Kommt der Arbeitgeber mit seiner Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG in der bis zum 31.07.2022 geltenden Fassung (im Folgenden aF), dem Arbeitnehmer eine Ausschluss-/Verfallfrist nachzuweisen, in Verzug, hat er nach § 280 Abs. 1 und Abs. 2, § 286 BGB dem Arbeitnehmer den dadurch adäquat-kausal verursachten Schaden zu ersetzen. Der Schadensersatzanspruch besteht in Höhe des erloschenen (Vergütungs)Anspruchs, wenn dieser nur wegen der Versäumung der Ausschlussfrist erloschen ist und er bei gesetzmäßigem Nachweis seitens des Arbeitgebers nicht untergegangen wäre.

Weist der Arbeitgeber entgegen § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG aF eine Ausschluss-/Verfallfrist nicht nach, ist grundsätzlich zu vermuten, dass der Arbeitnehmer die Frist im Falle eines Hinweises beachtet hätte. Die Vermutung aufklärungsgemäßen Verhaltens reicht allerdings nicht so weit, dass angenommen werden kann, der Geschädigte hätte ihm nicht bekannte Ansprüche rechtzeitig vor Ablauf der Ausschluss-/Verfallfrist geltend gemacht. Ansprüche, die dem Arbeitnehmer nicht bekannt sind, hätte dieser auch in Kenntnis der Ausschluss-/Verfallfrist nicht rechtzeitig geltend machen können.
In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall streiten Arbeitnehmer und Arbeitgeber zuletzt noch über Schadensersatz für verfallene Ansprüche des Küsters auf Vergütung bzw. Entgelt nach einer höheren Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe. Der Arbeitnehmer war in der Zeit vom 10.06.1996 bis zum 5.06.2016 bei der beklagten Kirchengemeinde als Küster beschäftigt. Er ist berechtigt, die Berufsbezeichnung „Staatlich geprüfter Techniker“ zu führen. Der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien vom 24.07.1996 nahm auf die „Kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) … in ihrer jeweiligen Fassung einschließlich der Anlagen“ Bezug. Nachdem der Küster die Küsterprüfung bestanden hatte, wurde er ab Mai 1998 nach der Vergütungsgruppe K VIII Fallgruppe 3.01.2 der Anlage 1 zur KAVO für die (Erz-)Bistümer Aachen, Essen, Köln, Münster (nordrhein-westfälischer Teil) und Paderborn (KAVO aF) als „Küster mit Küsterprüfung“ vergütet. Nach zwei Jahren erfolgte eine weitere Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe K VII Fallgruppe 3.01.06. Diese Vergütungsgruppe war Mitarbeitern mit abgeschlossener Berufsausbildung vorbehalten, die der Küstertätigkeit förderlich ist. Nach weiteren vier Jahren lagen die Voraussetzungen für einen Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe K VIb vor. Die Kirchengemeinde vergütete den Küster jedoch weiterhin nach der Vergütungsgruppe K VII. as Vergütungssystem der KAVO wurde zum 1.10.2005 reformiert. Nach der neuen Fassung (KAVO nF) erfolgte die Vergütung nach Entgeltgruppen anstelle der alten Vergütungsgruppen. Der Küster wurde aus der bisherigen Vergütungsgruppe K VII in die neue Entgeltgruppe 5 übergeleitet. Wenn sein Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe K VIb nachvollzogen worden wäre, wäre er in die höhere Entgeltgruppe 6 übergeleitet worden.
ach seinem eigenen Vorbringen hatte der Küster seine fehlerhafte Eingruppierung über viele Jahre hinweg nicht bemerkt und erst im November 2015 durch einen anderen bei der Kirchengemeinde beschäftigten Küster erfahren, dass er zu niedrig eingruppiert gewesen war. Nachdem der Küster mündlich ein höheres Entgelt nach der Entgeltgruppe 6 KAVO nF gegenüber der Kirchengemeinde geltend gemacht hatte, vergütete diese den Küster rückwirkend ab dem 1.05.2015 nach der höheren Entgeltgruppe. Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.12.2015 machte der Küster rückwirkend ab dem 1.07.2002 Differenzentgeltansprüche wegen seiner fehlerhaften Eingruppierung geltend. Die Kirchengemeinde lehnte eine Nachzahlung ab und verwies auf die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 57 Abs. 1 KAVO.
Das Arbeitsgericht hat die ursprünglich auf Zahlung rückständiger Vergütung gerichtete Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat die Berufung des Küsters mit Urteil vom 10.04.20181 zurückgewiesen. Auf die Revision des Küsters hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 30.10.20192 das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil vom 04.08.2020 hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Kirchengemeinde – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen – verurteilt, an den Küster 1.594, 27 € brutto nebst Zinsen zu zahlen3. Dabei hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Küster habe für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis zum 30.04.2015 Anspruch auf Schadensersatz für die verfallenen, aber insoweit nicht verjährten Entgeltansprüche. Für den Zeitraum vor dem 1.01.2013 fehle es hingegen an einem adäquat-kausal auf die Verletzung der Nachweispflicht zurückzuführenden Schaden. Das Bundesarbeitsgericht sah dies nun ebenso und wies die Revision des Küsters, mit der dieser die Verurteilung der Kirchengemeinde begehrte, an ihn über die vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen 1.594, 27 € brutto hinaus weitere 12.698, 32 € brutto zu zahlen, als unbegründet zurück; das Landesarbeitsgericht habe im Ergebnis zu Recht angenommen, dass dem Küster wegen der verfallenen Differenzvergütungsansprüche für die Zeit vor dem 1.01.2013 kein Anspruch auf Schadensersatz zusteht:
Der Küster hat keinen Anspruch gegen die Kirchengemeinde auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 und Abs. 2, § 286 BGB wegen Verletzung der Nachweispflicht aus § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG in der bis zum 31.07.2022 geltenden Fassung (NachwG aF). Zwar hat die Kirchengemeinde gegen ihre Pflicht aus § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG aF verstoßen, die Ausschlussfrist des § 57 Abs. 1 KAVO als wesentliche Vertragsbedingung spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich nachzuweisen. Der unterbliebene Nachweis war für den Verfall der Entgeltansprüche jedoch nicht kausal.
Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Küster für die Zeit vom 01.05.2004 bis zum 30.04.2015 ursprünglich einen Anspruch auf höheres Entgelt hatte. Der Küster hätte nach Vorliegen der Voraussetzungen für einen Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe K VIb der Anlage 1 zur KAVO aF und, nach Überleitung in das neue Entgeltsystem im Jahr 2005, nach der Entgeltgruppe 6 der Anlage 1 zur KAVO nF vergütet werden müssen. Darüber streiten die Parteien in der Revision nicht mehr.
Der Anspruch auf höheres Entgelt ist mangels rechtzeitiger Geltendmachung nach § 57 Abs. 1 KAVO verfallen. Das hat das Landesarbeitsgericht unter Bezugnahme auf die in seinem Urteil vom 10.04.20181 getroffenen Feststellungen sowie unter Verweis auf die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 30.10.20192 zutreffend angenommen4.
Die Kirchengemeinde hat auch gegen ihre Verpflichtung aus dem Nachweisgesetz verstoßen, indem sie den Küster entgegen der in § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG aF getroffenen Bestimmung in keiner der ihm überlassenen Niederschriften bzw. Vertragsexemplare iSv. § 2 Abs. 1 bzw. Abs. 4 NachwG aF ausdrücklich auf die Ausschlussfrist des § 57 Abs. 1 KAVO hingewiesen hat. Die Ausschlussfrist ist eine wesentliche Vertragsbedingung iSv. § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG aF. Auch insoweit wird wegen der Begründung im Einzelnen auf die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 30.10.20195 Bezug genommen.
Der Küster hat dennoch keinen Anspruch auf Schadensersatz für die verfallenen Differenzvergütungsansprüche für die Zeit vor dem 1.01.2013, weil die Verletzung der Nachweispflicht aus § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG aF den Verfall der Entgeltansprüche nicht adäquat-kausal verursacht hat.
Kommt der Arbeitgeber mit seiner Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG aF in Verzug, ist er nach § 280 Abs. 1 und Abs. 2, § 286 BGB verpflichtet, dem Arbeitnehmer den dadurch adäquat-kausal verursachten Schaden zu ersetzen. Der Schadensersatzanspruch ist in Höhe des erloschenen Vergütungsanspruchs begründet, wenn dieser nur wegen der Versäumung der Ausschlussfrist erloschen ist und bei gesetzmäßigem Nachweis seitens des Arbeitgebers nicht untergegangen wäre6.
Bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG aF ist grundsätzlich zu vermuten, dass der Arbeitnehmer die Ausschlussfrist beachtet hätte, wenn er auf sie hingewiesen worden wäre7. Diese Auslegung des Nachweisgesetzes ist geboten, um den Zweck der bis 31.07.2022 geltenden Nachweisrichtlinie 91/533/EWG vom 14.10.1991, den Arbeitnehmer vor Unkenntnis seiner Rechte zu schützen, wirksam zur Geltung zu bringen. Der Arbeitnehmer könnte im Regelfall kaum nachweisen, dass er bei ordnungsgemäßem Verhalten des Arbeitgebers die Ausschlussfrist beachtet hätte. Dem Arbeitgeber bleibt die Möglichkeit, diese tatsächliche Vermutung zu widerlegen8.
Dabei ersetzt die Vermutung aufklärungsgemäßen Verhaltens als Beweisregel allerdings nicht den Parteivortrag. Die Tatsachen für die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden hat der Arbeitnehmer darzutun9.
Danach hat der Küster die Tatsachen für die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung der Kirchengemeinde in Form des unterlassenen Nachweises der Ausschlussfrist und dem Verfall seiner Differenzvergütungsansprüche nicht ausreichend dargelegt. Aus seinem Vortrag ergibt sich nicht, dass die Entgeltansprüche nur wegen der Versäumung der Ausschlussfrist erloschen sind und sie bei gesetzmäßigem Nachweis seitens der Kirchengemeinde nicht untergegangen wären. Vielmehr ist nach dem Vorbringen des Küsters davon auszugehen, dass die Differenzvergütungsansprüche auch untergegangen wären, wenn die Kirchengemeinde die Ausschlussfrist iSv. § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG aF ordnungsgemäß nachgewiesen hätte.
Der Küster hat zwar einerseits behauptet, dass er die Differenzvergütungsansprüche rechtzeitig geltend gemacht hätte, wenn die Kirchengemeinde die Ausschlussfrist iSv. § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG aF nachgewiesen hätte. Andererseits hat er vorgetragen, seine fehlerhafte Eingruppierung über viele Jahre hinweg nicht bemerkt und erst im November 2015 durch einen anderen bei der Kirchengemeinde beschäftigten Küster erfahren zu haben, dass er zu niedrig eingruppiert gewesen sei. Nachdem der Küster konkret vorgetragen hat, wann und unter welchen Umständen er von seiner fehlerhaften Eingruppierung erfahren habe, ist die pauschale Behauptung, dass er die Differenzentgeltansprüche rechtzeitig geltend gemacht hätte, nicht ausreichend. Wenn der Küster seine Ansprüche erst im November 2015 erkannt hat, steht das seiner Behauptung entgegen, dass er sie Jahre vorher geltend gemacht hätte, wenn ihm die Ausschlussfrist nachgewiesen worden wäre. Die Vermutung aufklärungsgemäßen Verhaltens hilft dem Küster über dieses Darlegungsdefizit nicht hinweg. Diese Vermutung reicht nicht so weit, dass unterstellt werden kann, der Geschädigte hätte ihm nicht bekannte Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht10. Einen dem Geschädigten nicht bekannten Anspruch hätte dieser auch in Kenntnis der Ausschlussfrist nicht geltend machen können.
Dass die Entgeltansprüche auch bei ordnungsgemäßem Nachweis der Ausschlussfrist verfallen wären, wird im Übrigen durch das eigene Verhalten des Küsters bestätigt. Der Küster hat die Differenzvergütungsansprüche für die Zeit vor dem 1.01.2013 auch nicht in unverjährter Zeit eingeklagt, sondern erst im Jahr 2016 klageweise geltend gemacht. Dies spricht dafür, dass er die Ansprüche auch in Kenntnis der Ausschlussfrist nicht rechtzeitig geltend gemacht hätte.
Der Annahme, dass es an einem adäquat-kausalen Zusammenhang zwischen der Verletzung der Nachweispflicht durch die Kirchengemeinde und dem Verfall der Entgeltansprüche fehlt, steht – entgegen der Rechtsauffassung des Küsters – nicht die in § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 2 ZPO getroffene Regelung entgegen. Der Bundesarbeitsgericht ist insoweit nicht durch das vorangegangene Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 30.10.20192 an dieser rechtlichen Beurteilung gehindert.
Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 2 ZPO hat das Landesarbeitsgericht die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung seines früheren Berufungsurteils durch das Bundesarbeitsgericht zugrunde gelegen hat, seiner neuen Entscheidung zugrunde zu legen. Damit soll vermieden werden, die endgültige Entscheidung dadurch zu verzögern oder sogar zu verhindern, dass die Sache mehrfach zwischen Berufungs- und Revisionsgericht wechselt, weil keines der beiden Gerichte seine Rechtsauffassung ändert11. Gelangt eine nach § 563 Abs. 1 ZPO zurückverwiesene Sache erneut vor das Revisionsgericht, so ist dieses in gleicher Weise gebunden wie nach § 563 Abs. 2 ZPO das Berufungsgericht12.
Die Bindungswirkung bei Zurückverweisungen ist auf die ratio decidendi – die tragende Begründung – des Revisionsurteils beschränkt. Das können nur Ausführungen sein, mit denen das Revisionsgericht die Rechtsauffassung der Vorinstanz verwirft13.
Danach hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 30.10.20192 keine nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 2 ZPO bindende rechtliche Beurteilung in Bezug auf das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines adäquat-kausalen Zusammenhangs zwischen der Pflichtverletzung der Kirchengemeinde und dem Schaden des Küsters vorgenommen. Das Bundesarbeitsgericht hat das Berufungsurteil vielmehr mit der Begründung aufgehoben, das Landesarbeitsgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, die Küsterprüfung sei eine der Küstertätigkeit förderliche Berufs- oder Fachausbildung iSd. Vergütungsgruppe K VIII Fallgruppe 3.01.6 der Anlage 1 zur KAVO aF. Ob der Küster neben der Küsterprüfung über eine der Küstertätigkeit förderliche abgeschlossene Berufs- oder Fachausbildung verfüge, könne das Bundesarbeitsgericht mangels Feststellungen zur Qualifikation des Küsters nicht beurteilen14. Die Begründung, mit der das Bundesarbeitsgericht das Berufungsurteil aufgehoben hat, bezog sich demnach auf den inzwischen nicht mehr streitgegenständlichen primären Entgeltanspruch. Soweit das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 30.10.201915 die Möglichkeit eines sekundären Schadensersatzanspruchs erörtert hat, handelt es sich nicht um Ausführungen, die die Aufhebung tragen und damit bindend sind iSv. § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 2 ZPO. Zur Frage eines adäquat-kausalen Zusammenhangs zwischen dem unterlassenen Nachweis der Ausschlussfrist durch die Kirchengemeinde und einem durch den Verfall der Entgeltansprüche entstandenen Schaden des Küsters enthält dieses Urteil des Bundesarbeitsgerichts keine bindende Aussage.
Der Küster hat auch keinen Schadensersatzanspruch gegen die Kirchengemeinde aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 2 NachwG aF. Bei § 2 NachwG aF handelt es sich nicht um ein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB16.
Soweit der Küster ursprünglich Ansprüche auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB iVm. § 8 TVG bzw. § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 8 TVG geltend gemacht hat, sind diese in der Revision nicht zur Entscheidung durch das Bundesarbeitsgericht angefallen. Es kann deshalb offenbleiben, ob § 8 TVG, wonach der Arbeitgeber verpflichtet ist, die im Betrieb anwendbaren Tarifverträge im Betrieb bekanntzumachen, auf kirchliche Arbeitsrechtsregelungen analog angewendet werden kann17. Ebenso kann dahinstehen, ob § 8 TVG ein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB ist oder eine bloße Ordnungsvorschrift18.
Mögliche Ansprüche auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB iVm. § 8 TVG oder § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 8 TVG bilden einen anderen Streitgegenstand als Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen Verletzung der Nachweispflicht aus § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG aF. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass einem möglichen Verstoß gegen § 8 TVG ein anderer Lebenssachverhalt zugrunde liegt als einer Verletzung der Nachweispflicht aus § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG aF. Wenn den unterschiedlichen Ansprüchen unterschiedliche Lebenssachverhalte zugrunde liegen, sind verschiedene Streitgegenstände gegeben19.
Das Arbeitsgericht sowie das Landesarbeitsgericht in seinem (ersten) Urteil vom 10.04.201820 haben Ansprüche aufgrund einer möglichen Verletzung von § 8 TVG aberkannt. Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 30.10.20192 mögliche Ansprüche wegen einer Verletzung von § 8 TVG nicht mehr geprüft, sondern diese Bestimmung lediglich im Zusammenhang mit der Prüfung der Rechtsmissbräuchlichkeit der Berufung auf die Ausschlussfrist erwähnt. Nach Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht hat dieses Schadensersatzansprüche wegen einer möglichen Verletzung von § 8 TVG in dem nunmehr angefochtenen Urteil nicht mehr geprüft. Der Küster hat sich zuletzt auch nicht mehr auf eine Verletzung von § 8 TVG berufen. Damit ist dieser Streitgegenstand in der Revisionsinstanz nicht zur Entscheidung angefallen.
Ein möglicher Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB iVm. § 108 GewO bzw. § 29 Abs. 7 KAVO ist aus diesen Gründen ebenfalls in der Revisionsinstanz nicht zur Entscheidung angefallen. Im Übrigen bezweckt § 108 GewO die Information über die erfolgte Zahlung21. Die Bestimmung dient nicht der Vorbereitung eines Zahlungsanspruchs22.
Ebenfalls in der Revisionsinstanz nicht zur Entscheidung angefallen ist ein möglicher Anspruch des Küsters auf Schadensersatz wegen unterlassener Aufklärung durch die Kirchengemeinde darüber, dass die Voraussetzungen des Bewährungsaufstiegs vorlagen. Für einen etwaigen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB wegen unterlassener Aufklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Bewährungsaufstieg fehlt es im Übrigen an einer Pflicht der Kirchengemeinde, insoweit die Vermögensinteressen des Küsters wahrzunehmen23. Anhaltspunkte dafür, dass die Kirchengemeinde dem Küster falsche oder unvollständige Angaben zu seiner Eingruppierung erteilt hat, sind nicht festgestellt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. September 2022 – 8 AZR 4/21
- LAG Düsseldorf 10.04.2018 – 3 Sa 144/17[↩][↩]
- BAG 30.10.2019 – 6 AZR 465/18, BAGE 168, 254[↩][↩][↩][↩][↩]
- LAG Düsseldorf 04.08.2020 – 3 Sa 194720[↩]
- vgl. BAG 30.10.2019 . 6 AZR 465/18, Rn. 31 bis 45, aaO[↩]
- BAG 30.10.2019 – 6 AZR 465/18, Rn. 46 ff., BAGE 168, 254[↩]
- BAG 30.10.2019 – 6 AZR 465/18, Rn. 47, BAGE 168, 254; 5.11.2003 – 5 AZR 676/02, zu III 3 a der Gründe; 17.04.2002 – 5 AZR 89/01, zu III 4 b der Gründe, BAGE 101, 75[↩]
- vgl. BAG 30.10.2019 – 6 AZR 465/18, Rn. 47, BAGE 168, 254; für einen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG aF vgl. auch: BAG 21.02.2012 – 9 AZR 486/10, Rn. 35; 17.04.2002 – 5 AZR 89/01, zu III 4 b der Gründe, BAGE 101, 75[↩]
- BAG 17.04.2002 – 5 AZR 89/01 – aaO[↩]
- BAG 20.06.2018 – 4 AZR 235/15, Rn. 23; 20.04.2011 – 5 AZR 171/10, Rn. 27, BAGE 137, 375; 5.11.2003 – 5 AZR 676/02, zu III 3 c der Gründe[↩]
- vgl. BAG 21.02.2017 – 3 AZR 542/15, Rn. 45; 21.02.2012 – 9 AZR 486/10, Rn. 36[↩]
- BAG 8.02.2022 – 1 AZR 233/21, Rn. 21; GmS-OGB 6.02.1973 – GmS-OGB 1/72, zu 4 der Gründe, BGHZ 60, 392[↩]
- vgl. GmS-OGB 6.02.1973 – GmS-OGB 1/72 – aaO; BGH 12.02.2009 – IX ZB 215/08, Rn. 9; Musielak/Voit/Ball ZPO 19. Aufl. § 563 Rn. 14[↩]
- BAG 11.10.2016 – 1 AZR 679/14, Rn. 15; 23.02.2016 – 3 AZR 960/13, Rn.20, BAGE 154, 144[↩]
- BAG 30.10.2019 – 6 AZR 465/18, Rn. 26 f., aaO[↩]
- BAG 30.10.2019 – 6 AZR 465/18 – aaO[↩]
- BAG 24.05.2017 – 5 AZR 251/16, Rn. 69; 17.04.2002 – 5 AZR 89/01, zu III 5 der Gründe, BAGE 101, 75[↩]
- offenlassend BAG 30.10.2019 – 6 AZR 465/18, Rn. 41, BAGE 168, 254[↩]
- offenlassend BAG 21.02.2007 – 4 AZR 258/06, Rn.20[↩]
- vgl. etwa BAG 20.07.2022 – 10 AZR 220/20, Rn. 12; 25.03.2021 – 8 AZR 120/20, Rn. 45[↩]
- 3 Sa 144/17[↩]
- BAG 7.09.2021 – 9 AZR 3/21 (A), Rn. 39; 16.12.2015 – 5 AZR 567/14, Rn. 35 f., BAGE 154, 8[↩]
- BAG 7.09.2009 – 3 AZB 19/09, Rn. 17; 10.01.2007 – 5 AZR 665/06, Rn. 18, BAGE 120, 373[↩]
- vgl. BAG 15.12.2016 – 6 AZR 578/15, Rn.20; 21.05.2015 – 6 AZR 349/14, Rn. 26[↩]
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