ab [4]. Dementsprechend hat das Bundesarbeitsgericht den Grundsatz aufgestellt und mehrfach bestätigt, dass regelmäßig die für das Erreichen der nächsthöheren Stufe „innerhalb derselben Entgeltgruppe“ erforderliche Zeit nicht vor der Eingruppierung in diese Entgeltgruppe zu laufen beginnt [5].
Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Rettungsassistent die für eine Einstufung in Stufe 6 der Entgeltgruppe 8 DRK-RTV erforderliche Stufenlaufzeit nicht erfüllt. Auch § 20 Abs. 3 DRK-RTV setzt für die Anerkennung einer Tätigkeitszeit bei der Stufenlaufzeit die Geltung des Tarifvertrags für das Arbeitsverhältnis voraus. Diese konnte daher frühestens am 1.03.2013 beginnen.
Die Tarifvertragsparteien des DRK-RTV haben prinzipiell berücksichtigungsfähige Beschäftigungszeiten außerhalb der unmittelbaren und zwingenden zeitlichen Geltung des Tarifvertrags in unterschiedlicher Weise geregelt.
Verwendet ein Tarifvertrag einen Fachbegriff, der in allgemeinen, den rechtlichen oder in den fachlichen Kreisen eine bestimmte Bedeutung hat, ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien mit diesem Begriff den allgemein üblichen Sinn verbinden wollten, wenn nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind, die aus dem Tarifwortlaut oder anderen aus dem Tarifvertrag selbst ersichtlichen Gründen erkennbar sein müssen [6]. Benutzen Tarifvertragspartner in einem Tarifvertrag für die Regelung ähnlicher oder vergleichbarer Sachverhalte eine differenzierte Terminologie, vor allem bei Rechtsbegriffen, ist regelmäßig davon auszugehen, dass sie dadurch auch unterschiedliche Sachverhalte erfassen wollten [7].
Dies gilt auch für den DRK-RTV und die in ihm vereinbarte differenzierte Regelung unterschiedlicher Beschäftigungs- bzw. Tätigkeitszeiten.
So richtet sich die Jubiläumszuwendung für Arbeitnehmer gem. § 27 DRK-RTV nach einer „ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb des DRK“.
Die für die Bemessung der Kündigungsfrist, des Urlaubs ua. zugrunde gelegte Beschäftigungszeit ist nach § 36 Abs. 3 DRK-RTV „die bei demselben Arbeitgeber in einem Arbeitsverhältnis ununterbrochen zurückgelegte Zeit“.
In der zum 1.01.2013 in Kraft getretenen neuen Entgeltordnung zum DRK-RTV finden sich die rechtlich bedeutsamen bisherigen Tätigkeitszeiten an verschiedenen Stellen, insbesondere in der Anlage 6b zum DRK-RTV, die die Mitarbeiter in Pflegeeinrichtungen betrifft und – teilweise – der früheren, noch zum DRK-TV aF vereinbarten Vergütungsordnung entspricht, die entgegen der grundsätzlich neuen Konzeption immer noch Bewährungs- und Tätigkeitsaufstiege vorsieht. So setzt die Eingruppierung in bestimmte Fallgruppen einzelner (dort noch so genannter) Vergütungsgruppen eine dreijährige Bewährung „in dieser Fallgruppe“ voraus (VergGr. K 2 Fallgr. 6), andere eine „zweijährige Tätigkeit“ in einer bestimmten Vergütungs-/Fallgruppe (VergGr. K 3 Fallgr. 3, 4, 5; ähnlich VergGr. K 5 Fallgr. 1, 20, 21), wieder andere eine „sechsjährige Berufstätigkeit nach Erlangung der staatlichen Erlaubnis“ (VergGr. K 4 Fallgr. 2; VergGr. K 5a Fallgr. 7).
Aus dem Wortlaut der hier streitigen Stufenlaufzeitregelung in § 20 Abs. 3 DRK-RTV folgt, dass für den Stufenaufstieg nur Tätigkeiten „innerhalb derselben Entgeltgruppe“ herangezogen werden können. „Innerhalb derselben Entgeltgruppe“ kann – wie dargelegt – ein Arbeitnehmer Tätigkeiten nur verrichten, wenn er in dieser tariflichen Entgeltgruppe eingruppiert ist. Dies setzt die Geltung der betreffenden Entgeltordnung und damit des DRK-RTV für das Arbeitsverhältnis voraus. Soweit auch Tatbestände aus der Zeit vor der Tarifgeltung herangezogen werden sollen, erfordert dies eine entsprechend deutliche tarifvertragliche Regelung. Eine solche liegt hier nicht vor. Der Rettungsassistent beruft sich darauf auch nicht.
Demgegenüber weist die Revision vergeblich darauf hin, dass „Sinn und Zweck“ der tariflichen Stufenlaufzeiten eine Auslegung von § 20 Abs. 3 DRK-RTV bedingten, die sich nicht an dem Wortlaut orientiert.
Die Regelung über Stufenlaufzeiten trage dem Umstand Rechnung, dass mit zunehmender Zeit an ununterbrochener Tätigkeit in einem beruflichen Aufgabenfeld die Erfahrung und Fachkompetenz steige. Damit steige auch der Marktwert bzw. Preis des Mitarbeiters, so dass er eine höhere Vergütung verdient habe. Dies führe bei einer erst nachträglich herbeigeführten Tarifgebundenheit dazu, dass der DRK-RTV so angewandt werden müsse, als ob er von Beginn des Arbeitsverhältnisses an gegolten hätte.
Diese Auffassung ist nicht zutreffend. Sie ignoriert den eindeutigen Wortlaut der tariflichen Regelung. Die von dem Rettungsassistenten genannten Aspekte sind den Tarifvertragsparteien sicherlich bewusst gewesen. Gleichwohl haben sie eine andere Regelung getroffen. Wenn der in dieser Weise bestimmte „Marktwert“ des Arbeitnehmers unmittelbar in der tariflichen Stufenzuordnung seine Berücksichtigung hätte finden sollen, hätten die Tarifvertragsparteien die Berufserfahrung (zB bei § 16 Abs. 2 TV‑L) oder „dieselbe Tätigkeit“ bei demselben Arbeitgeber, alternativ bei früheren tarifgebundenen Arbeitgebern (vgl. dazu zB bei § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 iVm. Abs. 4 TVÜ-DRK) oder bei früheren nicht tarifgebundenen Arbeitgebern, unmittelbar zum Anlass einer Stufenzuordnung machen müssen. Dies ist aber nicht geschehen; vielmehr ist lediglich die Tätigkeit „innerhalb derselben Entgeltgruppe“ zum Kriterium gewählt worden. Aus den unterschiedlichen Formulierungen muss geschlossen werden, dass die Tarifvertragspartner sich die Frage der Anrechnung von Tätigkeiten auf die Stufenzuordnung gestellt und differenziert beantwortet haben. Von einer tariflichen Berücksichtigung von Tätigkeitszeiten, die Arbeitnehmer absolviert haben, ohne nach dem DRK-RTV eingruppiert zu sein, sind die Tarifvertragsparteien demnach nicht ausgegangen, auch wenn sie unter nachvollziehbaren Gesichtspunkten durchaus als gleichwertig erscheinen können. Im Übrigen würde die Auslegung des Rettungsassistenten dazu führen, dass die konkreten Umstände seiner früheren Tätigkeiten bei der nicht tarifgebundenen Beklagten so zu berücksichtigen wären, als hätte der DRK-RTV seit dem Anfang des Beschäftigungsverhältnisses normativ gegolten, also auch bereits für Zeiträume, in denen es den DRK-RTV noch nicht gegeben hat. Dies wäre nicht einmal bei Arbeitsverhältnissen der Fall, für die der DRK-RTV unmittelbar mit seinem Inkrafttreten gegolten hätte.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. August 2016 – 4 AZR 506/15
- grdl. BAG 17.10.2007 – 4 AZR 1005/06, Rn. 42, BAGE 124, 240[↩]
- BAG 25.02.2009 – 4 AZR 19/08, Rn. 26; 10.12 2008 – 4 AZR 862/07, Rn. 27; 9.04.2008 ‑4 AZR 104/07, Rn. 42; 17.10.2007 – 4 AZR 1005/06, Rn. 44, aaO; 14.04.1999 – 4 AZR 189/98, zu 6 b der Gründe, BAGE 91, 163[↩]
- zB BAG 16.05.2012 – 4 AZR 290/10, Rn. 53 ff.; 22.04.2009 – 4 AZR 163/08, Rn. 16[↩]
- BAG 15.01.2015 – 6 AZR 650/13, Rn. 23[↩]
- vgl. zuletzt BAG 12.03.2015 – 6 AZR 879/13, Rn. 16; 16.12 2010 – 6 AZR 357/09, Rn. 15 ff. und 15.12 2010 – 4 AZR 170/09, Rn. 43, jeweils zu § 19 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA; 21.11.2013 – 6 AZR 23/12, Rn. 62, zu § 16 Abs. 2 TV‑L; 15.01.2015 – 6 AZR 650/13, Rn.19, zu § 5 Abs. 2 TV Nahverkehrsbetriebe Hessen; vgl. auch schon 23.04.1980 – 4 AZR 360/78, BAGE 33, 103, zu den – ansonsten vergleichbaren – Tätigkeitszeiten im Beamtenverhältnis[↩]
- st. Rspr., vgl. BAG 22.06.2005 – 10 AZR 631/04, zu II 1 der Gründe mwN, für den Begriff „Arbeitnehmer“; grds. ebenso schon 14.11.1957 – 2 AZR 481/55, BAGE 5, 338[↩]
- BAG 17.10.2007 – 4 AZR 1005/06, Rn. 44, BAGE 124, 240[↩]