Nicht erst mit dem Kündigungsschutzantrag, sondern bereits mit einem allgemeinen Feststellungsantrag kann die Arbeitnehmerin ihre arbeitsvertraglichen Entgeltansprüche im Sinne des Tarifvertrags sowohl schriftlich als auch gerichtlich geltend machen.

Mit dem Klagantrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch einen Beendigungstatbestand (hier: Ende der beamtenrechtlichen Beurlaubung) aufgelöst worden sei, sondern fortbestehe, wahrt die Arbeitnehmerin die erste Stufe (schriftliche Geltendmachung) einer tariflichen Ausschlussfrist für alle vom Ausgang des Rechtsstreits abhängigen Ansprüche, ohne dass diese im Einzelnen beziffert werden müssen. Dem Arbeitgeber ist bei einer derartigen Klage klar, dass es der Arbeitnehmerin nicht nur abstrakt auf den Erhalt des Arbeitsverhältnisses, sondern darüber hinaus konkret um die Durchsetzung nicht erfüllter bzw. zukünftig fällig werdender Vergütungsansprüche geht [1].
Zugleich macht die Arbeitnehmerin mit einer Bestandsschutzklage die Ansprüche, die vom Ausgang des Rechtsstreits abhängig sind, im Sinne der zweiten Stufe der tariflichen Ausschlussfristen auch „gerichtlich“ gelten, ohne dass die fraglichen Ansprüche im Einzelnen Streitgegenstände des Gerichtsverfahrens sein müssen. Eine derart einschränkende Auslegung der tariflichen Ausschlussfristen ist dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch der Parteien auf einen effektiven Rechtsschutz (Artikel 2 Abs. 1 GG i. V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) geschuldet [2].
Die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen im August 2014 wurde nicht dadurch aufgehoben, dass die Arbeitnehmerin den Feststellungsantrag zurücknahm, nachdem sie wegen der zwischenzeitlich erfolgten Kündigung der Arbeitgeberin beim Arbeitsgericht einen Kündigungsschutzantrag eingereicht hatte. Sie gab mit der Antragsrücknahme – für die Arbeitgeberin erkennbar – nicht ihr Ziel auf, den Bestand des Arbeitsverhältnisses im Zeitraum 1.06.2012 bis 31.03.2015 festzustellen. Dieses Begehren war jetzt Bestandteil des Streitgegenstandes der Kündigungsschutzklage [3] und als Vorfrage vor Prüfung der Kündigungsgründe zu behandeln. Die Rücknahme des Feststellungsantrags bedeutete daher nicht, dass die Arbeitnehmerin Vergütungsansprüche aus der Zeit vor dem Kündigungstermin nicht mehr gerichtlich geltend machen wollte. Das geschah jetzt im Rahmen des Kündigungsschutzantrags. Der allgemeine Feststellungsantrag wurde lediglich aus prozessualen Gründen zurückgenommen.
Landesarbeitsgericht Baden ‑Württemberg, Urteil vom 27. Oktober 2017 – 12 Sa 28/17