Vorübergehender Bedarf – und die Befristung des Arbeitsverhältnisses

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht.

Vorübergehender Bedarf – und die Befristung des Arbeitsverhältnisses

Ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf kann sowohl durch einen vorübergehenden Anstieg des Arbeitsvolumens im Bereich der Daueraufgaben des Arbeitgebers entstehen als auch durch die Übernahme eines Projekts oder einer Zusatzaufgabe, für deren Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreicht1, oder daraus, dass sich der Arbeitskräftebedarf künftig verringern wird, etwa wegen der Inbetriebnahme einer neuen technischen Anlage2. Die Befristung eines Arbeitsvertrags kann nicht auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gestützt werden, wenn der vom Arbeitgeber zur Begründung angeführte Bedarf an der Arbeitsleistung tatsächlich nicht nur vorübergehend, sondern objektiv dauerhaft besteht. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut der Vorschrift, sondern auch aus den unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999 und der inkorporierten EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18.03.1999, deren Umsetzung die befristungsrechtlichen Vorschriften des TzBfG dienen. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung steht der Anwendung einer Regelung nationalen Rechts, die den Abschluss aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs gestattet, entgegen, wenn der Bedarf nicht nur zeitweilig, sondern ständig und auf Dauer besteht3.

Eine Befristung wegen eines nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers in dem Betrieb kein dauerhafter Bedarf mehr besteht4. Hierüber hat der Arbeitgeber bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags eine Prognose zu erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen. Die Prognose ist Teil des Sachgrunds für die Befristung5. Die tatsächlichen Grundlagen für die Prognose über den nur vorübergehend bestehenden Arbeitskräftebedarf hat der Arbeitgeber im Prozess darzulegen6. Wird die Befristung auf einen zusätzlichen Arbeitskräftebedarf im Bereich der Daueraufgaben gestützt, hat der Arbeitgeber darzutun, aufgrund welcher Umstände bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags davon auszugehen war, dass künftig nach Ablauf der mit dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer vereinbarten Vertragslaufzeit das zu erwartende Arbeitspensum mit dem vorhandenen Stammpersonal würde erledigt werden können7. Ein die Befristung rechtfertigender vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung liegt nicht vor, wenn dem Arbeitnehmer Daueraufgaben übertragen werden, die von dem beschäftigten Stammpersonal wegen einer von vornherein unzureichenden Personalausstattung nicht erledigt werden können8.

Der Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG steht es nicht entgegen, wenn der prognostizierte vorübergehende Bedarf an der Arbeitsleistung noch über das Vertragsende des mit dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer abgeschlossenen Arbeitsvertrags hinaus andauert. Die vom Arbeitgeber zu erstellende Prognose muss sich lediglich darauf erstrecken, dass der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung des befristet beschäftigten Arbeitnehmers nur zeitweise und nicht dauerhaft eröffnet ist9. Bei der Befristungskontrolle geht es nicht um die Zulässigkeit der vereinbarten Vertragsdauer, sondern um das Vorliegen eines sachlichen Grunds dafür, dass statt eines unbefristeten nur ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde10. Die vereinbarte Vertragsdauer erlangt nur Bedeutung im Rahmen der Prüfung, ob ein sachlicher Grund für die Befristung iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG vorliegt. Die Vertragsdauer muss sich am Sachgrund der Befristung orientieren und so mit ihm im Einklang stehen, dass sie den behaupteten Sachgrund nicht in Frage stellt. Aus der Vertragslaufzeit darf sich nicht ergeben, dass der Sachgrund tatsächlich nicht besteht oder nur vorgeschoben ist. Das bloße Zurückbleiben der vereinbarten Vertragsdauer hinter der bei Vertragsschluss voraussehbaren Dauer des vorübergehenden Bedarfs ist daher nicht stets und ohne weiteres geeignet, den Sachgrund für die Befristung in Frage zu stellen. Der Arbeitgeber kann bei Befristungen, die auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gestützt sind, frei darüber entscheiden, ob er den Zeitraum des von ihm prognostizierten zusätzlichen Arbeitskräftebedarfs ganz oder nur teilweise durch den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen abdeckt. Ein Zurückbleiben der Vertragslaufzeit hinter der voraussichtlichen Dauer des Bedarfs kann das Vorliegen des Sachgrunds für die Befristung nur in Frage stellen, wenn eine sinnvolle, dem Sachgrund entsprechende Mitarbeit des Arbeitnehmers nicht mehr möglich erscheint11.

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Die Wirksamkeit einer Befristung wegen eines vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG setzt des Weiteren voraus, dass der Arbeitnehmer gerade zur Deckung dieses Mehrbedarfs eingestellt wird. Dies erfordert nicht, dass der befristet beschäftigte Arbeitnehmer in dem Bereich eingesetzt wird, in dem der Mehrbedarf entstanden ist. Es genügt vielmehr, wenn zwischen dem zeitweilig erhöhten Arbeitsanfall und der befristeten Einstellung ein vom Arbeitgeber darzulegender ursächlicher Zusammenhang besteht. Der Arbeitgeber ist nicht gehindert, die vorhandene Arbeitsmenge zu verteilen, seine Arbeitsorganisation zu ändern oder die zusätzlichen Arbeiten anderen Arbeitnehmern zuzuweisen12. Er darf einen zeitweiligen Mehrbedarf an Arbeitskräften jedoch nicht zum Anlass nehmen, beliebig viele Arbeitnehmer einzustellen. Vielmehr muss sich die Zahl der befristet eingestellten Arbeitnehmer im Rahmen des prognostizierten Mehrbedarfs halten und darf diesen nicht überschreiten13.

Das Hessische Landesarbeitsgericht hat im vorliegenden Fall einen vorübergehenden Bedarf an der Arbeitsleistung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG mit der Begründung verneint, der Vortrag der Arbeitgeberin lasse keinen Rückschluss darauf zu, wie viele Vollzeitarbeitskräfte sie zur Bewältigung der üblicherweise anfallenden Arbeitsmenge benötige, die für das Saisongeschäft aufgestockt werden müssten14. Ihr Vortrag beschränke sich im Kern darauf, eine Verringerung des Bedarfs um 157 Vollzeitarbeitskräfte (1.685 zu 1.527) von März zu April 2013 prognostiziert zu haben. Es genüge nicht, Schwankungen der Arbeitsmenge vorzutragen, ohne diese in Relation zum Personalbedarf zu setzen, der für die Daueraufgaben erforderlich sei. Es sei nicht erkennbar, ob die Arbeitgeberin für Ende April 2013 von einem „Normalzustand“ oder nur von einem geringeren zusätzlichen, aber immer noch erhöhten Bedarf an Arbeitnehmern ausgegangen sei. So sei es nicht möglich zu überprüfen, ob die Befristung auf die Verringerung eines Zusatzbedarfs für die Zeit von Januar bis März 2013 zurückzuführen sei, da nicht auszuschließen sei, dass der erwartete Wegfall von 158 Vollzeitarbeitsplätzen schon durch die Befristung von Arbeitsverhältnissen anderer Arbeitnehmer abgedeckt gewesen sei. Zur Überprüfung des Sachgrunds des vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung habe der Arbeitgeber die Anzahl der Arbeitskräfte für den prognostizierten Dauerbedarf anzugeben und die Zahl der Arbeitskräfte sowie die Dauer ihrer Beschäftigung für die Erledigung des vorübergehenden Bedarfs. Zusätzlich sei im konkreten Fall zu fordern, dass die für die Erledigung des zusätzlichen Bedarfs eingestellten Arbeitnehmer namentlich benannt werden, weil nur dann die Möglichkeit bestehe zu überprüfen, ob nicht mehr Arbeitnehmer als erforderlich befristet beschäftigt worden seien.

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Diese Ausführungen sind für das Bundesarbeitsgericht nicht frei von Rechtsfehlern:

Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Arbeitnehmerin im Rahmen des befristeten Arbeitsverhältnisses mit Daueraufgaben der Arbeitgeberin beschäftigt war. Die Arbeitnehmerin wurde nach § 1 Abs. 1 des Arbeitsvertrags als Versandmitarbeiterin eingestellt und sie wurde in der Wareneinlagerung eingesetzt. Bei diesen Tätigkeiten handelt es sich nicht um nur vorübergehend bestehende und gegenüber den Daueraufgaben der Arbeitgeberin abgrenzbare Zusatzaufgaben. Die Wareneinlagerung stellt vielmehr eine Aufgabe dar, die die Arbeitgeberin im Rahmen des von ihr verfolgten Betriebszwecks ständig wahrnimmt. Dem steht nicht entgegen, dass die Arbeitnehmerin mit dem auslaufenden Weihnachts- und dem beginnenden Ostergeschäft sowie im Zusammenhang mit der Einlieferung der Frühjahrs- und Sommermode beschäftigt wurde. Das Weihnachts- und Ostergeschäft mag zu einem erhöhten Arbeitsanfall im Bereich der Wareneinlagerung geführt haben. Dadurch ist diese Wareneinlagerung jedoch nicht zu einer von den Daueraufgaben abgrenzbaren Zusatzaufgabe geworden. Vielmehr handelt es sich um einen vorübergehenden Anstieg der Arbeitsmenge im Bereich der Daueraufgabe „Wareneinlagerung“. Die Arbeitgeberin kann einen Sachgrund für die Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG nicht dadurch herbeiführen, dass sie im Wesentlichen unveränderte Daueraufgaben in organisatorisch eigenständige „Projekte“ oder Zusatzaufgaben aufteilt15.

Das Landesarbeitsgericht hat jedoch das Vorbringen der Arbeitgeberin nicht hinreichend gewürdigt, soweit es angenommen hat, der Vortrag der Arbeitgeberin beschränke sich im Kern darauf, eine Verringerung des Bedarfs um 157 bzw. 158 Vollzeitarbeitskräfte von März zu April 2013 prognostiziert zu haben, es genüge nicht, Schwankungen des Bedarfs vorzutragen, ohne diesen in Relation zum Personalbedarf zu setzen, der für die Daueraufgaben erforderlich sei. Dabei hat das Landesarbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass die Arbeitgeberin angegeben hat, ihr Personalbedarf für die Daueraufgaben betrage ohne vorübergehende saisonale Anstiege der Arbeitsmenge ca.01.300 Arbeitskräfte. Damit hat die Arbeitgeberin – anders als vom Landesarbeitsgericht angenommen – den prognostizierten erhöhten Personalbedarf in ein Verhältnis zum Dauerbedarf an Arbeitskräften gesetzt. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts beschränkt sich der Vortrag der Arbeitgeberin auch nicht auf die Angabe, sie habe eine Verringerung des Bedarfs um 157 bzw. 158 Vollzeitarbeitskräfte von März zu April 2013 prognostiziert. Die Arbeitgeberin hat vielmehr die Prognose einer weiteren Verringerung des Personalbedarfs in den Folgemonaten dargelegt. Nach ihren Angaben erwartete die Arbeitgeberin für den Monat Juni 2013 einen unter dem angegebenen Dauerbedarf liegenden Personalbedarf von 1.226 Vollzeitarbeitskräften. Die Revision weist insoweit zutreffend darauf hin, dass es für die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2013 nicht darauf ankommt, ob zum Zeitpunkt der Befristungsvereinbarung die Prognose gerechtfertigt war, dass der personelle Mehrbedarf bereits Ende März 2013 nicht mehr vorhanden sein und der Arbeitskräftebedarf zu diesem Zeitpunkt wieder auf den von der Arbeitgeberin angeführten „Normalzustand“ zurückgeführt werden würde. Denn die mit der Arbeitnehmerin vereinbarte Vertragslaufzeit musste nicht mit der prognostizierten Dauer des vorübergehenden Mehrbedarfs übereinstimmen, sondern konnte kürzer bemessen sein. Allein die zum 31.03.2013 endende Vertragslaufzeit lässt nicht darauf schließen, dass der Sachgrund tatsächlich nicht besteht oder nur vorgeschoben ist.

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Nicht frei von Rechtsfehlern ist auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Vorbringen der Arbeitgeberin lasse nicht erkennen, ob sie für Ende April 2013 (gemeint ist wohl Ende März 2013) von einem „Normalzustand“ oder von einem immer noch erhöhten Bedarf an Arbeitskräften, wenn auch in geringerem Umfang, ausgegangen sei. Auch in diesem Zusammenhang hat das Landesarbeitsgericht das Vorbringen der Arbeitgeberin nicht zutreffend gewürdigt. Die Arbeitgeberin hat vorgetragen, sie habe für März 2013 ca.05.821.702 zu bearbeitende Wareneinheiten und einen Bedarf von ca.01.685 Vollzeitarbeitskräften und für April 2013 ca.05.186.608 zu bearbeitende Artikel und einen Bedarf von ca.01.527 Vollzeitarbeitskräften prognostiziert. Bei Berücksichtigung des von der Arbeitgeberin angegebenen regelmäßigen Bedarfs von ca.01.300 Arbeitskräften ist damit aus ihrem Vorbringen zu erkennen, dass sie für April 2013 einen im Verhältnis zu März 2013 verringerten Personalbedarf erwartete, der zu diesem Zeitpunkt aber noch über dem regelmäßigen Dauerbedarf lag.

Schließlich hat das Landesarbeitsgericht die Anforderungen an die Darlegungslast der Arbeitgeberin überspannt, indem es zur Überprüfung der Ursächlichkeit des vorübergehenden Mehrbedarfs für die befristete Einstellung der Arbeitnehmerin die namentliche Benennung der für die Erledigung des zusätzlichen Bedarfs befristet eingestellten Arbeitnehmer verlangt hat. Die Zahl der befristet eingestellten Arbeitnehmer muss sich zwar im Rahmen des prognostizierten Mehrbedarfs halten und darf diesen nicht überschreiten, so dass der Arbeitgeber einen zeitweiligen Mehrbedarf an Arbeitskräften nicht zum Anlass nehmen darf, beliebig viele Arbeitnehmer einzustellen. Um dies überprüfen zu können, ist jedoch entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht die namentliche Benennung der zur Deckung des Mehrbedarfs befristet eingestellten Arbeitnehmer erforderlich. Vielmehr sind auch zahlenmäßig konkretisierte Angaben des Arbeitgebers zu den befristet eingestellten Arbeitnehmern, die zudem durch Vorlage weiterer Unterlagen nachvollziehbar untermauert werden können, im Bestreitensfall einer Tatsachenfeststellung und Würdigung nach § 286 ZPO zugänglich.

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Die Rechtsfehler führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur weiteren Sachaufklärung. Das Bundesarbeitsgericht kann nicht abschließend entscheiden, ob die in der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 31.12 2012 vereinbarte Befristung zum 31.03.2013 nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt ist. Das Landesarbeitsgericht hat bislang keine Feststellungen zu dem von der Arbeitgeberin behaupteten vorübergehenden Bedarf an der Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin getroffen. Das Landesarbeitsgericht wird aufgrund der neuen Verhandlung – ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien – erneut zu würdigen haben, ob die Arbeitgeberin einen nur vorübergehenden Bedarf an der Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin hinreichend dargelegt hat. Ggf. wird Beweis zu erheben sein. Dabei wird das Landesarbeitsgericht Folgendes zu beachten haben:

Die bisherigen Angaben der Arbeitgeberin zu den Grundlagen ihrer Prognose über den behaupteten vorübergehenden Arbeitskräftebedarf sind nicht in allen Punkten plausibel. Die Arbeitgeberin hat angegeben, sie habe unter Berücksichtigung der Erfahrungen der Vorjahre und artikelspezifischer Besonderheiten die zu erwartenden umzusetzenden Wareneinheiten prognostiziert und daraus ihren Personalbedarf errechnet. Dazu hat die Arbeitgeberin konkrete Zahlenangaben für den Zeitraum von Oktober 2012 bis Juni 2013 gemacht. Die Arbeitnehmerin wendet insoweit zu Recht ein, dass die Berechnungen der Arbeitgeberin teilweise widersprüchlich sind. Die Arbeitgeberin errechnet zwar zunächst nachvollziehbar auf Basis der prognostizierten umzusetzenden Wareneinheiten einen sich daraus ergebenden Arbeitsstundenbedarf für die einzelnen Monate, aus dem sich – auf der Grundlage der durchschnittlichen monatlichen Arbeitszeit und einer zugrunde zu legenden Abwesenheitsquote – ein Bedarf an Vollzeitarbeitskräften ergibt. Die Arbeitgeberin hat ihrer Bedarfsberechnung allerdings für die Monate vor der letzten Befristungsvereinbarung im 4. Quartal 2012 eine geringere Anzahl von Wareneinheiten zugrunde gelegt, die innerhalb einer Arbeitsstunde erledigt werden, als für den nachfolgenden Zeitraum. So hat sie angegeben, im Monat Oktober 2012 seien bei 4.990.766 zu bearbeitenden Wareneinheiten 239.382 Arbeitsstunden angefallen. Daraus ergibt sich ein Wert von ca.20, 85 Wareneinheiten pro Arbeitsstunde. Für die Monate November 2012 (269.881 Arbeitsstunden bei 4.927.520 Wareneinheiten) und Dezember 2012 (315.162 Arbeitsstunden bei 5.945.609 Wareneinheiten) errechnet sich auf der Grundlage der Zahlenangaben der Arbeitgeberin ein Wert von ca. 18, 26 bzw. 18, 87 Wareneinheiten pro Arbeitsstunde. Für die Monate Januar 2013 bis Juni 2013 hingegen ergibt sich aus den Angaben der Arbeitgeberin ein deutlich höherer Wert der zu bearbeitenden Wareneinheiten pro Arbeitsstunde. So hat die Arbeitgeberin für den Monat Januar 2013 den prognostizierten Umsatz an zu bearbeitenden Wareneinheiten mit 5.824.063 und die benötigten Arbeitsstunden mit 240.734 angegeben. Das ergibt für Januar 2013 einen Wert von ca. 24, 19 Wareneinheiten pro Arbeitsstunde. Für die Folgemonate errechnen sich noch höhere Werte (Februar 2013: 5.327.795 Wareneinheiten bei 217.303 Arbeitsstunden = 24, 52; März 2013: 5.821.702 Wareneinheiten bei 228.960 Arbeitsstunden = 25, 43; April 2013: 5.186.608 Wareneinheiten bei 207.513 Arbeitsstunden = 24, 99; Mai 2013: 4.343.640 Wareneinheiten bei 176.730 Arbeitsstunden = 24, 58; Juni 2013: 4.357.251 Wareneinheiten bei 166.537 Arbeitsstunden = 26, 16). Auf der Grundlage der Werte, die die Arbeitgeberin ihrer Bedarfsermittlung für das 4. Quartal 2012 zugrunde gelegt hat, ergäbe sich für den Zeitraum nach dem mit der Arbeitnehmerin vereinbarten Vertragsende ein höherer Arbeitskräftebedarf. Das könnte das Vorliegen des Sachgrunds nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG deshalb in Frage stellen, weil der prognostizierte Arbeitskräftebedarf nach Ablauf der Befristung uU nicht wieder auf den von der Arbeitgeberin angegebenen Sockelbedarf von 1.300 Vollzeitkräften zurückfiele und damit ein dauerhafter Mehrbedarf zu erwarten gewesen sein könnte. Die für das Vorliegen der Voraussetzungen eines vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin darlegungsbelastete Arbeitgeberin wird daher zu erläutern haben, aus welchem Grund sie eine unterschiedliche Anzahl von Wareneinheiten pro Arbeitsstunde für die einzelnen Monate zugrunde gelegt hat. Die Arbeitgeberin hat bislang lediglich pauschal ausgeführt, sie könne aufgrund der Unterschiedlichkeit der zu prozessierenden Artikel nicht die gleiche Anzahl an Wareneinheiten veranschlagen, die innerhalb einer Arbeitsstunde bearbeitet werden könnten. Die Erstellung der Prognose zum künftigen Arbeitsaufkommen sei ein wissenschaftlich fundiertes hochkomplexes Rechenwerk, das auch Faktoren wie Wetter, Wohnort der Kunden, eventuelle Bestellungen in der Vergangenheit, Wachstumsraten etc. mit einbeziehe. Diese bislang pauschalen Angaben wird die Arbeitgeberin zu konkretisieren haben. Hiervon ist sie entgegen ihrer Auffassung weder deshalb entbunden, weil es sich bei ihr um ein Großunternehmen handelt, noch weil der Bedarfsberechnung ein komplexes Rechenwerk zugrunde liegt. Der Sachgrund des vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung erfordert die nachvollziehbare Darlegung der tatsächlichen Grundlagen für die Prognose über den nur vorübergehend bestehenden Arbeitskräftebedarf16. Sofern das Gericht aufgrund der Komplexität des darzulegenden Rechenwerks nicht in der Lage sein sollte, die Personalbedarfsberechnung selbst zu beurteilen, könnte dazu ggf. ein Sachverständigengutachten eingeholt werden.

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Auch soweit die Arbeitgeberin behauptet, die tatsächliche Entwicklung habe die von ihr getroffene Bedarfsprognose weitestgehend bestätigt, ist ihr Vorbringen bislang nicht vollständig nachvollziehbar. So hat die Arbeitgeberin für April 2013 den „Mitarbeiterbedarf – Ist“ angegeben mit 1.484 Vollzeitkräften, für Mai 2013 mit 1.267 Vollzeitkräften und für Juni 2013 mit 1.261 Vollzeitkräften. Mit diesen Angaben ist nicht vereinbar, dass die Arbeitgeberin einerseits ihren Stammbedarf mit 1.300 Arbeitnehmern bzw. durchschnittlich mit ca.01.400 Arbeitnehmern angegeben und gleichzeitig vorgetragen hat, von insgesamt 375 Mitarbeitern, deren Arbeitsverhältnisse zum 31.03.2013 ausliefen, seien 155 befristet bis zum 10.05.2014 und 137 unbefristet weiterbeschäftigt worden.

Schließlich lässt sich dem Vorbringen der Arbeitgeberin bislang nicht hinreichend entnehmen, dass die Zahl der befristet eingestellten Arbeitnehmer den prognostizierten Mehrbedarf nicht überschreitet. Deshalb kann nach dem bisherigen Vortrag nicht beurteilt werden, ob die Arbeitnehmerin gerade zur Deckung des vorübergehenden Mehrbedarfs eingestellt wurde. Aus den Angaben des Arbeitgebers muss sich ergeben, wie viele Arbeitnehmer zur Bewältigung des vorübergehenden Mehrbedarfs voraussichtlich für welchen Zeitraum benötigt werden und wie viele Arbeitnehmer zur Deckung dieses Bedarfs befristet eingestellt wurden. Das erfordert die Darstellung, wie der Bedarf mit Stammarbeitnehmern, befristet beschäftigten Arbeitnehmern oder ggf. auf andere Weise – etwa durch Leiharbeitnehmer – abgedeckt werden sollte. Der Arbeitgeber muss ein plausibles Gesamtkonzept zur Bewältigung eines vorübergehenden Mehrbedarfs darlegen und darf sich nicht darauf beschränken, einen zeitlich begrenzten Mehrbedarf und die befristete Einstellung des Arbeitnehmers darzustellen, dessen Befristung im Streit steht. Diesen Anforderungen genügt das bisherige Vorbringen der Arbeitgeberin nicht. Es beschränkt sich weitgehend auf die Darstellung des personellen Beschäftigungsbedarfs für den Zeitraum von Oktober 2012 bis Juni 2013, enthält aber bis auf die Ausführungen zum „Normalbedarf“ von ca.01.300 Arbeitnehmern keine Angaben zur tatsächlichen Beschäftigungssituation bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags mit der Arbeitnehmerin. Ihrem Vorbringen ist weder die Anzahl der bei Vertragsabschluss befristet und unbefristet beschäftigten Voll- und Teilzeitkräfte (ggf. mit Beschäftigungsvolumen) noch die Vertragsdauer der befristeten Arbeitsverhältnisse zu entnehmen.

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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. Dezember 2016 – 7 AZR 688/14

  1. BAG 27.07.2016 – 7 AZR 545/14, Rn. 17; 17.03.2010 – 7 AZR 640/08, Rn. 11, BAGE 133, 319[]
  2. vgl. hierzu BT-Drs. 14/4374 S.19[]
  3. EuGH 14.09.2016 – C-16/15 – [Pérez López] Rn. 48 f.; 26.01.2012 – C-586/10 – [Kücük] Rn. 36 f.; 23.04.2009 – C-378/07 bis – C-380/07 – [Angelidaki ua.] Rn. 103, Slg. 2009, I-3071[]
  4. st. Rspr., vgl. etwa BAG 27.07.2016 – 7 AZR 545/14, Rn. 17; 20.02.2008 – 7 AZR 950/06, Rn. 12 mwN[]
  5. BAG 17.03.2010 – 7 AZR 640/08, Rn. 12, BAGE 133, 319[]
  6. BAG 27.07.2016 – 7 AZR 545/14, Rn. 17; 15.10.2014 – 7 AZR 893/12, Rn. 14; 4.12 2013 – 7 AZR 277/12, Rn. 16 mwN[]
  7. BAG 17.03.2010 – 7 AZR 640/08, Rn. 13, aaO[]
  8. BAG 17.03.2010 – 7 AZR 640/08, Rn. 18, aaO[]
  9. BAG 17.03.2010 – 7 AZR 640/08, Rn. 14, BAGE 133, 319; 20.02.2008 – 7 AZR 950/06, Rn. 16[]
  10. BAG 17.03.2010 – 7 AZR 640/08, Rn. 14, aaO[]
  11. BAG 17.03.2010 – 7 AZR 640/08, Rn. 14, aaO; 20.02.2008 – 7 AZR 950/06, Rn.19[]
  12. BAG 17.03.2010 – 7 AZR 640/08, Rn. 15, BAGE 133, 319; 8.07.1998 – 7 AZR 388/97, zu 2 a der Gründe mwN[]
  13. BAG 17.03.2010 – 7 AZR 640/08, Rn. 15, aaO; 20.02.2008 – 7 AZR 950/06, Rn.20 mwN[]
  14. Hess. LAG, Urteil vom 09.04.2014 – 18 Sa 1120/13[]
  15. vgl. BAG 27.07.2016 – 7 AZR 545/14, Rn. 18[]
  16. vgl. BAG 17.03.2010 – 7 AZR 640/08, Rn. 13, BAGE 133, 319; 5.06.2002 – 7 AZR 241/01, zu I 3 a der Gründe, BAGE 101, 262[]