Mit der Verwirkung als Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) wird eine illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen.

Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment).
Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, er wolle sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment)1. Hierbei muss das Vertrauen des Verpflichteten, nicht in Anspruch genommen zu werden, das Interesse des Berechtigten an Anspruchserfüllung derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.
Ob und unter welchen Umständen die Geltendmachung eines bestimmten Inhalts eines Arbeitsverhältnisses als solche überhaupt der Verwirkung unterliegen kann – was wegen der rechtsgeschäftlichen Möglichkeit einer auch konkludenten Änderung des Vertragsinhalts fraglich erscheint, konnte das Bundesarbeitsgericht im hier entschiedenen Fall jedoch dahinstehen lann. Die Arbeitgeberin hatte lediglich auf den verstrichenen Zeitraum – sieben Jahre zwischen dem Inkrafttreten des TVöD und einer Geltendmachung der Arbeitnehmerin – verwiesen. Ob damit das erforderliche Zeitmoment für eine Verwirkung schon erfüllt ist, kann gleichfalls offenbleiben. Der bloße Zeitablauf allein führt nicht zu einer Verwirkung. Für das Vorliegen des notwendigen Umstandsmoments hat die Arbeitgeberin über den bloßen Zeitablauf hinaus nichts vorgetragen. Entsprechende Umstände sind auch nicht ersichtlich.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. August 2017 – 4 AZR 95/14
- st. Rspr., sh. nur BAG 7.11.2001 – 4 AZR 724/00, zu I 3 a der Gründe, BAGE 99, 295[↩]