Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ist die Befristung von Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichem Personal an staatlichen Hochschulen, das nicht promoviert ist, bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig. Nach abgeschlossener Promotion ist nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren, im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren zulässig (sog. Postdoc-Phase).

Die zulässige Befristungsdauer in der Postdoc-Phase verlängert sich in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach Satz 1 und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach Satz 1 zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben. Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich nach § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren um zwei Jahre je Kind.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG sind innerhalb der jeweils zulässigen Befristungsdauer auch Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrags möglich. Auf die nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG zulässige Befristungsdauer sind nach § 2 Abs. 3 Satz 1 WissZeitVG alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung iSv. § 5 WissZeitVG abgeschlossen wurden, anzurechnen.
In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Streitfall hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in der Vorinstanz angenommen, die Höchstbefristungsdauer von insgesamt zwölf Jahren in der Promotionsphase und der Postdoc-Phase sei nach § 191 BGB in 4.380 Tage umzurechnen. Der wiss. Mitarbeiter sei in der Zeit vom 15.10.2004 bis zum 31.05.2013; und vom 01.01.2014 bis zum 15.05.2017 unter Berücksichtigung der Schalttage an 4.382 Tagen bei dem beklagten Land beschäftigt gewesen. Die Höchstbefristungsdauer sei daher um zwei Tage überschritten1. Dies hielt der revisionsrechtlichen Überprüfung durch das Bundesarbeitsgericht nicht stand:
Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerhaft von einer Höchstbefristungsdauer von insgesamt zwölf Jahren für die Promotions- und die Postdoc-Phase ausgegangen. Maßgebend ist vorliegend allein die zulässige Höchstbefristungsdauer für die Postdoc-Phase nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG und nicht eine Addition der zulässigen Höchstbefristungsdauer für beide Qualifikationsphasen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 WissZeitVG. Die Vorschrift legt für die Befristungsmöglichkeiten in der Promotionsphase und in der Postdoc-Phase jeweils eine gesonderte Höchstbefristungsdauer für die jeweilige Qualifikationsphase fest. Damit sind zwei – eigenständige – Rechtsgrundlagen für kalendermäßige Befristungen normiert. Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WissZeitVG, nach der sich die zulässige Höchstbefristungsdauer in der Postdoc-Phase um nicht verbrauchte Zeiten mit oder ohne befristete Beschäftigung in der Promotionsphase verlängert, stellt sicher, dass der zeitliche Rahmen von auf § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 WissZeitVG gestützten Befristungen einerseits nicht überschritten, andererseits ausgeschöpft werden kann2. Diese Verlängerungsbestimmung ergäbe keinen Sinn, wenn § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 WissZeitVG als einheitliche rechtliche Befristungsgrundlage mit einer zulässigen (Gesamt-)Höchstdauer zu verstehen wäre. Gegen dieses Verständnis spricht im Übrigen § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG. Hiernach sind Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrags „innerhalb der jeweils zulässigen Befristungsdauer“ möglich3. Eine Gesamtbetrachtung der Höchstbefristungsdauer für beide Zeiträume ist nur im Rahmen des Satzes 3 vorzunehmen, wie sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt4. Bei wissenschaftlichem Personal, das – wie der wiss. Mitarbeiter – keine minderjährigen Kinder betreut, richtet sich die Höchstdauer der Befristung ausschließlich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG in der Promotionsphase und nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG in der Postdoc-Phase. So steht die sechsjährige (im Bereich der Medizin: neunjährige) Höchstbefristungsdauer in der Postdoc-Phase auch dann zur Verfügung, wenn die sechsjährige Höchstbefristungsdauer in der Promotionsphase überschritten war5.
Das Landesarbeitsgericht hat außerdem rechtsfehlerhaft in Anwendung von § 191 BGB volle Beschäftigungsjahre nicht als solche auf die zulässige Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG angerechnet.
Zwar ist sowohl die Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 1 Satz 1 als auch diejenige nach Satz 2 Halbs. 1 WissZeitVG ein Zeitraum iSv. § 191 BGB6. Nach § 191 BGB wird der Monat zu 30, das Jahr zu 365 Tagen gerechnet, wenn ein Zeitraum nach Monaten oder nach Jahren in dem Sinne bestimmt ist, dass er nicht zusammenhängend zu verlaufen braucht. Danach wird der Zeitraum in Tage umgerechnet und die Tage des tatsächlichen Fristverbrauchs auf die Gesamtzahl der zur Verfügung stehenden Tage angerechnet. Das gilt auch für Schalttage7. Die Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG und diejenige nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WissZeitVG sind nach Jahren bestimmt. Der Befristungszeitraum braucht nicht durchgehend zu verlaufen, da eine Vertragsverlängerung iSv. § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG – anders als eine Vertragsverlängerung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG – nicht voraussetzt, dass sich die Laufzeit des neuen Vertrags unmittelbar an den vorherigen Vertrag anschließt8.
Das Landesarbeitsgericht hat aber verkannt, dass § 2 Abs. 3 WissZeitVG eine eigenständige Anrechnungsbestimmung enthält, die der Auslegungsvorschrift in § 191 BGB vorgeht9. Nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG sind auf die nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG zulässige Befristungsdauer alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung iSv. § 5 WissZeitVG abgeschlossen wurden, anzurechnen. Diese Anrechnungsbestimmung ist – auch wenn dies nicht ausdrücklich formuliert ist – unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Regelung sowie ihres Sinn und Zwecks dahin auszulegen, dass volle Beschäftigungsjahre – abweichend von § 191 BGB – als solche anzurechnen sind, so dass nur unterjährige Teile eines Arbeitsverhältnisses nach Tagen auf die zulässige Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG angerechnet werden10.
Die Vorschrift legt zwar ausdrücklich nur die anzurechnenden Beschäftigungsverhältnisse, nicht aber die Modalitäten der Berechnung des Anrechnungszeitraums fest. Sie verweist aber auf die zulässige Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG. Schon die Verweisung auf die nach Jahren bestimmte Höchstbefristungsdauer in § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Halbs. 1 WissZeitVG legt es nahe, dass ein Beschäftigungsjahr nach der Vorstellung des Gesetzgebers als solches – und nicht umgerechnet in 365 Tage – auf die Höchstbefristungsdauer angerechnet werden soll mit der Folge, dass die Höchstbefristungsdauer nicht wegen der Schalttage überschritten ist, wenn ein Arbeitnehmer sechs Kalenderjahre lang beschäftigt wird. Außerdem ist von der Verweisung auch die Regelung in § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WissZeitVG erfasst. Danach verlängert sich die zulässige Befristungsdauer in der Postdoc-Phase in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach Satz 1 und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach Satz 1 zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben. Die Anrechnungsregelung stellt sicher, dass die insgesamt zulässige Höchstdauer von zwölf bzw. 15 Jahren nicht überschritten wird, andererseits aber auch ausgeschöpft werden kann11. Die Einsparzeit ist nach ihrem tatsächlichen Umfang zu berechnen; § 191 BGB gilt insoweit nicht, da die Einsparzeit weder nach Jahren bestimmt ist noch unterbrochen werden kann. Der Zweck der Regelung sicherzustellen, dass die insgesamt zulässige Höchstdauer voll ausgeschöpft werden kann, schließt es aus, ein eingespartes Jahr im Fall eines Schaltjahres in Anwendung von § 191 BGB mit 365 Tagen anzusetzen und die tatsächliche Beschäftigung in demselben Zeitraum mit 366 Tagen anzurechnen; das Beschäftigungsjahr muss vielmehr auch im Fall eines Schaltjahres als solches angerechnet werden.
Für dieses Verständnis spricht auch der Regelungszweck des § 191 BGB.
§ 191 BGB soll nach dem Willen des Gesetzgebers für die Fälle von Bedeutung sein, in welchen eine Zeitbestimmung nicht eine zwischen dem Anfangs- und Endpunkt liegende zusammenhängende Zeiterstreckung, sondern eine Summe von nicht notwendig aufeinanderfolgenden Tagen bezeichnet12. Dabei hatte der Gesetzgeber nach den in den Motiven angeführten Beispielen („Zusicherung eines dreimonatigen, aber nicht auf einmal zu nehmenden Urlaubes an einen Schauspieler, die Anstellung eines Geschäftsreisenden, mit der Klausel, daß er sich mindestens neun Monate im Jahre auf der Reise befinden solle, die Auflage, ein vermachtes Grundstück sechs Monate im Jahre zu bewohnen, u. s. w.“12) Fallgestaltungen vor Augen, in denen die Berechnung dieser Zeiträume typischerweise Schwierigkeiten verursacht, weil nicht von vornherein feststeht, wann sie eintreten.
Dagegen hat der Gesetzgeber als „Normalfall“ der befristeten Beschäftigung nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG eine möglichst durchgehende Beschäftigung in der jeweiligen Qualifizierungsphase nach Satz 1 und Satz 2 vor Augen, was sich auch aus der Verwendung des Begriffs „Verlängerung“ in § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG ergibt. Bei der Festlegung des Befristungsrahmens nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 WissZeitVG hat er sich an dem typischerweise für die Nachwuchsqualifizierung erforderlichen Zeitbedarf orientiert. Dieser wurde mit maximal sechs Jahren bis zur Promotion und weiteren sechs bzw. im Bereich der Medizin neun Jahren nach der Promotion angesetzt13. In Anbetracht dieser Pauschalierung ist davon auszugehen, dass ein Beschäftigungsjahr als solches auf die Höchstbefristungsdauer angerechnet werden soll, so dass ein für die Dauer von sechs Jahren begründetes Arbeitsverhältnis die sechsjährige Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 Halbs. 1 WissZeitVG nicht überschreitet.
Diese Auslegung führt zu einem sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Verständnis der Bestimmung. Einer Berechnung nach § 191 BGB bedarf es im Fall einer Befristung nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG nur, wenn aufgrund von Unterbrechungen und Einsparzeiten unterjährige Beschäftigungszeiten bestehen. Die Berechnung nach vollen Jahren und Tagen ist einfach und rechtssicher handhabbar. Gleichzeitig wird durch die Anwendung von § 191 BGB auf unterjährige Beschäftigungszeiten sichergestellt, dass in allen Fällen unabhängig davon, ob die Beschäftigung in Monaten mit 31, 30, 28 oder 29 Tagen erfolgt, der gleiche Zeitraum zur Verfügung steht.
Soweit das Bundesarbeitsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung die Höchstbefristungsdauer und die Gesamtdauer der anzurechnenden Arbeitsverhältnisse in Jahren, Monaten und Tagen angegeben hat14 und dies dahingehend verstanden werden konnte, dass die Beschäftigungszeiten nach vollen Jahren, vollen Monaten und Tagen auf die Höchstbefristungsdauer anzurechnen sind, hält das Bundesarbeitsgericht daran nicht fest.
Die Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts führten zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg:
Das Bundesarbeitsgericht kann nicht abschließend beurteilen, ob vorliegend die Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG überschritten wurde. Das wäre der Fall, wenn der wiss. Mitarbeiter vor dem 14.10.2004 mit seiner Promotion begonnen hätte oder wenn der wiss. Mitarbeiter in der Zeit vom 01.06.2013 bis zum 31.12.2013 mindestens zwei Tage in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land gestanden hätte oder wenn es sich bei der U um eine Forschungseinrichtung iSv. § 5 WissZeitVG handelte. Dazu hat das Landesarbeitsgericht – aus seiner Sicht konsequent – keine Feststellungen getroffen. Dies wird es nachzuholen haben.
Die zulässige Höchstbefristungsdauer in der Postdoc-Phase nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG wäre nicht überschritten, wenn die Promotion des wiss. Mitarbeiters am 15.10.2004 begonnen hätte und nur die Zeiten der Beschäftigung bei dem beklagten Land nach Abschluss der Promotion in der Zeit vom 17.02.2010 bis zum 31.05.2013; und vom 01.01.2014 bis zum 15.05.2017 auf die Höchstbefristungsdauer anzurechnen wären.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG errechnete sich bei einem unterstellten Beginn der am 16.02.2010 abgeschlossenen Promotion am 15.10.2004 eine Einsparzeit von 240 Tagen in der Promotionsphase (17.02.2010 bis 14.10.2010). Die Höchstbefristungsdauer in der Postdoc-Phase beliefe sich daher auf sechs Jahre und 240 Tage. Die tatsächliche Beschäftigung des wiss. Mitarbeiters bei dem beklagten Land in der Zeit vom 17.02.2010 bis zum 31.05.2013; und vom 01.01.2014 bis zum 15.05.2017 beträgt sechs Jahre und 239 Tage (je drei Jahre vom 17.02.2010 bis zum 16.02.2013; und vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2016 sowie 104 Tage vom 17.02.2013 bis zum 31.05.2013 und 135 Tage vom 01.01.2017 bis zum 15.05.2017).
Hätte die Promotion des wiss. Mitarbeiters vor dem 14.10.2004 begonnen, wäre die zulässige Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG bereits durch die Beschäftigung des wiss. Mitarbeiters in der Zeit vom 17.02.2010 bis zum 31.05.2013; und vom 01.01.2014 bis zum 15.05.2017 überschritten.
Die Höchstbefristungsdauer wäre ebenfalls überschritten, wenn der wiss. Mitarbeiter in der Zeit vom 01.06.2013 bis zum 31.12.2013 mindestens zwei Tage in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land gestanden hätte. Das wäre der Fall, wenn er über den 1.06.2013 hinaus von dem beklagten Land an der Universität Potsdam beschäftigt worden wäre. Zwar wurde der Arbeitsvertrag des wiss. Mitarbeiters mit Auflösungsvertrag vom 10.06.2013 rückwirkend zum 31.05.2013 aufgehoben. Die Arbeitsvertragsparteien können ihr Arbeitsverhältnis jedoch nur dann zu einem vergangenen Zeitpunkt auflösen, wenn das Arbeitsverhältnis in dem betreffenden Zeitraum bereits außer Vollzug gesetzt war15. Tatsachenfeststellungen hierzu hat das Landesarbeitsgericht bislang nicht getroffen. Dies wird ggf. nachzuholen sein.
Die Höchstbefristungsdauer wäre auch dann überschritten, wenn es sich bei der U um eine Forschungseinrichtung handelte, da in diesem Fall das Arbeitsverhältnis des wiss. Mitarbeiters mit der U nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG iVm. § 5 WissZeitVG auf die Höchstbefristungsdauer anzurechnen wäre. Auch dies wird das Landesarbeitsgericht – ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien, zu prüfen haben. Die bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme, dass die U eine Forschungseinrichtung iSv. § 5 WissZeitVG ist.
Eine Forschungseinrichtung iSv. § 5 WissZeitVG ist eine Einrichtung, in der Forschung iSv. Art. 5 Abs. 3 GG betrieben wird. Forschung ist eine geistige Tätigkeit mit dem Ziel, in methodischer, systematischer und nachprüfbarer Weise neue Erkenntnisse zu gewinnen. Eine Tätigkeit ist nur als Forschung anzusehen, wenn sie wissenschaftlich betrieben wird. Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Auftragsforschung unterfällt dem Begriff der Forschung, wenn Tätigkeiten nach den Kriterien der Wissenschaftlichkeit und mit wissenschaftlichen Methoden ausgeführt werden16.
Zwar verfolgt die U nach § 3 Abs. 1 des vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Gesellschaftsvertrags den Zweck der Förderung und Durchführung von Wissenschaft, Forschung, Weiterbildung, Bildung und Lehre. Dieser Gesellschaftszweck wird aber nach § 3 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags insbesondere verwirklicht durch Betreuung von Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit für Nutzbarmachung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen der Universität Potsdam, die Beratung und Unterstützung der Wissenschaftler bei anwendungsnahen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sowie die Durchführung, Unterstützung und Betreuung von Programmen der beruflichen Qualifizierung auf wissenschaftlicher Basis und Unterstützung von anderen staatlichen oder gemeinnützigen Weiterbildungsträgern. Dabei handelt es sich nicht um Forschungstätigkeiten.
Eine Zurückverweisung ist nicht deshalb entbehrlich, weil sich die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen als richtig erweist.
Dem beklagten Land ist es nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf § 2 Abs. 1 WissZeitVG zur Rechtfertigung der Befristung zu berufen.
Eine zusätzliche Prüfung der Wirksamkeit der Befristung nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs17 ist nicht geboten. Diese Prüfung ist nach der im Anschluss an die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Kücük18 entwickelten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorzunehmen bei der Kontrolle einer durch einen Sachgrund gerechtfertigten Befristung, der mehrere befristete Arbeitsverträge vorausgegangen sind und die sich somit als das letzte Glied einer Befristungskette darstellt. Bei der Befristung nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG handelt es sich nicht um eine Sachgrundbefristung, sondern um eine sachgrundlose Befristung19.
Besondere Umstände, die dafür sprechen könnten, dass das beklagte Land die durch § 2 Abs. 1 WissZeitVG eröffnete Befristungsmöglichkeit im Streitfall rechtsmissbräuchlich genutzt hat, liegen nicht vor. Allein die Anzahl der insgesamt abgeschlossenen Arbeitsverträge und die Dauer der vereinbarten Vertragslaufzeit lassen nicht auf eine rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltung schließen.
Eine Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG setzt lediglich voraus, dass die Höchstbefristungsdauer nicht überschritten wird. Von weiteren Voraussetzungen ist die Befristung – anders als nach der Neufassung (§ 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG nF) – nicht abhängig20. § 2 Abs. 1 WissZeitVG lässt für wissenschaftliches Personal an Hochschulen in weitaus größerem Umfang sachgrundlose Befristungen zu als § 14 Abs. 2 TzBfG. Dabei wirkt die gesetzlich bestimmte, am Qualifikationsziel orientierte Maximalbefristungsdauer der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme der Befristungsmöglichkeit entgegen21. Im Anwendungsbereich von § 2 Abs. 1 WissZeitVG gibt es keine Höchstanzahl an zulässigen Verlängerungen.
Eine Mindestbefristungsdauer ist in § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG nicht vorgesehen. Da § 2 Abs. 1 WissZeitVG eine sachgrundlose Befristung regelt, ist es auch nicht erforderlich, dass die angestrebte wissenschaftliche Qualifikation in dem vereinbarten Zeitraum erreicht oder jedenfalls sinnvoll vorangetrieben werden kann22. Nur bei einer Sachgrundbefristung muss sich die Vertragslaufzeit am Sachgrund der Befristung orientieren und so mit ihm im Einklang stehen, dass sie nicht gegen das Vorliegen des Sachgrunds spricht23.
Es kann dahinstehen, ob eine Befristung nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG in der hier maßgeblichen, bis zum 16.03.2016 geltenden Fassung im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn die Kürze der Vertragslaufzeit, insbesondere bei wiederholten Befristungen, eine ernsthafte Qualifizierung ausschließt und auch sonst keine im Interesse des Arbeitnehmers liegenden Gründe ersichtlich sind, eine kurze Vertragslaufzeit zu vereinbaren24. Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung der Vertragsdauer sind im Streitfall nicht ersichtlich. Der letzte Vertrag der Parteien wurde für eine Dauer von 13, 5 Monaten geschlossen.
Der Wirksamkeit der Befristung steht auch nicht die fehlende Beteiligung des Personalrats entgegen. Nach § 63 Abs. 1 Nr. 4 LPVG Bbg besteht zwar grundsätzlich ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Befristung von Arbeitsverträgen. Nach § 63 Abs. 2 LPVG Bbg ist dies bei Hochschulpersonal iSv. § 90 Abs. 6 LPVG Bbg aber nur auf Antrag des Beschäftigten der Fall. Der wiss. Mitarbeiter hat nicht vorgetragen, einen solchen Antrag gestellt zu haben.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Mai 2020 – 7 AZR 72/19
- LAG Berlin-Brandenburg 16.08.2018 – 21 Sa 201/18[↩]
- vgl. BT-Drs. 16/3438 S. 12[↩]
- BAG 24.08.2011 – 7 AZR 228/10, Rn. 25, BAGE 139, 109[↩]
- dazu BAG 21.08.2019 – 7 AZR 21/18, Rn. 21[↩]
- vgl. BAG 21.08.2019 – 7 AZR 21/18, Rn. 21; 24.08.2011 – 7 AZR 228/10, Rn. 23, aaO[↩]
- vgl. ErfK/Müller-Glöge 20. Aufl. WissZeitVG § 2 Rn. 5[↩]
- Staudinger/Repgen [2019] § 191 Rn. 2; NK-BGB/Krumscheid 2. Aufl. § 191 Rn. 2[↩]
- BAG 9.12.2015 – 7 AZR 117/14, Rn. 40, BAGE 153, 365[↩]
- vgl. zum Rechtscharakter der §§ 186 ff. BGB: Palandt/Ellenberger 79. Aufl. § 186 Rn. 1[↩]
- ErfK/Müller-Glöge 20. Aufl. WissZeitVG § 2 Rn. 5[↩]
- BT-Drs. 14/6853 S. 33, 15/4132 S.20, 16/3438 S. 12; BAG 23.03.2016 – 7 AZR 70/14, Rn. 45, BAGE 154, 375[↩]
- Motive BGB Bd. 1 S. 286[↩][↩]
- BT-Drs. 16/3438 S. 12[↩]
- vgl. BAG 23.10.2019 – 7 AZR 7/18, Rn. 28; 23.03.2016 – 7 AZR 70/14, Rn. 29, BAGE 154, 375; 20.01.2016 – 7 AZR 376/14, Rn. 26; 9.12.2015 – 7 AZR 117/14, Rn. 39, BAGE 153, 365; 29.04.2015 – 7 AZR 519/13, Rn. 18[↩]
- BAG 17.12.2009 – 6 AZR 242/09, Rn.19 mwN; 10.12.1998 – 8 AZR 324/97, zu B I 2 der Gründe mwN, BAGE 90, 260[↩]
- vgl. zum Begriff der Forschungseinrichtung iSv. § 57d HRG: BAG 19.03.2008 – 7 AZR 1100/06, Rn. 30 ff., BAGE 126, 211[↩]
- grundlegend BAG 18.07.2012 – 7 AZR 443/09, Rn. 38, BAGE 142, 308 und – 7 AZR 783/10, Rn. 33[↩]
- EuGH 26.01.2012 – C-586/10[↩]
- vgl. BAG 9.12.2015 – 7 AZR 117/14, Rn. 46, BAGE 153, 365[↩]
- BAG 23.10.2019 – 7 AZR 7/18, Rn. 30; 25.04.2018 – 7 AZR 181/16, Rn. 44[↩]
- BAG 8.06.2016 – 7 AZR 259/14, Rn. 37, BAGE 155, 227[↩]
- BAG 25.04.2018 – 7 AZR 181/16, Rn. 44[↩]
- vgl. etwa BAG 25.10.2017 – 7 AZR 712/15, Rn. 12[↩]
- vgl. etwa Krause, in: Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand Juli 2011 WissZeitVG § 2 Rn. 13; ErfK/Müller-Glöge 16. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 2[↩]
Bildnachweis:
- Hörsaal: Nikolay Georgiev