Dem Betriebsrat steht bei der Entscheidung, welchen Arbeitnehmern des Betriebs Aktienoptionen durch die amerikanische Muttergesellschaft gewährt und nach welchen abstrakten Kriterien diese vergeben werden, kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu.

Ein solches Mitbestimmungsrecht besteht schon deswegen nicht, weil es bei der Vergabe der Aktienoptionen durch die Muttergesellschaft an die Arbeitnehmer des Betriebs keine eigene Handlung der Arbeitgeberin gibt, an die das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats anknüpfen könnte1. Über die Verteilung der Aktienoptionen entscheidet ausschließlich der bei der amerikanischen Muttergesellschaft gebildete Vergütungsausschuss. Bei dieser vom ausländischen herrschenden Unternehmen getroffenen Entscheidung hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht. Anhaltspunkte, dass die Arbeitgeberin Einfluss auf die Verteilung der Aktienoptionen durch die amerikanische Muttergesellschaft nimmt oder zumindest tatsächlich die Möglichkeit hätte, auf die Auswahlentscheidung und die Kriterien zur Vergabe der Aktienoptionen einzuwirken, sind – entgegen der Ansicht des Betriebsrats – nicht erkennbar. Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das Landesarbeitsgericht habe insoweit seine Amtsaufklärungspflicht verletzt, legt sie bereits nicht dar, welche weiteren Tatsachen hätten ermittelt werden können2. Selbst wenn der Vergütungsausschuss der amerikanischen Muttergesellschaft – wie vom Betriebsrat behauptet – im Rahmen seiner Entscheidung über die Zuteilung von Aktienoptionen auf die nach der Gesamtbetriebsvereinbarung Personalmanagement und Entwicklung vom 10.10.2006 erstellten Leistungsbeurteilungen der Arbeitnehmer zurückgreifen sollte, würde dies kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Vergabe der Aktienoptionen durch die im Ausland ansässige Muttergesellschaft begründen. Gleiches gilt, soweit die Arbeitgeberin im Fall einer Ausübung der zugeteilten Aktienoptionen den damit verbundenen geldwerten Vorteil abrechnet und die hierauf anfallenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abführt.
Es besteht auch keine rechtliche Pflicht der Arbeitgeberin gegenüber der amerikanischen Muttergesellschaft zur Einflussnahme auf die Verteilungsentscheidung und die Vergabekriterien für die Aktienoptionen. Eine solche folgt nicht aus § 75 Abs. 1 BetrVG. Die Norm begründet keine umfassende Überwachungspflicht der Arbeitgeberin, die Maßnahmen der Konzernobergesellschaft bei der Zuteilung der Aktienoptionen erfasst3. Auch aus § 12 Abs. 4 AGG ergibt sich nichts anderes. Die Vorschrift setzt – neben einer Benachteiligung aufgrund eines der in § 1 AGG genannten Merkmale (§ 12 Abs. 4, § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG) – voraus, dass eine diskriminierende Handlung Dritter „bei der Ausübung ihrer Tätigkeit“ für den Arbeitgeber erfolgt4. Hieran fehlt es bei einer Zuteilung der Aktienoptionen durch die Konzernobergesellschaft.
Das vorliegende Ergebnis steht weder im Widerspruch zum Sinn und Zweck von § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG noch führt es zu mitbestimmungsrechtlichen Schutzlücken. Die Norm zielt darauf ab, die Arbeitnehmer gleichberechtigt an Entscheidungen des Arbeitgebers, die ihre Arbeitsvergütung betreffen, teilhaben zu lassen5. Fehlt es an einer eigenen Entscheidung des Arbeitgebers oder zumindest an dessen Mitwirkung bei einer durch Dritte getroffenen Entscheidung, besteht kein Raum für eine Mitbestimmung des Betriebsrats.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 12. Juni 2019 – 1 ABR 57/17