Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung entsteht mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses als reiner Geldanspruch. Diese auf eine finanzielle Vergütung im Sinne von Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG gerichtete Forderung bleibt in ihrem Bestand unberührt, wenn die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bis zum Ende des Übertragungszeitraums am 31. März des dem Urlaubsjahr folgenden Jahres fortdauert.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in der Folge der Entscheidung Schultz-Hoff des EuGH [1] ist der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nicht nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG befristet, wenn der Arbeitnehmer dauernd arbeitsunfähig ist. Der Mindesturlaub ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – unabhängig von der Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs in einem gedachten fortbestehenden Arbeitsverhältnis – nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten [2]. Diese Erkenntnisse hat das Bundesarbeitsgericht für Arbeitsverhältnisse mit privatrechtlich organisierten Arbeitgebern aus einer Rechtsfortbildung von § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG anhand der Vorgaben in Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie gewonnen.
§ 7 Abs. 3 und 4 BUrlG ist danach so zu verstehen, dass gesetzliche Urlaubsabgeltungsansprüche nicht erlöschen, wenn Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deswegen arbeitsunfähig sind. Das entspricht Wortlaut, Systematik und Zweck der innerstaatlichen Regelungen, wenn die Ziele des Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2003/88/EG und der regelmäßig anzunehmende Wille des nationalen Gesetzgebers zur ordnungsgemäßen Umsetzung von Richtlinien berücksichtigt werden [3].
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 4. Mai 2010 – 9 AZR 183/09
- EuGH 20.01.2009 – C‑350/06 und C‑520/06, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 1 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 1[↩]
- BAG 23.03.2010 – 9 AZR 128/09, NZA 2010, 810; 24.03.2009 – 9 AZR 983/07, m.w.N., AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 15[↩]
- vgl. zu den Einzelheiten der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung durch teleologische Reduktion ausführlich BAG 24.03.2009 – 9 AZR 983/07, m.w.N., AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 15[↩]