Die bei einer mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG konformen Auslegung von § 7 BUrlG bei Langzeiterkrankungen geltende 15-monatige Verfallfrist kann ausnahmsweise unabhängig von der Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten beginnen, wenn die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers so früh im Urlaubsjahr eintritt, dass es dem Arbeitgeber tatsächlich nicht möglich war, zuvor seinen Obliegenheiten nachzukommen.

Das Bundesarbeitsgericht hat im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 22.09.20221 die Voraussetzungen, unter denen der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub bei einer langandauernden Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers verfallen kann, weiterentwickelt. Danach erlischt bei richtlinienkonformer Auslegung des § 7 Abs. 1 und Abs. 3 BUrlG Urlaub nach Ablauf von 15 Monaten, wenn der Arbeitnehmer seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31.03.des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres arbeitsunfähig war. In diesem Fall tritt die Rechtsfolge unabhängig davon ein, ob der Arbeitnehmer seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen ist. Hat der Arbeitnehmer hingegen im Verlauf des Bezugszeitraums gearbeitet, bevor er arbeitsunfähig erkrankt ist, kann Urlaubsanspruch grundsätzlich nur dann nach Ablauf der 15 Monatsfrist verfallen, wenn der Arbeitgeber Inanspruchnahme des Urlaubs zuvor in gebotener Weise ermöglicht hat2. Der Arbeitgeber hat das Risiko, dass der Urlaub wegen einer im Urlaubsjahr eintretenden Krankheit nicht erfüllt werden kann, jedoch nur zu tragen, soweit er im Urlaubsjahr – tatsächlich – die Zeit hatte, seinen Obliegenheiten nachzukommen. Für die davorliegenden Arbeitstage können ihn die normativen Folgen der Obliegenheitsverletzung nicht treffen. Erkrankt der Arbeitnehmer – wie hier, zu einem so frühen Zeitpunkt im Urlaubsjahr dauerhaft, dass er selbst bei ordnungsgemäßer Aufklärung durch den Arbeitgeber seinen Urlaub nicht vollständig hätte nehmen können, bleibt ihm außerdem nach Ablauf der 15 Monatsfrist nur die Anzahl an Urlaubstagen erhalten, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Möglichkeit des Arbeitgebers, seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachzukommen, bis zum Eintritt seiner Erkrankung erfüllt werden konnte.
Nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist Urlaub abzugelten, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch offene Urlaubsansprüche bestehen, die nicht mehr erfüllt werden können, weil das Arbeitsverhältnis beendet ist. Dies ist dann nicht der Fall, wenn sie bereits zuvor am Ende des Bezugszeitraums oder eines zulässigen Übertragungszeitraums verfallen sind.
Bei einer mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG konformen Auslegung von § 7 BUrlG erlischt der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich nur dann am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG) oder eines zulässigen Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 BUrlG), wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und dieser den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Dazu muss er den Arbeitnehmer – erforderlichenfalls förmlich – dazu auffordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub verfällt, wenn er ihn nicht nimmt3. Die Erfüllung dieser Mitwirkungsobliegenheiten durch den Arbeitgeber ist grundsätzlich Voraussetzung für das Eingreifen des urlaubsrechtlichen Fristenregimes des § 7 Abs. 3 BUrlG4 mit der Folge, dass Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub nach Maßgabe von § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG mit Ablauf des Urlaubsjahres verfällt, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht verlangt.
Ist der Arbeitnehmer infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit oder voller Erwerbsminderung daran gehindert, seinen Urlaub bis zum Ende des Urlaubsjahres zu nehmen, kann der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub – bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit – unter besonderen Umständen mit Ablauf des 31.03.des zweiten Folgejahres untergehen5.
War der Arbeitnehmer seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31.03.des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres arbeitsunfähig, verfällt der Urlaubsanspruch 15 Monate nach Beendigung des Urlaubsjahres unabhängig davon, ob der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen ist. In diesem Fall sind nicht Handlungen oder Unterlassungen des Arbeitgebers, sondern allein die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers für den Verfall des Urlaubs kausal. Kann der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung aus gesundheitlichen Gründen nicht erbringen, ist eine Befreiung von der Arbeitspflicht durch Urlaubsgewährung rechtlich unmöglich6. Eine freie Entscheidung über die Verwirklichung des Anspruchs ist – ohne dass es auf die Aufforderungen und Hinweise des Arbeitgebers ankäme – von vornherein ausgeschlossen, weil die Arbeitsunfähigkeit auf psychischen oder physischen Beschwerden beruht; und vom Willen des Arbeitnehmers unabhängig ist7.
Demgegenüber kann ein Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub aus einem Bezugszeitraum, in dessen Verlauf der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat, bevor er aufgrund einer seitdem fortbestehenden Krankheit arbeitsunfähig geworden ist, bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 7 Abs. 1 und Abs. 3 BUrlG grundsätzlich nur dann nach Ablauf eines Übertragungszeitraums von 15 Monaten erlöschen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch Erfüllung seiner Mitwirkungsobliegenheiten rechtzeitig in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch auszuüben. Der Arbeitgeber hat grundsätzlich die Initiative zu ergreifen, damit der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG verwirklicht. In der Regel führt erst die Erfüllung der daraus abgeleiteten Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Urlaub auch tatsächlich zu nehmen, zur Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 BUrlG8.
Eine besondere Konstellation, in der die 15 Monatsfrist bei unterjährigem Eintritt der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ausnahmsweise zu laufen beginnt, ohne dass der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen ist, besteht bei einer früh im Urlaubsjahr eintretenden Erkrankung des Arbeitnehmers. Dem Arbeitgeber muss es tatsächlich möglich sein, den Arbeitnehmer vor dessen Erkrankung in die Lage zu versetzen, Urlaub zu nehmen. Solange dies aufgrund des frühen Zeitpunkts des Krankheitseintritts im Urlaubsjahr nicht der Fall ist, kann die Befristung des Urlaubsanspruchs nicht von der Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten abhängen9. Das Risiko, wegen einer im Urlaubsjahr eintretenden Krankheit Urlaubsansprüche nicht erfüllen zu können, ist dem Arbeitgeber somit erst zugewiesen, wenn er seinen Obliegenheiten tatsächlich nachkommen konnte.
Die Obliegenheiten aus § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG dienen keinem Selbstzweck. Sie sollen verhindern, dass der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch verliert, weil er ihn in Unkenntnis der Befristung nicht rechtzeitig gegenüber dem Arbeitgeber geltend macht. Dieser Zweck bestimmt sowohl den Inhalt der gebotenen Mitwirkungsobliegenheiten10 als auch deren Rechtsfolgen11. Tritt die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers so früh im Urlaubsjahr ein, dass es dem Arbeitgeber tatsächlich nicht möglich war, zuvor seine Obliegenheiten zu erfüllen, verfällt der Urlaubsanspruch bei fortdauernder Erkrankung mit Ablauf eines Übertragungszeitraums in jedem Fall 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres12. Auch die Nichtbeachtung der Mitwirkungsobliegenheiten ändert in diesem Fall nichts daran, dass der nicht angetretene Urlaub erlischt.
Der volle Urlaubsanspruch entsteht gemäß § 4 BUrlG nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses jeweils am 1.01.eines Kalenderjahres. Ab diesem Zeitpunkt hat der Arbeitgeber bei der Erfüllung des Urlaubsanspruchs mitzuwirken. Zuvor muss er die Gewährung und Inanspruchnahme künftigen Urlaubs regelmäßig nicht initiieren. Ohne das Substrat, an das die Mitwirkungshandlungen anknüpfen, kann die darauf ausgerichtete Obliegenheit nicht bestehen. Mit Entstehung des Urlaubsanspruchs muss der Arbeitgeber seiner Verantwortung im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des Urlaubs unverzüglich iSv. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB nachkommen, um nicht das Risiko zu tragen, dass Urlaub wegen einer im Verlauf des Urlaubsjahres eintretenden krankheitsbedingten Erkrankung des Arbeitnehmers nicht am Ende von 15 Monaten erlischt.
Maßgeblich dafür, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unverzüglich aufgefordert hat, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar mitgeteilt hat, dass der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfällt, wenn er ihn nicht beantragt, ist der Zugang der Erklärung beim Arbeitnehmer. Entsprechend der Legaldefinition in § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB müssen Aufforderung und Hinweis nicht sofort nach Urlaubsentstehung erfolgen, sondern ohne schuldhaftes Zögern. Die Zeitspanne, die dem Arbeitgeber zur Vorbereitung und Durchführung der Belehrung einzuräumen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Da die Berechnung des Urlaubsanspruchs und die Formulierung der Belehrung regelmäßig keine besonderen Schwierigkeiten bereiten, ist unter normalen Umständen eine Zeitspanne von einer (Urlaubs-)Woche (dh. in Anlehnung an § 3 BUrlG sechs Werktage) ausreichend. Ohne Vorliegen besonderer Umstände (wie zB Betriebsferien zu Jahresbeginn) handelt der Arbeitgeber nicht unverzüglich, wenn er seine Mitwirkungsobliegenheiten erst später als eine Woche nach Urlaubsentstehung erfüllt13.
Urlaub kann außerdem nur in dem Umfang erhalten bleiben, in dem der Arbeitnehmer ihn bis zum Eintritt der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit tatsächlich hätte in Anspruch nehmen können. Soweit der Arbeitnehmer den Urlaub selbst bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Mitwirkungshandlungen aus gesundheitlichen Gründen nicht hätte antreten können, treffen den Arbeitgeber nicht die grundsätzlichen eintretenden nachteiligen Folgen der Obliegenheitsverletzung. Eine Kausalität zwischen der Nichtinanspruchnahme des Urlaubs durch den Arbeitnehmer und der Nichtvornahme der Mitwirkung durch den Arbeitgeber ist in diesem Fall ausgeschlossen.
Diese Grundsätze gelten im Hinblick auf die Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers auch für den tariflichen Mehrurlaub. Insoweit haben die Tarifvertragsparteien des TVöD den tariflichen Mehrurlaub nicht abweichend von den gesetzlichen Vorgaben geregelt. Abweichungen bestehen lediglich hinsichtlich der Dauer des Übertragungszeitraums, nicht jedoch hinsichtlich der Voraussetzungen, unter denen das Fristenregime aktiviert wird.
Die unionsrechtlichen Vorgaben betreffen ausschließlich den gesetzlichen Urlaubsanspruch von vier Wochen. Die Tarifvertragsparteien können Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln. Ihre Regelungsmacht ist nicht durch die für gesetzliche Urlaubsansprüche erforderliche richtlinienkonforme Auslegung der §§ 1, 7 BUrlG beschränkt14.
Für einen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien, den tariflichen Mehrurlaub abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen zu regeln, müssen deutliche Anhaltspunkte vorliegen. Fehlen solche, ist von einem diesbezüglichen Gleichlauf des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf tariflichen Mehrurlaub auszugehen15. Den Tarifvertragsparteien steht es frei, den tariflichen Mehrurlaub nur teilweise mit dem gesetzlichen Mindesturlaub zu synchronisieren und teilweise abweichend zu regeln. Der eigenständige, dem Gleichlauf von Mindest- und Mehrurlaub entgegenstehende Regelungswille muss sich deshalb auf den jeweils in Rede stehenden Regelungsgegenstand beziehen, hier also auf das Erlöschen des Anspruchs auf zusätzlichen bezahlten Jahresurlaub bzw. die Rechtsfolgen der Nichtbeachtung der Mitwirkungsobliegenheiten bei langanhaltender Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Es genügt nicht, wenn in einem Tarifvertrag von Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes abgewichen wird, die mit den im Streit stehenden Regelungen nicht in einem inneren Zusammenhang stehen16.
In § 26 TVöD ergeben sich Abweichungen hinsichtlich der Fristenregelung17, nicht jedoch hinsichtlich der Obliegenheit des Arbeitgebers, dafür Sorge zu tragen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, den tariflichen Mehrurlaub zu nehmen18. Dies hat zur Folge, dass dessen Verfallfristen – ebenso wie bei dem gesetzlichen Mindesturlaub – bei einer langandauernden Arbeitsunfähigkeit ohne Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten grundsätzlich nur dann eintreten kann, wenn der Arbeitnehmer das gesamte Urlaubsjahr aus gesundheitlichen Gründen an der Wahrnehmung des Urlaubs gehindert war.
Soweit der Urlaubsanspruch hiernach verfallen ist, ist der Arbeitnehmer für die Zeit seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit auch nicht gemäß § 280 BGB iVm. § 241 Abs. 2 BGB hinsichtlich des Verfalls seines Urlaubsanspruchs so zu stellen, als hätte er für die Arbeitgeberin tatsächlich eine vertragsgemäße Arbeitsleistung erbracht. Die Arbeitgeberin hat, indem sie dem Arbeitnehmer keine andere Tätigkeit zuwies, nicht schuldhaft ihre Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt.
Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird19. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt. Dem Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber regelmäßig entsprechen, wenn ihm die in der Zuweisung einer anderen Tätigkeit liegende Neubestimmung der zu bewirkenden Arbeitsleistung zumutbar und rechtlich möglich ist20.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Arbeitnehmer, der nach allgemeinen Regeln für die den Schadensersatzanspruch begründenden Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet ist21, hat nicht hinreichend konkret dargelegt, welche Beschäftigung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens möglich gewesen wäre und dass er eine solche von der Arbeitgeberin verlangt hätte. Soweit er sich in den Vorinstanzen berufen hat, den Bürgermeister darauf hingewiesen zu haben, jederzeit an einer anderen Stelle innerhalb der Verwaltung umgehend seine Arbeit wieder aufnehmen zu können, solange gewährleistet sei, dass er nicht mehr seinem bisherigen Vorgesetzten untergeordnet sei, genügt dies nicht. Er hat weder aufgezeigt, welcher Arbeitsplatz bzw. welche Art von Beschäftigung in Frage kommt, noch behauptet, der ihm obliegenden Darlegungslast trotz Ausschöpfung aller ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht nachkommen zu können, weil er außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht. Soweit der Arbeitnehmer meint, die „Mobbinghandlungen“ seines Vorgesetzten hätte seine Arbeitsunfähigkeit verursacht, und damit zum Ausdruck bringt, die Arbeitgeberin hätte insoweit für Abhilfe sorgen müssen, hat der Arbeitnehmer bereits die die Mobbingsituation begründenden Tatsachen nicht vorgetragen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. Januar 2023 – 9 AZR 107/20
- EuGH 22.09.2022 – C-518/20 und – C-727/20 – [Fraport][↩]
- grundlegend BAG 20.12.2022 – 9 AZR 401/19, Rn. 21[↩]
- vgl. EuGH 6.11.2018 – C-684/16 – [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften] Rn. 45; zu den inhaltlichen Anforderungen an die Mitwirkungsobliegenheiten vgl. BAG 19.02.2019 – 9 AZR 423/16, Rn. 39 ff., BAGE 165, 376[↩]
- vgl. im Einzelnen BAG 19.02.2019 – 9 AZR 423/16, Rn. 21 ff. aaO[↩]
- vgl. EuGH 22.09.2022 – C-518/20 und – C-727/20 – [Fraport] Rn. 35; 29.11.2017 – C-214/16 – [King] Rn. 53 f. mwN[↩]
- BAG 20.12.2022 – 9 AZR 401/19, Rn. 21; 7.07.2020 – 9 AZR 401/19 (A), Rn. 26 mwN, BAGE 171, 231[↩]
- st. Rspr., vgl. EuGH 25.06.2020 – C-762/18 und – C-37/19 – [Varhoven kasatsionen sad na Republika Bulgaria] Rn. 66; 4.10.2018 – C-12/17 – [Dicu] Rn. 32, 33 mwN[↩]
- BAG 20.12.2022 – 9 AZR 401/19, Rn. 22[↩]
- vgl. BAG 30.11.2021 – 9 AZR 143/21, Rn.20; 7.07.2020 – 9 AZR 401/19 (A), Rn. 23, BAGE 171, 231[↩]
- vgl. hierzu BAG 19.02.2019 – 9 AZR 423/16, Rn. 40 f., BAGE 165, 376[↩]
- BAG 7.07.2020 – 9 AZR 401/19 (A), Rn. 24, BAGE 171, 231[↩]
- vgl. EuGH 22.09.2022 – C-518/20 und – C-727/20 – [Fraport] Rn. 42, mit ausdrücklichem Hinweis Rn. 65 der Schlussanträge des Generalanwalts Jean Richard de la Tour vom 17.03.2022[↩]
- vgl. zur unverzüglichen Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB BAG 20.05.2021 – 2 AZR 596/20, Rn. 14 mwN, BAGE 175, 94[↩]
- BAG 19.02.2019 – 9 AZR 541/15, Rn. 35; vgl. auch EuGH 19.11.2019 – C-609/17 und – C-610/17 – [TSN, AKT] Rn. 33 ff.; 3.05.2012 – C-337/10 – [Neidel] Rn. 34 ff. mwN[↩]
- vgl. zum sog. Fristenregime BAG 14.02.2017 – 9 AZR 386/16, Rn. 15; zu den Mitwirkungsobliegenheiten BAG 29.09.2020 – 9 AZR 113/19, Rn. 12; 19.02.2019 – 9 AZR 541/15, Rn. 35[↩]
- vgl. BAG 29.09.2020 – 9 AZR 113/19 – aaO; 22.01.2019 – 9 AZR 45/16, Rn. 27, BAGE 165, 90[↩]
- vgl. BAG 22.05.2012 – 9 AZR 575/10, Rn. 11[↩]
- BAG 19.02.2019 – 9 AZR 541/15, Rn. 37[↩]
- BAG 27.05.2015 – 5 AZR 88/14, Rn. 26, BAGE 152, 1; 19.05.2010 – 5 AZR 162/09, Rn. 26, 27, BAGE 134, 296[↩]
- BAG 27.05.2015 – 5 AZR 88/14 – aaO[↩]
- vgl. BAG 27.05.2015 – 5 AZR 88/14, Rn. 28, BAGE 152, 1; 21.06.2012 – 2 AZR 694/11, Rn. 49, BAGE 142, 188[↩]