Ein Rechtsanwalt, der einen Beschwerdeschriftsatz mit „i.A.“ unterschreibt, will grundsätzlich die Verantwortung für die eingelegte Beschwerde übernehmen und legt deshalb wirksam Beschwerde ein.

Als bestimmender Schriftsatz muss die Beschwerdeschrift unterschrieben sein, damit für das Gericht sowohl der Urheber als auch die Ernsthaftigkeit der Beschwerde ersichtlich sind1. Sowohl der Bundesgerichtshof als auch das Bundesarbeitsgericht haben für den Anwaltsprozess (§§ 78 ZPO, 11 Abs. 4 ArbGG) entschieden, dass eine mit „i.A.“ eingeleitete Unterschrift das Unterschriftserfordernis nicht erfüllt. Wer „im Auftrag“ unterschreibe, trete regelmäßig nur als Erklärungsbote des Vollmachtgebers auf und wolle keine Verantwortung für den unterzeichneten Schriftsatz übernehmen. Er leite mit dem von ihm „i.A.“ unterschriebenen Schriftsatz keine eigene Prozesshandlung ein, sondern wolle Prozesserklärungen eines anderen bei Gericht einreichen2.
RA R. G. brachte mit seiner Unterschriftsleistung „i.A.“ nicht zum Ausdruck, dass er für die von ihm unterschriebene Beschwerde keine Verantwortung übernehmen wolle. Die Rechtsprechung der Bundesgerichte zum Anwaltsprozess ist auf den Parteiprozess nicht ohne Weiteres übertragbar3. Der Anwaltsprozess ist – auch wegen des regelmäßig höheren Kostenrisikos – stärker formalisiert. Hier dient das Unterschriftserfordernis auch dazu, der Umgehung des Anwaltszwangs vorzubeugen4.
Jedenfalls entspricht es nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch, dem Zusatz „i.A.“ zu entnehmen, der Unterzeichner wolle die unterschriebene Erklärung nicht als eigene abgeben. Die Abkürzung „i.A.“ enthält zunächst nur den Hinweis, dass zwar keine allgemeine Bevollmächtigung besteht, der konkreten Erklärung aber ein Auftrag, eine Einzelvollmacht, zu Grunde liegt5. Das trifft auch auf die Situation von RA G. zu: Er war weder Prozessbevollmächtigter des Klägers noch auf andere Weise bisher im Prozess aufgetreten. RA P. hatte ihn jedoch zur Einlegung der Beschwerde unterbevollmächtigt. Es ist daher naheliegend, dass RA G. mit dem Zusatz „i.A.“ lediglich zum Ausdruck brachte, warum er erstmals in diesem Verfahren einen Schriftsatz einreichte, dass er das nicht eigenmächtig, sondern auf Grund eines Auftrags des Prozessbevollmächtigten tat.
Dagegen kann nicht auf Grund des Unterschriftzusatzes „i.A.“ angenommen werden, RA G. habe sich von der unterzeichneten Beschwerde distanzieren und sie nur als Erklärung des Prozessbevollmächtigten weiterleiten wollen. Ein Rechtsanwalt, der eine fristgebundene Prozesserklärung – auch mit dem Zusatz „i.A.“ – unterschreibt und sie bei Gericht einreicht, will, dass diese Prozesserklärung wirksam wird. Er könnte sich sonst den Aufwand sparen. Gleichzeitig ist sich ein Rechtsanwalt regelmäßig bewusst, dass er für die unterschriebene Prozesserklärung die Verantwortung übernehmen muss, wenn er sie wirksam abgeben will. Ohne Anhaltspunkte kann daher nicht davon ausgegangen werden, RA G. habe mit dem Zusatz „i.A.“ jegliche Verantwortung für die von ihm unterschriebene fristgebundene Beschwerde ablehnen und damit ein unzulässiges Rechtsmittel einreichen wollen. Solche Anhaltspunkte gibt es nicht.
RA R. G. hat somit die Beschwerde ordnungsgemäß unterschrieben. Seine Unterschrift dokumentiert sowohl die Urheberschaft als auch die Ernsthaftigkeit der Beschwerde. Mit dem Zusatz „i.A.“ sollte lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass er – bis dahin im Verfahren unbekannt – auf Grund eines Auftrags des Prozessbevollmächtigten tätig wurde.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Oktober 2011 – 12 Ta 17/11
- vgl. Müller-Glöge, in: Germelmann u.a., ArbGG, 7. Aufl. 2009, § 78 Anm. 21 m.w.N. – allgemein zum Erfordernis der Unterschrift unter bestimmenden Schriftsätzen mit eingehender Begründung und weiteren Nachweisen: Leipold, in: Stein/Jonas, Kommentar zur ZPO, Band 3, 22. Aufl. 2005, § 130 Anm. 14 ff.[↩]
- vgl. BAG, Urteil vom 26.07.1967 – 4 AZR 172/66, AP Nr. 14 zu § 518 ZPO; BGH, Beschluss vom 05.11.1987 – V ZR 139/87, NJW 1988, 210 f.; Beschluss vom 19.06.2007 – VI ZB 81/05, FamRZ 2007, 1638[↩]
- vgl. LAG Nürnberg, Beschluss vom 08.06.2000 – 2 Ta 65/00, NZA-RR 2000, 547, 549; LAG Hessen, Urteil vom 03.09.2001 – 16 Sa 608/01, NZA-RR 2003, 90 f.[↩]
- vgl. Leipold, a.a.O., § 130 Anm. 19[↩]
- vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 8. Aufl. 2006, Stichwort: Auftrag[↩]