Im Falle der vorläufigen Amtsenthebung des Notars kann unter den Voraussetzungen des § 56 Abs. 4 BNotO ein Notariatsverwalter bestellt werden.

Der Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage ist erfüllt, nachdem der Notar gemäß §§ 96 Abs. 1 S. 1 BNotO, 38 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BDG wirksam vorläufig des Amtes enthoben wurde. Die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Amtsenthebung ist insoweit nicht zu prüfen1.
§ 56 Abs. 4 BNotO räumt der Justizverwaltung ein Ermessen ein, ob sie anstelle eines Vertreters einen Verwalter bestellt. Ein grundsätzlicher Vorrang für die Vertreter- oder Verwalterbestellung besteht nicht. Ein Verwalter kann bestellt werden, wenn nur ein sachlicher Grund für die Unzweckmäßigkeit einer Vertreterbestellung vorliegt2.
Dass die Justizverwaltung im hier entschiedenen Fall ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt hätte, kann nicht festgestellt werden. Die Erwägung, dass die Bestellung eines Notarvertreters gemäß § 39 Abs. 2 S. 1 BNotO unter Abwägung aller Umstände nicht zweckmäßig ist, ist nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Aufgrund des hinreichenden Verdachts eines gravierenden, auch strafrechtlich relevanten Dienstvergehens (Gebührenüberhebung) des Notars, bei dem ein Verbleib des Notars im Amt nicht tragbar wäre, kann es nicht als ermessenfehlerhaft angesehen werden, dass die Justizverwaltung mit der Verwalterbestellung die Maßnahme ergriffen hat, die den zuverlässigsten Schutz gegen etwaige Einflussnahmen des vorläufig amtsenthobenen Notars auf den Amtsbetrieb gewährleistet.
Die Justizverwaltung überschreitet den ihr eingeräumten Ermessensspielraum nicht, wenn sie annimmt, dass der mit den Verfehlungen des Notars zutage getretene Eignungsmangel nicht nur die Gefahr der Wiederholung ähnlicher Verstöße nahe legt, sondern auch die Gefahr einer Beeinflussung eines auf Rechnung des Notars arbeitenden Notarvertreters. Der Vorwurf der Gebührenüberhebung betrifft mit den Kostenabrechnungen gerade einen Teilaspekt der wirtschaftlichen Verwaltung, sodass es sachlich gerechtfertigt ist, den Notar davon so weit wie möglich auszuschließen.
Erhärtet wird der Verdacht, der Notar könne versuchen, trotz der vorläufigen Amtsenthebung auf den Amtsbetrieb Einfluss zu nehmen, durch den Umstand, dass der Notar während des laufenden Disziplinarverfahrens ohne Kenntnis der Aufsichtsbehörden unstreitig das einzige notarielle Geschäftskonto in ein Treuhandkonto eines Dritten umgewandelt hat. Ob dies tatsächlich von der Absicht getragen war, die Gelder dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen, ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidend. Sachliche Gründe für diese Maßnahme nennt der Notar nicht.
Mildere Mittel, eine Einflussnahme des Notars auszuschließen, standen der Justizverwaltung nicht zur Verfügung, sodass es nach den gesamten Umständen auch verhältnismäßig war, von der Bestellung eines Vertreters abzusehen. Die wirtschaftlichen Nachteile, die für den Notar mit der Bestellung der Beigeladenen verbunden sind und die von der Justizverwaltung bei der Abwägung berücksichtigt wurden, hat der Notar als Konsequenz der rechtmäßigen vorläufigen disziplinarrechtlichen Maßnahmen hinzunehmen.
Insgesamt lässt die angefochtene Maßnahme Ermessenfehler nicht erkennen. Nach den Umständen war es auch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts zweckmäßig, dem Notar seine Amtsbefugnisse und die wirtschaftliche Verwaltung der auf seine Kosten geführten Notarstelle nicht zu belassen, sondern die zweifelsfrei geeignete Beigeladene als Verwalterin zu bestellen.
Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 6. März 2015 – 1 Not 3/14