Die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit bedarf einer entsprechenden Willenserklärung des Arbeitgebers oder eines für den Arbeitgeber Vertretungsbefugten. An die Kenntnis des Arbeitnehmers über die bestehenden Zuständigkeitsregeln dürfen jedoch keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Im Zweifel muss sich der Beschäftigte darauf verlassen können, dass die Übertragung von einem dazu Befugten vorgenommen wurde.

Die Übertragung durch einen objektiv unzuständigen unmittelbaren Vorgesetzten kann sich unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes als wirksam darstellen, wenn sich aus dem Sachverhalt ergibt, dass der Arbeitnehmer die übertragende Stelle für eine dazu befugte Stelle gehalten hat. Einem Arbeitnehmer ist nicht in jedem Fall zuzumuten, jeweils bei der Anordnung von Arbeitsaufgaben zu prüfen, ob sich sein Dienstvorgesetzter im Rahmen seiner internen Zuständigkeit gehalten hat, insbesondere wenn dies von einer richtigen Beurteilung abhängig ist, wie die Aufgaben tarifgerecht zu bewerten sind.
Bei der Prüfung des Vorliegens einer Übertragung und der Wirksamkeit derselben ist entscheidend, von welchem ausdrücklich oder stillschweigend zum Ausdruck gebrachten Willen des Arbeitgebers der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Übertragung ausgehen konnte. Es kommt nicht auf eine rückschauende Betrachtung mit aktueller Kenntnislage an.
Die Übertragung kann auch durch konkludentes Verhalten erfolgen.
Hat die (in jedem Fall zuständige) zentrale Personalabteilung einer großen bundesweit tätigen Körperschaft öffentlichen Rechts eine Arbeitnehmerin in die Position einer ersten Sachbearbeiterin eingewiesen, welche auch die Stellvertretung der Teamleiterin umfasst, und ordnet die zentrale Personalabteilung – die die alleinige Zuständigkeit für die Änderung von Aufgabenübertragungen für sich in Anspruch nimmt – sodann die Teamleiterin für mehrere Monate ab, ohne eine Nachfolge oder aber die Umverteilung der Aufgaben zu regeln, so kann sich daraus im Einzelfall die konkludente vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit an deren Stellvertreterin ergeben.
Ein etwaiger Fehler des Arbeitgebers bei der Personalratsbeteiligung wirkt sich auf den Zulagenanspruch des Arbeitnehmers nicht aus.
Im Bereich des TV DRV-Bund wirkt sich die vorübergehende Ausübung höherwertiger Tätigkeiten uf die maßgebliche Eingruppierung nicht aus, da sich die Eingruppierung nach der nicht nur vorübergehend ausgeübten Tätigkeit bemisst. Der § 14 TV DRV-Bund enthält deshalb eine spezielle Regelung der Vergütung für die vorübergehende Verrichtung höherwertiger Dienste außerhalb des eigentlichen Rahmens des Arbeitvertrages auf Veranlassung des Arbeitgebers. Bei einem Fehlen vorgenannter Norm hätte ein Anspruch aus § 612 BGB in entsprechender Anwendung hätte geprüft werden müssen1.
Im vorliegend entschiedenen Fall hat die Arbeitnehmerin entsprechend § 14 Abs. 1 TV DRV-Bund nur „vorübergehend“ vom 26.11.2012 bis 30.06.2013 – und damit aber auch „mindestens einen Monat“ – in tatsächlicher Hinsicht eine Tätigkeit „ausgeübt“, die den „Tätigkeitsmerkmalen einer höheren als ihrer Eingruppierung entspricht“. Die Arbeitnehmerin ist die Entgeltgruppe E 9 eingruppiert. Die vorübergehend ausgeübte Tätigkeit einer Teamleiterin erfüllt unstreitig die Merkmale der Entgeltgruppe E 11. Der Arbeitnehmerin wurde die vorübergehend höherwertige Tätigkeit schließlich auch im tariflichen Sinne „übertragen“:
Im Rahmen der Prüfung und Auslegung der Voraussetzungen des § 14 TV DRV-Bund kann auf die vorhandene Rechtsprechung und Literatur zu § 14 TVöD und auch des § 24 BAT zurückgegriffen werden. Die beiden letztgenannten Normen regeln gleichlautend wie § 14 TV DRV-Bund ebenfalls die Zahlung einer Zulage für die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit. Selbst für Zweifelsfragen bei der Auslegung des § 14 TVöD ist anerkannt, dass hier auf die Erkenntnisse zur Vorgängernorm § 24 BAT uneingeschränkt zurückgegriffen werden kann2.
Zunächst besteht Einigkeit, dass der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts vorübergehend höherwertigere Tätigkeiten übertragen kann, als dies im Arbeitsvertrag vereinbart ist3. § 14 TV DRV-Bund setzt das insoweit tariflich erweiterte Direktionsrecht ungeschrieben voraus4. Denn grundsätzlich darf der Arbeitgeber einseitig kraft Direktionsrechts alle aber auch nur solche Tätigkeiten zuweisen, die den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppe entsprechen, in die der Arbeitnehmer rechtsgültig eingruppiert ist. Auch die DRV-Bund spricht schriftsätzlich von einer Ausübung des Direktionsrechts im Fall es § 14 TV DRV-Bund.
Die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit bedarf einer entsprechenden Willenserklärung des Arbeitgebers oder eines für den Arbeitgeber Vertretungsbefugten. An die Kenntnis des Arbeitnehmers über die bestehenden Zuständigkeitsregeln dürfen jedoch keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Im Zweifel muss sich der Beschäftigte darauf verlassen können, dass die Übertragung von einem dazu Befugten vorgenommen wurde5. Es wird somit an dieser Stelle schon deutlich, dass sich die Frage der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit zwar an der Vertretungsbefugnis des Übertragenden für den Arbeitgeber ausrichtet, allerdings nicht abschließend allein auf das tatsächliche objektive Vorhandensein der Vertretungsbefugnis abzustellen ist. Vielmehr sind in diesem Zusammenhang auch Vertrauensgesichtspunkte aus Sicht des Arbeitnehmers als Empfänger der zur Übertragung führenden Willenserklärung zu berücksichtigen.
Da keine bestimmte Übertragungsform vorgeschrieben ist, kann die Übertragung nach ständiger Rechtsprechung des BAG ausdrücklich oder auch konkludent im Rahmen des Direktionsrechts erfolgen. Für den Arbeitnehmer muss bei der Übertragung deutlich werden, dass nur eine vorübergehende Übertragung erfolgen soll6. Es ist somit eine Übertragung durch das zuständige Organ des Arbeitgebers erforderlich. Tatsächliche Dispositionen eines nicht zuständigen Vorgesetzten reichen grundsätzlich nicht aus.
Soweit im Kommentar Breier, Dassau, TVöD, 46. Akt., § 14 Rn. 36 im Weiteren allgemein davon gesprochen wird, dass eine „ausdrückliche Anordnung“ des zuständigen Organs notwendig sei, (und bei einem Vergleich der Kommentarausführungen mit der Argumentationsfolge der DRV-Bund wohl auch diese u. a. auf Breier, Dassau, TVöD, 46. Akt., § 14 Rn. 36 zurückgegriffen hat, ) ist schon jetzt darauf hinzuweisen, dass die Ausführungen im Kommentar an dieser Stelle zu eng sind. Zum einen ist es ein Widerspruch, eine ausdrückliche Anordnung zu fordern und 2 Sätze zuvor von einer ausdrücklichen Erklärung oder aber alternativ von konkludentem Verhalten zu sprechen. Zum weiteren bezieht sich das im vorgenannten Kommentar genannte Erfordernis einer ausdrücklichen Anordnung (welchem die DRV-Bund folgt) auf die dort genannte Entscheidung des BAG vom 25.02.87, 4 AZR 217/86. Der Fall des BAG betraf die Übertragung der Vertretung eines leitenden Arztes. In dem Fall sah jedoch der Tarifvertrag selbst in seinem Wortlaut bereits eingruppierungsrechtlich für eine bestimmte Vergütungsgruppe vor, dass die Position des ständigen Vertreters des leitenden Arztes durch „ausdrückliche Anordnung“ übertragen werden muss. Nur bei ausdrücklicher Anordnung waren somit überhaupt die Tätigkeitsmerkmale der höheren Vergütungsgruppe erfüllt. Somit hat das BAG nicht, wie der Kommentar an genannter Stelle vermitteln möchte, das unbedingte Erfordernis der ausdrücklichen Anordnung für die Übertragung im Rahmen der Zulagennorm aufgestellt. Das BAG hat allein eine eindeutige Tarifnorm angewandt. Dieser fehlerhafte Kommentarinhalt ist offenbar allein durch den vorschnellen Blick auf den Leitsatz zu 2. des BAG, Urteils entstanden. Denn wie bereits im vorhergehenden Absatz dieses Urteils dargestellt, vertritt das BAG genau in diesem Urteil die Ansicht, dass auch konkludentes Verhalten für die „Übertragung“ ausreichend ist.
Wichtig ist weiterhin, dass es bei der Prüfung des § 14 TV DRV-Bund nicht auf eine rückschauende Betrachtung ankommt. Es ist vielmehr darauf abzustellen, von welchem ausdrücklich oder stillschweigend zum Ausdruck gebrachten Willen des Arbeitgebers der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Übertragung ausgehen konnte7. Dies ist auch nur nachvollziehbar, da die Zulage im Kern durch das Übertragen ausgelöst wird und dieses Übertragen bereits zu Beginn der höheren Tätigkeit stattfindet. Zudem muss der Arbeitnehmer schon zum Zeitpunkt der Übertragung prüfen können, ob die Anordnung in Einklang mit dem Arbeitsvertrag zu bringen ist und welche Folgen das für ihn haben wird. Auch darf der Arbeitgeber den schon einmal entstandenen Anspruch nachträglich nach tatsächlicher Ausübung der höherwertigen Tätigkeit nicht mehr vernichten dürfen.
Ein etwaiger Fehler des Arbeitgebers bei der Personalratsbeteiligung wirkt sich auf den Zulagenanspruch des Arbeitnehmers nicht aus8.
Landesarbeitsgericht Mecklenburg -Vorpommern, Urteil vom 15. Januar 2015 – 5 Sa 75/14
- Breier, Dassau, TVöD, 46. Akt., § 14 Rn. 35; Sponer/Steinherr, TVöD, § 14, Rz. 69[↩]
- BAG, 04.07.2012, 4 AZR 759/10; Breier, Dassau, TVöD, 46. Akt., § 14 Rn. 6[↩]
- Breier, Dassau, TVöD, 46. Akt., § 14 Rn. 6; Sponer/Steinherr, TVöD, § 14, Rz. 8[↩]
- BAG, 17.01.2006, 9 AZR 226/05, Rz. 34[↩]
- Sponer/Steinherr, TVöD, § 14, Rz. 75; Böhm/Spiertz, BAT, 389. Akt., § 24 Rn. 21[↩]
- vgl. hierzu BAG vom 25.02.87, 4 AZR 217/86, Rz. 13; Breier, Dassau, TVöD, 46. Akt., § 14 Rn. 36; Sponer/Steinherr, TVöD, § 14, Rz. 71[↩]
- BAG, 10.02.1988, 4 AZR 585/87; Breier, Dassau, TVöD, 46. Akt., § 14 Rn. 37; Sponer/Steinherr, TVöD, § 14, Rz. 74[↩]
- BAG, 16.01.1991, 4 AZR 301/90; BAG 10.03.1982, 4 AZR 541/79; Breier, Dassau, TVöD, 46. Akt., § 14 Rn. 68[↩]