Die in § 29b Abs. 4 Satz 2 TVÜ-VKA genannte „bisherige Entgeltgruppe“ bezieht sich nicht auf die Entgeltgruppe, in die der Beschäftigte gemäß §§ 29 ff. TVÜ-VKA zum 1.01.2017 übergeleitet war, sondern auf die Entgeltgruppe, in der sich der Beschäftigte vor Überleitung seines Arbeitsverhältnisses am 31.12.2016 tarifmäßig befand.

Dies folgt für das Bundesarbeitsgericht aus der Auslegung des TVÜ-VKA1.
Die Überleitung der Beschäftigten in die neue EGO erfolgte gemäß § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA unter Beibehaltung der Eingruppierungen, die sich aus den von der EGO abgelösten Vergütungssystemen nach dem Grundsatz der Tarifautomatik ergaben. Diese bleiben grundsätzlich auch dann maßgeblich, wenn die unverändert ausgeübte Tätigkeit in der neuen EGO anders bewertet ist. Die §§ 29a ff. TVÜ-VKA setzen nur mit Wirkung für die Zukunft die Tarifautomatik außer Kraft, die erst durch eine Änderung der Tätigkeit oder einen fristgerecht gestellten Höhergruppierungsantrag nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA wiederhergestellt wird2.
Ausgangspunkt der §§ 29a ff. TVÜ-VKA, die die Überleitung in die neue EGO umfassend regeln, war die Eingruppierung und Stufe, die sich unter Beachtung der bis zum 31.12.2016 geltenden Tarifautomatik des durch die EGO abgelösten Eingruppierungsrechts ergab. Die Beschäftigten wurden tarifmäßig eingruppiert übergeleitet. Insoweit sollten für die vorhandenen Beschäftigten durch die neue EGO keine Veränderungen, insbesondere keine Verschlechterungen eintreten3. Auf der Grundlage dieser Eingruppierung sollte der Beschäftigte nach den in § 29b TVÜ-VKA festgelegten Maßgaben die Wahl haben, ob er an dem in der bisherigen tarifgerechten Eingruppierung zum Ausdruck kommenden Besitzstand festhalten oder ob er mit dem fristgerechten Stellen eines erfolgreichen Höhergruppierungsantrags in die neue EGO eingegliedert werden wollte4.
Die Tarifvertragsparteien haben den Beschäftigten damit die Wahlmöglichkeit eröffnet, entweder den in der am 31.12.2016 gegebenen tarifmäßigen Eingruppierung ausgedrückten Besitzstand bis zur Änderung der Tätigkeit zu wahren oder die Tarifautomatik durch das Stellen eines fristgerechten und erfolgreichen Höhergruppierungsantrags nach § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA wiederherzustellen. Dieses Prinzip wird insbesondere daran deutlich, dass ein solcher Höhergruppierungsantrag nach § 29b Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA auf den 1.01.2017 zurückwirkt und damit an die Stelle der zunächst zum 1.01.2017 erfolgten Überleitung nach § 29a, § 29c oder § 29d TVÜ-VKA tritt und diese vollständig ersetzt. Auch die Regelung des § 29b Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 TVÜ-VKA, der zufolge nach dem Inkrafttreten der neuen EGO eingetretene Änderungen der Stufenzuordnung in der bisherigen Entgeltgruppe bei der Stufenzuordnung nach den Absätzen 2 bis 5 des § 29b TVÜ-VKA unberücksichtigt bleiben, verdeutlicht dieses „Entweder-oder-Prinzip“.
Entsprechend dieser Tarifsystematik bezieht sich der Begriff der „bisherigen Entgeltgruppe“ und Stufe in den §§ 29a ff. TVÜ-VKA einheitlich auf diejenige Entgeltgruppe und Stufe, in die der Beschäftigte vor der Überleitung in die EGO am 31.12.2016 tarifmäßig eingruppiert bzw. zugeordnet war. Die Tarifvertragsparteien verwenden in § 29b Abs. 4 Satz 2, § 29b Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2, § 29a Abs. 1 Satz 1 sowie § 29c Abs. 6 Satz 1 TVÜ-VKA stets denselben Begriff und meinen, wie § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA unmissverständlich deutlich macht, damit stets die bis zum 31.12.2016 maßgebliche Eingruppierung und Stufenzuordnung. Das gilt auch im Fall des § 29b Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 TVÜ-VKA. Diese Norm hat als Bezugspunkt die Überleitungsregelung des § 29a Abs. 1 TVÜ-VKA, bei der die am 31.12.2016 maßgebliche (bisherige) Entgeltgruppe über den Überleitungszeitpunkt hinaus besitzstandswahrend und damit unverändert erhalten bleibt.
Diesem Tarifverständnis steht § 29c Abs. 5 TVÜ-VKA nicht entgegen. Soweit danach bei einem Zusammenfallen von Stufenaufstieg und Höhergruppierung nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA am 1.01.2017 erst der Stufenaufstieg und anschließend die Höhergruppierung erfolgt, meint dies lediglich den Fall der Vollendung der Stufenlaufzeit für einen Stufenaufstieg mit Ablauf des 31.12.2016 in der bisherigen Entgeltgruppe und Stufe5 bzw. des Stufenaufstiegs gemäß § 29c Abs. 3 Satz 3 TVÜ-VKA. Dann wird für die betragsgemäße Höhergruppierung des § 29b Abs. 2 TVÜ-VKA iVm. § 17 Abs. 4 TVöD-AT aF auf diese höhere Stufe und das Tabellenentgelt hieraus abgestellt. Vom Anwendungsbereich der Norm nicht erfasst ist hingegen der Fall, in dem ein Beschäftigter – wie der Arbeitnehmer – nicht wegen Vollendung der Stufenlaufzeit, sondern aufgrund der besonderen Überleitungsregelung des § 29c Abs. 3 Satz 1 TVÜ-VKA von der Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TVöD in die Entgeltgruppe 9a Stufe 6 TVöD (VKA) und damit in eine höhere Stufe übergeleitet wird.
Danach ergab sich im hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Streitfall für den Arbeitnehmer, der unstreitig eine Besitzstandszulage iSd. § 29a Abs. 3 TVÜ-VKA erhalten hat und somit Beschäftigter iSd. § 29b Abs. 4 TVÜ-VKA war, der von § 29b Abs. 4 Satz 2 TVÜ-VKA für eine Anrechnung der Stufenlaufzeit vorausgesetzte Stufenrückfall durch die rückwirkend zum 1.01.2017 aufgrund seines Antrags erfolgte Höhergruppierung nicht.
Der Arbeitnehmer war am 31.12.2016 unstreitig tarifmäßig in die sog. kleine Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TVöD eingruppiert und wurde deshalb ebenfalls tarifmäßig nach § 29c Abs. 3 Satz 1 TVÜ-VKA zunächst in die Entgeltgruppe 9a Stufe 6 TVöD (VKA) übergeleitet.
Mit seinem fristgerecht gestellten Höhergruppierungsantrag nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA hat der Arbeitnehmer die Tarifautomatik wiederhergestellt und entgegen der Annahme der Revision der Anwendung von § 29c Abs. 3 Satz 1 TVÜ-VKA damit die Grundlage entzogen. Die gemäß § 29b Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA iVm. § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD aF vorzunehmende betragsgemäße Stufenzuordnung in der höheren Entgeltgruppe 9b TVöD (VKA) war ausgehend von dem „bisherigen Tabellenentgelt“ vorzunehmen. Entsprechend dem dargestellten Tarifverständnis ist damit vorbehaltlich der Regelung des § 29c Abs. 5 TVÜ-VKA das Entgelt maßgebend, das sich – vor Überleitung des Beschäftigten in die neue EGO (nach §§ 29 ff. TVÜ-VKA) – aus den von der EGO abgelösten Vergütungssystemen nach dem Grundsatz der Tarifautomatik ergab. Das war beim Arbeitnehmer unstreitig das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TVöD und führte zur Zuordnung in Stufe 5 der Entgeltgruppe 9b TVöD (VKA). Dass diese von der Arbeitgeberin aufgrund des fristgerechten Höhergruppierungsantrags des Arbeitnehmers vorgenommene Zuordnung nicht betragsgemäß iSd. § 29b Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA iVm. § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD aF erfolgte, macht auch der Arbeitnehmer nicht geltend.
Durch die Höhergruppierung nach § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA ist der Arbeitnehmer damit keiner niedrigeren Stufe als in der bisherigen Entgeltgruppe iSd. § 29b Abs. 4 Satz 2 TVÜ-VKA zugeordnet worden. Der Arbeitnehmer erhielt vor der Überleitung ein Tabellenentgelt aus der Stufe 5 der Entgeltgruppe 9 TVöD. Aufgrund seines fristgerechten Höhergruppierungsantrags ist er seit dem 1.01.2017 in der Entgeltgruppe 9b TVöD (VKA) ebenfalls der Stufe 5 zugeordnet.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. November 2021 – 6 AZR 150/21
- vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen zuletzt etwa BAG 1.12.2020 – 9 AZR 104/20, Rn. 24 mwN; 7.02.2019 – 6 AZR 44/18, Rn. 27 mwN[↩]
- vgl. BAG 25.03.2021 – 6 AZR 41/20, Rn. 24; 22.10.2020 – 6 AZR 74/19, Rn. 16 mwN[↩]
- vgl. BAG 25.03.2021 – 6 AZR 41/20, Rn. 25; 22.10.2020 – 6 AZR 74/19, Rn. 17 mwN[↩]
- vgl. BAG 25.03.2021 – 6 AZR 41/20 – aaO; 22.10.2020 – 6 AZR 74/19, Rn. 18 mwN[↩]
- vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Teil IV/3 TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Stand August 2021 Rn. 323e; BeckOK TVöD/Dannenberg TVÜ-VKA § 29c Stand 1.03.2021 Rn. 26[↩]
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