Urlaubsansprüche – bei Altersteilzeit im Blockmodell

Der volle gesetzliche Urlaubsanspruch entsteht mit Beginn des Urlaubsjahres, wenn zu diesem Zeitpunkt die sechsmonatige Wartezeit am Anfang des Arbeitsverhältnisses (§ 4 BUrlG) erfüllt ist.

Urlaubsansprüche – bei Altersteilzeit im Blockmodell

Ein bei Beginn des Urlaubsjahres feststehender Übergang von der Arbeits- in die Freistellungsphase bei einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis im sogenannten Blockmodell berechtigt wegen der damit verbundenen Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten nicht zu einer Umrechnung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 BUrlG, soweit dadurch die Anzahl der während der Vollbeschäftigung bereits erworbenen Urlaubstage gemindert wird.

§ 7 des Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) ist gemäß § 134 BGB nichtig, soweit dadurch unter Verstoß gegen § 13 Abs. 1 S. 1 BUrlG der dem Arbeitnehmer zustehende gesetzliche Urlaubsanspruch gemindert wird.

§ 7 S. 2 TV ATZ verstößt im Anwendungsbereich des TV-L nicht gegen § 4 Abs. 1 TzBfG, soweit der tarifliche Mehrurlaub betroffen ist. Die Tarifvorschrift zieht für die von ihr erfassten Arbeitnehmer aus sachlichen Gründen die Kürzung des Urlaubsanspruchs vom Jahr der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Jahr des Wechsels von der Arbeits- in die Freistellungsphase vor, nimmt ihnen im Verhältnis zu Vollzeitbeschäftigten aber keine Urlaubsansprüche.

Inwieweit eine (nachträgliche) Kürzung des entstandenen gesetzlichen Vollurlaubs bei Übergang von der Arbeits- zur Freistellungsphase im laufenden Urlaubsjahr zulässig wäre, bedarf keiner Erörterung, da eine entsprechende Gesetzesregelung fehlt. Eine anteilige Kürzung des gesetzlichen Urlaubs gemäß § 5 Abs. 1 c)) BUrlG scheidet aus. Mit dem Übergang des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses von der Arbeits- in die Freistellungsphase endete das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht1.

§ 7 TV-ATZ bewirkt keine Verminderung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs der Arbeitnehmerin für 2014. Nach seinem für die Auslegung in erster Linie maßgeblichen Wortlaut regelt § 7 TV-ATZ den Urlaubsanspruch im Sinne einer Kürzung. Dies verdeutlicht ein Abgleich mit dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 BUrlG. Eine Kürzung des bereits entstandenen gesetzlichen Vollurlaubs der Arbeitnehmerin für 2014 durch § 7 TV-ATZ ist unwirksam. Zutreffend hat bereits die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen2 ausgeführt, dass diese Tarifregelung jedenfalls insoweit gemäß § 134 BGB nichtig ist, als sie unter Verstoß gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG den der Arbeitnehmerin zustehenden gesetzlichen Urlaubsanspruch mindert3. Dies entspricht der ständigen zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu tariflichen Regelungen, die den Urlaubsanspruch über die Regelungen in § 5 Abs. 1 BUrlG hinaus zwölfteln4.

Infolge des durch die unberechtigte Ablehnung des Urlaubs eingetretenen Verzuges ist der gesetzliche Urlaubsanspruch gemäß § 26 Abs. 2 TV-L in Verbindung mit § 7 Abs. 3 BUrlG mit Ablauf des Jahres 2014, jedenfalls aber mit Ablauf des Übertragungszeitraums gemäß § 26 Abs. 2 a)) TV-L erloschen.

Der Umfang des gemäß §§ 275 Abs. 1 und Abs. 4, 280 Abs. 1 und Abs. 3, 283 Satz 1, 286 Abs. 1, 287 Satz 2, 249 Abs. 1 BGB dafür entstandenen Ersatzurlaubsanspruchs beträgt 10 Tage und ermittelt sich wie folgt: Der volle tarifliche Urlaubsanspruch beträgt 30 Tage (§ 26 Abs. 1 Satz 2 TV-L). Unter Berücksichtigung von § 7 Satz 2 TV-ATZ ergäben 4/12 hiervon 10 Tage. Da der zu Jahresbeginn 2014 entstandene gesetzliche Urlaubsanspruch für 2014 jedoch 20 Tage betrug und nicht unterschritten werden durfte, bestand der Anspruch in Höhe von 20 Tagen. Unstreitig hat das beklagte Land als Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin vom Urlaubsanspruch für das Jahr 2014 bereits 10 Tage gewährt, weshalb restliche 10 Tage verbleiben.

Ein weitergehender Ersatzurlaubsanspruch der Arbeitnehmerin besteht nicht. Der tarifliche Mehrurlaubsanspruch von 10 Tagen für das Jahr 2014 ist aufgrund § 7 Satz 2 TV-ATZ entfallen.

Die Kürzung des tariflichen Mehrurlaubs gemäß § 7 Satz 2 TV-ATZ scheitert nicht daran, dass die Vorschrift bezüglich des gesetzlichen Urlaubsanspruchs gegen § 13 Abs. 1 BUrlG verstößt und keinen Willen der Tarifvertragsparteien erkennen ließe, zwischen gesetzlichem und tariflichem Urlaub zu unterscheiden. Die hierzu von der Arbeitnehmerin angezogene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist nicht einschlägig. Danach ist ein sogenannter „Gleichlauf“ zwischen gesetzlichem und tariflichem Urlaubsanspruch nicht nur dann nicht gewollt, wenn die Tarifvertragsparteien ausdrücklich zwischen beiden Ansprüchen unterscheiden sondern auch, wenn sie eigene vom Bundesurlaubsgesetz abweichende Regelungen zum Urlaubsanspruch getroffen haben5. Damit betrifft diese Rechtsprechung nur solche Materien, zu denen sich überhaupt eine Regelung im Bundesurlaubsgesetz befindet (z. B. Befristung, Übertragung, Verfall), von denen durch Tarifvertrag abgewichen werden könnte. Abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall der TV-L nicht nur hinsichtlich Befristung, Übertragung und mittelbar zugleich auch bezüglich Verfall des Urlaubs eine vom Gesetz eigenständige, abweichende Regelung getroffen hat6, regelt § 7 TV-ATZ den Urlaubsanspruch im Kalenderjahr des Übergangs von der Beschäftigung zur Freistellung im Altersteilzeitarbeitsverhältnis eigenständig. Eine entsprechende Regelung für Altersteilzeitarbeitsverhältnisse besteht im Bundesurlaubsgesetz nicht. Bei dieser Sachlage entspricht es regelmäßig dem mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien und dem Rechtsgedanken des § 139 BGB, die tarifliche Regelung insoweit aufrechtzuerhalten, als dies – wie hier – rechtlich möglich und sinnvoll ist.

§ 7 Satz 2 TV-ATZ verstößt bzgl. des tariflichen Mehrurlaubs nicht gegen § 4 Abs. 1 TzBfG. Auch Vollbeschäftigte im Geltungsbereich des TV-L müssen bei Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse gemäß § 26 Abs. 2 b)) TV-L eine entsprechende zeitanteilige Kürzung ihres Urlaubsanspruchs hinnehmen. Obwohl der Übergang von der Arbeits- in die Freistellungsphase bei der Altersteilzeit im sogen. Blockmodell nicht zu einer rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, ist die Situation doch vergleichbar. Der Arbeitnehmer erbringt mit dem Eintritt in die Freistellungsphase im Regelfall für den Arbeitgeber keine Arbeitsleistung mehr. Auch ist eine tatsächliche Gewährung von Urlaub nicht mehr möglich. Neue Urlaubsansprüche während der Freistellungsphase entstehen gemäß § 7 S. 1 TV-ATZ nicht. Dies ist mit Unionsrecht vereinbar, denn zum einen beruht die Arbeitsbefreiung auf einer Vereinbarung und ist damit für den Arbeitnehmer vorhersehbar, zum anderen kann sich der Arbeitnehmer in der Freistellungsphase entweder ausruhen oder Freizeittätigkeiten nachgehen7. § 7 S. 2 TV-ATZ zieht für die von ihm erfassten Arbeitnehmer aus sachlichen Gründen mithin lediglich die Zwölftelung des Urlaubsanspruchs vom Jahr der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Jahr des Wechsels von der Arbeits- in die Freistellungsphase vor, nimmt ihnen im Verhältnis zu Vollbeschäftigten im hier betroffenen Anwendungsbereich des TV-L aber keine Urlaubsansprüche.

Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 18. Januar 2017 – 13 Sa 126/16

  1. BAG 15.03.2005 – 9 AZR 143/04[]
  2. LAG Niedersachsen, Urteil vom 19.05.2005 – 4 Sa 646/05[]
  3. ebenso Uttlinger/Breier, TV Altersteilzeitarbeit, Erl.05.8[]
  4. vgl. etwa BAG, 09.01.2009 – 9 AZR 650/07 21; vom 12.11.2013 – 9 AZR 727/12 18[]
  5. vgl. BAG 22.05.2012 – 9 AZR 618/10 13 m.w.N.[]
  6. vgl. BAG 22.05.2012 – 9 AZR 618/10 12[]
  7. vgl. EuGH 08.11.2012 – C-229/11 – und – C230/11 – zur sogenannten „Kurzarbeit 0“[]