Überstundenvergütung und Wechselschichtzulage für einen Rettungsassistenten beim DRK

Nach dem DRK-Reformtarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK-RTV) kann der Arbeitgeber die regelmäßige Arbeitszeit eines bei ihm beschäftigten Rettungsassistenten gemäß § 12 Abs. 6 Buchst. b) DRK-RTV auf wöchentlich 48 Stunden verlängern, wenn in diese verlängerte Arbeitszeit regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens drei Stunden täglich fällt. In diesem Rahmen leistet der Arbeitnehmer Damit hat der Kläger keine über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehenden Überstunden, so dass gemäß § 14 Abs. 9 Buchst. b) DRK-RTV auch kein Anspruch auf eine Wechselschichtzulage besteht.

Überstundenvergütung und Wechselschichtzulage für einen Rettungsassistenten beim DRK

Nach § 12 Abs. 6 Buchst. b) DRK-RTV hat der Arbeitgeber die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers wirksam verlängert. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift wurden erfüllt, denn in die nach § 12 Abs. 6 DRK-RTV verlängerte regelmäßige Arbeitszeit fielen Zeiten der Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens drei Stunden täglich. Es kam nicht darauf an, ob bereits in die regelmäßige Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden Zeiten der Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens drei Stunden täglich fielen. Dies ergibt die Auslegung des Tarifvertrags. Die Worte „in sie“ in § 12 Abs. 6 Buchst. b) DRK-RTV beziehen sich auf die bis zu zwölf Stunden täglich bzw. 48 Stunden wöchentlich verlängerte Arbeitszeit und nicht auf die in § 12 Abs. 1 DRK-RTV definierte regelmäßige Arbeitszeit von 38,5 Stunden1.

Weiterlesen:
Rettungsassistenten

Bereits der Wortlaut der Norm spricht für diese Auslegung. Das Personalpronomen „sie“ steht als Ersatz für den im ersten Halbsatz verwendeten Begriff der „auf 48 Stunden verlängerten Arbeitszeit“, denn innerhalb des Satzes steht der Rechtsbegriff „verlängerte regelmäßige Arbeitszeit“ dem Personalpronomen räumlich näher als der Begriff „regelmäßige Arbeitszeit von 38,5 Stunden“. An anderer Stelle verwendet der Tarifvertrag bei ähnlicher Bezugnahme oder Verweisung eine klarstellende Formulierung (zB einen in Klammern gesetzten Verweis). Beispiele finden sich in § 13 Abs. 7 und Abs. 8 DRK-RTV.

Aus der Systematik des DRK-RTV folgt, dass für den betroffenen Personenkreis die verlängerte Arbeitszeit zu der regelmäßigen Arbeitszeit wird. Dies zeigt die Regelung in § 14 Abs. 9 DRK-RTV, die für Mitarbeiter gilt, „in deren“ regelmäßige Arbeitszeit regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens drei Stunden täglich fällt. Abgestellt wird nicht abstrakt auf die regelmäßige Arbeitszeit iSd. § 12 Abs. 1 DRK-RTV, sondern auf die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des jeweiligen Arbeitnehmers.

Im gleichen Sinne ist § 13 Abs. 7 DRK-RTV zu werten, der die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten mittels des Klammerzusatzes „§ 12 Abs. 1 und 6“ definiert. Auch hieraus ergibt sich, dass der Tarifvertrag die gemäß § 12 Abs. 6 DRK-RTV verlängerte Arbeitszeit als regelmäßige Arbeitszeit ansieht.

Die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags kommt bestätigend hinzu. Der DRK-RTV trat zum 1.01.2007 in Kraft, also zu einem Zeitpunkt, zu dem das Bundesarbeitsgericht zur gleichlautenden Vorschrift des § 15 Abs. 2 BAT schon entschieden hatte, dass sich die Worte „in sie“ auf die verlängerte regelmäßige Arbeitszeit beziehen. Hätten die Tarifvertragsparteien daher den Willen gehabt, dies im DRK-RTV anders zu regeln, wäre im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Klarstellung angezeigt gewesen.

Weiterlesen:
Der befristete Arbeitsvertrag

Soweit darauf verwiesen wird, das Inkrafttreten des ArbZG erfordere eine im Vergleich zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.09.19922 abweichende Betrachtungsweise, geht dieser Einwand fehl, weil § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a)) ArbZG inhaltlich seiner Vorgängerregelung in § 7 Abs. 2 ArbZO entspricht.

Der Wille der Tarifvertragsparteien steht dem gefundenen Auslegungsergebnis nicht entgegen. Unterstellt man zugunsten der Revision, dass die Tarifvertragsparteien mit der tarifvertraglichen Regelung von der Öffnungsklausel des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a)) ArbZG Gebrauch machen wollten, wird im Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a)) ArbZG gerade die Auffassung vertreten, dass für die Berechnung des Anteils der Arbeitsbereitschaft auf den Anteil derselben an der verlängerten Arbeitszeit abzustellen sei3.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. Juni 2013 – 5 AZR 231/12

  1. vgl. zu § 15 BAT: BAG 24.09.1992 – 6 AZR 101/90, zu II 2 d der Gründe und zu § 14 TV-DRK West: BAG 9.03.2005 – 5 AZR 385/02, zu I 2 a der Gründe; anders noch BAG 17.03.1988 – 6 AZR 268/85, zu II 5 b der Gründe, BAGE 58, 19[]
  2. BAG 24.09.1992 – 6 AZR 101/90 -[]
  3. Baeck/Deutsch ArbZG 2. Aufl. § 7 Rn. 51; Schliemann ArbZG 2009 § 7 Rn. 41[]