§ 10a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 BNotO verweist den Notar hinsichtlich seiner Urkundstätigkeit grundsätzlich auf den Bezirk des Amtsgerichts, in dem er seinen Amtssitz hat (Amtsbereich). Beurkundungen außerhalb seines Amtsbereichs darf der Notar dann vornehmen, wenn besondere berechtigte Interessen der Rechtsuchenden ein Tätigwerden außerhalb des Amtsbereichs gebieten.

Diese Voraussetzungen sind nicht bereits dann erfüllt, wenn die Beteiligten nach jahrelanger Vorbefassung und Entwurfstätigkeit des Notars eine sofortige Beurkundung an ihrem Hauptwohnsitz, der außerhalb des Amtsbezirks des Notars liegt, für erforderlich halten.
Der Gesetzgeber hat durch die Formulierung „besondere berechtigte Interessen“ und „gebieten“ klar zum Ausdruck gebracht, dass hohe Anforderungen an die Zulässigkeit der Überschreitung des Amtsbereichs zu stellen sind. Er hielt die Beschränkung der Berufsausübung auf den Amtsbereich für unentbehrlich, um die einzelnen Notarstellen lebensfähig und möglichst gleichbleibend leistungsfähig zu erhalten und das Notariat insgesamt bedarfsgerecht und flächendeckend zu organisieren1.
Die Voraussetzungen dieses Ausnahmetatbestands werden durch die von der Notarkammer Oldenburg gemäß § 67 Abs. 2 Nr. 9 BNotO erlassene Richtlinie konkretisiert, nicht aber abschließend definiert2.
Im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall waren besondere berechtigte Interessen der Beteiligten, die ein Tätigwerden des Notars außerhalb seines Amtsbereichs geboten, nicht zu erkennen. Der Notar hat bis zuletzt nicht nachvollziehbar dargetan, aus welchem Grund die Eheleute M. nicht in der Lage waren, ihn an seinem Amtssitz in Oldenburg aufzusuchen und die Scheidungsfolgenvereinbarung dort beurkunden zu lassen. Weder den pauschalen Behauptungen, die Fahrt sei für die Ehefrau unzumutbar gewesen, die Parteien hätten nachvollziehbar erklärt, über einen längeren Zeitraum nicht nach Oldenburg kommen zu können, noch den Ausführungen, Frau M. habe nicht nach Oldenburg fahren wollen, weil sie es zeitlich nicht geregelt bekommen und befürchtet habe, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, ist ein besonderes berechtigtes Interesse im Sinne des § 10a Abs. 2 BNotO zu entnehmen. Die der Scheidungsfolgenvereinbarung war nicht eilbedürftig. Entsprechendes gilt für den Grundstückskaufvertrag und die Bestellung der Grundschuld.
Der Notar hat im vorliegenden Fall darüber hinaus gegen § 10a Abs. 3 BNotO verstoßen, weil er die Urkundstätigkeit außerhalb seines Amtsbereichs nicht unverzüglich, sondern erst nach Ablauf von neun Monaten angezeigt hat.
Damit hat der Notar ein Dienstvergehen im Sinne des § 95 BNotO begangen, indem er vorsätzlich die ihm gemäß § 10a Abs. 2 und 3 BNotO obliegenden Amtspflichten verletzt hat. Die hierfür verhängte Geldbuße in Höhe von 5.000 € war für den Bundesgerichtshof ebenfalls nicht zu beanstanden: Der festgesetzte Betrag in Höhe von 5.000 € ist tat- und schuldangemessen. Dabei war zu berücksichtigen, dass dem Verstoß gegen das Verbot der Auswärtsbeurkundung gemäß § 10a Abs. 2 BNotO ein nicht unerhebliches Gewicht zukommt. Wie bereits ausgeführt verfolgt die Norm den Zweck, die einzelnen Notarstellen lebensfähig und möglichst gleichbleibend leistungsfähig zu erhalten und das Notariat damit insgesamt bedarfsgerecht und flächendeckend zu organisieren3. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass der Notar vorsätzlich gehandelt hat und gegen ihn am 13.07.2012 eine Geldbuße in Höhe von 500 € verhängt werden musste, weil er Geld zur Verwahrung entgegengenommen hatte, ohne dass eine Verwahrungsanweisung vorlag, und weil er ein Schuldanerkenntnis beurkundet hatte, obwohl er als Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit tätig gewesen war. Unter Berücksichtigung der durch die Auswärtsbeurkundungen erzielten Einnahmen und seiner wirtschaftlichen und familiären Verhältnisse erweist sich der festgesetzte Betrag in Höhe von 5.000 € insgesamt als verhältnismäßig.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. März 2015 – NotSt(Brfg) 9/14
- BT-Drs. 11/8307, S. 18; vgl. BGH, Urteil vom 04.03.2013 – NotZ(Brfg) 9/12, BGHZ 196, 271 Rn. 23; BVerfG, NJW 2000, 3486, 3487[↩]
- vgl. dazu Schippel/Bracker/Püls, BNotO, 9. Aufl., § 10a Rn. 5; Eylmann/Vaasen, BNotO, 3. Aufl., § 10a Rn. 6, RL-E – IX Rn. 1; Weingärtner/Wöstmann, Richtlinienempfehlungen BNotK, Richtlinien Notarkammern, S. 352[↩]
- BT-Drs. 11/8307, S. 18; BGH, Urteil vom 03.03.2013 – NotZ(Brfg) 9/12, aaO Rn. 23, BVerfG, NJW 2000, 3486, 3487[↩]