NPD: bedeutungslos

Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) vertritt ein auf die Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtetes politisches Konzept.

NPD: bedeutungslos

Die NPD will die bestehende Verfassungsordnung durch einen an der ethnisch definierten „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären Nationalstaat ersetzen. Ihr politisches Konzept missachtet die Menschenwürde und ist mit dem Demokratieprinzip unvereinbar.

Die NPD arbeitet auch planvoll und mit hinreichender Intensität auf die Erreichung ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Ziele hin. Allerdings fehlt es (derzeit) an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es möglich erscheinen lassen, dass dieses Handeln zum Erfolg führt, weshalb das Bundesverfassungsgericht nun den Antrag des Bundesrats auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit und Auflösung der NPD und ihrer Unterorganisationen (Art. 21 Abs. 2 GG) einstimmig als unbegründet zurückgewiesen hat.

Das Parteiverbot nach Art. 21 Abs. 2 GG stellt die schärfste und überdies zweischneidige Waffe des demokratischen Rechtsstaats gegen seine organisierten Feinde dar. Es soll den Risiken begegnen, die von der Existenz einer Partei mit verfassungsfeindlicher Grundtendenz und ihren typischen verbandsmäßigen Wirkungsmöglichkeiten ausgehen.

Das Gebot der Staatsfreiheit politischer Parteien und der Grundsatz des fairen Verfahrens sind für die Durchführung des Verbotsverfahrens unabdingbar.Die Tätigkeit von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern auf den Führungsebenen einer Partei während eines gegen diese laufenden Verbotsverfahrens ist mit dem Gebot strikter Staatsfreiheit nicht vereinbar. Gleiches gilt, soweit die Begründung eines Verbotsantrages auf Beweismaterialien gestützt wird, deren Entstehung zumindest teilweise auf das Wirken von V-Leuten oder Verdeckten Ermittlern zurückzuführen ist. Der Grundsatz des fairen Verfahrens gebietet, dass die Beobachtung einer Partei während eines laufenden Verbotsverfahrens durch den Verfassungsschutz nicht dem Ausspähen ihrer Prozessstrategie dient und dass im Rahmen der Beobachtung erlangte Informationen über die Prozessstrategie im Verfahren nicht zulasten der Partei verwendet werden. Ein zur Verfahrenseinstellung führendes Hindernis kommt lediglich als ultima ratio möglicher Rechtsfolgen von Verfassungsverstößen in Betracht. Zur Feststellung des Vorliegens eines unbehebbaren Verfahrenshindernisses bedarf es einer Abwägung zwischen den rechtsstaatlichen Verfahrensanforderungen einerseits und dem Präventionszweck dieses Verfahrens andererseits.

Der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne von Art. 21 Abs. 2 GG umfasst nur jene zentralen Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unentbehrlich sind. Ihren Ausgangspunkt findet die freiheitliche demokratische Grundordnung in der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG). Die Garantie der Menschenwürde umfasst insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit. Ferner ist das Demokratieprinzip konstitutiver Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Unverzichtbar für ein demokratisches System sind die Möglichkeit gleichberechtigter Teilnahme aller Bürgerinnen und Bürger am Prozess der politischen Willensbildung und die Rückbindung der Ausübung der Staatsgewalt an das Volk (Art.20 Abs. 1 und 2 GG). Für den Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sind schließlich die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Rechtsbindung der öffentlichen Gewalt (Art.20 Abs. 3 GG) und die Kontrolle dieser Bindung durch unabhängige Gerichte bestimmend. Zugleich erfordert die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit des Einzelnen, dass die Anwendung physischer Gewalt den gebundenen und gerichtlicher Kontrolle unterliegenden staatlichen Organen vorbehalten ist.

Der Begriff des Beseitigens der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bezeichnet die Abschaffung zumindest eines ihrer Wesenselemente oder deren Ersetzung durch eine andere Verfassungsordnung oder ein anderes Regierungssystem. Von einem Beeinträchtigen ist auszugehen, wenn eine Partei nach ihrem politischen Konzept mit hinreichender Intensität eine spürbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bewirkt.

Dass eine Partei die Beseitigung oder Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung anstrebt, muss sich aus ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger ergeben.

  • Die Ziele einer Partei sind der Inbegriff dessen, was eine Partei politisch anstrebt.
  • Anhänger sind alle Personen, die sich für eine Partei einsetzen und sich zu ihr bekennen, auch wenn sie nicht Mitglied der Partei sind.
  • Zuzurechnen ist einer Partei zunächst einmal die Tätigkeit ihrer Organe, besonders der Parteiführung und leitender Funktionäre. Bei Äußerungen oder Handlungen einfacher Mitglieder ist eine Zurechnung nur möglich, wenn diese in einem politischen Kontext stehen und die Partei sie gebilligt oder geduldet hat. Bei Anhängern, die nicht der Partei angehören, ist grundsätzlich eine Beeinflussung oder Billigung ihres Verhaltens durch die Partei notwendige Bedingung für die Zurechenbarkeit. Eine pauschale Zurechnung von Straf- und Gewalttaten ohne konkreten Zurechnungszusammenhang kommt nicht in Betracht. Der Grundsatz der Indemnität schließt eine Zurechnung parlamentarischer Äußerung nicht aus.

Eine gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Zielsetzung einer Partei reicht für die Anordnung eines Parteiverbots nicht aus. Vielmehr muss die Partei auf die Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung „ausgehen“. Ein solches „Ausgehen“ setzt begrifflich ein aktives Handeln voraus. Das Parteiverbot ist kein Gesinnungs- oder Weltanschauungsverbot. Notwendig ist ein Überschreiten der Schwelle zur Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch die Partei. Es muss ein planvolles Vorgehen gegeben sein, das im Sinne einer qualifizierten Vorbereitungshandlung auf die Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder auf die Gefährdung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist.

Dass dadurch eine konkrete Gefahr für die durch Art. 21 Abs. 2 GG geschützten Rechtsgüter begründet wird, ist nicht erforderlich. Allerdings bedarf es konkreter Anhaltspunkte von Gewicht, die einen Erfolg des gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland gerichteten Handelns zumindest möglich erscheinen lassen.

Die Anwendung von Gewalt ist bereits für sich genommen hinreichend gewichtig, um die Annahme der Möglichkeit erfolgreichen Agierens gegen die Schutzgüter des Art. 21 Abs. 2 GG zu rechtfertigen. Gleiches gilt, wenn eine Partei in regional begrenzten Räumen eine „Atmosphäre der Angst“ herbeiführt, die geeignet ist, die freie und gleichberechtigte Beteiligung aller am Prozess der politischen Willensbildung nachhaltig zu beeinträchtigen.

Für die Annahme ungeschriebener Tatbestandsmerkmale ist im Rahmen des Art. 21 Abs. 2 GG kein Raum. Die Wesensverwandtschaft einer Partei mit dem Nationalsozialismus rechtfertigt für sich genommen die Anordnung eines Parteiverbots nicht. Allerdings kommt ihr erhebliche indizielle Bedeutung hinsichtlich der Verfolgung verfassungsfeindlicher Ziele zu. Einer gesonderten Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bedarf es nicht.

Die dargelegten Anforderungen an die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei sind mit den Vorgaben, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Rechtsprechung zu Parteiverboten aus der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) abgeleitet hat, vereinbar.

Nach diesen Maßstäben ist der Verbotsantrag nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts unbegründet:

  • Die NPD strebt nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung an. Sie zielt auf eine Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären „Nationalstaat“. Dieses politische Konzept missachtet die Menschenwürde aller, die der ethnischen Volksgemeinschaft nicht angehören, und ist mit dem grundgesetzlichen Demokratieprinzip unvereinbar.
  • Die NPD arbeitet planvoll und qualifiziert auf die Erreichung ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Ziele hin.
  • Es fehlt jedoch an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass dieses Handeln zum Erfolg führt.

Entwicklung der NPD

Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) wurde am 28.11.1964 als Sammlungsbewegung nationaldemokratischer Kräfte gegründet. Schon im September 1965 verfügte sie über eine annähernd flächendeckende Parteiorganisation in der Bundesrepublik Deutschland und zog zwischen 1966 und 1968 mit Wahlergebnissen zwischen 5,8 % und 9,8 % der abgegebenen gültigen Stimmen und insgesamt 61 Abgeordneten in die Landtage von Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein ein. 1969 scheiterte sie bei der Bundestagswahl mit einem Zweitstimmenanteil von 4,3 % an der Fünf-Prozent-Sperrklausel. Danach konnte die NPD in einem Zeitraum von 35 Jahren bei Landtags- oder Bundestagswahlen kein Mandat mehr erringen.

Erst 2004 zog sie bei der Landtagswahl in Sachsen mit einem Wahlergebnis von 9,2 % der abgegebenen gültigen Stimmen wieder in einen Landtag ein.2006 gelang ihr dies mit 7,3 % der abgegebenen gültigen Stimmen auch in Mecklenburg-Vorpommern. In beide Landtage konnte sie trotz Stimmenverlusten bei der jeweils nachfolgenden Landtagswahl erneut einziehen (mit einem Wahlergebnis in Sachsen im Jahr 2009 von 5,6 % und in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2011 von 6,0 % der abgegebenen gültigen Stimmen). Aufgrund des Wegfalls der Sperrklausel für die Wahl zum Europäischen Parlament zog die NPD 2014 mit einem Wahlergebnis von 1,0 % der abgegebenen gültigen Stimmen mit dem Abgeordneten Udo Voigt in das Europäische Parlament ein.

Gegenwärtig ist die NPD in keinem Parlament auf Bundes- oder Landesebene vertreten. Bei der Bundestagswahl 2013 erreichte sie einen Zweitstimmenanteil von 1,3 %. In Sachsen verpasste sie bei der Landtagswahl 2014 mit 4,9 % der abgegebenen gültigen Stimmen, in Mecklenburg-Vorpommern bei der Landtagswahl 2016 mit einem Zweitstimmenanteil von 3,0 % knapp den Wiedereinzug in den Landtag. Die Wahlergebnisse der NPD lagen bei der jeweils letzten Landtagswahl in den alten Bundesländern zwischen 0,2 % (Bremen) und 1,2 % (Saarland) und in den neuen Bundesländern zwischen 1,9 % (Sachsen-Anhalt) und 4,9 % (Sachsen).

Auf kommunaler Ebene verfügt die NPD seit den Kommunalwahlen 2014 über 367 Mandate, vor allem in den neuen Ländern.

Die Mitgliederzahl der NPD, die 1969 mit 28.000 ihren Höchststand erreicht hatte, sank in den folgenden Jahren zunächst stetig; 1996 verfügte sie nach eigenen Angaben nur noch über 3.240 Mitglieder. Mit der Wahl von Udo Voigt 1996 zum Parteivorsitzenden stieg die Mitgliederzahl wieder an und erreichte 2007 einen (neuen) Höchststand von 7.014 Mitgliedern. Danach fiel der Mitgliederbestand erneut auf 5.048 Mitglieder zum 31.12 2013. Der Parteivorsitzende Frank Franz erklärte beim Bundesparteitag im November 2015 in Weinheim jedoch, dass erstmals seit Jahren wieder ein Mitgliederzuwachs zu verzeichnen sei. In der mündlichen Verhandlung konkretisierte er dies durch die Angabe einer Steigungsrate von 8 % im Vergleich zum Vorjahr.

Die NPD ist in (sechzehn) Landesverbände sowie Bezirks- und Kreisverbände gegliedert. Der Bundesparteitag ist nach § 6 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Satzung (Stand: 21./22.11.2015) das „oberste Organ der NPD. Er bestimmt die politische Zielsetzung und tritt mindestens in jedem zweiten Kalenderjahr zu einer ordentlichen Tagung zusammen.“ Die „politische und organisatorische Führung der NPD“ obliegt gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 der Satzung dem Parteivorstand.

Mit den 1969 gegründeten „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) verfügt die NPD über eine eigene Jugendorganisation, die im Jahr 2012 etwa 350 Mitglieder hatte. Bereits 1966 wurde der „Nationaldemokratische Hochschulbund e.V.“ (NHB) als Unterorganisation der NPD gegründet, der hochschulpolitisch mittlerweile aber nicht mehr in Erscheinung tritt.2003 gründete sich die „Kommunalpolitische Vereinigung der NPD“ (KPV) als bundesweite Interessenvertretung der kommunalen Mandatsträger, 2006 der „Ring Nationaler Frauen“ (RNF), der sich als „Sprachrohr und Ansprechpartner für alle nationalen Frauen, unabhängig von einer Parteimitgliedschaft“ versteht und 2012 rund 100 Mitglieder hatte. Die (Bundes-)Vorsitzenden der Vereinigungen gehören nach § 7 Abs. 3 Satz 1 der NPD-Satzung (Stand: 21./22.11.2015) kraft Amtes dem Parteivorstand der NPD an, „soweit sie Mitglieder der NPD sind“.

Der Rechenschaftsbericht für das Jahr 2013 weist 488.859,96 € (2014: 459.157,77 €) Mitgliedsbeiträge und knapp 804.000,– € (2014: 866.000,– €) Spenden aus; zusammen entspricht dies ungefähr 43,4 % (2014: 43,6 %) der Gesamteinnahmen der Partei1.

Die von der NPD gegründete „Deutsche Stimme Verlags GmbH“ verlegt die Parteizeitung „Deutsche Stimme“. Deren Auflagenhöhe betrug Mitte 2012 nach Angaben der NPD 25.000 Exemplare. Mit DS-TV verfügt sie über einen Videokanal. Darüber hinaus ist die NPD für verschiedene regionale Publikationen verantwortlich und nutzt intensiv das Internet. Sie ist auf Facebook, Twitter und mit Videokanälen auf YouTube vertreten.

Verbotsantrag des Bundesrats

Ein durch Anträge der Bundesregierung, des Deutschen Bundestages und des Bundesrats des vorliegenden Verfahrens im Jahr 2001 eingeleitetes Verfahren zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit und Auflösung der NPD wurde durch Beschluss vom 18.03.2003 eingestellt2.

Mit Schriftsatz vom 01.12 2013 hat der Bundesrat auf der Grundlage seines Beschlusses vom 14.12 20123 die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der NPD und die Auflösung ihrer Parteiorganisation jeweils einschließlich ihrer Teilorganisationen, das Verbot, Ersatzorganisationen zu schaffen oder fortzusetzen, sowie die Einziehung ihres Vermögens und das ihrer Teilorganisationen beantragt. Er hat diesen Antrag auf die erste Alternative des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG gestützt.

Zwischenzeitliche Entscheidungen des BVerfG

Mit Schriftsatz vom 30.12 2013 hat die NPD im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt, den Präsidenten des Deutschen Bundestages zu Abschlagszahlungen aus der staatlichen Parteienfinanzierung ohne Verrechnung gemäß § 31a Abs. 3 Satz 2 PartG mit einem gegen sie festgesetzten Zahlungsanspruch zu verpflichten, hilfsweise das Verfahren auszusetzen, bis der Bundesgesetzgeber die anwaltlichen Vergütungsregelungen für das Parteiverbotsverfahren durch eine verfassungskonforme Regelung ersetzt habe.

Die NPD hat behauptet, dies sei erforderlich, weil sie nicht in der Lage sei, die Mittel zur Finanzierung eines Prozessbevollmächtigten aufzubringen. Eine dem Grundsatz des fairen Verfahrens entsprechende sachgerechte Rechtsverteidigung im Parteiverbotsverfahren sei damit ausgeschlossen.

Mit Beschluss vom 28.01.20144 hat das Bundesverfassungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie den Hilfsantrag auf Aussetzung des Verfahrens abgelehnt. Zur Begründung hat er auf den vorrangig zu beschreitenden Verwaltungsrechtsweg verwiesen. Ergänzend hat er festgestellt, dass eine sachgerechte Rechtsverteidigung auf einen entsprechenden Antrag hin im Wege der Prozesskostenhilfe oder durch eine analoge Anwendung der Regelungen über die notwendige Verteidigung im Strafprozess (§§ 140 ff. StPO) sichergestellt werden könne.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 02.12 2015 gemäß § 45 BVerfGG die Durchführung der mündlichen Verhandlung angeordnet5.

Bedenken gegen die ordnungsgemäße Besetzung des Bundesverfassungsgerichts bestehen für das Bundesverfassungsgerichts nicht. Das Bundesverfassungsgericht ist ordnungsgemäß besetzt. Hinsichtlich der bereits in der mündlichen Verhandlung beschiedenen Besetzungsrügen wird auf die gesondert ergangenen Beschlüsse verwiesen. Die Besetzungsrüge der NPD betreffend den Richter Landau geht ins Leere. Die Amtszeit des Richters ist abgelaufen und er ist mit der Ernennung seiner Nachfolgerin gemäß § 4 Abs. 1 und 4 BVerfGG aus dem Bundesverfassungsgericht ausgeschieden. Demgemäß hat er an der Entscheidung nicht mitgewirkt.

Keine Verfahrenshindernisse („V-Leute“)

Für eine Einstellung des Verfahrens wegen unbehebbarer Verfahrenshindernisse ist kein Raum.

Ein zur Verfahrenseinstellung führendes Hindernis kommt lediglich als ultima ratio möglicher Rechtsfolgen von Verfassungsverstößen in Betracht. Im Parteiverbotsverfahren gemäß Art. 21 Abs. 2 GG setzt dies einen Verfassungsverstoß von erheblichem Gewicht voraus. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn gegen das aus Art. 21 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art.20 Abs. 3 GG folgende Gebot freier und selbstbestimmter Willensbildung und Selbstdarstellung der Partei vor dem Bundesverfassungsgericht verstoßen wird. Mit dem rechtsstaatlichen Gebot strikter Staatsfreiheit ist der Einsatz von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern auf den Führungsebenen einer Partei während eines laufenden Verbotsverfahrens grundsätzlich nicht zu vereinbaren. Gleiches gilt, soweit ein Verbotsantrag im Wesentlichen auf Materialien und Sachverhalte gestützt wird, deren Zustandekommen durch staatliche Quellen beeinflusst wurde. Daneben kommt dem Grundsatz des fairen Verfahrens besondere Bedeutung zu. Der daraus folgende Anspruch einer Prozesspartei, im Rahmen einer von ihr ausgewählten Strategie effektiv Einfluss auf das Verfahren nehmen zu können, steht einem Ausspähen der Prozessstrategie mit nachrichtendienstlichen Mitteln entgegen. Wird diesen Anforderungen nicht genügt, kommt eine Fortsetzung des Parteiverbotsverfahrens grundsätzlich nicht in Betracht. Etwas anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn angesichts der von einer Partei ausgehenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung der Präventionszweck des Parteiverbotsverfahrens die Beeinträchtigung der rechtsstaatlichen Anforderungen an das Parteiverbotsverfahren eindeutig überwiegt.

Weder das Grundgesetz noch das Bundesverfassungsgerichtsgesetz enthalten spezielle Normen zu den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen an die Durchführung eines Verfahrens gemäß Art. 21 Abs. 2 GG, Art. 93 Abs. 1 Nr. 5 GG in Verbindung mit § 13 Nr. 2, §§ 43 ff. BVerfGG sowie zu den Rechtsfolgen von Verstößen gegen solche Anforderungen. Insbesondere fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung der Verfahrenseinstellung wegen nicht behebbarer Verfahrenshindernisse6.

Allerdings hat der Zweite Bundesverfassungsgericht des Bundesverfassungsgerichtes in seiner Entscheidung vom 18.03.20032 hierzu – insoweit im Ansatz übereinstimmend zwischen damaliger Senatsmehrheit und -minderheit – ausgeführt: Kein staatliches Verfahren darf einseitig nur nach Maßgabe des jeweils rechtlich bestimmten Verfahrenszwecks ohne Rücksicht auf mögliche gegenläufige Verfassungsgebote und auf mögliche übermäßige rechtsstaatliche Kosten einseitiger Zielverfolgung durchgeführt werden. Die Durchsetzung jedes staatlichen Verfahrensinteresses muss im Konflikt mit gegenläufigen verfassungsrechtlichen Rechten, Grundsätzen und Geboten als vorzugswürdig nach Maßgabe der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sein7. Weiterhin hat das Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen, dass dem Bundesverfassungsgericht aufgrund seiner alleinigen Zuständigkeit für die Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit einer Partei eine Garantenstellung für die Wahrung rechtsstaatlicher Anforderungen im Verbotsverfahren zukommt. Es hat daher von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen, ob das staatliche Interesse an der weiteren Durchführung des Verfahrens überwiegt, oder ob die Fortsetzung des Verfahrens den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsstaatlichkeit und dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der NPD widerspräche8. Ein zur Verfahrenseinstellung zwingendes Verfahrenshindernis wird dabei allerdings nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen angenommen werden können, wenn die materiellen Ziele des Verfahrens tatsächlich nicht mehr oder nur bei Inkaufnahme unverhältnismäßiger Rechtsverletzungen zu verwirklichen sind9. Die Annahme eines zur Verfahrenseinstellung führenden Verfahrenshindernisses kommt nur als ultima ratio möglicher Rechtsfolgen von Verfassungsverstößen in Betracht10.

Voraussetzung für die Annahme eines unüberwindlichen Verfahrenshindernisses ist demgemäß ein Verfassungsverstoß von erheblichem Gewicht11. Bei weniger schwerwiegenden oder auf andere Weise ausgleichbaren Verfahrensmängeln verbietet sich hingegen eine Verfahrenseinstellung. Sie können durch Rechtsfolgen ausgeglichen werden, die nicht das gesamte Verfahren mit sofortiger Wirkung beenden, wie etwa erhöhte Anforderungen an die Beweiswürdigung oder Beweisverwertungsverbote12.

Für die Frage, ob ein gewichtiger Verfassungsverstoß gegeben ist, sind vor allem die sich spezifisch aus dem Wesen des Parteiverbotsverfahrens gemäß Art. 21 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art.20 Abs. 3 GG ergebenden rechtsstaatlichen Anforderungen zu beachten: Das verfassungsgerichtliche Parteiverbot stellt die schärfste und überdies zweischneidige Waffe des demokratischen Rechtsstaats gegen seine organisierten Feinde dar. Im Parteiverbotsverfahren ist daher ein Höchstmaß an Rechtssicherheit, Transparenz, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit geboten13. Die betroffene Partei erhält vor dem Bundesverfassungsgericht – gegebenenfalls letztmalig – die Chance, dem Vorbringen des oder der Bundesrat, die ein Parteiverbot für erforderlich halten, das Bild einer loyalen verfassungsrechtlichen Institution entgegenzusetzen, deren weitere Teilnahme am Prozess der Volks- und Staatswillensbildung gerade im Interesse einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung notwendig und legitim ist. Staatsfreiheit und Selbstbestimmung gewinnen in dieser Situation eine besonders herausragende Bedeutung14. Es muss gewährleistet sein, dass die Partei ihre Position frei, unbeobachtet und selbstbestimmt darstellen kann. Neben den Geboten der Verlässlichkeit und Transparenz ist die Anforderung strikter Staatsfreiheit im Sinne unbeobachteter selbstbestimmter Willensbildung und Selbstdarstellung vor dem Bundesverfassungsgericht13 unverzichtbar.

Die Tätigkeit von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern auf den Führungsebenen einer Partei während eines gegen diese laufenden Verbotsverfahrens ist mit dem Gebot strikter Staatsfreiheit nicht vereinbar:

Erfolgt die Beobachtung einer als verfassungsfeindlich eingestuften Partei durch V-Leute oder Verdeckte Ermittler, die im Bundesvorstand oder einem Landesvorstand dieser Partei oder in den Vorständen ihrer Teilorganisationen tätig sind, ist deren freie und selbstbestimmte Willensbildung und Selbstdarstellung nicht gewährleistet. V-Leute wirken notwendig als Medien staatlicher Einflussnahme. Ihre Tätigkeit ist durch widersprüchliche Loyalitätsansprüche als Parteimitglieder einerseits und als – in der Regel entgeltlich tätige – Informanten für staatliche Behörden andererseits geprägt, dessen Aufgabe es sein kann, Material für ein mögliches Parteiverbotsverfahren zu beschaffen15. Staatliche Präsenz auf den Führungsebenen der Partei macht Einflussnahmen auf deren Willensbildung und Tätigkeit unvermeidbar16. Ob und inwieweit der Einzelne tatsächlich Einfluss genommen hat, ist regelmäßig nicht nachvollziehbar und daher nicht ausschlaggebend.

Staatliche Stellen müssen rechtzeitig vor dem Eingang des Verbotsantrags beim Bundesverfassungsgericht – spätestens mit der öffentlichen Bekanntmachung der Absicht, einen derartigen Antrag zu stellen – ihre Quellen (V-Leute) in den Vorständen einer politischen Partei abgeschaltet haben und dürfen auch keine die „Abschaltung“ umgehende „Nachsorge“ betreiben; eingeschleuste Personen (Verdeckte Ermittler) sind zurückzuziehen17. Dabei ist die Pflicht zur „Abschaltung“ von V-Leuten und Zurückziehung von Verdeckten Ermittlern auf den Bundesvorstand und die Landesvorstände der Partei sowie ihre Teilorganisationen begrenzt, da es sich hierbei um diejenigen Gremien handelt, die auf die Willensbildung und Selbstdarstellung der Partei während eines laufenden Verbotsverfahrens entscheidenden Einfluss haben. Parteitagsdelegierten, Abgeordneten oder Fraktionsmitarbeitern kommt demgegenüber ein vergleichbarer Einfluss nicht zu.

Die „Abschaltung“ von V-Leuten und die Zurückziehung Verdeckter Ermittler aus den Führungsebenen der Partei nach Bekanntmachung der Absicht, ein Verbotsverfahren einzuleiten, stehen der Forderung, die Handlungsfähigkeit der Organe präventiven Verfassungsschutzes zu erhalten, nicht entgegen. Ein auf die Dauer des Verbotsverfahrens begrenztes Abschalten der V-Leute in den Führungsgremien der Partei setzt die zuständigen Behörden nicht außerstande, unter Einsatz der verbleibenden nachrichtendienstlichen Mittel (einschließlich des Einsatzes von V-Leuten unterhalb der Ebene der Führungsgremien) im rechtlich zulässigen Rahmen verfassungsfeindliche Bestrebungen in gebotenem Umfang aufzuklären. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Beobachtung einer Partei mit nachrichtendienstlichen Mitteln einen schweren Eingriff in das aus der Parteienfreiheit des Art. 21 Abs. 1 GG folgende Selbstbestimmungsrecht darstellt, der in jedem Einzelfall neben einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage einer besonderen Rechtfertigung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bedarf18.

Ebenfalls mit dem Gebot strikter Staatsfreiheit nicht zu vereinbaren ist es, wenn die Begründung eines Verbotsantrags auf Beweismaterialien gestützt wird, deren Entstehung zumindest teilweise auf das Wirken von V-Leuten oder Verdeckten Ermittlern zurückzuführen ist -, bGebot der QuellenfreiheitKeine Verfahrenshindernisse („Ausspähen der Prozessstrategie“)

Hinsichtlich des Ausspähens der Prozessstrategie der NPD hat der Bundesrat dargelegt, dass die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder anlässlich des Bundesratsbeschlusses vom 14.12 2012 zur Durchführung des Verbotsverfahrens angewiesen wurden, keine diesbezüglichen Informationen zu beschaffen oder entgegenzunehmen und jeden Versuch einer entsprechenden Erkenntniszuführung zurückzuweisen sowie die Zurückweisung zu dokumentieren. Neben den diesbezüglichen Weisungen hat er ein Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 29.05.2013 an alle Länder und alle Sicherheitsbehörden des Bundes zur Präzisierung dieser Vorgaben insbesondere im Zusammenhang mit Maßnahmen nach dem G 10-Gesetz vorgelegt. Die jeweilige Umsetzung auf Ebene der Länder und des Bundes belegt der Bundesrat durch Vorlage der entsprechenden Weisungen und Erlasse. Außerdem werden Ausführungen zu jeweils einer G 10-Maßnahme des Bundes sowie der Länder Brandenburg und Sachsen gemacht. Sonstige G 10-Maßnahmen, in denen sich Bezüge zum NPD-Verbotsverfahren ergeben hätten, gebe es nicht.

Der Bundesrat legt zudem ein Schreiben des Bundesamts für Verfassungsschutz vom 10.12 2013 an alle Landesverfassungsschutzämter vor, mit welchem anlässlich der Antragstellung beim Bundesverfassungsgericht „sicherheitshalber“ noch einmal auf den „völligen und ausnahmslos zu berücksichtigenden Verzicht“ auf nachrichtendienstliche Erkenntnisse in Bezug auf das Verbotsverfahren hingewiesen wird. Darüber hinaus haben die Verfahrensbevollmächtigten des Bundesrats erklärt, dass ihnen – abgesehen von allgemein zugänglichen, öffentlichen Äußerungen – keine Informationen zur Prozessstrategie der NPD vorlägen.

Im Hinblick auf die Sicherstellung der privilegierten Stellung des Rechtsanwalt Richter der NPD trägt der Bundesrat vor, dass nach Bekanntwerden seiner Bestellung zusätzliche Maßnahmen ergriffen worden seien, um dessen privilegierte Stellung – unter ausdrücklichem Hinweis auf § 3b Abs. 1 G 10 und § 160a Abs. 1 StPO und explizit auch darüber hinaus – zu garantieren. Im Einzelnen verweist er auf die Musterweisung des Bundes und der Länder vom 17.03.2014 sowie die vorgelegte E-Mail des Vorsitzlandes der Bund-Länder-Arbeitsgruppe vom 16.06.2014 an alle Länder und den Bund betreffend den Verzicht auf die Führung von Personenakten und die rückwirkende Löschung unzulässiger Speicherungen über den Rechtsanwalt Richter der NPD sowie die Beschränkung auf Erkenntnisse aus öffentlichen Quellen.

Die Umsetzung der Musterweisung und der per E-Mail eingeforderten Verhaltensweisen auf Ebene des Bundes und der Länder wird durch Vorlage entsprechender Weisungen und Erlasse dokumentiert. Ergänzend erklärt der Bundesrat, dass vier im Einzelnen bezeichnete Dokumente aus dem Jahr 2015, in denen der Rechtsanwalt Richter der NPD aufgeführt beziehungsweise zu einer Informationsveranstaltung über das Verbotsverfahren eingeladen worden sei, nach Bekanntwerden teilweise vernichtet und im Übrigen mit einer funktionsadäquaten Datenschutzsperre belegt worden seien.

Die vorgelegten Unterlagen reichen aus, die Überzeugung des Bundesverfassungsgerichts zu begründen, dass auf eine Entgegennahme nachrichtendienstlicher Erkenntnisse über die Prozessstrategie der NPD verzichtet wurde. Der Bundesrat hat die entsprechenden Weisungen des Bundes und der Länder lückenlos dokumentiert. Er hat über durchgeführte G 10-Maßnahmen berichtet und dargelegt, dass auch insoweit Informationen über das Verbotsverfahren nicht erlangt wurden beziehungsweise deren Verwertung unterbunden wurde. Umstände, die ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit dieses Vortrags begründen könnten, sind nicht ersichtlich.

Hieran vermag der Vortrag der NPD nichts zu ändern. Weder ist sie in der Lage, Umstände darzulegen, die auf einen Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel zur Ausspähung der Prozessstrategie gegenüber ihrem Rechtsanwalt Richter schließen lassen, noch ist dies gegenüber Angehörigen der Führungsebenen der NPD der Fall.

Sowohl die Schilderung des Verkehrsunfallgeschehens vom 30.11.2012 als auch die sonstigen Ausführungen der NPD sind nicht geeignet, die Vermutung einer Ausspähung der Prozessstrategie durch den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel gegenüber dem Rechtsanwalt Richter der NPD zu begründen.

Einer näheren Aufklärung des Verkehrsunfallgeschehens vom 30.11.2012 bedarf es nicht, da dieses bereits aufgrund des Zeitpunkts nicht im Zusammenhang mit dem Versuch einer Ausspähung der Prozessstrategie der NPD gestanden haben kann und eine mögliche frühere nachrichtendienstliche Beobachtung ihres Rechtsanwalt Richter im vorliegenden Verfahren ohne Belang ist.

Der Unfall zwischen dem im Eigentum der Mutter des Rechtsanwalt Richter der NPD stehenden Kraftfahrzeug und einem Dienstfahrzeug des Landesamts für Verfassungsschutz des Saarlandes ereignete sich am 30.11.2012. Zu diesem Zeitpunkt war die Absicht der Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die NPD noch nicht öffentlich bekannt gemacht. Auch war weder der entsprechende Beschluss des Bundesrats gefasst, noch lag der vorbereitende Beschluss der Regierungschefinnen und der Regierungschefs der Länder vom 06.12 2012 vor. Vor allem war zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht absehbar, dass die NPD einen Vertretungsauftrag an ihren nunmehrigen Rechtsanwalt Richter erteilen würde. Vor diesem Hintergrund ist ausgeschlossen, dass zum Unfallzeitpunkt eine etwaige nachrichtendienstliche Beobachtung des Rechtsanwalt Richter der Ausspähung der Prozessstrategie für das vorliegende Verbotsverfahren dienen sollte.

Dahinstehen kann daher, ob – wie die NPD behauptet – das Verkehrsunfallgeschehen vom 30.11.2012 eine Überwachung ihres Rechtsanwalt Richter mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu diesem Zeitpunkt belegt. Dem steht entgegen, dass der Bundesrat ein Schreiben des Staatssekretärs des saarländischen Ministeriums des Innern vorgelegt hat, in dem dieser eine Überwachung des Rechtsanwalt Richter der NPD verneint und erklärt, dass die das Unfallfahrzeug benutzenden Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz unterwegs gewesen seien, um eine konspirative Wohnung anzumieten und ein Postfach zu leeren. Der Direktor des Landesamts für Verfassungsschutz im Saarland hat diese Darstellung in der mündlichen Verhandlung detailliert und widerspruchsfrei bestätigt.

Im vorliegenden Zusammenhang ist ungeachtet dessen von entscheidender Bedeutung, dass der Bundesrat umfänglich dargelegt hat, welche spezifischen Maßnahmen er ergriffen hat, um der privilegierten Stellung des Rechtsanwalt Richter und der Möglichkeit vertraulicher Kommunikation Rechnung zu tragen. Diese Darlegungen werden durch ein zeitlich weit davorliegendes Verkehrsunfallereignis unter Beteiligung eines Fahrzeuges des saarländischen Verfassungsschutzes nicht in Frage gestellt.

Welche Bedeutung hinsichtlich einer Ausspähung der Prozessstrategie dem Hinweis der NPD zukommen soll, ein Mitarbeiter des bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz habe am 26.02.2014 auf Weisung des Präsidenten der Behörde einen bestehenden Facebook-Kontakt mit dem Rechtsanwalt Richter abgebrochen, erschließt sich nicht. Weder hat die NPD vorgetragen noch entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Verfahrensbevollmächtigte Prozessstrategien über Facebook verbreiten.

Schließlich wird die Glaubhaftigkeit der Darlegungen des Bundesrats zum Unterbleiben einer Ausspähung der Prozessstrategie auch durch die Behauptung der NPD nicht erschüttert, es sei nach „Abschaltung“ der V-Leute grundsätzlich von einer diese „Abschaltung“ kompensierenden Überwachung ihres Rechtsanwalt Richter und der Mitglieder des Parteivorstands der NPD mit sonstigen nachrichtendienstlichen Mitteln auszugehen, was dadurch bestätigt werde, dass die vorgelegten Weisungen sich ausschließlich auf G 10-Maßnahmen beschränkten.

Insoweit trifft schon nicht zu, dass die vom Bundesrat vorgelegten Weisungen und sonstigen Belege ausschließlich G 10-Maßnahmen zum Gegenstand haben. Vielmehr hat er umfänglich ausgeführt und belegt, dass die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder angewiesen waren, nicht nur bei G 10-Maßnahmen bereits in die Vorauswahl keine Informationen über das Verbotsverfahren aufzunehmen, sondern auch keinerlei nachrichtendienstlich erlangte Informationen zur Prozessstrategie der NPD entgegenzunehmen, jeden Versuch einer entsprechenden Erkenntniszuführung zurückzuweisen und zu dokumentieren sowie keine Akten über den Rechtsanwalt Richter der NPD zu führen und unzulässige Speicherungen zu löschen. Vor diesem Hintergrund genügt die bloße Vermutung, bei einer „Abschaltung“ der V-Leute auf den Führungsebenen und einem Verzicht auf G 10-Maßnahmen sei davon auszugehen, dass akustische Wohnraumüberwachungen und Online-Durchsuchungen verstärkt eingesetzt würden, nicht, um die Annahme des Einsatzes dieser nachrichtendienstlichen Mittel gegenüber dem Rechtsanwalt Richter zu begründen.

Auch soweit die NPD die Überwachung von Mitgliedern des Parteivorstands mit nachrichtendienstlichen Mitteln behauptet, zeigt sie keine Umstände auf, die Zweifel daran begründen, dass der besonderen Stellung des Rechtsanwalt Richter Rechnung getragen worden und weder die Prozessstrategie der NPD mit nachrichtendienstlichen Mitteln ausgespäht noch zufällig mit nachrichtendienstlichen Mitteln erlangte Erkenntnisse darüber im laufenden Verbotsverfahren zum Nachteil der NPD verwandt wurden.

Soweit die NPD zum Beweis dieser Behauptung die Vernehmung ihres ehemaligen Bundesschatzmeisters begehrt, ist dem im Ergebnis nicht zu folgen. Es kann dahinstehen, ob der benannte Zeuge bei einer polizeilichen Vernehmung im Rahmen eines gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahrens mit wörtlichen Aussagen konfrontiert wurde, die er während einer Parteivorstandssitzung getätigt haben soll. Selbst wenn dies der Fall wäre, bedeutet das nicht, dass die Kenntnis von diesen Aussagen auf der nachrichtendienstlichen Überwachung des Bundesvorstands der NPD beruhte. Erst recht ergibt sich hieraus nichts für die Behauptung, dass Gegenstand dieser Überwachung die Ausspähung der Prozessstrategie der NPD im laufenden Verbotsverfahren gewesen sei, oder dafür, dass insoweit relevante Erkenntnisse erlangt worden seien, zumal die NPD jede zeitliche Einordnung der Äußerungen des benannten Zeugen, der nicht mehr Mitglied des Bundesvorstands ist, unterlässt.

Nicht angezeigt ist zudem eine von der NPD angeregte Vernehmung des ehemaligen Mitarbeiters des US-Geheimdienstes Edward Snowden. Der Vortrag der NPD bleibt rein spekulativ. Es erscheint bereits fernliegend, dass der benannte Zeuge bestätigen kann, dass eine nachrichtendienstliche Überwachung der Vorstandsmitglieder oder des Rechtsanwalt Richter der NPD durch ausländische Geheimdienste stattgefunden hat und die dabei gesammelten Informationen an die nationalen Sicherheitsbehörden der Bundesrepublik Deutschland weitergegeben wurden. Noch ferner liegt die Annahme, dass der benannte Zeuge sich darüber hinausgehend auch noch dazu äußern kann, ob dieser Informationsaustausch die Verteidigungsstrategie oder den Kontakt der NPD mit ihrem Rechtsanwalt Richter im laufenden Parteiverbotsverfahren betraf.

Schließlich ist auch der in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Sachverhalt, dass zwei Landesvorstandsmitglieder des Landesverbands Nordrhein-Westfalen der NPD vom 10.07.2015 bis zum 9.08.2015 Gegenstand einer polizeilichen Überwachung und Datenerhebung waren, nicht geeignet, die Richtigkeit des Vortrags des Bundesrats, eine Ausspähung der Prozessstrategie der NPD finde nicht statt, zu erschüttern.

Nach der glaubhaften und von der NPD nicht in Zweifel gezogenen Auskunft des Landeskriminaldirektors S. in der mündlichen Verhandlung waren nicht die beiden Mitglieder des Landesvorstands Ziel der Überwachungsmaßnahme, sondern ein sogenannter Gefährder aus der rechtsextremen Szene, dessen Haftentlassung bevorstand und dessen Wohnsitznahme festgestellt werden sollte. Die Landesvorstandsmitglieder seien nur deshalb mittelbar von der Maßnahme erfasst worden, weil sie den Betroffenen bei seiner Haftentlassung abgeholt hätten. Nach dessen Wohnsitznahme sei die Maßnahme sofort eingestellt worden. Ziel der Maßnahme war also keineswegs, wie die NPD „ins Blaue“ hinein vermutet, die Ausspähung eines weiteren Landesvorstandsmitglieds. Die Maßnahme war auch weder auf die Erlangung von Informationen über die Prozessstrategie der NPD gerichtet, noch fielen in diesem Rahmen derartige Erkenntnisse an.

Im Ergebnis ist demnach davon auszugehen, dass von staatlichen Stellen keine nachrichtendienstlich erlangten Informationen über die Prozessstrategie der NPD ermittelt oder entgegengenommen wurden und der privilegierten Stellung ihres Rechtsanwalt Richter – insbesondere im Hinblick auf die in § 3b Abs. 1 G 10 und § 160a Abs. 1 StPO normierten Einschränkungen für entsprechende Ermittlungsmaßnahmen im Fall zeugnisverweigerungsberechtigter Berufsgeheimnisträger – Rechnung getragen wurde. Auch unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens liegt daher ein Verfahrenshindernis nicht vor.

Keine vorübergehende Aussetzungs des Verbotsverfahrens

Der (höchst hilfsweise) gestellte Antrag der NPD auf Aussetzung des Verbotsverfahrens, bis der vom Deutschen Bundestag am 20.03.2014 eingesetzte Untersuchungsausschuss zur NSA-Abhör-Affäre seinen Abschlussbericht vorgelegt hat, steht in keinem erkennbaren Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren. Selbst wenn die NPD von Abhörmaßnahmen ausländischer Dienste betroffen gewesen wäre, könnte eine Verfahrensrelevanz allenfalls gegeben sein, wenn bei den Maßnahmen Erkenntnisse über die Prozessstrategie angefallen, diese an deutsche Behörden weitergeleitet und dort – entgegen den vorliegenden Weisungen – entgegengenommen und zum Nachteil der NPD verwertet worden wären. Die NPD benennt keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte hierfür. Sie trägt auch insoweit ausschließlich „ins Blaue“ hinein vor.

Außerdem ist nicht ersichtlich, warum das hiesige Verfahren bis zur Vorlage des Abschlussberichts des NSA-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages ausgesetzt werden sollte, da weder der Einsatz von V-Leuten noch das Ausspähen der Prozessstrategie der NPD Gegenstand des Bundestagsuntersuchungsausschusses ist. Ein – wie auch immer gearteter – Erkenntnisfortschritt für das Vorliegen von Verfahrenshindernissen im hiesigen Parteiverbotsverfahren durch die Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses des Bundestages ist nicht erwartbar.

Vertretung des antragstellenden Bundesrats

Der Zulässigkeit des Antrags auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der NPD steht nicht das Erfordernis ordnungsgemäßer Vertretung des Bundesrats entgegen.

Die Verfahrensbevollmächtigten des Bundesrats sind wirksam bevollmächtigt.

Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG bedarf die Prozessvollmacht, die durch einen Vertretungsberechtigten erteilt werden muss, zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht das Vorliegen einer solchen Vollmacht von Amts wegen zu prüfen19.

Die vom Bundesrat vorgelegten Vollmachten genügen diesen Anforderungen, da der Direktor des Bundesrates zu ihrer Unterzeichnung befugt gewesen ist. Dies ergibt sich bereits aus der Aufgabenzuweisung an den Direktor des Bundesrates gemäß § 14 Abs. 2 GOBR. Hinzu kommt, dass der Präsident des Bundesrates den Direktor vorliegend ausdrücklich beauftragt hat, die Prozessvollmachten zu unterzeichnen.

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 GOBR vertritt der Präsident des Bundesrates die Bundesrepublik Deutschland in allen Angelegenheiten des Bundesrates. Im Falle seiner Verhinderung oder bei vorzeitiger Beendigung seines Amts vertreten ihn gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 GOBR die Vizepräsidenten nach Maßgabe ihrer Reihenfolge.

Der Direktor des Bundesrates leitet gemäß § 14 Abs. 2 GOBR das Sekretariat des Bundesrates im Auftrag des Präsidenten und unterstützt diesen bei der Führung seiner Amtsgeschäfte. Da der Präsident und die Mitglieder des Bundesrates nicht ständig anwesend sind, kommt dem Sekretariat mit dem Direktor an seiner Spitze wesentliche Bedeutung für die Kontinuität der Arbeit des Bundesrates zu20. Dies zeigt sich in den zahlreichen Aufgaben des Direktors, die über die Leitung der Verwaltung hinausgehen, vor allem in der dem Direktor obliegenden ständigen Kontaktpflege zu den übrigen Verfassungsorganen und den Landesregierungen sowie seinen Pflichten bei der Vorbereitung von Sitzungen und der Zuweisung von Vorlagen an die Ausschüsse21.

Teil seiner Leitungsaufgaben, insbesondere bei Abwesenheit des Präsidenten, ist die Außenvertretung des Bundesrates im Auftrag des Präsidenten. Dies schließt die Erteilung von Prozessvollmachten an die durch den Präsidenten des Bundesrates bestimmten Verfahrensbevollmächtigten ein. Dass § 14 Abs. 2 GOBR die Befugnis des Direktors des Bundesrates zur Unterzeichnung der Prozessvollmacht gemäß § 22 BVerfGG beinhaltet, entspricht der bisherigen Staatspraxis, die bei der Auslegung der Geschäftsordnung als Ausfluss des Selbstorganisationsrechts des Bundesrates zu berücksichtigen ist22.

Darüber hinaus hat der Präsident des Bundesrates den Direktor vorliegend ausdrücklich mit der Erteilung der Vollmachten beauftragt: Der Bundesrat hat durch Plenarbeschluss vom 14.12 20123 beschlossen, den Verbotsantrag zu stellen, und den Präsidenten gebeten, einen Verfahrensbevollmächtigten mit der Antragstellung, der Begründung und der Prozessführung zu betrauen. Der Präsident hat sodann nach der durch die NPD nicht bestrittenen Darstellung des Bundesrats nach Zustimmung des ständigen Beirates des Bundesrates (vgl. § 9 GOBR) den Direktor ersucht, Prof. Dr. Möllers und Prof. Dr. Waldhoff zu Verfahrensbevollmächtigten des Bundesrates zu bestellen. Damit hat er den Direktor jedenfalls ausdrücklich bevollmächtigt, die Prozessvollmacht gemäß § 22 Abs. 2 BVerfGG zu erteilen. Einer Unterzeichnung der Vollmacht durch den Präsidenten des Bundesrates bedurfte es nicht.

Zulässigkeit des Verbotsantrags

Der Zulässigkeit des Antrags auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der NPD ergibt sich weder aus einer verfassungswidrigen Ausgestaltung der Antragsbefugnis im Parteiverbotsverfahren gemäß § 43 BVerfGG noch aus dem Fehlen einer Rechtsgrundlage für das beantragte Verbot aufgrund der Unanwendbarkeit des Tatbestandsmerkmals „Beeinträchtigen“ in Art. 21 Abs. 2 GG.

Eine Unzulässigkeit des Antrags ergibt sich entgegen der Auffassung der NPD auch nicht aus dem Numerus clausus der Antragsberechtigten im Verbotsverfahren gemäß § 43 BVerfGG. Soweit die NPD meint, § 43 BVerfGG sei verfassungswidrig, weil er unter Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit gemäß Art. 21 Abs. 1 GG keine Antragsbefugnis für politische Parteien im Parteiverbotsverfahren vorsehe, vermag dies jedenfalls ein Fehlen der Antragsbefugnis des Bundesrats im vorliegenden Verfahren nicht zu begründen.

Es kann dahinstehen, ob eine Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit der Parteien gemäß Art. 21 Abs. 1 GG überhaupt in Betracht kommt, wenn der Gesetzgeber in Wahrnehmung des ihm nach Art. 21 Abs. 3 GG übertragenen Gestaltungsauftrags sämtliche Parteien gleichermaßen von der Möglichkeit der Beantragung eines Parteiverbots ausschließt. Selbst wenn dies der Fall wäre, ergäbe sich daraus allenfalls ein Erfordernis, den Kreis der Antragsberechtigten gemäß § 43 BVerfGG de lege ferenda zu erweitern. Eine Infragestellung der Antragsberechtigung des Bundesrats ist damit nicht verbunden.

Die Unzulässigkeit des Verbotsantrags folgt schließlich nicht aus der Auffassung der NPD, für das beantragte Parteiverbot fehle es an einer Rechtsgrundlage. Ob es sich, wie die NPD meint, bei dem Tatbestandsmerkmal der „Beeinträchtigung“ der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Art. 21 Abs. 2 GG um ein Redaktionsversehen handelt, kann mit Blick auf die Zulässigkeit des vorliegenden Antrags dahinstehen. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass – entgegen der Darstellung der NPD – der Bundesrat nicht nur geltend macht, die NPD strebe eine „Beeinträchtigung“ der freiheitlichen demokratischen Grundordnung an, sondern seinen Antrag ausdrücklich auch auf das Ziel einer „Beseitigung“ dieser Ordnung durch die NPD stützt. Im Übrigen richtet sich der Einwand der NPD auf eine dem Wortlaut widersprechende Verengung des Geltungsbereichs von Art. 21 Abs. 2 GG, worauf im Rahmen der Begründetheitsprüfung näher einzugehen ist. Die Zulässigkeit des Verbotsantrags berührt dieser Vortrag der NPD nicht. Dies gilt auch, soweit sie geltend macht, Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG erlaube nur die Feststellung der Verfassungswidrigkeit, hingegen nicht das Verbot einer Partei.

Maßstab für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit

Das Parteiverbot ist Teil der Konstitutionalisierung der politischen Parteien in Art. 21 GG und steht mit demokratischen Grundprinzipien nicht in Widerspruch. Art. 21 Abs. 2 GG ist nicht im Hinblick auf die Möglichkeit einer originären Verfassungsneuschöpfung im Rahmen von Art. 146 GG unanwendbar. Ebenso wenig hat er unter den Bedingungen gefestigter demokratischer Strukturen seinen Geltungsanspruch verloren. Schließlich ist er auch nicht als Bestandteil des verfassungsrechtlichen Notstandsrechts zu interpretieren. Allerdings ist der Tatsache, dass ein Parteiverbot einen schwerwiegenden Eingriff in die Freiheit der politischen Willensbildung in ihrer Ausprägung als Parteienfreiheit des Art. 21 Abs. 1 GG darstellt, bei der Konkretisierung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 GG Rechnung zu tragen.

Mit Art. 21 GG wurde den politischen Parteien erstmals ein eigener verfassungsrechtlicher Status zuerkannt. Im Unterschied zur Weimarer Reichsverfassung, die sich einer verfassungsrechtlichen Qualifizierung der politischen Parteien enthielt, weist das Grundgesetz ihnen eine besondere – im Vergleich zu Vereinigungen im Sinne von Art. 9 Abs. 1 GG hervorgehobene23 – Stellung zu. Sie werden durch Art. 21 GG in den Rang einer verfassungsrechtlichen Institution erhoben24 und als notwendige „Faktoren des Verfassungslebens“25 anerkannt. Die Wahrnehmung der ihnen zugewiesenen verfassungsrechtlichen Aufgabe der Mitwirkung bei der politischen Willensbildung des Volkes setzt die in Art. 21 Abs. 1 GG garantierte Freiheit ihrer Gründung und Betätigung voraus.

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Teil des Prozesses der Konstitutionalisierung der politischen Parteien war die Festschreibung der Möglichkeit des Parteiverbots. So sah bereits Art. 47 Abs. 4 des auf Herrenchiemsee ausgearbeiteten Entwurfs eines Grundgesetzes (HerrenChE) die Möglichkeit eines Verbots politischer Parteien, „die sich nach der Art ihrer Tätigkeit die Beseitigung der freiheitlichen und demokratischen Grundordnung zum Ziel gesetzt haben“, durch das Bundesverfassungsgericht vor26. Auch im Parlamentarischen Rat stand die verfassungsrechtliche Verankerung des Parteiverbots dem Grunde nach außer Streit, so dass lediglich Einzelfragen der Ausgestaltung des entsprechenden Tatbestands erörtert wurden27.

Die Etablierung des Parteiverbots in Art. 21 Abs. 2 GG war Ausdruck des Bestrebens des Verfassungsgebers, strukturelle Voraussetzungen zu schaffen, um eine Wiederholung der Katastrophe des Nationalsozialismus und eine Entwicklung des Parteiwesens wie in der Endphase der Weimarer Republik zu verhindern28. Art. 21 Abs. 2 GG ist darauf gerichtet, Risiken zu begegnen, die von der Existenz einer Partei mit verfassungsfeindlicher Grundtendenz und ihren typischen verbandsmäßigen Wirkungsmöglichkeiten ausgehen29. Einer solchen Partei soll – entsprechend der Forderung „keine unbedingte Freiheit für die Feinde der Freiheit“30 – nicht die Möglichkeit eröffnet werden, die Parteienfreiheit des Art. 21 Abs. 1 GG zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu missbrauchen.

Dieses Konzept des Schutzes der Freiheit durch eine Beschränkung der Freiheit steht zu der Grundentscheidung der Verfassung in Art.20 Abs. 2 GG für einen Prozess der staatsfreien und offenen Meinungs- und Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen31 nicht in Widerspruch. Um eine freiheitliche demokratische Ordnung dauerhaft zu etablieren, will das Grundgesetz nicht auch die Freiheit gewährleisten, die Voraussetzungen der freiheitlichen Demokratie zu beseitigen und die gewährte Freiheit zur Abschaffung dieser Ordnung zu missbrauchen. Art. 21 Abs. 2 GG zielt daher auf den Schutz der grundlegenden Werte, die für ein friedliches und demokratisches Zusammenleben der Bürgerinnen und Bürger unverzichtbar sind.

Das Grundgesetz nimmt vor diesem Hintergrund aus dem Pluralismus von Zielen und Wertungen, die in den politischen Parteien Gestalt gewonnen haben, gewisse Grundprinzipien der Staatsgestaltung heraus, die, wenn sie einmal auf demokratische Weise gebilligt sind, als absolute Werte anerkannt und deshalb entschlossen gegen alle Angriffe verteidigt werden sollen. Ziel ist eine Synthese zwischen dem Prinzip der Toleranz gegenüber allen politischen Auffassungen und dem Bekenntnis zu gewissen unantastbaren Grundwerten der Staatsordnung. Demgemäß ist Art. 21 Abs. 2 GG Ausdruck des bewussten verfassungspolitischen Willens zur Lösung eines Grenzproblems der freiheitlichen demokratischen Staatsordnung, Niederschlag der Erfahrungen eines Verfassungsgebers, der in einer bestimmten historischen Situation das Prinzip der Neutralität des Staates gegenüber den politischen Parteien nicht mehr rein verwirklichen zu dürfen glaubte, Bekenntnis zu einer – in diesem Sinne – streitbaren Demokratie32.

Der Einwand der NPD, ein Parteiverbot, das zur Ausschaltung einer kompletten politischen Richtung führe, verstoße gegen das demokratische Prinzip der Volkssouveränität („Das Volk hat immer Recht“), geht deshalb fehl. Sie lässt außer Betracht, dass Demokratie und Volkssouveränität sich nur in einem freiheitlichen Rahmen entfalten können. Die gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung als Kern demokratischen Handelns setzt den Bestand einer freiheitlichen Ordnung voraus. Strebt eine politische Partei eine Beseitigung dieser Ordnung an, zielt ihr Verbot nicht auf eine Einschränkung, sondern auf die Gewährleistung von Demokratie und Volkssouveränität. Die Unzulässigkeit der Änderung zentraler Bestimmungen der Verfassung und die Begrenzung demokratischer Mitwirkungsrechte, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten, sind daher nicht nur als von außen gesetzte Schranken zu verstehen, sondern vielmehr auch als Ausdruck einer dem Demokratieprinzip eigenen Selbstbeschränkung, indem sie eine dauerhafte Demokratie gewährleisten sollen. Herrschaft auf Zeit als Wesensgehalt von Demokratie erfordert, dass die jeweilige Mehrheit in (steter) Konkurrenz zur Minderheit steht und diese die Chance hat, selbst zur Mehrheit zu werden. Die vorübergehende Mehrheit darf daher nicht die offene Tür, durch die sie eingetreten ist, hinter sich zuschlagen33. Soweit ein Parteiverbot dazu führt, dass bestimmte politische Auffassungen tatsächlich aus dem Prozess der politischen Willensbildung ausgeschlossen werden, entspricht dies gerade der Grundentscheidung der Verfassung für eine „streitbare Demokratie“, die ihre grundlegenden, für ein friedliches und demokratisches Zusammenleben unverzichtbaren Werte nicht zur Disposition stellt. Das Parteiverbot gemäß Art. 21 Abs. 2 GG verstößt daher nicht gegen die Prinzipien der Demokratie und Volkssouveränität im Sinne des Art.20 Abs. 1 und Abs. 2 GG, sondern gestaltet diese aus34.

Die durch Art. 146 GG eröffnete Möglichkeit einer originären Verfassungsneuschöpfung steht einer Anwendbarkeit von Art. 21 Abs. 2 GG nicht entgegen. Unabhängig von der Frage, ob Art. 146 GG lediglich in Fällen einer Verfassungsnovation unter Beachtung der Grundsätze des Art. 79 Abs. 3 GG oder auch bei einer Totalrevision des Grundgesetzes anwendbar ist35, bleibt das Grundgesetz bis zum Inkrafttreten einer in freier Entscheidung des deutschen Volkes beschlossenen neuen Verfassung in vollem Umfang in Kraft36. Auch wenn Art. 146 GG dem Verfassungsgeber die Möglichkeit einer völligen Neuschöpfung der Verfassung eröffnen sollte, wird dadurch für die Dauer der Geltung des Grundgesetzes ein auf die Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtetes aktives Handeln einer politischen Partei nicht legitimiert. Diese kann sich auf die Parteienfreiheit des Art. 21 Abs. 1 GG nur berufen, soweit ihr Handeln nicht gegen den unantastbaren Kernbestand einer freiheitlichen Demokratie gerichtet ist.

Eine Unanwendbarkeit von Art. 21 Abs. 2 GG kann auch nicht damit begründet werden, dass der Vorschrift lediglich ein transitorischer Charakter zur Gestaltung des Übergangs vom Nationalsozialismus zur freiheitlichen Demokratie zukomme, so dass die Norm mittlerweile ihren Geltungsanspruch verloren habe37. Dabei kann dahinstehen, ob die bloße Nichtanwendung einer Norm über einen längeren Zeitraum zu ihrem Geltungsverlust führen kann38, denn es ist nicht nur in den Verbotsverfahren gegen die SRP39 und die KPD40, sondern auch in den Verfahren gegen die „Nationale Liste (NL)“41 und die „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP)“42 sowie im vorausgegangenen Verbotsverfahren gegen die NPD2 auf Art. 21 Abs. 2 GG zurückgegriffen worden.

Ein Verlust des Geltungsanspruchs der Norm käme allenfalls bei einer Ausgestaltung als bloßer Übergangsregelung in Betracht. Hierfür ergeben sich bereits aus dem Wortlaut der Norm keinerlei Anhaltspunkte. Außerdem ist der Schutzzweck von Art. 21 Abs. 2 GG, der darauf abzielt, Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung aufgrund des Erstarkens antidemokratischer Parteien durch deren Verbot abzuwehren, nicht auf die Phase der Konstituierung der freiheitlichen Demokratie des Grundgesetzes beschränkt. Die Sicherung der Stabilität der demokratischen Strukturen im Geltungsbereich des Grundgesetzes bleibt eine Daueraufgabe. Ungeachtet der Frage, ob unter den gegenwärtigen demokratischen Bedingungen der Rückgriff auf das Parteiverbot im Vergleich zu einer Bekämpfung antidemokratischer Positionen im Wege der öffentlichen politischen Auseinandersetzung vorzugswürdig erscheint, führt die Veränderung der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse seit Inkrafttreten des Grundgesetzes jedenfalls nicht zu einer grundsätzlichen Unanwendbarkeit von Art. 21 Abs. 2 GG.

Unzutreffend ist schließlich auch die Auffassung der NPD, Art. 21 Abs. 2 GG sei im Lichte der verfassungsrechtlichen Notstandsregelungen in Art. 91 GG und Art. 87a Abs. 4 GG zu interpretieren mit der Folge, dass Schutzgut der Vorschrift nicht eine abstrakte Ansammlung von Verfassungsprinzipien, sondern das Funktionieren staatlicher Einrichtungen sei und ein Parteiverbot nur als legitim angesehen werden könne, wenn die Partei sich an gewaltsamen Umsturzbewegungen beteilige.

Einem Rückgriff auf die Regelungen des verfassungsrechtlichen Notstandes gemäß Art. 87a Abs. 4, Art. 91 GG zur Auslegung von Art. 21 Abs. 2 GG stehen bereits die unterschiedlichen tatbestandlichen Voraussetzungen entgegen: Während Art. 87a Abs. 4 GG und Art. 91 GG eine „drohende Gefahr“ für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes voraussetzen, ist dies bei Art. 21 Abs. 2 GG nicht der Fall. Ausreichend für ein Parteiverbot ist der Umstand, dass eine Partei „darauf ausgeht“, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Entsprechend handelt es sich bei Art. 21 Abs. 2 GG nicht um eine Regelung zur Abwehr konkreter Gefahren. Vielmehr soll im Wege präventiven Verfassungsschutzes43 die Entstehung konkreter Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung bereits weit im Vorfeld verhindert werden. Eine an den verfassungsrechtlichen Notstandsregelungen orientierte Neubestimmung der Parteiverbotskonzeption des Art. 21 Abs. 2 GG scheidet daher aus. Vielmehr ist dessen Regelungsgehalt eigenständig unter Berücksichtigung seines Präventionscharakters zu bestimmen.

Bei der Auslegung von Art. 21 Abs. 2 GG ist den verfassungsrechtlichen Grundentscheidungen für die Offenheit des Prozesses der politischen Willensbildung, die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und die Parteienfreiheit (Art. 21 Abs. 1 GG) und dem sich daraus ergebenden Ausnahmecharakter der Norm Rechnung zu tragen.

Das Grundgesetz geht davon aus, dass nur die ständige geistige Auseinandersetzung zwischen den einander begegnenden sozialen Kräften und Interessen, den politischen Ideen und damit auch den sie vertretenden Parteien der richtige Weg zur Bildung des Staatswillens ist44. Es vertraut auf die Kraft dieser Auseinandersetzung als wirksamste Waffe auch gegen die Verbreitung totalitärer und menschenverachtender Ideologien45. Dabei erkennt es in Art. 21 Abs. 1 GG den Parteien als notwendigen Instrumenten für die politische Willensbildung des Volkes eine besondere Rolle zu46. Ein Parteiverbot stellt demgemäß einen schwerwiegenden Eingriff in die Freiheit der politischen Willensbildung und die Parteienfreiheit des Art. 21 Abs. 1 GG dar, der nur unter besonderen Voraussetzungen gerechtfertigt sein kann. Art. 21 Abs. 2 GG ist als „demokratieverkürzende Ausnahmenorm“ zurückhaltend anzuwenden47. Aus diesem Grund bedarf es einer restriktiven Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale der Norm, die dem Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen der Parteienfreiheit des Art. 21 Abs. 1 GG und dem Parteiverbot des Art. 21 Abs. 2 GG Rechnung trägt. Zugleich ist für die Annahme von ungeschriebenen, den Anwendungsbereich der Norm erweiternden Tatbestandsmerkmalen kein Raum48.

Die restriktive Auslegung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 GG trägt des Weiteren dem Umstand Rechnung, dass zwingende Rechtsfolge eines Parteiverbots die mit der Feststellung der Verfassungswidrigkeit verbundene Auflösung der Partei ist.

Bis zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit durch das Bundesverfassungsgericht ist ein administratives Einschreiten gegen den Bestand einer politischen Partei schlechthin ausgeschlossen, mag diese sich gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung auch noch so feindlich verhalten49. Die Partei darf zwar politisch bekämpft werden, sie soll aber in ihrer politischen Aktivität von jeder Behinderung frei sein50. Das Grundgesetz nimmt in seiner gegenwärtigen Form die Gefahr, die in der Tätigkeit einer Partei bis zur Feststellung ihrer Verfassungswidrigkeit liegt, um der politischen Freiheit willen in Kauf51.

Ergibt hingegen die Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 GG, ist die Feststellung der Verfassungswidrigkeit und die Auflösung der Partei zwingend vorgegeben. Die Auffassung der NPD, Art. 21 Abs. 2 GG ermögliche lediglich die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei und überlasse es dem „mündigen Bürger“, eine entsprechende verfassungsrechtliche Erkenntnis durch Nichtwahl einer als verfassungswidrig erkannten Partei zu „vollstrecken“, so dass die in § 46 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG vorgesehene Auflösung einer Partei die Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen überschreite, geht fehl. Sie entspricht nicht dem Regelungskonzept des Art. 21 GG. Die Vorschrift ist darauf gerichtet, die Mitwirkung einer Partei an der politischen Willensbildung des Volkes durch einen staatlichen Eingriff zu unterbinden. Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit durch das Bundesverfassungsgericht soll die Teilnahme der Partei an der politischen Willensbildung dauerhaft beenden. Nur so kann sich der angestrebte präventive Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entfalten. Findet aber eine Mitwirkung an der politischen Willensbildung nicht (mehr) statt, entfällt ein unverzichtbares Element des Parteibegriffs (vgl. § 2 PartG). Die mit der Feststellung der Verfassungswidrigkeit verbundene Beendigung der Beteiligung an der politischen Willensbildung führt notwendig zum Verlust des Status einer politischen Partei. Daher hat der Gesetzgeber mit der Regelung des § 46 Abs. 3 BVerfGG, wonach mit der Feststellung der Verfassungswidrigkeit die Auflösung der Partei zu verbinden ist, den ihm durch Art. 21 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich übertragenen Gestaltungsauftrag nicht überschritten52. Gleiches gilt für das Verbot der Schaffung von Ersatzorganisationen und die fakultative Einziehung des Parteivermögens gemäß § 46 Abs. 3 Satz 1 und 2 BVerfGG. Einer Vollziehung der Feststellungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes durch eine Nichtwahl seitens der Bürgerinnen und Bürger scheidet daher aus. Auch für ein Weiterbestehen der Partei als Vereinigung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 GG ist kein Raum. Auch scheidet eine lediglich befristete Aberkennung des Parteistatus nach dem derzeitigen Regelungskonzept des Art. 21 Abs. 2 GG in Verbindung mit § 46 Abs. 3 BVerfGG aus. Eine Modifizierung dieses Regelungskonzepts, etwa hinsichtlich der Schaffung von Möglichkeiten gesonderter Sanktionierung im Fall der Erfüllung einzelner Tatbestandsmerkmale des Art. 21 Abs. 2 GG unterhalb der Schwelle des Parteiverbots, ist dem verfassungsändernden Gesetzgeber vorbehalten. Umso notwendiger ist es, die Voraussetzungen eines Parteiverbots so eng zu fassen, dass sie dem Gewicht des Eingriffs in die Parteienfreiheit Rechnung tragen.

Der Verbotsantrag des Bundesrats betrifft das Schutzgut der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“, auf deren „Beeinträchtigung oder Beseitigung“ eine Partei „nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger“ „ausgehen“ muss. Weitere ungeschriebene Tatbestandsmerkmale für ein Parteiverbot bestehen nicht.

Der Begriff der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ ist durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung konkretisiert worden. Sein Regelungsgehalt kann nicht durch einen pauschalen Rückgriff auf Art. 79 Abs. 3 GG bestimmt werden, sondern beschränkt sich auf die für den freiheitlichen demokratischen Verfassungsstaat schlechthin unverzichtbaren Grundsätze. Dabei steht das Prinzip der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) im Vordergrund, das durch die Grundsätze der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit näher ausgestaltet wird.

Im SRP, Urteil hat das Bundesverfassungsgericht bereits festgestellt, dass eine Partei nur aus dem politischen Leben ausgeschaltet werden darf, wenn sie die obersten Grundsätze der freiheitlichen Demokratie ablehnt53. Diese obersten Grundsätze bilden die freiheitliche demokratische Grundordnung, der nach der im Grundgesetz getroffenen verfassungspolitischen Entscheidung die Vorstellung zugrunde liegt, dass der Mensch in der Schöpfungsordnung einen eigenen selbstständigen Wert besitzt und dass Freiheit und Gleichheit dauernde Grundwerte der staatlichen Einheit sind. Daher ist die freiheitliche demokratische Grundordnung eine wertgebundene Ordnung. Sie ist das Gegenteil des totalen Staates, der als ausschließliche Herrschaftsmacht Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit ablehnt54.

Freiheitliche demokratische Grundordnung und verfassungsmäßige Ordnung sind mithin zu unterscheiden. Die freiheitliche demokratische Grundordnung beschränkt sich auf diejenigen Prinzipien, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit gewährleisten55. Davon ausgehend hat das Bundesverfassungsgericht dieser Ordnung aus einer Gesamtinterpretation des Grundgesetzes und seiner Einordnung in die moderne Verfassungsgeschichte56 zunächst folgende acht Elemente zugeordnet: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition57.

Im KPD-Urteil hat das Bundesverfassungsgericht ferner als Teil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung die Vereinigungsfreiheit58 sowie insbesondere den aus dem Mehrparteienprinzip fließenden Parlamentarismus59 bezeichnet. Daneben wird auf das Erfordernis freier Wahlen mit regelmäßiger Wiederholung in relativ kurzen Zeitabständen und die Anerkennung von Grundrechten60 verwiesen, wobei das Bundesverfassungsgericht die Menschenwürde als obersten und unantastbaren Wert in der freiheitlichen Demokratie besonders herausgestellt hat61.

In der Folgezeit hat das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung bestätigt62 und den Katalog der Elemente, die die freiheitliche demokratische Grundordnung bilden, um das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung63, den freien und offenen Prozess der Meinungs- und Willensbildung des Volkes64, die Rundfunk, Presse- und Informationsfreiheit65, das Bekenntnis zu religiöser und weltanschaulicher Neutralität66 und die Religionsfreiheit67 ergänzt. Auch in diesem Zusammenhang hat es immer wieder auf die elementare Bedeutung des Art. 1 Abs. 1 GG hingewiesen68.

Die mit der Beschreibung des Begriffs der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verbundene katalogartige Aufzählung einzelner Rechtsinstitute wird im Schrifttum unter den Gesichtspunkten der Unvollständigkeit, Beliebigkeit, Unbestimmtheit, Missbrauchsanfälligkeit und fehlender Systematik teilweise kritisiert69. Dabei wird verkannt, dass zwischen den Kernelementen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und den sich daraus ergebenden (fallbezogenen) Ableitungen zu unterscheiden ist.

Der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne von Art. 21 Abs. 2 GG erfordert eine Konzentration auf wenige, zentrale Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unentbehrlich sind. Ein derartiger reduzierter Ansatz erscheint nicht zuletzt durch den Ausnahmecharakter des Parteiverbots geboten. Die Grundentscheidung der Verfassung für einen offenen Prozess der politischen Willensbildung hat zur Folge, dass auch das kritische Hinterfragen einzelner Elemente der Verfassung möglich sein muss, ohne dass dadurch ein Parteiverbot ausgelöst werden kann. Ein Ausschluss aus dem Prozess der politischen Willensbildung kommt erst in Betracht, wenn dasjenige in Frage gestellt und abgelehnt wird, was zur Gewährleistung eines freiheitlichen und demokratischen Zusammenlebens schlechthin unverzichtbar ist und daher außerhalb jedes Streits stehen muss.

Eine solche Fokussierung auf die zentralen, für die Demokratie unentbehrlichen Grundprinzipien kann nicht durch Rückgriff auf den in Art. 79 Abs. 3 GG bestimmten änderungsfesten Kern der Verfassung erreicht werden. Anders als Art. 108 HerrenChE – der Vorläufer von Art. 79 Abs. 3 GG – verbietet Art. 79 Abs. 3 GG in der vom Parlamentarischen Rat beschlossenen Fassung nicht nur Änderungen des Grundgesetzes, durch die die freiheitliche und demokratische Grundordnung beseitigt würde70.

Der Regelungsgehalt des Art. 79 Abs. 3 GG geht über den für einen freiheitlichen demokratischen Verfassungsstaat unverzichtbaren Mindestgehalt hinaus. Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zählen insbesondere nicht die von Art. 79 Abs. 3 GG umfassten Prinzipien der Republik und des Bundesstaats, da auch konstitutionelle Monarchien und Zentralstaaten dem Leitbild einer freiheitlichen Demokratie entsprechen können71. Eine Partei, die sich für ein derartiges Verfassungsmodell einsetzt, begibt sich nicht in einen Widerspruch zu Grundsätzen der freiheitlichen Demokratie, der einen Ausschluss aus dem Prozess der politischen Willensbildung rechtfertigen könnte. Daher ist der Regelungsgehalt des Schutzguts „freiheitliche demokratische Grundordnung“ in Art. 21 Abs. 2 GG – ungeachtet inhaltlicher Überschneidungen – eigenständig und unabhängig vom Regelungsgehalt des Art. 79 Abs. 3 GG zu bestimmen.

Ihren Ausgangspunkt findet die freiheitliche demokratische Grundordnung in der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG). Sie ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes als der oberste Wert des Grundgesetzes72 anerkannt. Die Menschenwürde ist unverfügbar. Die Staatsgewalt hat sie in allen ihren Erscheinungsformen zu achten und zu schützen73. Damit wird dem Staat und seiner Rechtsordnung jede Absolutheit und jeder „natürliche“ Vorrang genommen.

Die Garantie der Menschenwürde umfasst insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit74. Dem liegt eine Vorstellung vom Menschen zugrunde, die diesen als Person begreift, die in Freiheit über sich selbst bestimmen und ihr Schicksal eigenverantwortlich gestalten kann75. Mit der Subjektqualität des Menschen ist ein sozialer Wert- und Achtungsanspruch verbunden, der es verbietet, den Menschen zum „bloßen Objekt“ staatlichen Handelns zu degradieren76.

Auch wenn diese „Objektformel“ in ihrer Leistungskraft begrenzt sein mag77, ist sie zur Identifizierung von Menschenwürdeverletzungen jedenfalls überall dort geeignet, wo die Subjektqualität des Menschen und der daraus folgende Achtungsanspruch grundsätzlich in Frage gestellt werden78. Dies ist insbesondere bei jeder Vorstellung eines ursprünglichen und daher unbedingten Vorrangs eines Kollektivs gegenüber dem einzelnen Menschen der Fall. Die Würde des Menschen bleibt nur unangetastet, wenn der Einzelne als grundsätzlich frei, wenngleich stets sozialgebunden, und nicht umgekehrt als grundsätzlich unfrei und einer übergeordneten Instanz unterworfen behandelt wird. Die unbedingte Unterordnung einer Person unter ein Kollektiv, eine Ideologie oder eine Religion stellt eine Missachtung des Wertes dar, der jedem Menschen um seiner selbst willen, kraft seines Personseins79 zukommt. Sie verletzt seine Subjektqualität und stellt einen Eingriff in die Garantie der Menschenwürde dar, der fundamental gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verstößt.

Menschenwürde ist egalitär; sie gründet ausschließlich in der Zugehörigkeit zur menschlichen Gattung, unabhängig von Merkmalen wie Herkunft, Rasse, Lebensalter oder Geschlecht80. Dem Achtungsanspruch des Einzelnen als Person ist die Anerkennung als gleichberechtigtes Mitglied in der rechtlich verfassten Gemeinschaft immanent81. Mit der Menschenwürde sind daher ein rechtlich abgewerteter Status oder demütigende Ungleichbehandlungen nicht vereinbar82. Dies gilt insbesondere, wenn derartige Ungleichbehandlungen gegen die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 3 GG verstoßen, die sich – ungeachtet der grundsätzlichen Frage nach dem Menschenwürdegehalt der Grundrechte83 – jedenfalls als Konkretisierung der Menschenwürde darstellen. Antisemitische oder auf rassistische Diskriminierung zielende Konzepte sind damit nicht vereinbar und verstoßen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung.

Das Demokratieprinzip ist konstitutiver Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Demokratie ist die Herrschaftsform der Freien und Gleichen. Sie beruht auf der Idee der freien Selbstbestimmung aller Bürger84. Das Grundgesetz geht insoweit vom Eigenwert und der Würde des zur Freiheit befähigten Menschen aus und verbürgt im Recht der Bürger, in Freiheit und Gleichheit durch Wahlen und Abstimmungen die sie betreffende öffentliche Gewalt personell und sachlich zu bestimmen, zugleich den menschenrechtlichen Kern des Demokratieprinzips85.

Unverzichtbar für ein demokratisches System sind die Möglichkeit gleichberechtigter Teilnahme aller Bürgerinnen und Bürger am Prozess der politischen Willensbildung und die Rückbindung der Ausübung der Staatsgewalt an das Volk (Art.20 Abs. 1 und 2 GG). Wie diesen Anforderungen entsprochen wird, ist für die Frage der Vereinbarkeit eines politischen Konzepts mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht entscheidend. So vermag die Ablehnung des Parlamentarismus, wenn sie mit der Forderung nach dessen Ersetzung durch ein plebiszitäres System verbunden ist, den Vorwurf der Missachtung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht zu begründen. Anders verhält es sich jedoch im Fall eines Verächtlichmachens des Parlaments mit dem Ziel, ein Einparteiensystem zu etablieren.

In der Demokratie erfolgt die politische Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen und nicht umgekehrt86. Die demokratischen Postulate der Freiheit und Gleichheit erfordern gleichberechtigte Mitwirkungsmöglichkeiten aller Bürger. Nur dann ist dem Erfordernis der Offenheit des Prozesses der politischen Willensbildung genügt. Damit sind Konzepte des dauerhaften oder vorübergehenden willkürlichen Ausschlusses Einzelner aus diesem Prozess nicht vereinbar. Die Instrumente zur Sicherung der Offenheit des Prozesses der politischen Willensbildung (Mehrparteiensystem, Chancengleichheit der Parteien, Recht auf Bildung und Ausübung einer Opposition) sind demgegenüber nachrangig.

Der Grundsatz der Volkssouveränität (Art.20 Abs. 2 Satz 1 GG) erfordert daneben, dass sich alle Akte der Ausübung der Staatsgewalt auf den Willen des Volkes zurückführen lassen87. Soweit das Volk die Staatsgewalt nicht selbst durch Wahlen oder Abstimmungen ausübt, sondern dies besonderen Organen (Art.20 Abs. 2 Satz 2 GG) übertragen ist, bedarf es eines hinreichend engen Legitimationszusammenhangs, der sicherstellt, dass das Volk einen effektiven Einfluss auf die Ausübung der Staatsgewalt durch diese Organe hat88. Erforderlich ist eine ununterbrochene Legitimationskette vom Volk zu den mit staatlichen Aufgaben betrauten Organen und Amtswaltern89. Auch insoweit kommt es im Rahmen des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG vorrangig nicht auf die einzelnen Instrumente zur Sicherstellung des hinreichenden Legitimationszusammenhangs (Parlamentarismus, Verantwortlichkeit der Regierung, Gesetzes- und Weisungsgebundenheit der Verwaltung), sondern auf die grundsätzliche Beachtung des Prinzips der Volkssouveränität an.

Das Grundgesetz hat sich für das Modell der parlamentarisch-repräsentativen Demokratie entschieden, weshalb der Wahl des Parlaments bei der Herstellung des notwendigen Zurechnungszusammenhangs zwischen Volk und staatlicher Herrschaft besondere Bedeutung zukommt90. Den Rahmen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verlässt demgemäß, wer den Parlamentarismus verächtlich macht, ohne aufzuzeigen, auf welchem anderen Weg dem Grundsatz der Volkssouveränität Rechnung getragen und die Offenheit des politischen Willensbildungsprozesses gewährleistet werden kann.

Schließlich ist der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit unverzichtbarer Teil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG. Er zielt auf die Bindung und Begrenzung öffentlicher Gewalt zum Schutz individueller Freiheit91 und ist durch eine Vielzahl einzelner Elemente geprägt, die in Art.20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG nur teilweise normativ verankert sind92. Für den Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sind dabei die Rechtsbindung der öffentlichen Gewalt (Art.20 Abs. 3 GG) und die Kontrolle dieser Bindung durch unabhängige Gerichte bestimmend. Zugleich erfordert der Schutz der Freiheit des Einzelnen, dass die Anwendung physischer Gewalt den gebundenen und gerichtlicher Kontrolle unterliegenden staatlichen Organen vorbehalten ist. Das Gewaltmonopol des Staates93 ist deshalb ebenfalls als Teil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG anzusehen.

Zweite Voraussetzung für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei gemäß Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG ist, dass diese eine „Beseitigung“ oder „Beeinträchtigung“ der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im oben beschriebenen Sinne anstrebt.

Das Bundesverfassungsgericht hat bisher auf eine strikte Unterscheidung der Begriffe des „Beseitigens“ und „Beeinträchtigens“ verzichtet und als definitorische Annäherungen auf die Schwächung, Untergrabung beziehungsweise Zersetzung sowie die planmäßige Hetze, Verächtlichmachung und Verhöhnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zurückgegriffen94.

Bei differenzierter Betrachtung bezeichnet der Begriff des „Beseitigens“ die Abschaffung zumindest eines der Wesenselemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder deren Ersetzung durch eine andere Verfassungsordnung oder ein anderes Regierungssystem95.

Dem Begriff des „Beeinträchtigens“ kommt im Vergleich zu dem des „Beseitigens“ ein eigenständiger, den Anwendungsbereich von Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG erweiternder Regelungsgehalt zu.

Entgegen der Auffassung der NPD ist das Tatbestandsmerkmal des „Beeinträchtigens“ nicht als ein bloßes Redaktionsversehen des Verfassungsgebers ohne Bedeutung.

Es erscheint bereits zweifelhaft, ob dies tatsächlich der Fall ist, da aufgrund der vorliegenden Dokumente über die Beratungen des Parlamentarischen Rates nicht zweifelsfrei feststellbar ist, worauf die Einfügung des Merkmals „Beeinträchtigen“ in den Tatbestand des Art. 21 Abs. 2 GG zurückzuführen ist. Zwar ersetzte der Allgemeine Redaktionsausschuss in seiner Sitzung vom 16.11.1948 die im Entwurf des Organisationsausschusses vorgesehene Anknüpfung des Verbotstatbestands an die verfassungswidrige Zielsetzung einer Partei durch das Tätigkeitsmerkmal „Darauf Ausgehen“ und ergänzte den Begriff des „Beseitigens“ durch den Begriff des „Beeinträchtigens“96. Diesen Vorschlag übernahm der Hauptausschuss einen Tag später, am 17.11.1948, in erster Lesung, jedoch mit der Maßgabe, dass die Worte „zu beeinträchtigen“ gestrichen werden97. Nach nochmaliger Befassung des Allgemeinen Redaktionsausschusses legte der Hauptausschuss am 15.12 1948 eine Fassung vor, die die Tatmodalität des „Beeinträchtigens“ wieder aufwies98. Worauf die Wiederaufnahme dieser Tatmodalität beruhte und ob es sich dabei um ein schlichtes Versehen handelte, ist den verfügbaren Beratungsprotokollen nicht zu entnehmen99. Am 5.05.1949 nahm der Hauptausschuss diese Formulierung unter Streichung des Wortes „oder“ zwischen den Adjektiven vor „Grundordnung“ endgültig an100. In dieser Fassung wurde die Vorschrift – nunmehr als Art. 21 Abs. 2 – vom Plenum des Parlamentarischen Rates am 6. und 8.05.1949 ohne Diskussion verabschiedet101.

Fest steht daher nur, dass sowohl der Hauptausschuss als auch das Plenum des Parlamentarischen Rates Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG unter Einschluss der Tatbestandsalternative des „Beeinträchtigens“ beschlossen haben. Dafür, dass hierbei der Wortlaut der Vorschrift nicht zur Kenntnis genommen und das Tatbestandsmerkmal des Beeinträchtigens nur versehentlich beschlossen wurde, gibt es keine Anhaltspunkte.

Dessen ungeachtet geht das Bundesverfassungsgericht von jeher davon aus, dass es für die Auslegung einer Norm auf den in dieser zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers ankommt, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Nicht entscheidend ist dagegen die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder102. Der Entstehungsgeschichte kommt für die Auslegung regelmäßig nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den allgemeinen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die ansonsten nicht ausgeräumt werden können103. Die in den Gesetzesmaterialien dokumentierten Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen können nicht mit dem objektiven Gesetzesinhalt gleichgesetzt werden104. Für die Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers sind vielmehr alle anerkannten Auslegungsmethoden heranzuziehen, die sich gegenseitig ergänzen105 und nicht in einem Rangverhältnis zueinander stehen106.

Auf dieser Grundlage ist von einem „Beeinträchtigen“ auszugehen, wenn eine Partei nach ihrem politischen Konzept mit hinreichender Intensität eine spürbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bewirkt. Ein „Beeinträchtigen“ liegt daher bereits vor, wenn eine Partei, selbst wenn sie noch nicht erkennen lässt, welche Verfassungsordnung an die Stelle der bestehenden treten soll, qualifiziert die Außerkraftsetzung der bestehenden Verfassungsordnung betreibt. Ausreichend ist, dass sie sich gegen eines der Wesenselemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (Menschenwürde, Demokratie, Rechtsstaat) wendet, da diese miteinander verschränkt sind und sich gegenseitig bedingen107. Eine politische Partei, die einen der zentralen Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ablehnt und bekämpft, kann ein Parteiverbot nicht dadurch vermeiden, dass sie sich zu den jeweils anderen Prinzipien bekennt108. Allerdings ist nicht jede verfassungswidrige Forderung für sich genommen ausreichend, um das Ziel einer Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung annehmen zu können. Entscheidend ist vielmehr, dass eine Partei sich gezielt gegen diejenigen fundamentalen Prinzipien wendet, die für ein freiheitliches und demokratisches Zusammenleben unverzichtbar sind, da allein so sichergestellt ist, dass ein Parteiverbotsverfahren nur zu Zwecken des präventiven Verfassungsschutzes und nicht auch zur Ausschaltung unliebsamer politischer Konkurrenz eingesetzt werden kann.

Dass eine Partei die Beseitigung oder Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung anstrebt, muss sich nach dem Wortlaut von Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG aus den „Zielen“ oder dem „Verhalten ihrer Anhänger“ ergeben. Die „Ziele“ und das „Verhalten der Anhänger“ sind dementsprechend die einzigen Erkenntnisquellen für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei.

Die Ziele einer Partei sind der Inbegriff dessen, was eine Partei politisch anstrebt, unabhängig davon, ob es sich um Zwischen- oder Endziele, Nah- oder Fernziele, Haupt- oder Nebenziele handelt109. Sie ergeben sich in der Regel aus dem Programm und den sonstigen parteiamtlichen Erklärungen, aus den Schriften der von ihr als maßgebend anerkannten Autoren über die politische Ideologie der Partei, aus den Reden der führenden Funktionäre, aus dem in der Partei verwendeten Schulungs- und Propagandamaterial sowie aus den von ihr herausgegebenen oder beeinflussten Zeitungen und Zeitschriften110.

Entscheidend sind die wirklichen Ziele der Partei, nicht die vorgegebenen. Es ist nicht erforderlich, dass eine Partei sich offen zu ihren verfassungswidrigen Zielsetzungen bekennt111. Eine Beschränkung der Feststellung der von einer Partei verfolgten Ziele auf das Programm oder offizielle Erklärungen der Partei ist daher nicht geboten112, auch wenn das Programm regelmäßig ein wesentliches Erkenntnismittel zur Feststellung der Zielsetzung einer Partei darstellen wird.

Neben ihrer Programmatik können sich die Absichten der Partei im Verhalten ihrer Anhänger spiegeln113. Anhänger sind dabei alle Personen, die sich für eine Partei einsetzen und sich zu ihr bekennen, auch wenn sie nicht Mitglied der Partei sind114. Soweit die NPD demgegenüber meint, der Begriff des „Anhängers“ verstoße wegen seiner Uferlosigkeit gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, ist dies nicht nachvollziehbar. Aufgrund der vorstehenden Definition ist eine Unterscheidung zwischen Anhängern und Nichtanhängern einer Partei ohne weiteres möglich.

Allerdings kann nicht jegliches Verhalten von Anhängern einer Partei zugerechnet werden. Eine Zurechnung ist insbesondere problematisch, wenn die Partei keinerlei Möglichkeit hat, das Verhalten zu beeinflussen. Entscheidend ist daher, dass in dem Verhalten des jeweiligen Anhängers der politische Wille der betroffenen Partei erkennbar zum Ausdruck kommt. Dies wird regelmäßig der Fall sein, wenn das Verhalten eine in der Partei vorhandene Grundtendenz widerspiegelt oder die Partei sich das Verhalten ausdrücklich zu eigen macht. Folglich ist eine differenzierte Betrachtung geboten.

Zuzurechnen ist einer Partei grundsätzlich die Tätigkeit ihrer Organe, besonders der Parteiführung und leitender Funktionäre115. Auch die Tätigkeit von Publikationsorganen der Partei und das Verhalten führender Funktionäre von Teilorganisationen können ihr ohne weiteres zugerechnet werden.

Bei Äußerungen oder Handlungen einfacher Mitglieder ist eine Zurechnung nur möglich, wenn diese in einem politischen Kontext stehen und die Partei sie gebilligt oder geduldet hat. Steht die Äußerung oder Handlung in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Parteiveranstaltung oder sonstigen Parteiaktivitäten, liegt eine Zurechnung nahe, insbesondere wenn eine Distanzierung durch die Partei unterbleibt. Fehlt ein organisatorischer Zusammenhang mit einer Parteiaktivität, muss es sich um eine politische Äußerung oder Handlung des Parteimitglieds handeln, welche von der Partei trotz Kenntnisnahme geduldet oder gar unterstützt wird, obwohl Gegenmaßnahmen (Parteiausschluss, Ordnungsmaßnahmen) möglich und zumutbar wären116.

Bei Anhängern, die nicht der Partei angehören, ist grundsätzlich eine – wie auch immer geartete – Beeinflussung oder Billigung ihres Verhaltens durch die Partei notwendige Bedingung für die Zurechenbarkeit. Regelmäßig sind eigene, das Verhalten der Anhänger beeinflussende oder rechtfertigende Aktivitäten der Partei erforderlich. Ein genereller Ausschluss der Zurechnung des Verhaltens einzelner Anhänger widerspricht dem Wortlaut von Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG und kommt auch deshalb nicht in Betracht, da es der Partei die Möglichkeit eröffnen würde, sich vom Verhalten derjenigen, die sie maßgeblich beeinflusst hat, mit dem formalen Hinweis darauf zu entlasten, es handele sich nicht um ihre Mitglieder. Allerdings müssen konkrete Tatsachen vorliegen, die es rechtfertigen, das Anhängerverhalten als Ausdruck des Parteiwillens anzusehen. Eine bloß nachträgliche Gutheißung wird für eine Zurechnung des Anhängerverhaltens nur ausreichen, wenn die Partei sich dieses damit erkennbar als Teil ihrer verfassungsfeindlichen Bestrebungen zu eigen macht.

Begehen Parteianhänger Straftaten, ist dies im Parteiverbotsverfahren nur relevant, soweit diese im Zusammenhang mit den Schutzgütern des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG stehen. Nur eine Straftat, die einen politischen Hintergrund hat, kann die verfassungsfeindlichen Bestrebungen einer Partei belegen. Außerdem können Einzeltaten oder die Taten weniger einer Partei nicht zugerechnet werden, wenn sie nicht als Ausdruck des Parteiwillens angesehen werden können. Straftaten einfacher Mitglieder oder sonstiger Anhänger können der Partei nach diesem Maßstab nur zugerechnet werden, wenn diese erkennbar von der Partei beeinflusst sind und die Partei sich davon trotz Kenntnisnahme nicht distanziert beziehungsweise die Straftaten sogar gutheißt.

Die pauschale Zurechnung von Straf- und Gewalttaten ohne konkreten Zurechnungszusammenhang scheidet aus. Insbesondere erlaubt – entgegen der vom Bundesrat vertretenen Auffassung – die Schaffung oder Unterstützung eines bestimmten politischen Klimas allein nicht die Zurechnung strafbarer Handlungen, die in diesem politischen Klima begangen werden. Es bedarf vielmehr der konkreten Feststellung, ob das strafbare Handeln als Teil der verfassungswidrigen Bestrebungen der Partei anzusehen ist. Eine Zurechnung von Straftaten Dritter im Rahmen von Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG kommt zum Beispiel in Betracht, wenn die Partei sachliche oder organisatorische Hilfe geleistet hat, personelle Verknüpfungen zwischen der Partei und der handelnden Gruppierung bestehen oder Parteimitglieder an der jeweiligen Tat beteiligt waren.

Parlamentarische Äußerungen können einer Partei im Verbotsverfahren zugerechnet werden. Der Grundsatz der Indemnität (Art. 46 Abs. 1 Satz 1 GG; zur inhaltsgleichen Regelung auf Landesebene: Art. 24 Abs. 1 Satz 1 LV Mecklenburg-Vorpommern, Art. 55 Abs. 1 Satz 1 LV Sachsen) führt im Gegensatz zur Auffassung der NPD hier zu keiner anderen Beurteilung.

Nach Art. 46 Abs. 1 Satz 1 GG darf ein Abgeordneter wegen einer parlamentarischen Äußerung weder gerichtlich oder dienstlich verfolgt noch sonst zur Verantwortung gezogen werden. Der Indemnitätsschutz verbietet demgemäß jede beeinträchtigende Maßnahme außerhalb des Parlaments als Folge innerparlamentarischen Verhaltens eines Abgeordneten117. Nach seinem Wortlaut und seinem Sinn und Zweck, die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Parlaments zu sichern und den Abgeordneten zu schützen118, ist Art. 46 Abs. 1 Satz 1 GG weit zu verstehen. Daher kommt es für seine Anwendbarkeit nicht darauf an, ob eine staatliche Sanktion sich als unmittelbare Folge des parlamentarischen Handelns darstellt119. Aus diesem Grund schließt der Umstand, dass ein Mandatsverlust im Falle eines auf parlamentarische Äußerungen gestützten Parteiverbots eine nur mittelbar eintretende Folge des parlamentarischen Handelns darstellt, die Anwendbarkeit von Art. 46 Abs. 1 Satz 1 GG nicht grundsätzlich aus.

Allerdings stehen sich Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 46 Abs. 1 Satz 1 GG gleichrangig gegenüber. Daher ist bei der Auslegung von Art. 46 Abs. 1 Satz 1 GG die Grundentscheidung der Verfassung für die „streitbare Demokratie“ in Rechnung zu stellen120 und zwischen dem Indemnitätsschutz gemäß Art. 46 GG und dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gemäß Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG ein Ausgleich nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz herzustellen. Es bedarf somit bei der Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei gemäß Art. 21 Abs. 2 GG der Außerachtlassung der parlamentarischen Äußerungen ihrer Abgeordneten nicht, zumal diese regelmäßig in besonderer Weise geeignet sind, die von einer Partei verfolgten Ziele und Konzepte nachzuvollziehen. Dem Indemnitätsschutz kann vielmehr bei der Entscheidung über den Mandatsverlust als Folge eines Parteiverbots Rechnung getragen werden. Zwar mag nicht auszuschließen sein, dass bei einem Abgeordneten ein Mandatsverlust ausnahmsweise auch als Folge des Parteiverbots eintreten kann, wenn sich die von der verbotenen Partei verfolgten verfassungswidrigen Ziele allein oder maßgeblich aufgrund seiner parlamentarischen Äußerungen ergeben. Einer Verwertung der Äußerungen im Parteiverbotsverfahren steht dies aber nicht entgegen.

Eine gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Zielsetzung einer Partei reicht für die Anordnung eines Parteiverbots gemäß Art. 21 Abs. 2 GG nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass die Partei auf die Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung „ausgeht“. Ein solches „Ausgehen“ setzt bereits begrifflich ein aktives Handeln voraus. Das Parteiverbot ist kein Gesinnungs- oder Weltanschauungsverbot. Notwendig ist vielmehr ein Überschreiten der Schwelle zur Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch die Partei. Ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung setzt dies ein planvolles Handeln voraus, das im Sinne einer qualifizierten Vorbereitungshandlung auf die Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder auf die Gefährdung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist. Dass dadurch eine konkrete Gefahr für die durch Art. 21 Abs. 2 GG geschützten Rechtsgüter begründet wird, ist nicht erforderlich. Allerdings bedarf es konkreter Anhaltspunkte von Gewicht, die einen Erfolg des gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland gerichteten Handelns zumindest möglich erscheinen lassen.

Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals des „Darauf Ausgehens“ ist den Wertentscheidungen der Verfassung für die Offenheit des politischen Willensbildungsprozesses (Art.20 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG), die politische Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und die Parteienfreiheit (Art. 21 Abs. 1 GG) Rechnung zu tragen. Der mit einem Parteiverbot verbundene Eingriff in diese Verfassungsgüter ist nur zulässig, soweit der Schutzzweck des Art. 21 Abs. 2 GG dies gebietet. Daher ist erforderlich, dass eine Partei sich durch aktives Handeln für ihre Ziele einsetzt und damit auf eine Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder die Gefährdung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland hinwirkt.

Anders als die NPD meint, besteht aber keine verfassungsrechtliche Vermutung, dass sich eine parteipolitische Organisation, die eine demokratische Binnenstruktur aufweist, auch im externen Bereich demokratisch verhält. Auch wenn die innere Ordnung einer Partei der verfassungsrechtlichen Vorgabe des Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG entspricht, ist nicht ausgeschlossen, dass die Partei nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger auf eine Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgeht.

Abs. 2 GG sanktioniert nicht Ideen oder Überzeugungen. Die Vorschrift beinhaltet kein Gesinnungs- oder Weltanschauungsverbot, sondern ein Organisationsverbot121. Erst wenn eine Partei mit ihren verfassungsfeindlichen Zielen nach außen tritt und gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand des Staates agiert, kommt ein Einschreiten nach Art. 21 Abs. 2 GG in Betracht. Die Partei muss also über das „Bekennen“ ihrer eigenen (verfassungsfeindlichen) Ziele hinaus die Grenze zum „Bekämpfen“ der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes des Staates überschreiten122. Nur ein Verständnis des „Darauf Ausgehens“, das der Voraussetzung des Überschreitens dieser Grenze Rechnung trägt, entspricht dem Gebot restriktiver Auslegung von Art. 21 Abs. 2 GG.

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Zur Bestimmung der Grenze zwischen dem bloßen Bekenntnis der eigenen Überzeugung und der Bekämpfung der Schutzgüter des Art. 21 Abs. 2 GG hat das Bundesverfassungsgericht im KPD-Urteil ausgeführt, dass eine Partei nicht schon dann verfassungswidrig sei, wenn sie die obersten Prinzipien einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht anerkenne, sie ablehne oder ihnen andere entgegensetze. Hinzukommen müsse eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung123. Weiterhin wird im Urteil darauf verwiesen, dass die Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung so weit in Handlungen (dies seien unter Umständen auch programmatische Reden verantwortlicher Persönlichkeiten) zum Ausdruck kommen müsse, dass sie als planvoll verfolgtes politisches Vorgehen der Partei erkennbar werde. Versuchs- oder Vorbereitungshandlungen im strafrechtlichen Sinne seien hierfür nicht erforderlich124. Eine Partei könne auch dann verfassungswidrig im Sinne des Art. 21 Abs. 2 GG sein, wenn nach menschlichem Ermessen keine Aussicht darauf bestehe, dass sie ihre verfassungswidrige Absicht in absehbarer Zukunft werde verwirklichen können.

Das Tatbestandsmerkmal des „Darauf Ausgehens“ setzt ein planvolles Handeln im Sinne qualifizierter Vorbereitung einer Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder einer Gefährdung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland voraus.

Für ein planvolles Vorgehen der Partei ist erforderlich, dass kontinuierlich auf die Verwirklichung eines der freiheitlichen demokratischen Grundordnung widersprechendes politisches Konzept hingearbeitet wird. Davon kann nur ausgegangen werden, wenn die einzelne Handlung Ausdruck einer der Partei zuzurechnenden Grundtendenz ist125. Bestrebungen einzelner Parteianhänger bei sonst loyaler Haltung der Partei zu den Schutzgütern des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG können nicht zur Feststellung ihrer Verfassungswidrigkeit führen125. Verfassungswidrige Einzelaktionen berechtigen grundsätzlich nur zu polizei- oder strafrechtlichen Reaktionen. Ein Parteiverbot kommt erst in Betracht, wenn das verfassungsfeindliche Agieren von Parteianhängern sich nicht nur in Einzelfällen zeigt, sondern einer zugrunde liegenden Haltung entspricht, die der Partei in ihrer Gesamtheit zugerechnet werden kann.

Das planvolle Handeln der Partei muss sich darüber hinaus als qualifizierte Vorbereitung im Hinblick auf die Erreichung ihrer gegen die Schutzgüter des Art. 21 Abs. 2 GG gerichteten Ziele darstellen. Erforderlich ist insoweit ein zielorientierter Zusammenhang zwischen eigenen Handlungen und der Beseitigung oder Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.

Ein strafrechtlich relevantes Handeln erfordert Art. 21 Abs. 2 GG dagegen nicht. Dies wäre mit dem präventiven Charakter der Norm nicht vereinbar. Das Strafrecht knüpft an ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten von Einzelpersonen an. Art. 21 Abs. 2 GG dient demgegenüber der Abwehr künftig möglicher Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand des Staates. Dem Verfassungsgeber genügte ein repressiver Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch strafrechtliche Bestimmungen gerade nicht. Vielmehr wollte er dem wehrhaften Verfassungsstaat die Möglichkeit eröffnen, frühzeitig – und ohne strafbares Handeln abwarten zu müssen – tätig zu werden. Die Auffassung, dass ein „Darauf Ausgehen“ strafrechtlich relevante Vorbereitungshandlungen im Bereich der Staatsschutzdelikte126 oder den Einsatz physischen oder psychischen Terrors127 erfordere, geht daher zu weit. Ebenso wenig ist es erforderlich, dass sich das der Partei zurechenbare Handeln – unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung – als gesetzeswidrig darstellt. Eine Partei kann auch dann verfassungswidrig sein, wenn sie ihre verfassungsfeindlichen Ziele ausschließlich mit legalen Mitteln und unter Ausschluss jeglicher Gewaltanwendung verfolgt. Das Parteiverbot stellt gerade auch eine Reaktion auf die von den Nationalsozialisten verfolgte Taktik der „legalen Revolution“ dar, die die Machterlangung mit erlaubten Mitteln auf legalem Weg anstrebte. Auch in diesem Fall soll der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch ein Parteiverbot gemäß Art. 21 Abs. 2 GG frühzeitig möglich sein128.

Daher kann auch die Inanspruchnahme grundrechtlich geschützter Freiheiten verbotsrelevant sein. Die „streitbare Demokratie“ will gerade den Missbrauch grundrechtlich geschützter Freiheiten zur Abschaffung der Freiheit verhindern. Es kommt im Parteiverbotsverfahren also nicht darauf an, ob eine – unbenommene – Betätigung grundrechtlicher Freiheiten vorliegt. Entscheidend ist vielmehr, ob diese sich als qualifizierte Vorbereitung einer Beseitigung oder Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung darstellt. Ist dies feststellbar, ist ein entsprechendes Verhalten im Rahmen des Art. 21 Abs. 2 GG zu berücksichtigen.

Setzt ein Parteiverbot demgemäß die Anwendung illegaler oder strafrechtlich relevanter Mittel oder Methoden nicht voraus, können sich daraus dennoch gewichtige Anhaltspunkte sowohl für den Verstoß der Ziele dieser Partei gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung als auch dafür ergeben, dass die Partei auf die Verwirklichung dieser Ziele im Sinne von Art. 21 Abs. 2 GG ausgeht. Lässt sich etwa feststellen, dass Anhänger einer Partei in einer ihr zurechenbaren Weise Gewalt zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele anwenden, spricht dies dafür, dass die Partei das im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Gewaltmonopol des Staates nicht anerkennt und insoweit auf eine Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtete Ziele verfolgt. Zugleich wäre eine der Partei zurechenbare Anwendung oder Billigung von Gewalt ausreichend, um davon ausgehen zu können, dass das Handeln der Partei hinreichend qualifiziert eine Beseitigung oder Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vorbereitet129.

Dass das Handeln der Partei bereits zu einer konkreten Gefahr für die Schutzgüter des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG führt, ist nicht erforderlich. Dagegen sprechen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte und der Zweck der Vorschrift.

Nach dem Wortlaut der Norm ist das Tatbestandsmerkmal „Gefährden“ ausschließlich auf das Schutzgut „Bestand der Bundesrepublik Deutschland“ bezogen. Dass es demgegenüber für die erste Tatbestandsalternative der Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Eintritts einer konkreten Gefahr nicht bedarf, bestätigen die ebenfalls dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung dienenden Art. 11 Abs. 2, Art. 87a Abs. 4 Satz 1 und Art. 91 GG. Diese haben für die Anordnung der dort im Einzelnen vorgesehenen Maßnahmen ausdrücklich das Vorliegen einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes zur Voraussetzung. Dies ist bei Art. 21 Abs. 2 GG nicht der Fall.

Der Verzicht auf das Erfordernis einer konkreten Gefahr in Art. 21 Abs. 2 GG ist Konsequenz des Umstands, dass die Vorschrift sich als Reaktion auf den Aufstieg des Nationalsozialismus und die (vermeintliche) Wehrlosigkeit der Weimarer Reichsverfassung gegenüber den Feinden der Demokratie darstellt. Sie beruht auf der historischen Erfahrung, dass radikale Bestrebungen umso schwieriger zu bekämpfen sind, je mehr sie an Boden gewinnen130. Außerdem lässt sich der Zeitpunkt, ab dem eine konkrete Gefahr vorliegt, das heißt, ab dem bei ungehindertem Geschehensablauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einer Beseitigung oder Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder einer Gefährdung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland ausgegangen werden muss, regelmäßig nicht genau bestimmen. Müsste der Eintritt einer konkreten Gefahr abgewartet werden, könnte ein Parteiverbot möglicherweise erst zu einem Zeitpunkt in Betracht kommen, zu dem die betroffene Partei bereits eine so starke Stellung erlangt hat, dass das Verbot nicht mehr durchgesetzt werden kann131.

Daher zielt Art. 21 Abs. 2 GG darauf ab, nach der Maxime „Wehret den Anfängen“ frühzeitig die Möglichkeit des Vorgehens gegen verfassungsfeindliche Parteien zu eröffnen124. Das Parteiverbotsverfahren hat seiner Natur nach den Charakter einer Präventivmaßnahme132. Es zielt nicht auf die Abwehr bereits entstandener, sondern auf die Verhinderung des Entstehens künftig möglicherweise eintretender Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung.

Entsprechend dem Ausnahmecharakter des Parteiverbots als präventives Organisations- und nicht als bloßes Weltanschauungs- oder Gesinnungsverbot kann ein „Darauf Ausgehen“ allerdings nur angenommen werden, wenn konkrete Anhaltspunkte von Gewicht vorliegen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass das gegen die Schutzgüter des Art. 21 Abs. 2 GG gerichtete Handeln einer Partei erfolgreich sein kann (Potentialität).

Lässt das Handeln einer Partei dagegen noch nicht einmal auf die Möglichkeit eines Erreichens ihrer verfassungsfeindlichen Ziele schließen, bedarf es des präventiven Schutzes der Verfassung durch ein Parteiverbot als schärfste und überdies zweischneidige Waffe des demokratischen Rechtsstaats gegen seine organisierten Feinde17 nicht. Ein Parteiverbot kommt vielmehr nur in Betracht, wenn eine Partei über hinreichende Wirkungsmöglichkeiten verfügt, die ein Erreichen der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele nicht völlig aussichtslos erscheinen lassen, und wenn sie von diesen Wirkungsmöglichkeiten auch Gebrauch macht. Ist dies nicht der Fall, fehlt es an einem „Darauf Ausgehen“ im Sinne von Art. 21 Abs. 2 GG. An der hiervon abweichenden Definition im KPD-Urteil, nach der es einem Parteiverbot nicht entgegenstehe, wenn für die Partei nach menschlichem Ermessen keine Aussicht darauf besteht, dass sie ihre verfassungswidrige Absicht in absehbarer Zukunft werde verwirklichen können125, hält das Bundesverfassungsgericht nicht fest.

Ob ein ausreichendes Maß an Potentialität hinsichtlich der Erreichung der von einer Partei verfolgten Ziele besteht, ist im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung festzustellen. Dabei sind die Situation der Partei (Mitgliederbestand und -entwicklung, Organisationsstruktur, Mobilisierungsgrad, Kampagnenfähigkeit, finanzielle Lage), ihre Wirkkraft in die Gesellschaft (Wahlergebnisse, Publikationen, Bündnisse, Unterstützerstrukturen), ihre Vertretung in Ämtern und Mandaten, die von ihr eingesetzten Mittel, Strategien und Maßnahmen sowie alle sonstigen Umstände zu berücksichtigen, die Aufschluss darüber zu geben vermögen, ob eine Umsetzung der von der Partei verfolgten Ziele möglich erscheint. Erforderlich ist, dass sich ein hinreichendes Maß an konkreten und gewichtigen Anhaltspunkten ergibt, die den Rückschluss auf die Möglichkeit erfolgreichen Agierens der Partei gegen die Schutzgüter des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG rechtfertigen. Dabei sind sowohl die Erfolgsaussichten einer bloßen Beteiligung der Partei am politischen Meinungskampf als auch die Möglichkeit einer Durchsetzung der politischen Ziele der Partei mit sonstigen Mitteln in Rechnung zu stellen.

Versucht eine Partei ihre verfassungswidrigen Ziele durch den Einsatz von Gewalt oder die Begehung von Straftaten durchzusetzen, ist die Anforderung des „Darauf Ausgehens“ regelmäßig erfüllt. Die Anwendung von Gewalt beinhaltet neben der Missachtung des staatlichen Gewaltmonopols einen schwerwiegenden Eingriff in das Prinzip freier und gleichberechtigter Teilhabe an der politischen Willensbildung. Sie indiziert auch eine gewisse Potentialität hinsichtlich der Erreichung der von der Partei verfolgten Ziele. Die Anwendung von Gewalt ist daher bereits für sich genommen hinreichend gewichtig, um die Annahme der Möglichkeit erfolgreichen Agierens gegen die Schutzgüter des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG zu rechtfertigen. Gleiches gilt, wenn eine Partei unterhalb der Ebene strafrechtlich relevanten Verhaltens in einer die Freiheit des politischen Willensbildungsprozesses einschränkenden Weise handelt. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn eine Partei eine „Atmosphäre der Angst“ oder der Bedrohung herbeiführt, die geeignet ist, die freie und gleichberechtigte Beteiligung aller am Prozess der politischen Willensbildung nachhaltig zu beeinträchtigen. Ausreichend ist es dabei, wenn derartige Beeinträchtigungen in regional begrenzten Räumen herbeigeführt werden. Erforderlich ist allerdings, dass das Agieren der Partei objektiv geeignet ist, die Freiheit der politischen Willensbildung zu beschränken. Rein subjektive Bedrohungsempfindungen reichen insoweit nicht.

Entgegen der Auffassung des Bundesrats ist für ein „Darauf Ausgehen“ nicht ausreichend, dass die Äußerungen einer Partei darauf angelegt sind, politisch verwirklicht zu werden, und ihnen insoweit eine handlungsleitende Qualität zukommt; dies ist bei den Äußerungen einer politischen Partei ausnahmslos der Fall. Erforderlich ist vielmehr, dass konkrete Anhaltspunkte von Gewicht bestehen, die einen Erfolg der mit der Verbreitung des verfassungswidrigen Gedankenguts der Partei verbundenen Handlungsaufforderung möglich erscheinen lassen.

„Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus“

Neben den dargestellten Voraussetzungen eines Parteiverbots ist im Rahmen des Art. 21 Abs. 2 GG für die Annahme weiterer (ungeschriebener) Tatbestandsmerkmale kein Raum. Weder kommt der Wesensverwandtschaft einer Partei mit dem Nationalsozialismus eine die Tatbestandsmerkmale des Art. 21 Abs. 2 GG ersetzende Funktion zu, noch findet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Parteiverbotsverfahren Anwendung.

Ist die Wesensverwandtschaft einer Partei mit dem Nationalsozialismus feststellbar, rechtfertigt dies für sich genommen die Anordnung eines Parteiverbots nicht. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Vereinsverboten oder der gegenbildlich identitätsprägenden Bedeutung des Nationalsozialismus für das Grundgesetz. Allerdings kommt der Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus erhebliche indizielle Bedeutung hinsichtlich der Verfolgung verfassungsfeindlicher, auf eine Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichteter Ziele einer Partei zu.

Ob eine Partei eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus aufweist, ist unter Rückgriff auf deren politisches Programm, die inneren Organisationsstrukturen und das Auftreten der Partei und ihrer Mitglieder in der Öffentlichkeit zu bestimmen133. Entscheidend kommt es dabei darauf an, ob eine Partei sich der Vorstellungswelt des Nationalsozialismus verbunden fühlt. Diese Verbundenheit kann insbesondere in der Verwendung nationalsozialistischer Symbole, der positiven historischen Bewertung des Nationalsozialismus und seiner führenden Repräsentanten oder der Leugnung der von den Nationalsozialisten begangenen Verbrechen Ausdruck finden.

Die bloße Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus vermag jedoch die Anordnung eines Parteiverbots ohne Prüfung des Vorliegens der einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG nicht zu rechtfertigen. Der Ausnahmecharakter der Norm und das Gebot restriktiver Auslegung schließen aus, die Wesensverwandtschaft einer Partei mit dem Nationalsozialismus als ungeschriebenes, den Anwendungsbereich der Norm erweiterndes Tatbestandsmerkmal anzusehen.

Dem steht auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 9 Abs. 2 GG nicht entgegen. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob den einschlägigen Entscheidungen entnommen werden kann, dass die Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus ausreicht, um eine Vereinigung zu verbieten. Zwar stellt das Bundesverwaltungsgericht einerseits fest, dass es für eine dem Nationalsozialismus wesensverwandte Vereinigung kennzeichnend sei, dass sie die verfassungsmäßige Ordnung untergraben wolle134. Andererseits führt es im Anschluss daran aber stets eine gesonderte Prüfung des Vorliegens einer „kämpferisch-aggressiven Haltung“ der jeweiligen Vereinigung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung durch135.

Außerdem stehen einer Übertragung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 9 Abs. 2 GG auf Parteiverbote gemäß Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG die Unterschiede in der tatbestandlichen Ausgestaltung beider Normen entgegen: Während es nach dem Wortlaut von Art. 9 Abs. 2 GG ausreicht, dass die Vereinigung sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet, setzt Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG voraus, dass eine Partei darauf ausgeht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen. Vor allem aber ist Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG lex specialis zu Art. 9 Abs. 2 GG136. Vereinigungen und politische Parteien unterscheiden sich dadurch voneinander, dass Vereinigungen ausschließlich Grundrechtsträger sind, während den Parteien durch Art. 21 Abs. 1 GG zusätzlich ein eigener verfassungsrechtlicher Status zuerkannt und ihnen die Aufgabe der Mitwirkung an der politischen Willensbildung zugewiesen ist. Dies schließt eine Übertragung der für Verbote gemäß Art. 9 Abs. 2 GG entwickelten Maßstäbe auf Parteiverbote gemäß Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG aus.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der gegenbildlich identitätsprägenden Bedeutung des Nationalsozialismus für das Grundgesetz137. Zwar ist davon auszugehen, dass die menschenverachtende Gewalt- und Willkürherrschaft des Nationalsozialismus für die Ausgestaltung der Verfassungsordnung von wesentlicher Bedeutung war, so dass das Grundgesetz geradezu als Gegenentwurf zu dem Totalitarismus des nationalsozialistischen Regimes angesehen werden kann138. Allerdings resultiert aus diesem Umstand kein allgemeines antinationalsozialistisches Grundprinzip139. Folglich reicht die Identifikation mit oder die Nähe zum Nationalsozialismus nicht, um ungeachtet des Wortlauts der einzelnen Bestimmungen des Grundgesetzes Grundrechte oder sonstige verfassungsrechtliche Gewährleistungen einzuschränken.

Es kann deshalb dahinstehen, ob der Verfassungsgeber bei der Verabschiedung von Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG ausschließlich das Ziel einer Verhinderung des Wiedererstarkens nationalsozialistischer Kräfte vor Augen hatte oder ob vor dem Hintergrund der damaligen politischen Entwicklung eine generell antitotalitäre Motivation handlungsleitend war140. Auch falls Art. 21 Abs. 2 GG ausschließlich eine verfassungsunmittelbare Antwort auf die historische Erfahrung des nationalsozialistischen Unrechtsregimes sein sollte, hat der Verfassungsgeber darauf verzichtet, die Norm spezifisch antinationalsozialistisch auszugestalten. Vielmehr beinhaltet sie im Interesse bestmöglichen Schutzes der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eine Absage an totalitäre Bestrebungen jeglicher Art141. Folglich gelten für alle Parteien die gleichen, in Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG festgeschriebenen Voraussetzungen für die Anordnung eines Verbots. Der Wesensverwandtschaft einer Partei mit dem Nationalsozialismus kann damit keine tatbestandsersetzende Bedeutung im Rahmen des Art. 21 Abs. 2 GG zukommen.

Allerdings ist bei der Prüfung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG die Wesensverwandtschaft einer Partei mit dem Nationalsozialismus zu berücksichtigen. So können sich aus der Glorifizierung der NSDAP oder der Verharmlosung der durch die Nationalsozialisten begangenen Verbrechen Rückschlüsse auf die von einer Partei verfolgten – und aus ihrer Programmatik möglicherweise nur unvollkommen ablesbaren – wirklichen Ziele ergeben. Auch verstoßen die zentralen Prinzipien des Nationalsozialismus (Führerprinzip, ethnischer Volksbegriff, Rassismus, Antisemitismus) gegen die Menschenwürde und verletzen zugleich das Gebot gleichberechtigter Teilhabe aller Bürger am politischen Willensbildungsprozess sowie – aufgrund des Führerprinzips – den Grundsatz der Volkssouveränität. Daher stellt die Wesensverwandtschaft einer Partei mit dem Nationalsozialismus ein Indiz dafür dar, dass diese Partei gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Ziele verfolgt. Eine vergleichbare Bedeutung kann der Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus hingegen mit Blick auf das Tatbestandsmerkmal des „Darauf Ausgehens“ nicht zuerkannt werden. Dieses ist handlungsbezogen. Hierfür vermag eine Verbundenheit mit nationalsozialistischem Gedankengut grundsätzlich keine Hinweise zu geben.

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Einer gesonderten Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Parteiverbotsverfahren bedarf es nicht. Zwar schließt der Grundsatz restriktiver Auslegung des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG einen Rückgriff auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht aus, da dieser allenfalls zu einer Verengung des Anwendungsbereichs der Vorschrift führen würde. Auch führt der Hinweis des Bundesrats, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz finde im Staatsorganisationsrecht keine Anwendung142, im vorliegenden Zusammenhang nicht weiter, weil die Parteien nicht der Sphäre organisierter Staatlichkeit zuzuordnen sind. Vielmehr handelt es sich dabei um „frei gebildete, im gesellschaftlich-politischen Bereich wurzelnde Gruppen“, die dazu berufen sind, „bei der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken und in den Bereich der institutionalisierten Staatlichkeit hineinzuwirken“, ohne diesem Bereich jedoch selbst anzugehören143.

Der Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Parteiverbotsverfahren steht aber entgegen, dass der Verfassungsgeber in Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG eine abschließende Regelung getroffen hat, die für eine gesonderte Verhältnismäßigkeitsprüfung keinen Raum lässt. Der Rückgriff auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt nur in Betracht, soweit das handelnde Staatsorgan überhaupt über Handlungs- und Entscheidungsspielräume verfügt. Ist hingegen eine zu treffende Maßnahme rechtlich bindend vorgegeben und fehlt es sowohl hinsichtlich des „Ob“ als auch hinsichtlich des „Wie“ an alternativen Entscheidungsmöglichkeiten, ist die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausgeschlossen144. Der Verfassungsgeber hat in Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG normiert, dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend die Verfassungswidrigkeit der Partei festzustellen ist. Entscheidungsspielräume, die die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ermöglichen würden, bestehen nicht145.

Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Entstehungsgeschichte der Norm146. Bei den Beratungen der Vorschrift im Parlamentarischen Rat war zwar erwogen worden, die Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit einer Partei in das Ermessen des Bundesverfassungsgerichtes zu stellen, da man dem Bundesverfassungsgericht nicht vorschreiben solle, wie es zu urteilen habe, und es geboten sein könne, auf ein Verbot zu verzichten, da eine nicht verbotene Partei leichter zu kontrollieren sein könnte147. Letztlich setzte sich aber die Auffassung durch, dass verfassungswidrige Parteien nicht zu dulden seien148 und daher eine Formulierung vorzuziehen sei, die das Bundesverfassungsgericht binde, damit es Verstöße aller Parteien gleichmäßig ahnde149.

Dem steht nicht entgegen, dass das Bundesverfassungsgericht bei der Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale der Norm die Freiheitsgarantien und Wertentscheidungen des Grundgesetzes zu berücksichtigen und mit dem Schutzzweck der Norm „ins Verhältnis zu setzen“ hat, um Widersprüche zu vermeiden und die größtmögliche Konkordanz der betroffenen Rechtsgüter herbeizuführen. Dies ist aber Teil der Normauslegung und von einer eigenständigen Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal zu unterscheiden.

Die für eine gesonderte Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Verhängung eines Parteiverbots vorgebrachten Argumente vermögen nicht zu überzeugen.

Soweit geltend gemacht wird, die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei auch sonst keine Frage des Vorliegens der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen, vielmehr sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes bei Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung die Art und Schwere der Sanktionen nach dem konkreten Gefahrenpotential zu bestimmen150, ist dem entgegenzuhalten, dass im Fall des Parteiverbots die tatbestandlichen Voraussetzungen für den staatlichen Eingriff nicht einfachgesetzlich, sondern verfassungsrechtlich normiert sind und Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG bei deren Vorliegen die anzuordnende Rechtsfolge verbindlich vorgibt. Dies ist mit der Anwendung einfachen Gesetzesrechts, bei der der Behörde Ermessen auf der Rechtsfolgenseite eröffnet ist151, nicht vergleichbar.

Soweit die Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vertreten wird, um damit die Forderung nach dem Vorliegen einer – teilweise unter Rückgriff auf polizeirechtliche Kategorien spezifizierten – Gefahr zu begründen152, steht dem der Präventionscharakter des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG entgegen. Dies gilt auch für die aus dem Umweltrecht entliehene Vorstellung einer „nachhaltigen“ Gefahr153. Die Forderung nach dem Vorliegen einer (konkreten oder nachhaltigen) Gefahr vermag eine verfassungsrechtlich fundierte Begründung für die Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Parteiverbotsverfahren entgegen dem Wortlaut von Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG nicht zu ersetzen.

Soweit die Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes postuliert wird, um daraus die Forderung nach vorrangiger Bekämpfung verfassungswidriger Parteien mit sonstigen politischen oder administrativen Mitteln (Beobachtung, öffentliche Aufklärung, politische Auseinandersetzung, Infragestellung der staatlichen Parteienfinanzierung) abzuleiten154, handelt es sich um Fragen der politischen Opportunität der Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens. Für die Entscheidung über einen bereits gestellten Parteiverbotsantrag durch das Bundesverfassungsgericht sind diese jedoch ohne Belang.

Parteiverbotsrechtsprechung des EGMR

Die aus den dargelegten Maßstäben sich ergebenden Anforderungen an die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei sind mit den Vorgaben, die der EGMR in seiner Rechtsprechung zu Parteiverboten aus der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) abgeleitet hat, und die das Bundesverfassungsgericht als Auslegungshilfe berücksichtigt155, ohne weiteres vereinbar.

Da es in der EMRK an einer speziellen Regelung der Rechte politischer Parteien fehlt, ist Maßstab für die Konventionskonformität von Parteiverboten vor allem Art. 11 EMRK156. In seine Prüfung bezieht der EGMR auf der Rechtfertigungsebene ergänzend die Frage einer Unanwendbarkeit der Konventionsrechte aufgrund Art. 17 EMRK ein157.

Dabei erkennt der EGMR ausdrücklich die Möglichkeit eines Parteiverbots zum Schutz der Demokratie an. Allerdings müsse dieses den Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 2 Satz 1 EMRK genügen, das heißt, gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein158.

Die Notwendigkeit eines Parteiverbots in einer demokratischen Gesellschaft erfordere zunächst, dass dieses einem legitimen Zweck diene. Die insoweit in Betracht kommenden Zwecke seien in Art. 11 Abs. 2 Satz 1 EMRK abschließend aufgeführt159.

Darüber hinaus müsse ein „dringendes soziales Bedürfnis“ für ein Parteiverbot bestehen160.

Ob ein solches vorliege, sei eine Frage des Einzelfalls. Angesichts des tiefgreifenden Eingriffs, der mit einem Verbot für die Partei und die Demokratie als solche verbunden sei, komme ein Verbot aber nur in Betracht, wenn entweder die Partei Ziele verfolge, die mit den fundamentalen Grundsätzen der Demokratie und des Menschenrechtsschutzes nicht vereinbar seien, oder wenn die Mittel, die die Partei einsetze, nicht rechtmäßig und demokratisch seien, insbesondere wenn sie zur Gewalt aufrufe oder deren Einsatz billige161. Eine Partei dürfe zwar für eine Änderung der gesetzlichen oder sogar der verfassungsrechtlichen Strukturen des Staates eintreten. Sie müsse dabei aber rechtmäßige und demokratische Mittel einsetzen und die vorgeschlagenen Änderungen müssten ihrerseits mit den grundlegenden demokratischen Prinzipien vereinbar sein162.

Hinsichtlich des Zeitpunkts für die Anordnung eines Parteiverbots erkennt der EGMR die Zulässigkeit eines präventiven Vorgehens ausdrücklich an. Man könne von einem Staat nicht verlangen, erst dann gegen eine politische Partei vorzugehen, wenn sie an die Macht gekommen sei und konkrete Maßnahmen zur Umsetzung ihrer demokratiewidrigen Politik ergreife, obwohl die Gefahr dieser Politik hinreichend nachgewiesen und unmittelbar sei. Ein Staat müsse vernünftigerweise in der Lage sein, die Verwirklichung eines mit der Konvention unvereinbaren politischen Programms zu verhindern163. Damit wird den Vertragsstaaten zumindest ein gewisser Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Bestimmung des richtigen Zeitpunkts für ein Parteiverbot eingeräumt164.

Ob ein Parteiverbot einem dringenden sozialen Bedürfnis entspricht, stellt der EGMR auf Grundlage einer Gesamtwürdigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls fest165. Zu berücksichtigen seien dabei auch die historischen Erfahrungen und Entwicklungen in dem betreffenden Konventionsstaat166.

Schließlich müsse ein Parteiverbot in einem angemessenen Verhältnis zu den mit dem Verbot verfolgten Zielen stehen. Dabei beschränkt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte allerdings die Prüfung der „Angemessenheit“ auf die Rechtsfolgenseite und stellt fest, ob die sich aus dem nationalen Recht ergebenden Folgen des Parteiverbots nicht außer Verhältnis zur Schwere der unter dem Punkt dringendes soziales Bedürfnis festgestellten Bedrohung für die Demokratie stehen. In der Regel folgert er aus dem Vorliegen eines dringenden Bedürfnisses auch die Angemessenheit des Verbots167.

Lediglich in zwei Fällen punktueller Befürwortung von Gewalt durch einzelne Parteimitglieder kam der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte – unabhängig vom Vorliegen eines dringenden sozialen Bedürfnisses – zu dem Ergebnis, dass ein auf dieses Verhalten gegründetes Parteiverbot unangemessen sei168. Dabei verweist er im Fall der türkischen DTP ausdrücklich darauf, dass im Gegensatz zu den vereinzelten Äußerungen ihrer Mitglieder die Partei als Ganzes sich zu friedlichen und demokratischen Lösungen bekannt habe und dass nicht von einem Einfluss der einzelnen Äußerungen auf die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung ausgegangen werden könne169.

Hinter diesen durch den EGMR aus Art. 11 Abs. 2 EMRK abgeleiteten Vorgaben für ein Parteiverbot bleibt der dargelegte Maßstab zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei gemäß Art. 21 Abs. 2 GG nicht zurück.

Dem Erfordernis einer gesetzlichen Regelung trägt Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG ohne weiteres Rechnung. Auch stellen der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und des Bestandes des Staates legitime Zwecke im Sinne des Art. 11 Abs. 2 EMRK dar. Dabei gehen EGMR und Bundesverfassungsgericht übereinstimmend davon aus, dass eine Partei sich nicht nur gegen einzelne Verfassungsbestimmungen, sondern gegen die fundamentalen Prinzipien des freiheitlichen Verfassungsstaates wenden muss.

Bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG ist auch vom Vorliegen eines dringenden sozialen Bedürfnisses für ein Parteiverbot auszugehen. Handelt eine Partei planmäßig im Sinne qualifizierter Vorbereitung einer Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und ergibt sich aus konkreten und gewichtigen Anhaltspunkten die Möglichkeit eines Erfolgs dieses Handelns, genügt dies den Anforderungen des EGMR an die Notwendigkeit eines Parteiverbots zum Schutz der demokratischen Gesellschaft gemäß Art. 11 Abs. 2 Satz 1 EMRK. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Verweis des EGMR auf das Erfordernis einer hinreichend nachgewiesenen und unmittelbaren Gefahr170. Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Meinung171 kann dem nicht entnommen werden, dass ein Parteiverbot aus Sicht des EGMR nur konventionskonform ist, wenn bereits eine konkrete Gefahr für die freiheitliche demokratische Ordnung eingetreten ist und ein Erfolg der verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Partei unmittelbar bevorsteht.

Einer solchen Annahme steht bereits entgegen, dass der EGMR in einzelnen Fällen die Billigung terroristischer Akte als ausreichend für ein Parteiverbot angesehen hat, ohne dabei auf die Größe oder die Bedeutung der verbotenen Regionalparteien und die von diesen ausgehenden Gefahren für die verfassungsmäßige Ordnung abzustellen172. Darüber hinaus bekennt sich der EGMR ausdrücklich zum präventiven Charakter des Parteiverbots und räumt den Staaten hinsichtlich der Bestimmung des Zeitpunkts des Verbots einen Ermessensspielraum ein. Im Zusammenhang mit der Feststellung der Konventionswidrigkeit ausgesprochener Parteiverbote hat er außerdem (ergänzend) darauf hingewiesen, dass die jeweils betroffene Partei keine reale Chance zur Herbeiführung politischer Veränderungen gehabt habe173. Demgemäß ist nicht davon auszugehen, dass aus der Sicht des EGMR das Vorliegen einer konkreten Gefahr für den demokratischen Verfassungsstaat notwendige Voraussetzung für ein Parteiverbot ist174.

Vielmehr ist – wie der EGMR ausdrücklich darlegt – das Vorliegen eines dringenden sozialen Bedürfnisses für ein Parteiverbot auf der Basis einer Gesamtwürdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls und unter Berücksichtigung der jeweiligen nationalen Besonderheiten festzustellen175. Daher ist bezogen auf Art. 21 Abs. 2 GG in Rechnung zu stellen, dass der Norm vor allem die historische Erfahrung des Aufstiegs der NSDAP in der Weimarer Republik und das Bemühen zugrunde liegen, eine Wiederholung derartiger Ereignisse durch ein frühzeitiges Einschreiten gegen totalitäre Parteien zu verhindern. Damit ist aber die Vorstellung nicht vereinbar, dass ein Parteiverbot erst in Betracht kommt, wenn eine Partei bereits so weit erstarkt ist, dass bei ungehindertem Geschehensablauf eine Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht nur möglich erscheint, sondern wahrscheinlich ist. Insoweit ist die Bestimmung eines frühen, den Eintritt konkreter Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht abwartenden Zeitpunkts für ein Parteiverbot in Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG Ausfluss der spezifischen historischen Erfahrung der Etablierung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft. Vor diesem Hintergrund genügt die Erfüllung der für Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG geltenden Anforderungen – im Sinne konkreter und gewichtiger Anhaltspunkte, die einen Erfolg des gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Handelns der Partei zumindest möglich erscheinen lassen –, um die Annahme eines dringenden sozialen Bedürfnisses für ein Parteiverbot nach der Rechtsprechung des EGMR zu tragen.

Bedenken gegen die Konventionskonformität des für Art. 21 Abs. 2 GG geltenden Maßstabs ergeben sich auch nicht aus den Erwägungen des Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zum Erfordernis der „Angemessenheit“ des Verbots einer politischen Partei.

Aus der Sicht des EGMR reicht das Vorliegen eines dringenden sozialen Bedürfnisses grundsätzlich aus, um die Angemessenheit eines Parteiverbots bejahen zu können176. Soweit der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ausnahmsweise dennoch das Fehlen der Angemessenheit eines Parteiverbots festgestellt hat, handelt es sich um zwei Fälle punktueller Billigung von Gewaltakten durch einzelne Funktionäre der betroffenen Partei168. In einer solchen Konstellation wäre auch im Rahmen des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei kein Raum. Es würde bereits an einer der Partei zurechenbaren Grundtendenz der Billigung von Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung fehlen. Im Übrigen dürfte bei bloßen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Äußerungen einzelner Parteimitglieder die im Rahmen des „Darauf Ausgehens“ geforderte Potentialität zur Erreichung der angestrebten verfassungswidrigen Ziele nicht gegeben sein. Demgemäß führt der Rückgriff des EGMR auf das Erfordernis der Angemessenheit nicht zu einer Verschärfung im Vergleich zu den im Rahmen des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG zu beachtenden Anforderungen an ein Parteiverbot.

Soweit der EGMR in seiner Entscheidung zum Verbot der DTP unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit auf die nach türkischem Recht gegebene Möglichkeit verweist, statt eines Parteiverbots die Kürzung der staatlichen Zahlungen anzuordnen177, stellt dies ebenfalls die Konventionskonformität von Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG nicht in Frage. Es ist Sache des jeweiligen nationalen Rechts, unter Berücksichtigung der Anforderungen der EMRK zu regeln, ob und inwieweit gegenüber Parteien, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, Sanktionen ergriffen werden dürfen. Dabei bleibt es dem nationalen Gesetzgeber unbenommen, völlig auf eine Sanktionierung zu verzichten, gestufte Sanktionsmöglichkeiten zu eröffnen oder sich auf die Sanktion des Parteiverbots zu beschränken.

Konventionskonform ist daher auch das auf differenzierte Sanktionsmöglichkeiten verzichtende Regelungskonzept des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG. Dieser sieht bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm ausschließlich die Feststellung der Verfassungswidrigkeit als Rechtsfolge vor. Unterhalb der Ebene des Parteiverbots liegende Sanktionen – etwa die Kürzung oder Streichung staatlicher Finanzmittel – sind nach der geltenden Verfassungslage ausgeschlossen. Daher ist entgegen der Auffassung der NPD – solange der verfassungsändernde Gesetzgeber keine abweichenden Regelungen trifft – für die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen des Art. 21 Abs. 2 GG kein Raum. Konventionsrechtlich ist dies unbedenklich, solange die Anordnung eines Parteiverbots den sich aus der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 11 Abs. 2 Satz 1 EMRK ergebenden Anforderungen an die Angemessenheit eines Verbots entspricht. Dies ist bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG der Fall.

Soweit die NPD aus den „Guidelines on Prohibition and Dissolution of Political Parties and Analogous Measures“ der Venedig-Kommission des Europarats vom 10./11.12 1999178 ableitet, dass konventionsrechtliche Voraussetzung für ein Parteiverbot die Verfolgung politischer Ziele mit Gewalt sei und dem im Rahmen von Art. 21 Abs. 2 GG Rechnung getragen werden müsse, verkennt sie, dass es sich bei den Guidelines der Venedig-Kommission um unverbindliche Empfehlungen handelt, die der EGMR sich hinsichtlich der Voraussetzungen eines Parteiverbots nicht zu eigen gemacht hat. Vielmehr beurteilt er das Vorliegen eines dringenden sozialen Bedürfnisses für ein Verbot sowohl anhand der von einer Partei eingesetzten Mittel als auch nach den von ihr verfolgten Zielen179. Die Anwendung oder Billigung von Gewalt mag daher eine – nach den Maßstäben des EGMR – hinreichende Bedingung für ein Parteiverbot sein. Unverzichtbare Voraussetzung eines den Vorgaben des Art. 11 Abs. 2 Satz 1 EMRK entsprechenden Parteiverbots ist sie hingegen nicht.

Parteiverbot und Unionsrecht

Recht der Europäischen Union ist für die Voraussetzungen, unter denen eine politische Partei durch einen Mitgliedstaat verboten werden kann, nicht maßgeblich.

Die Anregung der NPD, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchstabe a AEUV die von ihr in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, entbehrt einer sachlichen Grundlage.

Die NPD vertritt die Auffassung, Art. 2 EUV, Art. 22 AEUV, Art. 11, 12, 39, 40 GRCh sowie die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr.2004/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 über die Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene und ihre Finanzierung seien bei der Durchführung eines Parteiverbotsverfahrens anwendbar. Die genannten Vorschriften führten zur Unzulässigkeit des Verbots einer nationalen Partei, wenn diese mit eigenen Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten sei – jedenfalls dann, wenn ihr Verbot aufgrund des damit verbundenen Mandatsverlusts dazu führen würde, dass eine politische Partei auf europäischer Ebene wegen Unterschreitens des Mindestquorums des Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b Alt. 1 der Verordnung (EG) Nr.2004/2003 ihre Anerkennung verlöre.

a)) Der Zweite Bundesverfassungsgericht des Bundesverfassungsgerichtes hat indes bereits in seinem Beschluss vom 22.11.2001180 festgestellt, dass der Europäischen Union nach dem seinerzeit geltenden Vertragsrecht keine Zuständigkeit zur Regelung des Rechts der politischen Parteien zukommt. Zwar hatte Art.191 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) die Funktion politischer Parteien auf europäischer Ebene im Prozess der europäischen Integration anerkannt und war insoweit Grundlage für die Bildung gemeinsamer Fraktionen im Europäischen Parlament. Eine Aussage dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen eine politische Partei durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union verboten werden kann, enthielt das Unionsrecht damit aber nicht. Auch allgemeine Grundsätze des Unionsrechts wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Grundrechtsschutz begründen keine vorlagefähige Frage181.

Daran ist auch nach Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon festzuhalten. Soweit die NPD demgegenüber darauf verweist, dass diese Erwägungen durch die zwischenzeitlich erfolgte stärkere europäische Integration auch und gerade im Recht der politischen Parteien überholt seien, steht dem entgegen, dass das europäische Primärrecht hinsichtlich des Rechts der politischen Parteien seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 22.11.2001 keine relevanten Änderungen erfahren hat: Zwar ist Art. 10 Abs. 4 EUV an die Stelle von Art.191 EGV getreten. Er geht in seinem Regelungsgehalt über diesen aber nicht hinaus. Wie dieser beschränkt er sich auf die Feststellung, dass „politische Parteien auf europäischer Ebene […] zur Herausbildung eines europäischen politischen Bewusstseins und zum Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger der Union“ beitragen. Auch die Durchführung der Wahl zum Europäischen Parlament erfolgt unverändert nach nationalem Recht und wirft insoweit keine unionsrechtlichen Fragen auf182. Die NPD nimmt daher zu Unrecht an, dass wegen der möglichen Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments Art. 11, 12, 39, 40 GRCh auf ein Parteiverbot anzuwenden seien. Eine Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union setzt gemäß Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh die Durchführung des Rechts der Europäischen Union voraus. Daran fehlt es im Falle eines Verbots politischer Parteien, das ungeachtet reflexhafter Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments ausschließlich nach nationalem Recht erfolgt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Verordnung (EG) Nr.2004/2003 über die Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene und ihre Finanzierung. Diese wurde aufgrund Art.191 EGV erlassen und begründet keine über dessen Regelungsgehalt hinausgehenden Zuständigkeiten der Europäischen Union. Ziel der Verordnung ist gemäß Ziffer 2 der Erwägungsgründe die Schaffung eines Regelwerks für politische Parteien auf europäischer Ebene insbesondere hinsichtlich ihrer Finanzierung. Einen Regelungsanspruch mit Blick auf nationale Parteien erhebt die Verordnung nicht; vielmehr geht sie von einer Trennung zwischen nationalen und europäischen politischen Parteien aus. Dies bestätigt insbesondere Art. 7 Abs. 1 der Verordnung, der lautet:Die Mittel, die politische Parteien auf europäischer Ebene aus dem Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union oder aus anderen Quellen erhalten, dürfen nicht der unmittelbaren oder mittelbaren Finanzierung anderer politischer Parteien und insbesondere nicht von nationalen politischen Parteien oder Kandidaten dienen. Auf diese nationalen politischen Parteien und Kandidaten finden weiterhin die nationalen Regelungen Anwendung.

Das Verbot nationaler Parteien ist somit unverändert ausschließlich eine Angelegenheit des nationalen Rechts. Verliert infolge eines solchen Verbots und des damit verbundenen Verlusts europäischer Mandate ein europäischer Zusammenschluss nationaler Parteien den Status einer „politischen Partei auf europäischer Ebene“, weil die Voraussetzungen von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr.2004/2003 nicht mehr vorliegen, handelt es sich lediglich um mittelbare Auswirkungen einer nach nationalem Recht getroffenen Maßnahme. Für Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh ist insoweit kein Raum.

Verfassungswidrige Ziele der NPD

Hinweis: Soweit das Urteil des BVerfG umfangreich Zitate für die nachfolgenden Aussagen aufführt, werden diese hier nicht – auch nicht auszugsweise – wiedergegeben. Der NPD soll hier kein Raum zur Agitation geboten werden.

Nach diesen Maßstäben ist der Verbotsantrag unbegründet. Die NPD strebt zwar nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung an. Da aber konkrete Anhaltspunkte von Gewicht fehlen, die ein Erreichen der von der NPD verfolgten Ziele zumindest möglich erscheinen lassen, fehlt es an einem „Darauf Ausgehen“ im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG.

Die NPD missachtet die Grundprinzipien, die für den freiheitlichen demokratischen Verfassungsstaat unverzichtbar sind. Ihre Ziele und das Verhalten ihrer Anhänger verstoßen gegen die Menschenwürde und den Kern des Demokratieprinzips und weisen Elemente der Wesensverwandtschaft mit dem historischen Nationalsozialismus auf. Die Programmatik der NPD ist auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet.

Das politische Konzept der NPD ist mit der Garantie der Menschenwürde im Sinne von Art. 1 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Sie akzeptiert die Würde des Menschen als obersten und zentralen Wert der Verfassung nicht, sondern bekennt sich zum Vorrang einer ethnisch definierten „Volksgemeinschaft“. Der von ihr vertretene Volksbegriff negiert den sich aus der Menschenwürde ergebenden Achtungsanspruch der Person und führt zur Verweigerung elementarer Rechtsgleichheit für alle, die nicht der ethnischen „Volksgemeinschaft“ angehören. Ihr Politikkonzept ist auf die Ausgrenzung, Verächtlichmachung und weitgehende Rechtlosstellung von Ausländern, Migranten, Muslimen, Juden und weiteren gesellschaftlichen Gruppen gerichtet. Dabei mögen einzelne Äußerungen für sich genommen die Grenze der Missachtung der Menschenwürde durch die NPD nicht überschreiten. Die Vielzahl der diffamierenden und die menschliche Würde missachtenden Positionierungen dokumentieren in der Gesamtschau aber, dass es sich nicht um einzelne Entgleisungen, sondern um eine charakteristische Grundtendenz handelt.

Dieses auf eine Missachtung der Menschenwürde zielende politische Konzept der NPD lässt sich bereits ihrem Parteiprogramm entnehmen und wird durch weitere Publikationen und Äußerungen führender Parteifunktionäre bestätigt. Die hiergegen erhobenen Einwendungen der NPD vermögen diesen Befund nicht in Frage zu stellen. Folge dieses Konzepts sind menschenverachtende rassistische Positionierungen der NPD gegenüber gesellschaftlichen Gruppen.

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Das Parteiprogramm der NPD ist auf eine Verletzung des Wert- und Achtungsanspruchs angelegt, der sich aus dem Eigenwert und der Würde des zur Freiheit befähigten Menschen ergibt. Dieses Programm muss die NPD sich zurechnen lassen.

Das unter dem Titel „Arbeit. Familie. Vaterland.“ am 4./5.06.2010 in Bamberg verabschiedete Parteiprogramm missachtet die durch die Garantie der Menschenwürde geschützte Subjektqualität des Einzelnen und verletzt den Anspruch auf elementare Rechtsgleichheit.

Die dem Programm vorangestellten „Grundgedanken“ lauten zwar: „Gleich sind die Menschen dagegen vor dem Gesetz und in der Unantastbarkeit ihrer Würde“. Zugleich wird dieses Bekenntnis zur Menschenwürde aber eingeschränkt, wenn es heißt: „Die Würde des Menschen als soziales Wesen verwirklicht sich vor allem in der Volksgemeinschaft“183. Ihrem Verständnis des Vorrangs der „Volksgemeinschaft“ entsprechend fordert die NPD als oberstes Ziel deutscher Politik die Erhaltung des durch Abstammung, Sprache, geschichtliche Erfahrungen und Wertvorstellungen geprägten deutschen Volkes. Anzustreben sei die „Einheit von Volk und Staat“ und die Verhinderung einer „Überfremdung Deutschlands, ob mit oder ohne Einbürgerung“184. Deutschland müsse das Land der Deutschen bleiben und dort, wo dies nicht mehr der Fall sei, wieder werden. Grundsätzlich dürfe es für Fremde in Deutschland kein Bleiberecht, sondern nur eine Rückkehrpflicht in ihre Heimat geben185.

Auf dieser Grundlage wird von der NPD ein politisches Konzept entwickelt, das vor allem auf die strikte Exklusion und weitgehende Rechtlosstellung aller ethnisch Nichtdeutschen gerichtet ist. Zwar enthält sich das Parteiprogramm einer ausdrücklichen Aussage dazu, inwieweit die den rechtlichen Status abwertenden Forderungen auch auf eingebürgerte Deutsche mit Migrationshintergrund Anwendung finden sollen. Dafür sprechen allerdings die Behauptungen, dass sich in „überfremdeten Wohnvierteln“ Deutsche und Angehörige „fremder Völker“ zunehmend feindselig gegenüberstünden, Angehörige anderer „Völker“ in Deutschland einen Arbeitsplatz nur auf Zeit innehaben könnten, Ziel eines grundlegenden politischen Wandels die Erhaltung der deutschen Volkssubstanz sei und eine „Überfremdung Deutschlands, ob mit oder ohne Einbürgerung“ strikt abgelehnt werde186.

Die Geltung der Grundrechte wird ausdrücklich auf alle Deutschen bezogen und die Anwendung des Solidaritätsprinzips auf die Gemeinschaft aller Deutschen beschränkt187. Demgemäß hätten familienunterstützende Maßnahmen des Staates ausschließlich deutsche Familien zu fördern. Eigentum an deutschem Grund und Boden könne nur von Deutschen erworben werden188. Im 7. Kapitel „Sozialpolitik als nationale Solidarität“ wird gefordert, Ausländer aus dem deutschen Sozialversicherungswesen auszugliedern und einer gesonderten Ausländersozialgesetzgebung zuzuordnen. Auch an der zu schaffenden einheitlichen Rentenkasse („Volksrente“) sollen Ausländer nicht teilhaben189.

Im 10. Kapitel ihres Parteiprogramms unter dem Titel „Deutschland den Deutschen“ legt die NPD dar, dass durch massenhafte Einbürgerungen das deutsche Staatsbürgerrecht aufgeweicht und das Existenzrecht des deutschen Volkes in Frage gestellt würden. Um dem entgegenzuwirken, sei das ursprüngliche, auf dem Abstammungsprinzip fußende Staatsbürgerrecht wieder einzuführen. Die multikulturelle Gesellschaft habe zur Entstehung von Ausländerghettos und oftmals rechtsfreien Räumen geführt, in denen das Leben für viele Deutsche unerträglich sei. Die NPD fordert daher eine gesetzliche Regelung zur Rückführung der hier lebenden Ausländer („Rückkehrpflicht statt Bleiberecht“). Integration sei Völkermord. Fremdreligiöse Bauten seien zu stoppen; das Grundrecht auf Asyl aus Art. 16a GG sei ersatzlos zu streichen190.

Im 16. Kapitel „Bildung und Kultur“ spricht die NPD sich gegen die gemeinsame Unterrichtung deutscher und ausländischer Schüler aus, weil Ausländerkinder mit ihren meist nur mangelhaften Deutschkenntnissen das Unterrichtsniveau absenkten und die Sprach- und Lesefähigkeit auch der deutschen Schüler beeinträchtigten. Die Abgrenzung der Schüler verläuft dabei nicht entlang der Sprachkompetenz, sondern entlang der Volkszugehörigkeit. Ziel ist nach der Formulierung des Programms die Trennung deutscher und ausländischer Kinder und nicht eine bildungspolitisch motivierte Einteilung nach Leistungsstufen191.

Im 17. Kapitel „Reform des Rechtssystems“ fordert die NPD einen Volksentscheid über die Wiedereinführung der Todesstrafe und den vollständigen Vollzug lebenslanger Freiheitsstrafen. Der Abschiebung krimineller Ausländer dürften strengere Strafen im Heimatland nicht entgegenstehen. Außerdem sei – so die Forderung im 18. Kapitel „Innere Sicherheit“ – die Polizeiliche Kriminalstatistik um eine weitere Rubrik für „eingebürgerte Ausländer“ neben der bisherigen Ausländer-Kriminalstatistik zu ergänzen192. Auch befürwortet die NPD die Einführung einer deutschlandweiten, öffentlich einsehbaren Sexualstraftäter-Datei sowie die gesetzliche Möglichkeit der Kastration von Pädophilen193.

Bereits diese im Parteiprogramm der NPD festgeschriebenen Ziele sind mit der Garantie der Menschenwürde nicht vereinbar. Forderungen nach „Kastration von Pädophilen“ oder der Vollstreckung lebenslanger Freiheitsstrafen ohne die Möglichkeit, die Freiheit wiederzuerlangen, verkennen den sozialen Wert- und Achtungsanspruch des Einzelnen194.

Vor allem aber zielt das Parteiprogramm auf einen rechtlich abgewerteten, nahezu rechtlosen Status aller, die der ethnisch definierten „Volksgemeinschaft“ im Sinne der NPD nicht angehören. Grundlage ist der Ausschluss der Nichtdeutschen aus dem Geltungsbereich der Grundrechte195. Soweit die NPD dies mit dem Hinweis bestreitet, die fragliche Textstelle des Programms setze sich lediglich kritisch mit der Unterdrückung der Meinungsfreiheit in Deutschland auseinander, steht dem bereits entgegen, dass, obwohl es sich nicht um ein Deutschengrundrecht handelt, die Meinungsfreiheit dennoch auf Deutsche begrenzt wird und für eine abweichende Behandlung anderer Grundrechte nichts ersichtlich ist. Außerdem steht im Zentrum des politischen Konzepts die Versagung jeglichen dauerhaften Aufenthaltsrechts für alle Personen, die nicht der „deutschen Volksgemeinschaft“ angehören. Auch dadurch werden grundrechtliche Gewährleistungen für die von der Rückkehrpflicht Betroffenen faktisch gegenstandslos. Verbunden mit den – das Verbot der Ungleichbehandlung wegen der Abstammung oder der Rasse im Sinne von Art. 3 Abs. 3 GG berührenden – dargelegten Einzelforderungen ergibt sich eine demütigende Ungleichbehandlung von Nichtdeutschen, die diese zum bloßen Objekt staatlichen Handelns macht und ihnen die Anerkennung als grundsätzlich gleichberechtigte Mitglieder der rechtlich verfassten Gemeinschaft verweigert.

Dieses Programm muss die NPD gegen sich gelten lassen. Soweit sie behauptet, einer Verwertung des Programms stehe dessen mangelnde Quellenfreiheit aufgrund der – vom Bundesrat zugestandenen – Anwesenheit von neun V-Leuten auf dem Programmparteitag am 4./5.06.2010 entgegen, ist dem nicht zu folgen.

Zwar trifft die Auffassung des Bundesrats, das Parteiprogramm entziehe sich einer Kategorisierung im Sinne der Antragsschrift, da es sich bei der NPD um eine juristische Person handele, der nicht wie einer natürlichen Person bestimmte Quellen zugerechnet werden könnten, nicht zu. Dies steht bereits im Widerspruch zu dem übrigen Vortrag des Bundesrats, in dem Beweismittel nicht nur natürlichen Personen, sondern auch Landesverbänden, Kreisverbänden oder sonstigen Teilorganisationen der NPD zugerechnet werden. Ebenso wenig kann der Bundesrat darauf verweisen, dass Parteitagsdelegierte nicht den Führungsebenen der NPD zuzurechnen seien, da es im vorliegenden Zusammenhang nicht auf die Frage der Staatsfreiheit (der Führungsebenen), sondern auf die Quellenfreiheit und damit Verwertbarkeit eines Beweismittels ankommt.

Entscheidend ist vielmehr, dass das Parteiprogramm als Ausdruck eigenständiger unbeeinflusster Willensbildung der NPD anzusehen ist. Dem steht die vom Bundesrat zugestandene Anwesenheit von neun V-Leuten auf dem Programmparteitag der NPD am 4./5.06.2010 im Ergebnis nicht entgegen.

Dafür spricht bereits, dass nach dem glaubhaften, durch Testate belegten Vortrag des Bundesrats der vorbereitenden Programmkommission und den Vorständen der das Programm besonders prägenden Landesverbände Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern im entscheidungserheblichen Zeitraum keine V-Leute angehört haben und ein prägender Einfluss einzelner Parteitagsdelegierter auf den Programminhalt weder ersichtlich noch von der NPD vorgetragen ist.

Die Zurechenbarkeit und Verwertbarkeit des Parteiprogramms ergibt sich aber jedenfalls aus dessen inhaltlicher Bestätigung durch die maßgeblichen Führungspersonen der NPD. Das Parteiprogramm sowie dessen Änderungen sind gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 PartG dem Bundeswahlleiter mitzuteilen. Dieser weist auf seiner Homepage das von der NPD am 4./5.06.2010 in Bamberg beschlossene Programm als derzeit gültiges Parteiprogramm der NPD aus (Stand: 17.06.2016). Dieses Programm war demgemäß Grundlage der Arbeit der NPD in den vergangenen Jahren. Auch im vorliegenden Verfahren hat sie sich in ihrem schriftsätzlichen Vortrag immer wieder auf dieses Programm berufen und an keiner Stelle davon distanziert. In der mündlichen Verhandlung hat der Parteivorsitzende Franz die Gültigkeit des Programms und seine Übereinstimmung mit den Überzeugungen der NPD ausdrücklich bestätigt. Die Frage, ob es Bestrebungen gebe, das Programm zu ändern, hat er verneint.

Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass die NPD sich das auf dem Programmparteitag in Bamberg beschlossene Parteiprogramm jedenfalls in der Folgezeit zu eigen gemacht hat und dieses Ausdruck ihrer selbstbestimmten Willensbildung und tatsächlichen Überzeugung ist.

Die Unvereinbarkeit der von der NPD verfolgten Ziele mit der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG wird auch durch ihr zurechenbare Publikationen und Äußerungen führender Funktionäre bestätigt. Dabei wird deutlich, dass die Formulierungen des Parteiprogramms die von der NPD verfolgten Ziele nur zurückhaltend beschreiben beziehungsweise kaschieren. Das von ihr vertretene Konzept ethnischer Definition der „Volksgemeinschaft“ hat das Bekenntnis zum Vorrang dieser Gemeinschaft als obersten Wert und die rassistische Ausgrenzung aller ethnisch Nichtdeutschen zur Folge. Gleichzeitig beinhaltet die Programmatik der NPD auch das Ziel einer Rückführung eingebürgerter Deutscher mit Migrationshintergrund in ihre Herkunftsländer.

Der von der NPD vertretene ethnische Volksbegriff wird in der vom Parteivorstand im April 2012 in 2. Auflage herausgegebenen Broschüre „Wortgewandt – Argumente für Mandats- und Funktionsträger“ in den Kapiteln 1.10 und 1.11 („Wer ist für die NPD ein Deutscher? Was versteht die NPD unter Volk?“ und „Für welches Staatsbürgerschaftsrecht tritt die NPD ein?“) wie folgt beschrieben:

Deutscher ist, wer deutscher Herkunft ist und damit in die ethnischkulturelle Gemeinschaft des deutschen Volkes hineingeboren wurde. […] Ein Afrikaner, Asiate oder Orientale wird nie Deutscher werden können, weil die Verleihung bedruckten Papiers (des BRD-Passes) ja nicht die biologischen Erbanlagen verändert, die für die Ausprägung körperlicher, geistiger und seelischer Merkmale von Einzelmenschen und Völkern verantwortlich sind. […] Angehörige anderer Rassen bleiben deshalb körperlich, geistig und seelisch immer Fremdkörper, egal, wie lange sie in Deutschland leben. Sie mutieren durch die Verleihung eines Passes ja nicht zu Deutschen. […]

Deutscher ist, wer deutsche Eltern hat, also wer deutscher Abstammung ist. Deutsch ist eine ethnische Herkunftsbezeichnung und keine Bezeichnung des zufälligen Geburtsortes, momentanen Wohnortes oder des Passes. […] Deutscher ist man von Geburt – oder eben nicht; aber man wird es nicht durch Annahme der Staatsbürgerschaft. […] [D]ie Staatsbürgerschaft muß an die Volkszugehörigkeit gebunden sein. Wie sagt auch der Volksmund: Blut ist dicker als Tinte. […]

Heute haben fast neun Millionen Nichtdeutsche die deutsche Staatsbürgerschaft und können so wirkungsvoll ihre Interessen gegen die Deutschen durchsetzen. […] „Deutsche afrikanischer Herkunft“ oder „Afro-Deutsche“ kann es sowenig geben wie schwangere Jungfrauen. Staatsangehörigkeit muß an Volkszugehörigkeit gebunden sein – für Europäer kann es Ausnahmen geben.196

Demzufolge kann nach Auffassung der NPD ein Ausländer auch durch die Verleihung der Staatsbürgerschaft grundsätzlich nicht zum Mitglied der „deutschen Volksgemeinschaft“ werden, „Deutscher ist man durch Herkunft, aber man wird es nicht durch Paßverleihung“197. Konsequenterweise werden eingebürgerte Deutsche als „Nichtdeutsche“198 oder „Passdeutsche“ bezeichnet.

Die NPD muss sich diese Publikation des Parteivorstands zurechnen lassen. Sie ist von dem ehemaligen Parteivorstandsmitglied und sächsischen Landtagsabgeordneten Jürgen Gansel verfasst und mit einem Vorwort des damaligen Bundesvorsitzenden der NPD versehen. Dem steht nicht entgegen, dass die NPD mit Schriftsatz vom 11.04.2016 einen Parteivorstandsbeschluss mit Datum vom 05./6.04.2014 vorgelegt hat, wonach die Verbreitung der Broschüre gestoppt und deren inhaltliche Prüfung angeordnet worden sein soll. Bereits das Datum der angeblichen Beschlussfassung des Parteivorstands vier Monate nach Eingang des Verbotsantrags beim Bundesverfassungsgericht deutet darauf hin, dass es sich bei dem angeblichen Beschluss um eine prozesstaktisch motivierte Reaktion auf den Verbotsantrag des Bundesrats handelt. Auch erschließt sich nicht, warum die NPD diesen Vorstandsbeschluss erst zwei Jahre nach seiner Fassung und nach Ende der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat. Außerdem hat sie weder die Umsetzung des Beschlusses belegt noch erläutert, aus welchen Gründen die Verbreitung der Broschüre gestoppt wurde beziehungsweise welche Aussagen als fragwürdig oder mit der Haltung des jetzigen Parteivorstands möglicherweise unvereinbar angesehen wurden. Sie hat jedenfalls die vorstehend zitierte Passage auch nach dem angeblichen Vorstandsbeschluss auf ihrer Homepage weiter verbreitet. In der mündlichen Verhandlung hat der Parteivorsitzende der NPD weder die Richtigkeit des Zitats bestritten, noch eine inhaltliche Distanzierung durch Verweis auf den vorgenannten Vorstandsbeschluss oder in sonstiger Weise erkennen lassen.

Dass die ethnische Definition der „deutschen Volksgemeinschaft“ und der damit verbundene dauerhafte Ausschluss „ethnisch Nichtdeutscher“ aus dieser Gemeinschaft eine Grundüberzeugung der NPD darstellt, wird durch weitere, ihr zurechenbare Aussagen bestätigt.

Insoweit sind auch die Aussagen der JN der NPD zuzurechnen. Sie sind Ausdruck der bei der NPD vorhandenen Grundüberzeugung, dass der „deutschen Volksgemeinschaft“ ein abstammungsbezogener exklusiver Charakter zukommt, diese vor einer Vermischung mit „andersrassigen Völkern“ zu schützen ist und ihr gegenüber dem Einzelnen eine höherrangige Wertigkeit zukommt.

Demgegenüber kann die NPD sich weder darauf berufen, dass in dem mit Schriftsatz vom 11.04.2016 vorgelegten Beschluss des Parteivorstands vom 05./6.04.2014 angeordnet worden sei, den vorstehend zitierten Leitfaden der JN zu vernichten, noch, dass es sich bei den Aussagen des D. um Äußerungen eines für die NPD nicht repräsentativen „Hardliners“ handele.

Hinsichtlich des angeblichen Beschlusses des Bundesvorstands der NPD vom 05./6.04.2014 sprechen gegen die Glaubhaftigkeit ihres Vorbringens – wie bereits hinsichtlich der Broschüre „Wortgewandt“ dargelegt – das Datum der Beschlussfassung vier Monate nach Eingang des Verbotsantrags beim Bundesverfassungsgericht sowie seine Vorlage erst nach Ende der mündlichen Verhandlung. Auch hat die NPD weder Belege für die Umsetzung ihres Vorstandsbeschlusses vorgelegt noch näher erläutert, aus welchen Gründen der Parteivorstand erst mehr als ein Jahr nach Veröffentlichung des Leitfadens die behauptete Maßnahme eingeleitet haben will. Es fehlt darüber hinaus eine Darlegung der Gründe oder eine Bezeichnung und inhaltliche Auseinandersetzung mit den fragwürdigen Passagen des Leitfadens, die den Parteivorstand zu dessen angeblicher Rückziehung veranlasst haben sollen. Schließlich hat D. in einem Interview mit dem Nachrichtenportal FSN-TV am 27.04.2014 – also nach dem behaupteten Vorstandsbeschluss – die fortwährende Gültigkeit des Leitfadens ausdrücklich bestätigt.

Auch für eine die Zurechnung ausschließende Distanzierung der NPD von den Aussagen des D. fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten. Die bloße Qualifizierung des D. als „Hardliner“ genügt wegen dessen langandauernder und führender Tätigkeit innerhalb der JN und seines Aufstiegs zu deren stellvertretendem Bundesvorsitzenden nicht. Solange die NPD sich von Äußerungen ihrer Funktionäre oder der Führungskräfte ihrer Teilorganisationen nicht in einem zeitlich engen Zusammenhang ausdrücklich distanziert oder Ordnungsmaßnahmen ergriffen hat, wofür nichts vorgetragen ist, muss sie sich diese zurechnen lassen.

Darüber hinaus belegen weitere Dokumente die Vorstellung der NPD von einer abstammungsbezogenen Begrenzung der „deutschen Volksgemeinschaft“ und der Notwendigkeit, diese vor einer Vermischung mit anderen Rassen zu schützen.

Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße bestätigte ein Versammlungsverbot gegen einen Kreisverband der NPD wegen zu erwartender Volksverhetzung aufgrund des Veranstaltungsmottos „Weiß ist nicht nur eine Trikotfarbe – für eine echte deutsche Nationalmannschaft“. Das Versammlungsmotto könne – nach Wortlaut, sprachlichem Kontext und den konkreten Begleitumständen – hier nur so verstanden werden, dass der Begriff „weiß“ für Angehörige einer „weißen Rasse“ stehe und somit Deutsche anderer Hautfarbe beziehungsweise mit Migrationshintergrund in böswilliger und verächtlich machender Weise als nicht zur deutschen Nation gehörend ausgrenzen wolle199.

Konsequenz der ethnischen Definition und des exkludierenden Charakters der „deutschen Volksgemeinschaft“ ist die Abwertung des rechtlichen Status aller, die dieser Gemeinschaft nicht angehören. Dass dies auch für Eingebürgerte mit Migrationshintergrund gilt und diesen insbesondere kein dauerhaftes Bleiberecht zugestanden wird, belegen weitere der NPD zurechenbare Äußerungen und Aktivitäten.

Die NPD vertritt das Konzept einer ethnisch definierten Volksgemeinschaft und eines rechtlich abgewerteten und mit der Menschenwürdegarantie unvereinbaren Status aller, die dieser Gemeinschaft abstammungsmäßig nicht angehören. Dem steht auch nicht der Einwand der NPD entgegen, dass sie mit ihrem Volksbegriff auf dem Boden des Grundgesetzes stehe und lediglich die Rückkehr zu dem bis zum 31.12 1999 geltenden Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz propagiere.

Das Konzept weitgehender Rechtlosstellung und entwürdigender Ungleichbehandlung dieser Personengruppe wird durch die Einlassungen der NPD zum Volksbegriff und zum Staatsangehörigkeitsrecht nicht tangiert. Die NPD macht zwar geltend, sie unterscheide lediglich konsequent zwischen Staatsangehörigen und Nichtstaatsangehörigen. Dem steht jedoch bereits entgegen, dass die von ihr vertretenen Ausgrenzungen und Rechtsverweigerungen, etwa bezogen auf die Rückführung ohne Rücksicht auf die Situation im Heimatland, das Recht auf Eigentumserwerb oder die Trennung von Ausländern und Deutschen im Schulunterricht, über die durch die Staatsangehörigkeit veranlassten Differenzierungen hinausgehen und keineswegs nur Bürgerrechte betreffen.

Der von der NPD vertretene Volksbegriff ist verfassungsrechtlich unhaltbar. Das Grundgesetz kennt einen ausschließlich an ethnischen Kategorien orientierten Begriff des Volkes nicht. Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass gemäß Art.20 Abs. 2 Satz 1 GG das Volk, von dem die Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland ausgeht, „von den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 gleichgestellten Personen“200 gebildet wird. Für die Zugehörigkeit zum deutschen Volk und den daraus sich ergebenden staatsbürgerlichen Status ist demgemäß die Staatsangehörigkeit von entscheidender Bedeutung. Dabei überlässt das Grundgesetz dem Gesetzgeber, wie sich aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 2 und Art. 116 Abs. 1 GG ergibt, die Regelung der Voraussetzungen für den Erwerb und den Verlust der Staatsangehörigkeit. Er kann insbesondere bei einer erheblichen Zunahme des Anteils der Ausländer an der Gesamtbevölkerung des Bundesgebietes dem Ziel einer Kongruenz zwischen den Inhabern demokratischer politischer Rechte und den dauerhaft staatlicher Herrschaft Unterworfenen durch eine Erleichterung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit für Ausländer, die sich rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, Rechnung tragen201. Die Auffassung der NPD, der Gesetzgeber sei bei der Konzeption des Staatsangehörigkeitsrechts streng an den Abstammungsgrundsatz gebunden, findet demgegenüber im Grundgesetz keine Stütze.

Demgemäß kommt bei der Bestimmung des „Volkes“ im Sinne des Grundgesetzes ethnischen Zuordnungen keine exkludierende Bedeutung zu. Wer die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt, ist aus Sicht der Verfassung unabhängig von seiner ethnischen Herkunft Teil des Volkes. Diese verfassungsrechtliche Vorgabe steht in deutlichem Gegensatz zur Auffassung der NPD, nach deren Überzeugung der Erwerb der Staatsangehörigkeit nicht dazu führt, dass der Eingebürgerte Teil des deutschen Volkes wird.

Soweit der Parteivorsitzende der NPD in der mündlichen Verhandlung, zum Volksbegriff befragt, sich eingelassen hat, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, gehöre auch dem deutschen Volk an, gibt dies das Konzept der NPD erkennbar nicht zutreffend wieder. Die Aussage steht im Widerspruch zu allen diesbezüglichen schriftlichen Publikationen und Äußerungen führender Vertreter der NPD einschließlich der Einlassungen Jürgen Gansels in der mündlichen Verhandlung.

Die NPD kann sich zur Begründung der Behauptung, einen verfassungsgemäßen Volksbegriff zu vertreten, auch nicht auf Art. 116 GG und den dazu ergangenen „Teso“, Beschluss202 berufen. Zwar erweitert Art. 116 GG als Ausdruck der Pflicht, die Einheit des deutschen Volkes als Träger des Selbstbestimmungsrechts nach Möglichkeit zu bewahren203, die Eigenschaft als Deutscher auf die sogenannten „Statusdeutschen“204. Dies führt aber nicht dazu, dass der Volksbegriff des Grundgesetzes sich vor allem oder auch nur überwiegend nach ethnischen Zuordnungen bestimmt. Vielmehr erhält Art. 116 GG als Kriegsfolgenrecht erst dadurch Sinn, dass der Träger der deutschen Staatsgewalt im Ausgangspunkt durch die Gesamtheit der deutschen Staatsangehörigen zu definieren ist204. Im „Teso“, Beschluss hatte das Bundesverfassungsgericht darüber zu befinden, ob der Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik durch eine Person, die von einem italienischen Vater abstammte, zugleich den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Grundgesetzes zur Folge hatte. Dass das Bundesverfassungsgericht dies – unabhängig von der ethnischen Zuordnung – bejahte205, dokumentiert die fehlende Ausschließlichkeit der ethnischen Herkunft für die Bestimmung der Zugehörigkeit zum deutschen Volk.

Schließlich widerspricht die Behauptung der NPD, sie strebe lediglich eine Rückkehr zu dem bis zum 31.12 1999 geltenden Reichs- und Staatsangehörigkeitsrecht einschließlich der Eröffnung der Möglichkeit zur Ermessenseinbürgerung und der dauerhaften rechtlichen Gleichstellung von „Passdeutschen“ und „Biodeutschen“ an, den von ihr tatsächlich verfolgten Zielen. Zwar sieht das Parteiprogramm vor, dass das „ursprüngliche, auf dem Abstammungsprinzip fußende Staatsbürgerschaftsrecht wieder eingeführt“ wird206. Das politische Konzept der NPD geht aber weit über eine Rückkehr zum Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in der bis zum 31.12 1999 geltenden Fassung hinaus.

Die Berufung auf die Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung lässt bereits außer Acht, dass für derartige Einbürgerungen, wie sie in § 8 RuStAG vorgesehen waren, nach den Vorstellungen der NPD regelmäßig kein Raum sein soll. Ziel der NPD ist die „Einheit von Volk und Staat“. Eine „Überfremdung Deutschlands, ob mit oder ohne Einbürgerung“ lehnt sie strikt ab184. Um eine Vermischung des deutschen Volkes mit andersrassigen Völkern zu vermeiden, gilt für die NPD: „Staatsangehörigkeit muß an Volkszugehörigkeit gebunden sein – für Europäer kann es Ausnahmen geben.“207.

Außerdem kann nicht davon ausgegangen werden, dass die NPD Ausbürgerungen ausschließt. Zwar ist eine derartige Forderung im Parteiprogramm nicht enthalten und ausdrücklich, soweit ersichtlich, bisher von Vertretern der NPD nicht erhoben worden. Sie liegt aber in der Konsequenz der strikten Ablehnung einer „Überfremdung“ Deutschlands „mit oder ohne Einbürgerung“. Können „Afrikaner, Asiate[n] oder Orientale[n]“ auch durch Einbürgerung nicht zu Deutschen werden und sind aus Sicht der NPD fast neun Millionen Eingebürgerte als „Nichtdeutsche“ anzusehen208, ist das Ziel einer Einheit von Volk und Staat ohne aufenthaltsbeendende Maßnahmen auch gegenüber eingebürgerten Menschen mit Migrationshintergrund nicht erreichbar. Dem entspricht es, dass die Forderung einer Rückkehrpflicht in die Heimatländer von der NPD nicht nur auf Ausländer, sondern auf alle „Fremde[n]“ bezogen wird185. Die hierzu bereits dargestellten Äußerungen und Aktivitäten der NPD belegen, dass sie auch Eingebürgerten mit Migrationshintergrund eine umfassende rechtliche Gleichstellung und vor allem ein dauerhaftes Bleiberecht nicht zugesteht.

Vor diesem Hintergrund ist die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Schlussfolgerung des Sachverständigen Prof. Kailitz, die NPD trete auf der Basis ihres Weltbildes für eine millionenfache Vertreibung von Menschen aus Deutschland ein, nachvollziehbar. Jedenfalls spricht sie den – in ihrem Sinne – „Nichtdeutschen“ das Bleiberecht in Deutschland ab und betont deren Rückkehrpflicht. Entsprechend hat der Landesverband Berlin der NPD im Bundestagswahlkampf 2009 dem an deutsche Politiker mit Migrationshintergrund versandten Schreiben einen „Fünf-Punkte-Plan zur Ausländerrückführung“ beigefügt, in dem gefordert wird, „die menschenfeindliche Integrationspolitik [zu] beenden“, und gesetzliche Lösungen zur Rückführung der „Ausländer“ in ihre Heimatländer angekündigt worden sind.

Die aus der Vorstellung einer ethnisch definierten „Volksgemeinschaft“ sich ableitende Missachtung der Menschenwürde wird durch zahlreiche, der NPD zurechenbare Positionierungen gegenüber Ausländern, Migranten und Minderheiten belegt.

Neben der in dem Leitfaden „Politische Grundbegriffe“ der JN enthaltenen Feststellung, dass sich jeder dritte Amerikaner durch Dekadenz und Fettleibigkeit auszeichne, belegen weitere Einlassungen die rassistische, durch völkisches Denken geprägte Grundhaltung der NPD. …

Des Weiteren verwendete die NPD bei der Bundestagswahl 2009 ein Plakat, auf dem im oberen Drittel auf rotem Hintergrund und weiß unterlegt drei schwarze Vögel mit weit geöffneten Augen zu sehen waren. Zwei der Vögel ragten mit ihren Schnäbeln über ein Bündel Euro-Geldscheine. Einer von ihnen pickte mit seinem Schnabel nach dem Geldbündel, der andere hielt seinen geöffneten Schnabel, dessen oberer Teil überdimensioniert und leicht gekrümmt war, über das Geldbündel. Aufgedruckt sind die Worte: „Polen – Invasion stoppen!“.

Die zuständige Behörde ließ die Plakate abnehmen und untersagte der NPD die weitere Verwendung. Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern bestätigte die Entscheidung der Behörde im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes letztinstanzlich mit der Begründung, dass das Plakat die Menschenwürde der in Deutschland lebenden polnischen Staatsangehörigen verletze, weil diese mit schwarzen Vögeln gleichgesetzt würden, die sich in der Art von Krähen oder vergleichbaren Vögeln über Geld hermachten. Der betroffene Personenkreis werde dadurch als raffgierig und sich ohne eigene Leistung bereichernd dargestellt. Insbesondere die auf einen objektiven Betrachter abstoßend wirkende Darstellung der Vögel habe zum Ziel, diese Bevölkerungsgruppe als minderwertig und verachtenswert zu charakterisieren. Ihnen werde das Menschsein abgesprochen und sie würden als unterwertig dargestellt209.

Im thüringischen Landtagswahlkampf 2009 versah die NPD ein Wahlplakat mit einem Foto des CDU-Politikers S. mit dem Untertitel „falscher Thüringer“ und stellte dieses Foto einem mit „echte Thüringer“ untertitelten Bild einer Bratwurst gegenüber. Für das Wahlplakat wurde der damalige Landesvorsitzende Schwerdt wegen Beleidigung rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt.

Insbesondere Asylbewerber und Migranten stehen im Zentrum menschenverachtender Äußerungen, die der NPD zuzurechnen sind. Sie sind vielfach durch pauschale Verdächtigungen und Herabwürdigungen geprägt.

Belege hierfür ergeben sich bereits aus den parlamentarischen Aktivitäten der NPD…

Jede dieser Äußerungen ist der NPD zurechenbar und inhaltlich unmissverständlich.

An der Tatsache, dass der Facebook-Eintrag des bayerischen Landesverbands der NPD von Flüchtlingen ausgehende Gesundheitsgefahren suggeriert, wobei Krätze noch das Harmloseste sei, ändert der Vortrag der NPD, man habe lediglich auf einen Zeitungsartikel verweisen wollen, nichts. Der Vortrag steht im Widerspruch zum Wortlaut des Eintrags. Soweit der Parteivorsitzende der NPD in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht hat, man sei gegen diesen Beitrag nicht vorgegangen, weil er nicht bekannt gewesen sei, steht dies einer Zurechnung nicht entgegen, da diese Kenntnis spätestens mit Zugang des Schriftsatzes vom 27.08.2015 bestand.

Soweit die NPD sich von dem Facebook-Eintrag des Kreisverbands Unna mit Schriftsatz vom 02.03.2016 distanziert hat, bleibt sie eine Erklärung für die Tatsache schuldig, dass diese Einträge über einen Zeitraum von zwei Jahren unbeanstandet geblieben sind.

Nicht gefolgt werden kann der Behauptung der NPD, der Hinweis von K., straffällige Asylbewerber über „Gleis 17“ auf die Heimreise zu schicken, enthalte lediglich die Aufforderung, geltendes Recht umzusetzen und kriminelle Asylbewerber ohne Bleiberecht abzuschieben. Eine Aufforderung zu Gewalt- und Willkürmaßnahmen im Sinne einer Deportation lasse sich auch nicht aus dem Hinweis auf „Gleis 17“ und „dort stehende Denkmäler“ konstruieren. Es ist abwegig, dass der in der Region agierende Funktionär rein zufällig als Abschiebeort von Asylbewerbern das Gleis nennt, an dem ein Mahnmal an die Deportation von Juden in Konzentrationslager erinnert.

Neben Asylbewerbern und Migranten richtet die NPD sich in vergleichbarer Weise gegen religiöse und gesellschaftliche Minderheiten und wendet sich dadurch gegen die Menschenwürde.

Besondere Bedeutung misst sie dem Kampf gegen den Islam zu. Die NPD geht davon aus, die Auseinandersetzung mit dem Islam zu einer Popularisierung ihrer Forderung nach Ausländerrückführung instrumentalisieren zu können. Muslime werden dabei verächtlich gemacht; zugleich wird ihnen das Recht auf Religionsausübung und Aufenthalt abgesprochen.

Die damit zum Ausdruck kommende Missachtung der Menschen islamischen Glaubens entfällt nicht durch den Hinweis der NPD, dass das Existenzrecht des Islam nicht generell bestritten, sondern dort, wo der Islam beheimatet sei, ausdrücklich bejaht werde. Dies rechtfertigt die gegen Art. 3 Abs. 3 GG verstoßende Diskriminierung ebenso wenig wie die Instrumentalisierung der Muslime als Projektionsfläche für die gegen alle Ausländer gerichteten Rückführungsvorstellungen der NPD oder deren Verächtlichmachung als „Bombenleger“ oder „Samenkanonen“.

Weiterhin belegen Publikationen und Äußerungen führender Funktionäre eine antisemitische Grundhaltung der NPD.

Im Jahr 2008 wurde der Versandkatalog der „Deutsche Stimme Verlags GmbH“ wegen Verherrlichung des Nationalsozialismus und des Krieges durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) indiziert. Diese Entscheidung wurde vom Verwaltungsgericht Köln210 bestätigt. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde zurückgewiesen211.

In dem Katalog wurde unter der Rubrik „Gesinnungsknöpfe“ ein Button „Keine Macht den Nasen“ angeboten, auf dem eine Comic-Figur mit großer Nase abgebildet ist. Die Abbildung spielt auf die Darstellung jüdischer Mitmenschen im Nationalsozialismus an, die durch Hässlichkeit und als besonderes körperliches Merkmal durch eine große Nase geprägt war. Dies gilt in gleichem Maße für den angebotenen Aufnäher „Vorsicht bei Gesprächen! Feind hört mit!“ mit dem Kopfbild eines hässlichen, geifernden, dunkelhaarigen Mannes mit großer Nase, welches das im Nationalsozialismus propagierte Feindbild des „Juden“ schürt. Die Ausgrenzung und Missachtung jüdischer Mitbürger tritt auch in dem T-Shirt-Aufdruck „100 % unkosher“ zutage.

Auch hochrangige Funktionäre der NPD haben sich in öffentlichen Äußerungen antisemitisch positioniert…

Dem in diesen Äußerungen zum Ausdruck kommenden Antisemitismus stehen die Einlassungen der NPD nicht entgegen. Soweit sie darauf verweist, dass legitime Kritik am Staat Israel zulässig sein müsse, verkennt sie, dass die dargestellten Äußerungen sich überhaupt nicht oder zumindest nicht vorrangig gegen den Staat Israel, sondern gegen Menschen jüdischen Glaubens richten, denen anknüpfend an nationalsozialistische Feindbilder negative Charaktereigenschaften in diffamierender Weise zugeschrieben werden. Ob diese Äußerungen von den Angehörigen der jüdischen Gemeinden obendrein als einschüchternd empfunden werden, ist dabei im vorliegenden Zusammenhang ohne Belang.

Die NPD muss sich auch das Verhalten des Vorsitzenden des Landesverbands Berlin zurechnen lassen. Auch wenn er zum Zeitpunkt der zur Verurteilung wegen Beleidigung führenden Tat noch nicht Mitglied der NPD gewesen war, handelt es sich doch um einen Anhänger, der zwischenzeitlich mit einer Spitzenfunktion betraut wurde und dessen Verhalten gemeinsam mit den übrigen Äußerungen das Vorliegen einer antisemitischen Grundhaltung bei der NPD bestätigt. Dem widerspricht auch nicht, dass die NPD anhand weniger Beispiele einen differenzierten Umgang mit dem Judentum und der deutsch-jüdischen Geschichte darzulegen versucht. Dies vermag die aus den dargelegten Äußerungen sich ergebende antisemitische Grundtendenz bei der NPD nicht zu relativieren.

Die Missachtung der Menschenwürde durch die NPD ist nicht auf die bereits benannten Gruppen beschränkt. Stellungnahmen gegenüber weiteren Gruppierungen lassen erkennen, dass sie den aus der Menschenwürde folgenden Achtungsanspruch der Person auch insoweit nicht respektiert.

Der Versuch der NPD, die Aussage des K. als legitime Kritik an den Zuständen in Duisburg-Marxloh darzustellen, geht fehl, da Sinti und Roma pauschal ein Hang zur Kriminalität, Verwahrlosung und Prostitution unterstellt wird, die herabsetzende Bezeichnung Zigeuner mehrfach verwendet und von einem „Überschwemmen durch eine Zigeunerflut“ gesprochen wird. Ebenso ist der Hinweis der NPD, das Verwaltungsgericht Kassel habe das Wahlplakat „Geld für die Oma statt für Sinti & Roma“ nicht beanstandet, im vorliegenden Zusammenhang ohne Belang. Auch wenn das Plakat für sich genommen die Grenze der Strafbarkeit oder der Rechtswidrigkeit nicht überschreitet, offenbart es eine durchgängig geringschätzige Haltung gegenüber den Volksgruppen der Sinti und Roma, die in einer Gesamtschau mit den übrigen Äußerungen die Missachtung des Wert- und Achtungsanspruchs der Angehörigen dieser Gruppen erkennen lässt.

Die NPD missachtet die freiheitliche demokratische Grundordnung auch mit Blick auf das Demokratieprinzip. Zwar kann diese Haltung dem Parteiprogramm nicht in der erforderlichen Eindeutigkeit entnommen werden. Die Ablehnung der grundgesetzlichen Ausgestaltung freiheitlicher Demokratie ergibt sich aber unter Berücksichtigung sonstiger der NPD zurechenbarer Publikationen und Äußerungen führender Funktionäre. Aus ihnen ergibt sich, dass das politische Konzept der NPD dem aus Art.20 Abs. 1 und 2 GG folgenden Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung widerspricht. Außerdem missachtet die NPD den Grundsatz der Volkssouveränität, da sie die Abschaffung des bestehenden parlamentarisch-repräsentativen Systems und seine Ersetzung durch einen am Prinzip der „Volksgemeinschaft“ orientierten Nationalstaat fordert, ohne darzulegen, wie in diesem der notwendige Legitimationszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft gewährleistet werden soll.

In ihrem Parteiprogramm bezeichnet die NPD sich einerseits als (national-) „demokratische“ Partei und beruft sich auf die Prinzipien der „Volksherrschaft“ und der „Ablösung der Regierung durch demokratische Entscheidungen“212. Außerdem spricht sie sich für die Direktwahl des Bundespräsidenten und die Stärkung plebiszitärer Elemente aus213. Andererseits lässt sich dem Programm ein Bekenntnis zur parlamentarischen Demokratie, zum Grundsatz der Opposition oder zum Mehrparteiensystem nicht entnehmen. Stattdessen wird die Legitimität des Grundgesetzes bezweifelt und der nicht näher beschriebene „Nationalstaat“ als notwendiger politischer Rahmen der Volksherrschaft bezeichnet185. Erforderlich sei die „Einheit von Volk und Staat“184. „Volksherrschaft“ setze „Volksgemeinschaft“ voraus212.

Demgemäß kann dem Parteiprogramm eine klare Positionierung zu den durch die freiheitliche demokratische Grundordnung geschützten Kernbestandteilen des grundgesetzlichen Demokratieprinzips nicht entnommen werden. Inwieweit das Konzept des „Nationalstaates“ dem Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe aller Staatsbürger an der politischen Willensbildung Rechnung trägt, ist aus den Formulierungen des Parteiprogramms nicht erkennbar. Ebenso wenig ergibt sich aus dem Programm, inwieweit die Forderung nach der Einheit von Volk und Staat zu einer Beschränkung politischer Partizipationsmöglichkeiten von Eingebürgerten führen kann. Außerdem erschließt sich aus dem Parteiprogramm nicht, wie die demokratisch notwendige durchgängige Rückbindung der Staatsgewalt an das Volk stattfinden und welche Bedeutung dabei der parlamentarisch-repräsentativen Demokratie zukommen soll.

Demgegenüber ergeben sich unter Berücksichtigung der sonstigen, insbesondere aus dem Konzept der „Volksgemeinschaft“ folgenden Positionen der NPD eindeutige Befunde für deren Missachtung des Demokratieprinzips. Weder respektiert sie den Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung, noch bekennt sie sich zum Prinzip der parlamentarischen Demokratie. Vielmehr tritt sie für dessen Abschaffung und Ersetzung durch einen Deutsches Reich genannten autoritären Nationalstaat ein.

Das politische Konzept der NPD ist mit dem Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe aller Staatsangehörigen an der politischen Willensbildung unvereinbar.

Wenn „Volksherrschaft“ die „Volksgemeinschaft“ voraussetzt, wie die NPD dies in ihrem Parteiprogramm ausdrücklich vertritt212, und die „Volksgemeinschaft“ ethnisch definiert ist, hat dies zwingend den Ausschluss derjenigen, die der „Volksgemeinschaft“ aus ethnischen Gründen nicht angehören, aus dem demokratischen Prozess zur Folge. In einem durch die „Einheit von Volk und Staat“ geprägten Nationalstaat im Sinne der NPD ist für eine Beteiligung ethnischer Nichtdeutscher an der politischen Willensbildung – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit – grundsätzlich kein Raum. Vielmehr führt der exkludierende Charakter der „Volksgemeinschaft“ zu einer mit Art.20 Abs. 2 Satz 1 GG unvereinbaren ethnischen Verengung des Anspruchs auf gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung.

Dieses Ergebnis hat der hierzu befragte Jürgen Gansel in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Er hat ausdrücklich zwischen Volksherrschaft und Bevölkerungsherrschaft unterschieden und ausgeführt, dass die Volksherrschaft an das ethnische Staatsvolk gebunden sei und daher in der Bundesrepublik Deutschland nur eingeschränkt bestehe. Auch wenn er die anschließende Frage, wie echte Volksherrschaft in Deutschland hergestellt werden könne, unbeantwortet ließ, dokumentiert dies, dass nach Auffassung der NPD der Anspruch auf demokratische Partizipation auf die Angehörigen der ethnisch homogenen „Volksgemeinschaft“ beschränkt ist.

Die Begrenzung politischer Partizipation auf die Angehörigen der ethnisch definierten „Volksgemeinschaft“ widerspricht dem im menschenrechtlichen Kern des Demokratieprinzips wurzelnden Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe aller Staatsangehörigen an der politischen Willensbildung. Das von der NPD verfolgte politische Konzept schließt bereits Eingebürgerte wegen ihrer fehlenden Zugehörigkeit zur „Volksgemeinschaft“ aus dem Kreis der zur „Volksherrschaft“ Berufenen aus. Eine derartige Differenzierung nach ethnischen Kriterien verstößt gegen Art.20 Abs. 1 und 2 GG, der das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung allen Staatsangehörigen ohne Rücksicht auf ihre Herkunft garantiert.

Demgegenüber kann die NPD sich auch im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf berufen, dass sie die Möglichkeit der Ermessenseinbürgerung akzeptiere und Eingebürgerten die staatsbürgerlichen Rechte uneingeschränkt zuerkenne. Insoweit handelt es sich um eine reine Schutzbehauptung. Ermessenseinbürgerungen sollen nach dem Konzept der NPD allenfalls bei Europäern in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen. Vor allem aber ist nicht davon auszugehen, dass die NPD bereit ist, bereits Eingebürgerten sämtliche mit der Staatsangehörigkeit verbundenen Rechte dauerhaft zuzuerkennen. Da es sich aus ihrer Sicht um grundsätzlich Rückkehrpflichtige handelt, die weder zur „Volksgemeinschaft“ gehören, noch zur Volksherrschaft berufen sind, ist für die beständige Einräumung des Rechts auf gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung kein Raum.

Daneben ergibt sich die Demokratiefeindlichkeit der NPD aus ihrer Negation des Prinzips der parlamentarischen Demokratie. Die NPD lehnt das bestehende parlamentarisch-repräsentative System ab und macht dieses verächtlich. Sie geht davon aus, dass die parlamentarische Demokratie der Verfolgung der Interessen der „Volksgemeinschaft“ nachgeordnet ist. Vor diesem Hintergrund fordert sie die Ersetzung des bestehenden Systems durch einen an das Deutsche Reich anknüpfenden Nationalstaat. Damit will sie in den durch die freiheitliche demokratische Grundordnung geschützten Kernbestand der grundgesetzlichen Demokratie eingreifen.

Vor diesem Hintergrund erhebt die NPD einen fundamentaloppositionellen, revolutionären Anspruch, der auf die Abschaffung des bestehenden parlamentarischen Systems einschließlich der Bestrafung der hierfür Verantwortlichen und der Ersetzung durch einen Deutsches Reich genannten autoritären Nationalstaat gerichtet ist.

Die NPD hat ein sozialrevolutionäres Selbstverständnis. Sie beschränkt sich nicht auf die Kritik aus ihrer Sicht bestehender Missstände des parlamentarischen Systems, sondern fordert dessen Überwindung.

An der Notwendigkeit der Beseitigung des bestehenden parlamentarischen Systems und der Bestrafung der hierfür Verantwortlichen bestehen für die NPD keine Zweifel.

Für den Fall der erfolgreichen Umsetzung ihres revolutionären Anspruchs sollen die bisherigen Entscheidungsträger zur Verantwortung gezogen werden. Dies geschieht teilweise in menschenverachtenden Formulierungen.

An die Stelle des bestehenden politischen Systems soll ausweislich des Parteiprogramms der NPD der „Nationalstaat“ als „[d]ie politische Organisationsform eines Volkes“ treten184. Dabei soll nach Auskunft ihres ehemaligen Parteivorsitzenden und Europaabgeordneten Voigt in der mündlichen Verhandlung auf den Begriff des Deutschen Reiches zurückgegriffen werden. Dem entsprechen weitere der NPD zurechenbare Aussagen.

In der Gesamtschau wird durch die vorstehenden Aussagen eine bei der NPD vorhandene Grundtendenz hinreichend belegt, die bestehende parlamentarische Demokratie abzuschaffen und durch einen am Primat der ethnisch homogenen „Volksgemeinschaft“ orientierten „Nationalstaat“ zu ersetzen. Insoweit kann dahinstehen, ob sich die Negation des Parlamentarismus auch – wie vom Bundesrat vorgetragen – in Zahl und Gegenstand der gegen die Mitglieder der NPD ergangenen parlamentarischen Ordnungsrufe dokumentiert.

Jedenfalls reicht die Ablehnung der parlamentarischen Demokratie durch die NPD entgegen ihrer Auffassung über eine bloße Kritik an der „herrschenden politischen Klasse“ hinaus. Die NPD richtet sich gegen das parlamentarische System als solches und macht dieses verächtlich. Sie zielt nicht nur auf den Austausch handelnder Personen, sondern stellt die Systemfrage, ohne zugleich offenzulegen, auf welchem Weg der notwendige Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft in dem von ihr angestrebten „Nationalstaat“ sichergestellt werden soll. Der bloße Hinweis auf den Ausbau der Volksgesetzgebung und die Direktwahl des Staatsoberhaupts genügt nicht, um das durch eine Abschaffung des parlamentarisch-repräsentativen Systems entstehende Demokratiedefizit zu kompensieren. Hinzu kommt, dass der Geltungsanspruch des Demokratieprinzips grundsätzlich relativiert wird und diesem die (vorrangigen) Interessen der „Volksgemeinschaft“ gegenübergestellt werden. Demgegenüber kann die NPD sich auch nicht auf die von ihr geschilderten parlamentarischen Initiativen ihrer ehemaligen Landtagsfraktionen berufen, da diese – wie dargelegt – instrumentell angelegt sind und dem Anspruch auf Überwindung der parlamentarischen Demokratie nicht entgegenstehen.

Bei der NPD liegt eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus vor. Das Konzept der „Volksgemeinschaft“, die antisemitische Grundhaltung und die Verächtlichmachung der bestehenden demokratischen Ordnung lassen deutliche Parallelen zum Nationalsozialismus erkennen. Hinzu kommen das Bekenntnis zu Führungspersönlichkeiten der NSDAP, der punktuelle Rückgriff auf Vokabular, Texte, Liedgut und Symbolik des Nationalsozialismus sowie geschichtsrevisionistische Äußerungen, die eine Verbundenheit zumindest relevanter Teile der NPD mit der Vorstellungswelt des Nationalsozialismus dokumentieren. Ungeachtet struktureller Unterschiede zwischen der NPD und der NSDAP ergibt sich hieraus eine Bestätigung der Missachtung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch die NPD.

Der Begriff und das Verständnis der „Volksgemeinschaft“ stellen eine zentrale Gemeinsamkeit der politischen Konzepte der NPD und der NSDAP dar. Auch für den Nationalsozialismus stand die ethnisch homogene „Volksgemeinschaft“ im Zentrum der Politik. Das „Volk“ war Ausgangspunkt aller Argumentationslinien214. Punkt 4 des 25-Punkte-Programms der NSDAP lautete: „Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksichtnahme auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein“. Abgesehen von der besonderen Hervorhebung der Exklusion jüdischer Menschen entspricht diese Definition der „Volksgemeinschaft“ genau den Vorstellungen der NPD.

Die Parallelität der Konzepte der „Volksgemeinschaft“ einschließlich signifikanter sprachlicher Übereinstimmungen spiegelt sich im Vergleich von Äußerungen Adolf Hitlers mit solchen der NPD wider:

Es ist aber ein kaum faßlicher Denkfehler, zu glauben, daß, sagen wir, aus einem Neger oder einem Chinesen ein Germane wird, weil er Deutsch lernt und bereit ist, künftighin die deutsche Sprache zu sprechen und etwa einer deutschen politischen Partei seine Stimme zu geben.215

Im Blute allein liegt sowohl die Kraft als auch die Schwäche des Menschen begründet. […] Völker, die auf die Erhaltung ihrer rassischen Reinheit verzichten, leisten damit auch Verzicht auf die Einheit ihrer Seele in allen ihren Äußerungen.216

Der einzelne ist nichts, die Gesamtheit alles. Menschen kommen und vergehen, aber wichtig ist, daß das Volk gesund erhalten bleibt.217

Offensichtlich ist auch eine gemeinsame antisemitische Grundhaltung der NPD und der NSDAP. Dass die NPD dabei auf von den Nationalsozialisten verwandte Stereotype zurückgreift, wurde bereits dargelegt. Auch insoweit sind sprachliche Überschneidungen evident, etwa wenn Hitler Juden als „Meister der internationalen Giftmischerei“ bezeichnet218 und Jürgen Gansel in seinem „Nachruf“ zum 40. Todestag von Theodor W. Adorno von dem „Giftfraß“ spricht, den die jüdischen Mitglieder der Frankfurter Schule zur Zerstörung des deutschen Volkes angerührt hätten.

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Schließlich stellt die Ablehnung und Verächtlichmachung der parlamentarischen Demokratie eine weitere Gemeinsamkeit zwischen der NPD und dem Nationalsozialismus dar. Dabei findet sich das instrumentelle Verhältnis zum Parlamentarismus bereits bei der NSDAP wieder:

Wir sind doch eine antiparlamentarische Partei, lehnen aus guten Gründen die Weimarer Verfassung und die von ihr eingeführten republikanischen Institutionen ab, sind Gegner einer verfälschten Demokratie […]. Was also wollen wir im Reichstag? Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahmzulegen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache. Wir zerbrechen uns darüber nicht den Kopf. Uns ist jedes gesetzliche Mittel recht, den Zustand von heute zu revolutionieren.219

Die Verbundenheit mit dem Nationalsozialismus erfährt auch im Handeln der NPD in unterschiedlicher Weise Ausdruck:

Dazu zählen zunächst glorifizierende Bezugnahmen auf Protagonisten des NS-Regimes durch führende Vertreter der NPD.

Nach alledem ist vom Bestehen einer Wesensverwandtschaft der NPD mit dem Nationalsozialismus auszugehen. Dem steht auch der Hinweis der NPD nicht entgegen, sie sei nicht nach dem Führerprinzip aufgebaut und lehne einzelne von den Nationalsozialisten vertretene Prinzipien ab. Die Ablehnung einzelner inhaltlicher Grundsätze oder die fehlende Übernahme wesentlicher Organisationsprinzipien schließt die positive Anknüpfung an das Wirken einer Partei und die von ihr vertretene Ideologie in ihrer Gesamtheit nicht aus. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Verbundenheit mit dem Nationalsozialismus bei der NPD einhellig geteilt wird. Entscheidend ist vielmehr das Vorliegen einer entsprechenden Grundtendenz bei der NPD, so dass die positive Bezugnahme auf den Nationalsozialismus nicht als „Entgleisung“ Einzelner angesehen werden kann.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Hinweis der NPD auf sechs Fälle angestrebter Ordnungsmaßnahmen gegen einfache Parteimitglieder, die angeblich wegen befürwortender Stellungnahmen zum Nationalsozialismus ergriffen werden sollten. Abgesehen davon, dass einer dieser Fälle keinen Bezug zum Nationalsozialismus hat, ein weiterer Fall den Ausschluss von Parteimitgliedern wegen ihrer Kritik an der Arbeit und einzelnen Personen des Landesvorstands Nordrhein-Westfalen betraf und in den vier übrigen Fällen keine Ordnungsmaßnahmen angeordnet wurden, weil die Betroffenen aus der NPD ausgetreten sind, ändern die geschilderten Fälle nichts daran, dass die vorstehend dargestellten Beispiele positiver Bezugnahme auf den Nationalsozialismus durch Führungskräfte oder Teilorganisationen der NPD zuzurechnen sind und nicht als Entgleisungen einzelner Mitglieder angesehen werden können. Demgemäß belegen die inhaltlichen Übereinstimmungen, die Glorifizierung einzelner Repräsentanten, die Relativierung der Verbrechen sowie der Rückgriff auf Texte und Symbole des Nationalsozialismus die Wesensverwandtschaft der NPD mit diesem.

Damit bestätigt sich zugleich die Missachtung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch die NPD. Das nationalsozialistische Gewalt- und Terrorregime war geprägt durch Menschenverachtung und totalitäre Demokratiefeindlichkeit. Demgemäß zieht die bei der NPD feststellbare Verbundenheit mit dem Nationalsozialismus deren Anerkennung der Menschenwürde und des Demokratieprinzips in Zweifel. Auch wenn dies für die Annahme, dass sie gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Ziele verfolgt, allein nicht ausreicht, führt die Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus zumindest zu einer Bestätigung des aus dem „Volksgemeinschafts- und Nationalstaatskonzepts“ der NPD folgenden Befundes, dass sie politische Ziele verfolgt, die mit der Menschenwürdegarantie und dem Demokratieprinzip des Grundgesetzes nicht vereinbar sind.

Nach alledem zielt die NPD auf eine Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären „Nationalstaat“. Dieses politische Konzept missachtet die Menschenwürde aller, die der ethnischen „Volksgemeinschaft“ nicht angehören, und ist mit dem grundgesetzlichen Demokratieprinzip unvereinbar. Damit strebt die NPD nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger nicht nur eine Beeinträchtigung, sondern eine Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung an.

Zielgerichtete Arbeit der NPD

Einem Verbot der NPD steht aber entgegen, dass das Tatbestandsmerkmal des „Darauf Ausgehens“ im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG nicht erfüllt ist. Die NPD bekennt sich zwar zu ihren gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Zielen und arbeitet planvoll und mit hinreichender Intensität auf deren Erreichung hin, so dass sich ihr Handeln als qualifizierte Vorbereitung der von ihr angestrebten Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung darstellt. Es fehlt jedoch an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass dieses Handeln der NPD zum Erfolg führt.

Die NPD arbeitet im Rahmen ihrer organisatorischen Möglichkeiten und auf der Grundlage eines strategischen Konzepts planmäßig auf die Umsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele hin.

Die NPD ist bundesweit organisiert. Sie verfügt neben regionalen Untergliederungen mit den JN über eine eigene Jugendorganisation (ca. 350 Mitglieder). Hinzu kommen als weitere Teilorganisationen seit 2003 die KPV und seit 2006 der RNF (ca. 100 Mitglieder).

Ausweislich des Rechenschaftsberichts für das Jahr 2013 hatte die NPD am 31.12.2013 5.048 Mitglieder, am 31.12 2014 waren es ausweislich des Rechenschaftsberichts für jenes Jahr 5.066 Mitglieder220. In der mündlichen Verhandlung hat der Parteivorsitzende Franz erklärt, dass im Jahr 2015 vor dem Hintergrund der Asylpolitik der Bundesregierung erstmals seit Jahren ein Mitgliederzuwachs zu verzeichnen gewesen sei. Die Steigerungsrate habe etwa 8 % betragen. Hinsichtlich der regionalen Verteilung der Mitgliedschaft besteht eine überproportionale Konzentration in den neuen Bundesländern, in denen rund jedes dritte Mitglied der NPD wohnhaft ist.

Durch Schulungen und vergleichbare Maßnahmen versucht die NPD, ihre Anhänger für die politische Auseinandersetzung vorzubereiten. Der Bundesrat hat eine Reihe von Schulungsaktivitäten für Parteimitglieder dokumentiert, die teilweise weltanschaulich-inhaltlich ausgerichtet sind und teilweise Selbstverteidigungs- und Kampfsporttechniken zum Gegenstand haben. Dabei kommt dem 2005 gegründeten „Bildungswerk für Heimat und nationale Identität e.V.“ besondere Bedeutung zu, dessen Vorsitzender der ehemalige Pressesprecher der Fraktion der NPD im Sächsischen Landtag, T., ist. Dieser beschreibt im Gespräch mit der Deutschen Stimme221 das Bildungswerk als eine den Nationaldemokraten nahestehende politische Bildungsvereinigung.

Die NPD ist im Europäischen Parlament mit einem Abgeordneten vertreten. Über Mandate auf Bundes- oder Landesebene verfügt sie nicht. Auf kommunaler Ebene gehören rund 350 Mandatsträger in 14 Ländern der NPD an. Der weit überwiegende Teil dieser Mandate entfällt dabei auf die neuen Länder.

Die Öffentlichkeitsarbeit der NPD nutzt das gesamte Spektrum medialer Möglichkeiten. Zentrales Instrument ihrer Pressearbeit ist die „Deutsche Stimme Verlags GmbH“, die die Parteizeitung „Deutsche Stimme“ mit einer Auflagenhöhe von circa 25.000 Exemplaren herausgibt. Darüber hinaus verantwortet die NPD zahlreiche regionale Publikationen. Insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern werden von ihr die ursprünglich aus dem neonazistischen Kameradschaftsspektrum stammenden „Boten“ verteilt. Herausgegeben werden „De Meckelbörger Bote“ von T.222, „Der Anklamer Bote“ von Michael Andrejewski223 und W.224, „Der Insel Bote“ von H.225 und „Der Uecker-Randow-Bote“ von Tino Müller226.

Neben konventionellen Druckerzeugnissen nutzt die NPD intensiv das von ihr als „Weltnetz“ bezeichnete Internet. Zur Bedeutung des Internets für die Arbeit der NPD schrieb A.2011 in der Deutschen Stimme227, dass der Weltnetz-Aktivismus nicht hoch genug eingeschätzt werden könne. Die Information des Bürgers werde ebenso wie die Vernetzung von politisch Gleichdenkenden erleichtert. Gerade Jugendliche könnten auf diese Weise besser erreicht werden. Auch sei es im Weltnetz möglich, Anonymität zu wahren.

Mit „DS-TV“ betreibt die NPD – auch unter dem Namen „offensiv.TV“ – seit März 2009 einen professionellen Videokanal auf YouTube, der bisher rund 1.280.000 Mal aufgerufen wurde und 4.758 Abonnenten aufweist (Stand Oktober 2016). Die NPD Mecklenburg-Vorpommern ist seit Oktober 2010 mit „weiterdenken.tv“ auf YouTube präsent. Dieser Kanal wurde bislang rund 779.000 Mal aufgerufen und hat 1.312 Abonnenten (Stand Oktober 2016).

Die NPD behauptet, dass ihre politische Kampagnenfähigkeit durch erhebliche finanzielle Probleme eingeschränkt sei. Belege hierzu hat sie allerdings nicht vorgelegt. Der Rechenschaftsbericht für das Jahr 2013 weist 488.859,96 € (2014: 459.157,77 €) Mitgliedsbeiträge und knapp 804.000, – € (2014: 866.000, – €) Spenden aus, die zusammen rund 43,5 % (2014: 43,6 %) der Einnahmen der Gesamtpartei ausmachten228.

Grundlage der politischen Arbeit der NPD ist ein geschlossenes strategisches Konzept, das sie als „Vier-Säulen-Strategie“ bezeichnet und – gekürzt – wie folgt beschrieb:

  • Der Kampf um die Köpfe
  • Der Kampf um die Straße
  • Der Kampf um die Parlamente
  • Der Kampf um den organisierten Willen

Diese strategischen Vorgaben versucht die NPD planmäßig umzusetzen und dadurch auf die Verwirklichung ihres Konzepts einer ethnisch homogenen „Volksgemeinschaft“ und eines darauf gründenden „Nationalstaats“ hinzuarbeiten.

Im Rahmen der ersten Säule dieser Strategie („Kampf um die Köpfe“) strebt sie an, durch „nationalrevolutionäre Graswurzelarbeit“ und ein „Kümmerer-Image“ ihre Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu steigern. Dabei steht zunächst nicht die politische Botschaft im Vordergrund. Vielmehr soll Zustimmung zur NPD dadurch geschaffen werden, dass sie vor Ort als „Helfer“ und „Kümmerer“ auftritt und dabei vor allem die Interessen derjenigen vertritt, die (angeblich) vom Staat und den „etablierten Parteien“ vergessen werden.

Elemente dieser auf die Herstellung emotionaler Bindungen und gesellschaftlicher Verankerung angelegten Arbeit sind die Bereitschaft zur Übernahme kommunaler Ehrenämter, die Durchführung von Hartz-IV-Beratungen, die Veranstaltung von Kinderfesten und das Engagement auf Vereinsebene.

Nach Darstellung des Bundesrats verfolgt die NPD auf der Grundlage ihrer „Graswurzelpolitik“ das Ziel der Herstellung kultureller Hegemonie in abgegrenzten Sozialräumen bis hin zur Schaffung sogenannter „national befreiter Zonen“.

Ziel des „Kampfes um die Straße“ ist die Verbreitung und Durchsetzung der Ideologie der NPD. Dazu nutzt sie ihre medialen Möglichkeiten, die in Wahlkämpfen geführten Kampagnen und – soweit vorhanden – ihre parlamentarische Präsenz. Darüber hinaus versucht die NPD mit weiteren öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten auf die politische Meinungsbildung einzuwirken und Zustimmung zu den von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Zielen zu gewinnen. Dabei richtet sie sich insbesondere an Jugendliche. Inhaltlicher Schwerpunkt sind die Asylproblematik. sowie sonstige gegen Migranten und Minderheiten gerichtete Aktivitäten. Im Rahmen der „Wortergreifungsstrategie“ sucht die NPD die direkte Konfrontation mit dem politischen Gegner.

Die NPD ist bestrebt, durch den Einsatz spezifisch jugend-orientierten Materials potentielle Wähler und Sympathisanten frühzeitig anzusprechen und mit ihren verfassungsfeindlichen Positionen vertraut zu machen.

Schwerpunkt der öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten der NPD ist die Asylthematik. Vertreter der NPD treten als Anmelder oder Organisatoren von Protestkundgebungen auf, die sich vor allem gegen Standortentscheidungen für Flüchtlingsunterkünfte richten. Hinzu kommen sonstige Aktionen, mit denen die NPD auf ihre Forderungen nach ersatzloser Streichung des Asylrechts, den Verzicht auf Integration und die Rückführung aller ethnisch Nichtdeutschen hinzuweisen sucht.

Die Aktivitäten der NPD sind vor allem auf Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern konzentriert. Beispielhaft für die gezielte Organisation von Protesten gegen die Standorte von Asylbewerberunterkünften in Sachsen stehen die durch das Kreistags- und Stadtratsmitglied der NPD T. angemeldeten „Abendspaziergänge“ in Tröglitz, die durch den örtlichen Kreisvorsitzenden H. von Oktober 2013 bis Januar 2014 organisierten „Schneeberger Lichtelläufe“ und die am 24.07.2015 in Dresden unter dem Motto „Asylflut stoppen – Nein zur Zeltstadt auf der Bremer Straße“ durchgeführte Kundgebung, in deren Nachgang es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam. Des Weiteren organisierte der Heidenauer Stadtrat R. die „Initiative Nein zum Heim“, die an unterschiedlichen Orten in Sachsen Protestkundgebungen durchführte. Dazu zählte auch eine Demonstration am 21.08.2015 in Heidenau, bei der es anschließend zur Blockade einer Bundesstraße und gewalttätigen Auseinandersetzungen kam, in deren Verlauf 31 Polizeibeamte verletzt wurden. Bei Demonstrationen in Rötha und Borna traten die Funktionsträger der NPD S., R. und T. als Redner auf. In Bautzen wandte die NPD sich mit Mahnwachen und Aufmärschen gegen die Nutzung eines Hotels als Flüchtlingsheim. Auch in Mecklenburg-Vorpommern wurden von ihr mehrere Anti-Asyl-Veranstaltungen durchgeführt. Dazu zählen Demonstrationen, Fackelmärsche und Mahnwachen in Güstrow, die von den Funktionsträger der NPD M. und K. gesteuert wurden.

Neben Protestkundgebungen gehören Besuche von Asyleinrichtungen durch Landtagsabgeordnete und Stadträte der NPD sowie die in Mecklenburg-Vorpommern in der Zeit von 2013 bis 2015 jährlich durch die ehemalige Landtagsfraktion der NPD veranstalteten Kundgebungstouren zur Asylpolitik zu denjenigen Maßnahmen, mit denen die NPD versucht, das Thema Asyl für ihre Zwecke zu nutzen.

Ergänzt wird die asylfeindliche Agitation der NPD durch weitere gegen Migranten und Minderheiten gerichtete Aktivitäten. Hierzu gehören die bereits geschilderten Rückkehraufforderungen an Politiker mit Migrationshintergrund in den Bundestagswahlkämpfen 2009 und 2013 sowie im thüringischen Landtagswahlkampf 2009, die Plakatkampagne „Geld für die Oma statt für Sinti & Roma“, das Aufstellen eines – Udo Voigt auf einem Motorrad abbildenden – Wahlplakats mit dem Slogan „Gas geben“ unter anderem vor dem jüdischen Museum in Berlin und der Protest gegen die Errichtung einer Moschee in Leipzig-Gohlis unter dem Motto „Maria statt Scharia – Islamisierung und Überfremdung stoppen“.

Der Versuch der Verbreitung der politischen Ideologie der NPD findet auf der Basis der sogenannten „Wortergreifungsstrategie“ auch in der direkten Konfrontation mit politischen Wettbewerbern statt.

Auch den „Kampf um die Parlamente“ nutzt die NPD, um mit Wahlkampagnen und parlamentarischer Arbeit für ihre verfassungsfeindlichen Ziele einzutreten und auf deren Verwirklichung hinzuarbeiten. Sie ist im Hinblick auf ihr instrumentelles Verhältnis zur parlamentarischen Demokratie um ein möglichst hohes Maß an Präsenz in Parlamenten bemüht und nimmt daher regelmäßig an Wahlen auf den unterschiedlichen politischen Ebenen teil. Lediglich bei Kommunalwahlen ist dies – insbesondere in den alten Bundesländern – nicht flächendeckend der Fall.

Soweit es der NPD gelingt, parlamentarische Mandate zu erringen, nutzt sie diese, um ihren verfassungswidrigen Vorstellungen Ausdruck zu verleihen. Dabei greift sie auch auf symbolische Handlungen zurück.

Vertreter der NPD waren häufig von parlamentarischen Ordnungsmaßnahmen betroffen. Im 4. Sächsischen Landtag wurden gegen die Fraktion der NPD 58 der insgesamt 64 sitzungsleitenden Maßnahmen verhängt. Nach unbestrittener Auskunft der Landtagspräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern in der mündlichen Verhandlung betrafen in der 5. Wahlperiode229 708 von 849 Ordnungsmaßnahmen Mitglieder der Fraktion der NPD. In der 6. Wahlperiode seien bis zum Termin der mündlichen Verhandlung 432 Ordnungsmaßnahmen verhängt worden, 382 davon hätten Mitglieder der Fraktion der NPD betroffen. Abgeordnete der NPD hätten insgesamt in 50 Fällen Einspruch erhoben. Alle Einsprüche seien vom Plenum abgewiesen worden. Nur in elf Fällen habe die Fraktion der NPD ein Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht angestrengt. Lediglich in vier Fällen sei die Ordnungsmaßnahme als Verstoß gegen das Rederecht des Abgeordneten gewertet worden. Entgegen der Auffassung der NPD übersteigt daher die Anzahl der gegen ihre Abgeordneten ergangenen Ordnungsmaßnahmen das ansonsten übliche parlamentarische Maß und belegt jedenfalls die Bereitschaft, die parlamentarische Auseinandersetzung in aggressiver Weise zu führen.

Schließlich nutzt die NPD die mit der parlamentarischen Präsenz verbundenen finanziellen Ressourcen zur Intensivierung ihrer Verbindungen in das nicht parteigebundene rechtsextreme Spektrum.

m Rahmen des „Kampfes um den organisierten Willen“ strebt die NPD ausgehend von bereits bestehenden personellen Verflechtungen die Bildung einer „umfassenden nationalen Oppositionsbewegung“ unter ihrer Führung an. Dem dienen regional unterschiedlich ausgeprägte Kooperationen mit der parteiungebundenen rechtsextremen Szene und die Bereitschaft zur Integration eintrittswilliger Mitglieder dieser Szene in die NPD. Zugleich bemüht sie sich um Kooperation und Einflussnahme auf die gegen eine angebliche „Islamisierung des Abendlandes“ gerichteten Bewegungen.

Auf den Führungsebenen der NPD sind in erheblichem Umfang Personen vertreten, die verbotenen rechtsextremen Organisationen angehörten. Dies gilt bereits für vier Angehörige des siebenköpfigen Parteipräsidiums, denen eine frühere Mitgliedschaft in neonazistischen Vereinigungen nachgewiesen werden kann.

iervon ausgehend verfolgt die NPD das Ziel einer „Konzentration möglichst aller nationalen Kräfte“. Auf dieser Grundlage bemüht sich die NPD um eine Intensivierung ihrer Kontakte und der Zusammenarbeit mit dem parteiungebundenen rechten Spektrum.

In Sachsen kommt dabei den JN besondere Bedeutung zu. Diese haben im Landkreis Nordsachsen und im Landkreis Leipzig im Jahr 2009 gezielt vier Stützpunkte errichtet, die nach einer Mitteilung auf der Internetseite der NPD-Nordsachsen eine Bindegliedfunktion zur Neonazi-Szene einnehmen sollen.

Soweit die NPD in diesem Zusammenhang darauf verweist, die Aufnahme vorbestrafter Jugendlicher aus der rechtsextremen Szene diene deren Resozialisierung und ihrer Integration in den demokratischen Prozess, steht dem entgegen, dass die NPD die freiheitliche demokratische Grundordnung beseitigen will und daher von der behaupteten „Entradikalisierung der in die Partei integrierten Neonazis“ nicht ausgegangen werden kann. Der Feststellung, dass die NPD bemüht ist, rechtsextreme Netzwerke unter ihrer Führung im Sinne des „Kampfes um den organisierten Willen“ zu bilden, steht diese Einlassung im Übrigen nicht entgegen.

Insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern beurteilt die NPD ihre Zusammenarbeit mit parteiungebundenen Kräften der rechtsextremen Szene als erfolgreich.

Die NPD strebt außerdem an, als relevanter Teil der Proteste gegen die angebliche „Islamisierung des Abendlandes“ wahrgenommen zu werden, da es sich nach ihrer Auffassung um eine ihr ideologisch nahestehende Bewegung handelt. Entsprechend hat die NPD regelmäßig zur Teilnahme an Kundgebungen der sogenannten „GIDA-Bewegung“ aufgerufen, ihre Unterstützung der Proteste angeboten und Präsenz zu zeigen versucht.

Unbedeutendheit der NPD

Auch wenn die NPD sich nach alledem zu ihren verfassungsfeindlichen Zielen bekennt und planmäßig auf deren Verwirklichung hinarbeitet, erreicht ihr Handeln nicht die Qualität einer Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des „Darauf Ausgehens“ (Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG). Es fehlen hinreichende Anhaltspunkte von Gewicht, die eine Durchsetzung der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele möglich erscheinen lassen. Weder steht eine erfolgreiche Durchsetzung dieser Ziele im Rahmen der Beteiligung am Prozess der politischen Willensbildung in Aussicht, noch ist der Versuch einer Erreichung dieser Ziele durch eine der NPD zurechenbare Beeinträchtigung der Freiheit der politischen Willensbildung in hinreichendem Umfang feststellbar.

Eine Durchsetzung des verfassungsfeindlichen politischen Konzepts der NPD mit parlamentarischen oder außerparlamentarischen demokratischen Mitteln erscheint ausgeschlossen. Im parlamentarischen Bereich verfügt die NPD weder über die Aussicht, bei Wahlen eigene Mehrheiten zu gewinnen, noch über die Option, sich durch die Beteiligung an Koalitionen eigene Gestaltungsspielräume zu verschaffen. Auch durch die Beteiligung am Prozess der politischen Willensbildung mit demokratischen Mitteln außerhalb des parlamentarischen Handelns besteht in absehbarer Zeit für die NPD keine Möglichkeit erfolgreicher Verfolgung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele.

Parlamentarische Mehrheiten zur Durchsetzung ihres politischen Konzepts sind für die NPD gegenwärtig weder durch Wahlen noch im Wege der Koalitionsbildung erreichbar.

Auf überregionaler Ebene ist sie gegenwärtig lediglich mit einem Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten. Soweit sie in der Vergangenheit in den Landesparlamenten mehrerer alter Länder, Sachsens und Mecklenburg-Vorpommerns vertreten war, ist ihr eine Verstetigung ihrer parlamentarischen Präsenz nicht gelungen.

Die Wahlergebnisse bei Europa- und Bundestagswahlen stagnieren auf sehr niedrigem Niveau. Bei der letzten Bundestagswahl 2013 erzielte die NPD nach 1,6 % bei der Bundestagswahl 2005 und 1,5 % bei der Bundestagswahl 2009 ein Ergebnis von 1,3 % der abgegebenen gültigen Zweitstimmen. Die NPD war nie im Bundestag vertreten, vor den drei genannten Bundestagswahlen lag ihr Zweitstimmenanteil mehr als 30 Jahre lang bei deutlich unter 1 %. Bei der Europawahl 2014 erreichte sie ein Wahlergebnis von 1 % der abgegebenen gültigen Stimmen und ist damit erstmals mit einem Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten.

In den alten Ländern schwankten die Wahlergebnisse der NPD bei der jeweils letzten Landtagswahl zwischen 1,2 % (Saarland) und 0,2 % (Bremen) der abgegebenen gültigen Stimmen. Trotz des bereits niedrigen Niveaus musste sie bei den Landtagswahlen des Jahres 2016 weitere Stimmenverluste hinnehmen, die in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg durch Verluste von jeweils 0,6 Prozentpunkten zu einer Reduzierung ihres Stimmenanteils um mehr als die Hälfte führten. Auch bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin erzielte die NPD 2016 nur noch 0,6 % der abgegebenen gültigen Stimmen und verlor damit im Vergleich zur Wahl von 2011 (2,1 % der abgegebenen gültigen Stimmen) 1,5 Prozentpunkte.

In den neuen Ländern ist ebenfalls – ausgehend von einem höheren Niveau – ein Rückgang der Ergebnisse der NPD bei Landtagswahlen festzustellen. In Sachsen reduzierte sich das Wahlergebnis der NPD von 9,2 % bei der Landtagswahl 2004 über 5,6 % bei der Landtagswahl 2009 auf 4,9 % bei der Landtagswahl 2014. In Sachsen-Anhalt verlor die NPD mit einem Wahlergebnis von 1, 9 % der abgegebenen gültigen Stimmen bei der Landtagswahl 2016 im Vergleich zur Landtagswahl 2011 (4,6 % der abgegebenen gültigen Stimmen) mehr als die Hälfte ihrer Wähler. In Mecklenburg-Vorpommern erzielte die NPD bei der Landtagswahl 2006 ein Ergebnis von 7,3 %, bei der Landtagswahl 2011 von 6,0 % und bei der Landtagswahl 2016 von nur noch 3,0 % der abgegebenen gültigen Stimmen.

Die NPD hat es in den mehr als fünf Jahrzehnten ihres Bestehens nicht vermocht, dauerhaft in einem Landesparlament vertreten zu sein. Anhaltspunkte für eine künftige Veränderung dieser Entwicklung liegen nicht vor. Hinzu kommt, dass die sonstigen in den Parlamenten auf Bundes- und Landesebene vertretenen Parteien zu Koalitionen oder auch nur punktuellen Kooperationen mit der NPD bisher nicht bereit sind. Parlamentarische Mehrheiten für die NPD sind daher auf der Ebene des Europäischen Parlaments, des Bundestages und der Landtage auf absehbare Zeit ausgeschlossen.

Etwas anderes ergibt sich im Ergebnis auch nicht für die kommunale Ebene. Selbst wenn die NPD bundesweit über etwa 350 kommunale Mandate verfügt und die Schwankungsbreite ihrer Kommunalwahlergebnisse im Vergleich zu überregionalen Wahlen deutlich höher ausfällt, ist sie von relevanten politischen Gestaltungsmöglichkeiten sehr weit entfernt. Dafür spricht bereits der Umstand, dass sich angesichts einer geschätzten Gesamtzahl von mehr als 200.000 Kommunalmandaten der Anteil der NPD bundesweit lediglich im Promillebereich bewegt.

Auch eine einzelfallbezogene Betrachtung führt nicht zu einer abweichenden Bewertung: Besonders schwach stellt sich die Vertretung der NPD auf kommunaler Ebene in den alten Ländern dar, auf die lediglich rund ein Fünftel der von ihr gehaltenen Kommunalmandate entfällt. Die geringe Präsenz der NPD wurde in der mündlichen Verhandlung durch den Hinweis des bayerischen Staatsministers des Innern bestätigt, dass die NPD bei den letzten bayerischen Kommunalwahlen lediglich in zwei bayerischen Städten mit jeweils einer Tarnliste angetreten sei. Anhaltspunkte für eine Veränderung dieser Situation sind nicht erkennbar. Zwar erzielte die NPD bei der hessischen Kommunalwahl am 6.03.2016 in einzelnen hessischen Gemeinden (möglicherweise begünstigt durch das jeweilige Nichtantreten der Partei „Alternative für Deutschland“, AfD) zweistellige Wahlergebnisse (Leun 11,2 %, Büdingen 10,2 %, Altenstadt 10,0 %). Insgesamt ging der Stimmenanteil der NPD aber im Vergleich zur hessischen Kommunalwahl 2011 von 0,4 % auf 0,3 % der abgegebenen gültigen Stimmen zurück. Bei der Kommunalwahl 2016 in Niedersachsen lag der Stimmenanteil bei 0,1 %. Soweit die NPD überhaupt in Kommunalparlamenten vertreten ist, stellt sie regelmäßig lediglich einen oder zwei Abgeordnete. Eigenständige Gestaltungsmöglichkeiten sind insoweit nicht gegeben. Auch über Kooperations- oder Koalitionsoptionen verfügt sie in den Kommunalparlamenten der alten Länder nicht.

In den neuen Ländern ist ein bestimmender Einfluss der NPD auf die politische Willensbildung in den kommunalen Vertretungskörperschaften ebenfalls weder gegeben noch zukünftig zu erwarten. Dies gilt selbst mit Blick auf die vom Bundesrat besonders hervorgehobenen Kommunen, in denen die NPD bei den Kommunalwahlen 2014 in Sachsen und in Mecklenburg-Vorpommern deutlich überproportionale Wahlergebnisse bis hin zu 27,2 % der abgegebenen gültigen Stimmen in Blesewitz, 21 % in Neuenkirchen, 17,6 % in Groß Krams und 20,5 % in Reinhardtsdorf-Schöna erzielt hat.

Die ganz überwiegende Zahl der zitierten Gemeinden hat eine geringe vierstellige, zum Teil sogar nur dreistellige Einwohnerzahl (Blesewitz: 235 Einwohner, Neuenkirchen bei Anklam: 228 Einwohner, Groß Krams: 164 Einwohner, Statistisches Landesamt Mecklenburg-Vorpommern, Stand: 1.01.2015, Reinhardtsdorf-Schöna: 1.358 Einwohner, Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, Stand: 31.12 2014), weshalb die hohen Ergebnisse im Einzelfall noch nicht einmal für einen Sitz der NPD in der betreffenden Gemeindevertretung ausgereicht haben. Anders als vom Bundesrat behauptet, kann auch in der Gemeinde Reinhardtsdorf-Schöna angesichts der zwei Mandate der NPD im zwölf Sitze umfassenden Gemeinderat zumindest im Kommunalparlament nicht von einer „rechten Vorherrschaft“ gesprochen werden. Auf der jeweiligen Kreisebene hat die NPD 2014 nirgendwo mehr als 7 % der Stimmen erzielt. Im Kreis Vorpommern-Greifswald, in dem die Mehrzahl der seitens des Bundesrats exemplarisch aufgeführten Gemeinden liegt, hat die NPD deutliche Verluste hinnehmen müssen und lediglich ein Ergebnis von 6,6 % der abgegebenen gültigen Stimmen erreicht230.

Insgesamt kann im Vergleich der letzten beiden Kommunalwahlen auch in den neuen Ländern ein positiver Trend zugunsten der NPD nicht festgestellt werden. Lediglich in Brandenburg ist es ihr bei den Kommunalwahlen 2014 auf Kreisebene gelungen, die Zahl ihrer Mandate von 16 auf 20 zu steigern. In den übrigen Bundesländern hat sie Mandate verloren. Dies gilt auch für Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, wo sie auf Kreisebene bei den Kommunalwahlen 2014 jeweils neun Sitze abgegeben hat.

Über eigene Gestaltungsmehrheiten verfügt die NPD in den Kommunalparlamenten der neuen Länder mithin nicht. Anhaltspunkte für eine gegenteilige Prognose sind nicht erkennbar. Ferner stehen ihr Koalitionsoptionen ebenso wenig wie in den alten Ländern zur Verfügung. Diese Einschätzung wird auch nicht erschüttert durch den Hinweis des Bundesrats auf die Wahl der Gemeindevertreterin der NPD Z. zur stellvertretenden Stadtpräsidentin mit drei Ja-Stimmen und drei Enthaltungen sowie die in dem vom Bundesrat vorgelegten Gutachten beschriebenen drei Fälle der Wahl von Kommunalvertretern der NPD in Ausschüsse der jeweiligen Kommunalparlamente231 nicht entgegen. Es handelt sich insoweit um sehr vereinzelte Personalentscheidungen, die den Rückschluss auf weitere Zusammenarbeitsmöglichkeiten und eine Unterstützung der von der NPD verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele nicht erlauben. Die von dem Sachverständigen Prof. Borstel in diesem Zusammenhang beschriebenen „Normalisierungserfolge“ der NPD betreffen im Übrigen lediglich den persönlichen Umgang der Kommunalvertreter untereinander231 und vermögen daher die Annahme inhaltlicher Kooperationsbereitschaft ebenfalls nicht zu begründen.

Konkrete Anhaltspunkte von Gewicht, die eine Durchsetzung des auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichteten Konzepts der NPD mit demokratischen Mitteln jenseits der parlamentarischen Ebene möglich erscheinen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Vielmehr stehen einer nachhaltigen Beeinflussung der außerparlamentarischen politischen Willensbildung durch die NPD deren niedriger und tendenziell rückläufiger Organisationsgrad sowie ihre eingeschränkte Kampagnenfähigkeit und geringe Wirkkraft in die Gesellschaft entgegen. Es ist auch nicht erkennbar, dass die NPD in der Lage ist, diese Defizite durch die Bildung rechtsextremer Netzwerke oder auf anderem Wege zu kompensieren.

Der Mitgliederbestand der NPD hat sich im Vergleich zu seinem Höchststand im Jahr 1969 mit 28.000 Mitgliedern deutlich reduziert. Zeitlich begrenzte Erholungsphasen ändern an der Grundtendenz rückläufiger Mitgliederzahlen nichts. Weder die Fusion der NPD mit der Deutschen Volksunion (DVU) noch die Öffnung zur Kameradschaftsszene und die Gründung eigener Landesverbände in den neuen Ländern vermochten den Mitgliederrückgang dauerhaft zu stoppen. Ende 2013 verfügte die NPD ausweislich ihres Rechenschaftsberichts nur noch über 5.048 Mitglieder, Ende 2014 über 5.066 Mitglieder. Soweit ihr Vorsitzender in der mündlichen Verhandlung auf einen einmaligen Mitgliederzuwachs in einer Größenordnung von 8 % in der jüngeren Vergangenheit hinwies, sah er die Ursache dafür in der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Eine Gesamtzahl von weniger als 6.000 Mitgliedern führt zu einer erheblichen Beschränkung der Aktionsmöglichkeiten der NPD.

Einer erfolgreichen Beteiligung der NPD an der politischen Willensbildung stehen deren eingeschränkter Mobilisierungsgrad und ihre geringe Wirkkraft in die Gesellschaft entgegen.

Der Verfassungsschutzbericht des Bundes für das Jahr 2014 stellt eine anhaltende Krise der NPD fest. Obwohl sie weiterhin die wirkmächtigste rechtsextreme Partei sei, leide sie unter innerparteilichen Querelen, sinkenden Mitgliederzahlen, ungelösten strategischen Fragen, finanziellen Problemen und dem anhängigen Verbotsverfahren232.

Insbesondere in den alten Ländern erscheint die politische Aktionsfähigkeit der NPD erheblich eingeschränkt. So wird beispielsweise den Landesverbänden Bremen und Hessen eine zunehmende Handlungsunfähigkeit attestiert233. Auch der niedersächsische Landesverband wird als kaum noch aktions- und kampagnenfähig angesehen234. In Schleswig-Holstein wird der Zustand der NPD als desolat beschrieben235.

Aber auch in den neuen Ländern sehen die Verfassungsschutzbehörden jedenfalls in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen die Kampagnenfähigkeit der NPD als stark eingeschränkt an. In Brandenburg unterhalte die NPD nur noch acht Kreisverbände. Die Aktivitäten und damit die öffentliche Wahrnehmbarkeit hänge an wenigen Protagonisten236. Im Jahr 2013 seien alle Kampagnenversuche ins Leere gelaufen237. In Sachsen-Anhalt wird dem Landesverband der NPD weitgehende Inaktivität bescheinigt. Auch von den Kreisverbänden seien lediglich vereinzelt regionale Aktionen durchgeführt worden238. Der Verfassungsschutzbericht 2013 des Freistaats Thüringen konstatiert eine erhebliche Beeinträchtigung der Aktions- und Mobilisierungsfähigkeit der NPD. Die Mehrzahl der Mitglieder vermittele den Eindruck, weder willens noch in der Lage zu sein, kontinuierliche Parteiarbeit zu leisten239.

Nicht zuletzt aufgrund dieser strukturellen Defizite verfügt die NPD nur über eine geringe Wirkkraft in die Gesellschaft, die eine prägende Einflussnahme auf den Prozess der politischen Willensbildung mit demokratischen Mitteln weitgehend ausschließt.

Der Sachverständige Prof. Jesse hat in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten, bei der NPD handele es sich um eine isolierte, geächtete Partei, deren Kampagnenfähigkeit – soweit man überhaupt davon reden könne – in den letzten Jahren abgenommen habe. Auch der Sachverständige Prof. Kailitz hat in der mündlichen Verhandlung geäußert, die NPD sei gegenwärtig nicht in der Lage, die bürgerliche Mitte anzusprechen. Selbst in dem vom Bundesrat vorgelegten Gutachten zum Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern wird darauf verwiesen, dass angesichts großer Mobilisierungsprobleme für die NPD die Kooperation mit dem bewegungsförmigen Rechtsextremismus existentiell sei240. In der mündlichen Verhandlung erklärte der ehemalige Parteivorsitzende der NPD Holger Apfel, in der öffentlichen Wahrnehmung sei der NPD immer eine Bedeutung zugemessen worden, die der Wirklichkeit nicht entsprochen habe. Man habe in den Parlamenten bewusst Tabubrüche inszeniert, um größtmögliche Aufmerksamkeit zu erlangen und den Eindruck einer schlagkräftigen, professionellen Organisation zu erwecken.

Der Befund geringer Wirkkraft in die Gesellschaft der NPD wird durch die Berichte der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder bestätigt. Durchgängig weisen die Verfassungsschutzberichte der alten Länder für Veranstaltungen der NPD tendenziell rückläufige, unterhalb des dreistelligen Bereichs liegende Teilnehmerzahlen aus, während nicht selten die Zahl der Gegendemonstranten um ein Vielfaches höher gelegen habe241. Es gelinge der NPD nicht, Personen außerhalb des eigenen Mitgliederpotentials zu erreichen242. In den neuen Ländern wird – abgesehen von den Anti-Asyl-Kampagnen der NPD – ebenfalls festgestellt, dass die Mitglieder der NPD bei Veranstaltungen häufig unter sich blieben243 und das bürgerliche Spektrum nicht erreicht werde244.

Auf die Feststellungen der Verfassungsschutzbehörden in der mündlichen Verhandlung angesprochen, erklärte der bayerische Staatsminister des Innern, die NPD versuche dem anhaltenden Mitgliederschwund in Bayern durch eine verstärkte Zusammenarbeit mit anderen rechtsextremen Gruppierungen und eine erhöhte Präsenz im Internet zu begegnen. Der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern verwies darauf, dass die NPD dort, wo sie staatlich alimentiert werde, bestrebt sei, ihre Position in der Fläche auszubauen. Dies steht der Feststellung nicht entgegen, dass es der NPD an Handlungsfähigkeit und Reichweite fehlt, um ihre verfassungsfeindlichen Ziele im Wege der Beteiligung an der politischen Willensbildung durchzusetzen.

Die NPD ist auch nicht in der Lage, ihre strukturellen Defizite und ihre geringe Wirkkraft in die Gesellschaft anderweitig zu kompensieren. Dass ihr dies durch ihre Öffentlichkeitsarbeit, die Umsetzung der „Kümmerer-Strategie“, die Konzentration auf den Protest gegen die Asyl- und Ausländerpolitik oder das Bemühen um eine Bündelung aller „national gesinnten Kräfte“ unter ihrer Führung gelingen könnte, ist nicht ersichtlich. Auch unter Berücksichtigung dieser Umstände besteht für die NPD keine realistische Möglichkeit einer Durchsetzung ihrer verfassungswidrigen Ziele im Prozess freier und selbstbestimmter politischer Willensbildung.

Die NPD betreibt insbesondere unter Rückgriff auf die Kommunikationsmöglichkeiten des Internets eine intensive Öffentlichkeitsarbeit. Sie verfügt über eine beachtliche Präsenz im Bereich der sozialen Medien. Es ist jedoch nicht feststellbar, dass es ihr damit gelingt, zusätzliche Unterstützung für die von ihr verfolgten Ziele zu gewinnen und ihre Wirkkraft in die Gesellschaft relevant zu erhöhen. Dies gilt auch hinsichtlich der von der NPD verantworteten Presseerzeugnisse und des Versuchs, durch die Verteilung von Schulhof-CDs mit rechtsradikalen Inhalten und vergleichbaren Kampagnen insbesondere Jugendliche an sich zu binden. Die niedrige Zahl von etwa 350 Mitgliedern der JN spricht dagegen, dass die jugendbezogenen Bemühungen der NPD zu einer Erhöhung ihrer Attraktivität und Durchschlagskraft bei dieser Bevölkerungsgruppe geführt haben. Auch der Bundesrat hat hierzu nichts vorgetragen. Anhaltspunkte für eine Erhöhung der Wirkkraft in die Gesellschaft der NPD aufgrund ihrer Öffentlichkeitsarbeit bestehen nicht.

Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass es der NPD gelingt, im Wege „nationalrevolutionärer Graswurzelarbeit“ die Akzeptanz für die Durchsetzung ihres verfassungswidrigen Konzepts zu verbessern. Die im Rahmen des „Kampfes um die Köpfe“ zum Aufbau eines „Kümmerer“-Images von der NPD vorgesehenen Maßnahmen sind für sich genommen nicht auf die Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet. Die bloße Beteiligung am örtlichen Gemeinschaftsleben oder die Gewährung persönlicher Hilfestellung stellt keine Bekämpfung der Verfassungsordnung dar. Relevanz im Parteiverbotsverfahren kann diese Arbeit daher nur erlangen, wenn es der NPD gelänge, auf diesem Weg die Zustimmung zu den von ihr vertretenen verfassungswidrigen Zielen zu erhöhen.

Dass die NPD derartige „Hebelwirkungen“ in relevantem Umfang herbeizuführen vermag, ist nicht ersichtlich. Der Bundesrat schildert lediglich wenige Einzelfälle eines dem „Kümmerer“-Ansatz entsprechenden Engagements der NPD. Dazu zählen der Hinweis auf die Durchführung von Kinderfesten, die Teilnahme an einem Festumzug und einem Bootskorso, Bewerbungen um ein Amt als Schöffe oder eine Tätigkeit als Volkszähler, das Angebot von Hartz-IV-Beratungen und die Beteiligung an der Gründung des Sportvereins „Griese Gegend e.V.“ in Lübtheen. Es erscheint vor diesem Hintergrund bereits zweifelhaft, ob das „Kümmerer“-Engagement überhaupt in einem solchen Umfang stattfindet, dass das damit angestrebte Maß an persönlicher Zustimmung zu den Vertretern der NPD erreichbar ist. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass aufgrund dieses Engagements die vom Bundesrat behauptete „Infiltration“ der Gesellschaft mit dem Gedankengut der NPD gelingt. Hinweise auf eine nachhaltige Verbesserung der gesellschaftlichen Verankerung der NPD fehlen. Die Behauptung des Bundesrats, seit Jahren erreiche die NPD in Mecklenburg-Vorpommern eine bürgerliche Verankerung in weiten Teilen des Landes, wird durch das von ihm selbst vorgelegte Gutachten in dieser Allgemeinheit nicht gestützt. Die Darstellung ist vielmehr an der Beschreibung von Einzelfällen orientiert. Auch in der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige Prof. Borstel den Fokus seiner Ausführungen ausdrücklich auf die Gemeinde Anklam und die umliegenden Dörfer beschränkt. Selbst wenn im Einzelfall von einer erhöhten Zustimmung zu Vertretern der NPD auszugehen sein sollte, ist jedenfalls nicht erkennbar, dass damit die Akzeptanz ihres politischen Konzepts relevant erhöht wurde.

Dies gilt im Ergebnis auch, soweit die NPD sich im Rahmen des „Kampfes um die Straße“ auf gegen Asylbewerber und Minderheiten gerichtete Aktivitäten konzentriert. Dabei ist davon auszugehen, dass an den Protestkundgebungen der NPD auch Personen jenseits des Kreises ihrer Mitglieder und Anhänger in erheblicher Zahl teilgenommen haben. Dennoch kann auch unter Zugrundelegung des vom Bundesrat dargelegten Umfangs und der Teilnehmerzahl der Anti-Asyl-Veranstaltungen der NPD nicht ohne weiteres von einer Erhöhung der Zustimmung zu den von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Zielen und einer damit verbundenen Steigerung ihrer Wirkkraft in die Gesellschaft ausgegangen werden.

Vielmehr ist zwischen dem – im demokratischen Diskurs hinzunehmenden – (friedlichen) Protest gegen asylpolitische Entscheidungen oder gegen die Festlegung von Standorten für Flüchtlingsunterkünfte einerseits und der Unterstützung des von der NPD verfolgten Konzepts willkürlicher Diskriminierung aller ethnisch Nichtdeutschen andererseits zu unterscheiden. Zwar versucht die NPD, die Flüchtlings- und Asylproblematik für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Allerdings agiert sie dabei häufig nicht im eigenen Namen, sondern unter dem Dach neutral erscheinender Organisationen wie der Bürgerinitiative „Nein zum Heim“ in Sachsen. Tritt hingegen ihre Verantwortlichkeit für eine Veranstaltung offen zu Tage, sinken die Teilnehmerzahlen erheblich. So hat der Bundesrat selbst vorgetragen, dass, nachdem bei Veranstaltungen der MVGIDA die Dominanz der NPD nach außen erkennbar geworden sei, die Teilnehmerzahlen von circa 600 auf 120 gesunken seien. Ähnlich verhielt es sich bei den gegen ein örtliches Asylbewerberheim gerichteten „Schneeberger Lichtelläufen“. Während an den ersten Veranstaltungen im Oktober/November 2013 jeweils mehr als 1.500 Menschen teilnahmen, konnten für den vierten „Lichtellauf“ am 25.01.2014, bei dem sich die NPD offensiver als Organisatorin in den Vordergrund stellte, nur noch rund 250 Teilnehmer mobilisiert werden, die zudem weitestgehend der NPD und ihrem Umfeld zuzuordnen waren245. Dies dokumentiert, dass die Anti-Asyl-Initiativen der NPD zwar im Einzelfall zu nicht unerheblichen Mobilisierungserfolgen führen können. Es ist nicht erkennbar, dass damit ihre gesellschaftliche Akzeptanz steigt und die Möglichkeit eröffnet wird, ihre verfassungsfeindlichen Ziele im politischen Willensbildungsprozess mit demokratischen Mitteln durchzusetzen. Auch der Bundesrat hat keine Belege dafür angeboten, dass es der NPD gelingt, mit ihren asyl- und ausländerpolitischen Aktivitäten zusätzliche Unterstützung oder Zustimmung zu ihren verfassungsfeindlichen Absichten in relevantem Umfang zu gewinnen.

Schließlich ist eine ausreichende Stärkung der Schlagkraft der NPD im politischen Willensbildungsprozess durch eine Zusammenarbeit mit parteiungebundenen Kräften nicht zu erwarten. Dies gilt sowohl mit Blick auf den bewegungsförmigen Rechtsextremismus als auch hinsichtlich der Bewegungen gegen die vermeintliche „Islamisierung des Abendlandes“.

Die NPD arbeitet auf der Grundlage bereits bestehender personeller Verflechtungen in regional unterschiedlicher Intensität mit den Organisationen des parteiungebundenen Rechtsextremismus zusammen. Besonders intensiv stellt sich diese Zusammenarbeit in Mecklenburg-Vorpommern und – vor allem vermittelt über die JN – in Sachsen dar.

Dies allein rechtfertigt die Annahme eines erfolgreichen Bestehens des „Kampfes um den organisierten Willen“ durch die NPD jedoch nicht. Vielmehr ist es der NPD nicht gelungen, eine „Bündelung aller national gesinnten Kräfte“ unter ihrer Führung zu erreichen. Die Zusammenarbeit mit den freien Kräften erfolgt einzelfallbezogen und ist nicht organisatorisch verfestigt. Eine Führungsrolle gegenüber den rechten Kameradschaften und sonstigen Kräften der ungebundenen rechten Szene kommt der NPD nicht zu. Dies gilt auch für Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. In dem vom Bundesrat vorgelegten Gutachten wird sogar behauptet, die NPD werde in Mecklenburg-Vorpommern in weiten Teilen von Mitgliedern freier Netze und Kameradschaften dominiert und im Sinne der Systemüberwindung benutzt246. Auch die Einbindung von Vertretern rechtsextremer Organisationen durch die Beschäftigung als Mitarbeiter von Abgeordneten oder Parlamentsfraktionen der NPD hat nicht zur Folge, dass diese als deren Vorfeldorganisationen angesehen werden können.

Der Sachverständige Prof. Jesse hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass aus seiner Sicht die freien Kameradschaften nicht auf die NPD angewiesen seien, wohl aber diese auf die freien Kameradschaften. Auch in dem vom Bundesrat vorgelegten Gutachten von Prof. Borstel werden für die NPD Kooperationen mit dem bewegungsförmigen Rechtsextremismus als existentiell bewertet. Diese Kooperationen seien aber temporär und regional. Einer dauerhaften Einbindung der Kameradschaften und freien Netzwerke stünde deren Selbstverständnis als Gruppen des außerparlamentarischen Widerstands entgegen240.

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Unter ergänzender Berücksichtigung des Umstands, dass selbst im Bereich des parteigebundenen Rechtsextremismus der NPD mit der Etablierung von Organisationen wie „DIE RECHTE“ und „Der III. Weg“ Wettbewerber entstanden sind, die insbesondere radikalere Kräfte ansprechen247, ist nicht ersichtlich, dass die NPD in der Lage ist, durch die Bildung rechtsextremer Netzwerke unter ihrer Führung ihre politische Reichweite in einem Umfang zu erhöhen, der eine Durchsetzung ihrer Ziele mit demokratischen Mitteln ermöglicht.

Auch das Bestreben der NPD, als relevanter Teil des Protests gegen die angebliche „Islamisierung des Abendlandes“ wahrgenommen zu werden, eröffnet die Perspektive einer Umsetzung ihres verfassungsfeindlichen Konzepts mit demokratischen Mitteln nicht. Der Bundesrat selbst verweist darauf, dass es der NPD als Partei verwehrt sei, an den Veranstaltungen der PEGIDA in Dresden teilzunehmen, und dass im Übrigen ihre Partizipationsmöglichkeiten unterschiedlich ausfielen. Dass es der NPD durchgängig gelungen wäre, die Potentiale der GIDA-Bewegungen für sich zu nutzen, ist nicht ersichtlich. Dabei mag dahinstehen, ob ihr – wie vom Bundesrat behauptet – zumindest bei Veranstaltungen der THÜGIDA und der MVGIDA eine wesentliche Rolle zukommt. Daraus allein lässt sich eine hinreichende Erweiterung ihrer Wirkkraft in die Gesellschaft nicht ableiten, zumal der Bundesrat selbst darauf hingewiesen hat, dass, nachdem bei den Veranstaltungen der MVGIDA die Dominanz der NPD offenbar geworden sei, die Teilnehmerzahlen von circa 600 auf 120 gesunken seien.

Insgesamt ist festzustellen, dass es der NPD nicht gelungen ist, den von ihr proklamierten „Kampf um den organisierten Willen“ erfolgreich zu gestalten. Ihr kommt keine Führungsrolle gegenüber dem bewegungsförmigen Rechtsextremismus zu. Einer Bündelung der „national gesinnten Kräfte“ unter ihrer Führung steht bereits das Selbstverständnis der parteiungebundenen Gruppierungen entgegen. Zusätzliche Mobilisierungsmöglichkeiten ergeben sich für die NPD daher nur in sehr begrenztem Umfang. Die Chance auf eine erfolgreiche Gestaltung des Prozesses demokratischer Willensbildung im Sinne der NPD wird auf diese Weise nicht eröffnet.

Konkrete Anhaltspunkte von Gewicht, die darauf hindeuten, dass die NPD in einer das Tatbestandsmerkmal des „Darauf Ausgehens“ erfüllenden Weise die Grenzen des zulässigen politischen Meinungskampfes überschreitet, liegen ebenfalls nicht vor. Die NPD vermag Dominanzansprüche in abgegrenzten Sozialräumen nicht in relevantem Umfang zu verwirklichen. Auch ist die Annahme einer ihr zurechenbaren Grundtendenz zur Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Absichten mit Gewalt oder durch die Begehung von Straftaten nicht belegbar. Schließlich fehlen hinreichende Anhaltspunkte für die Schaffung einer Atmosphäre der Angst durch die NPD, die zu einer spürbaren Beeinträchtigung der Freiheit des Prozesses der politischen Willensbildung führt oder führen könnte. Der Umstand, dass die NPD durch einschüchterndes oder kriminelles Verhalten von Mitgliedern und Anhängern punktuell eine nachvollziehbare Besorgnis um die Freiheit des politischen Prozesses oder gar Angst vor gewalttätigen Übergriffen auszulösen vermag, ist nicht zu verkennen, erreicht aber die durch Art. 21 Abs. 2 GG markierte Schwelle nicht.

Dass die NPD in relevantem Umfang räumliche Dominanzansprüche in einer die gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung ausschließenden Weise durchzusetzen vermag, ist nicht erkennbar. „National befreite Zonen“ existieren nicht. Der Kleinstort Jamel stellt einen nicht übertragbaren Sonderfall dar. Ansonsten fehlt es an der Fähigkeit der NPD, ihr räumliches Dominanzstreben in einer demokratische Rechte verletzenden Weise umzusetzen.

Entgegen seiner ursprünglichen Behauptung hat der Bundesrat mit Schriftsatz vom 27.08.2015 eingeräumt, dass es „vollständig national befreite Zonen“ im Sinne der rechtsextremistischen Raumordnungstheorie in Deutschland nicht gebe. Stattdessen erfolge die Verwirklichung des räumlichen Dominanzanspruchs der NPD graduell unterschiedlich.

Der Kleinstort Jamel stellt in diesem Zusammenhang einen Sonderfall dar, der nicht verallgemeinerungsfähig ist. Dabei ist es der NPD selbst in diesem Fall nicht gelungen, ihren Dominanzanspruch uneingeschränkt durchzusetzen.

Das bei Wismar am Ende einer Sackgasse gelegene Dorf Jamel hat nach Auskunft des Innenministers von Mecklenburg-Vorpommern in der mündlichen Verhandlung 47 Einwohner, davon 17 Kinder. Die Mehrheit der erwachsenen Einwohner sei dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen. Zentrale Figur des Ortes ist der Abbruchunternehmer und ehemalige Beisitzer des Landesvorstands Mecklenburg-Vorpommern der NPD K. Dieser ist Eigentümer des „Thinghauses“ in Grevesmühlen, in dem sich unter anderem ein „Bürgerbüro“ der ehemaligen Landtagsabgeordneten Pastörs und Köster befand, und auf dessen Gelände 2011 ein Holzkohlegrill mit der Aufschrift „Happy Holocaust“ gesichtet wurde. Seine Frau K. ist ehemalige Landesvorsitzende des RNF. Ebenfalls in Jamel ansässig ist die Familie des ehemaligen Kreisvorsitzenden der NPD S. Insgesamt sollen unter sechs der zehn Anschriften rechtsextremistische Personen gemeldet sein.

Die Majorisierung des Ortes durch Rechtsextremisten findet Ausdruck im Dorfbild. Markant sind vor allem ein hölzerner Wegweiser, der unter anderem Richtung und Entfernung nach Braunau am Inn, dem Geburtsort Adolf Hitlers, und nach der mit dem Zusatz „Ostmark“ versehenen Stadt Wien aufweist, sowie das Wandgemälde einer traditionell gekleideten Familie mit dem in Frakturschrift ausgeführten Schriftzug „Dorfgemeinschaft Jamel – frei-sozial-national“. In Jamel werden rechtsextremistische Veranstaltungen und Konzerte mit überregionaler Beteiligung durchgeführt. So fand am 20.06.2015 das „11. nationale Kinderfest“ mit anschließender Sonnwendfeier statt, an der circa 150 Rechtsextremisten, darunter die ehemaligen Landtagsabgeordneten Pastörs und Petereit, der Landesvorsitzende Köster sowie die RNF-Landesvorsitzende in Mecklenburg-Vorpommern Antje Mentzel teilnahmen.

Auch in Jamel ansässig ist ein Ehepaar, das sich gegen neonazistisches Denken wendet und jährlich ein Musikfestival gegen rechts („Jamel rockt den Förster“) durchführt. Im Jahr 2010 kam es ausweislich des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Grevesmühlen vom 31.08.2011248 bei diesem Festival zu einem tätlichen Angriff, als der im Unternehmen des K. beschäftigte M. mit den Worten „Ich bin ein Nazi“ einem Festivalteilnehmer mehrere Faustschläge versetzte. Darüber hinaus wurde in der Nacht vom 12. auf den 13.08.2015 die neben dem Wohnhaus des Ehepaars befindliche Scheune durch Brandstiftung zerstört. Bereits 2011 soll der Vater des damaligen Kreisvorsitzenden der NPD S. das Ehepaar mit den Worten bedroht haben: „Sie sollten an mich verkaufen, so lange Sie noch können“. Nach der Darstellung des Bundesrats ist das Ehepaar regelmäßigen anonymen Bedrohungs- und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt.

Insgesamt besteht kein Zweifel, dass es sich bei Jamel um einen durch rechtsextremes Denken geprägten Ort handelt. Allerdings liegt insoweit ein auf wenige Personen begrenzter, singulärer Sonderfall vor. Eine Übertragbarkeit der Verhältnisse in Jamel auf andere, insbesondere größere Ortschaften ist – wie auch der Sachverständige Prof. Jesse in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat – nicht möglich. Daher ergibt sich – ungeachtet der Frage, inwieweit die Verhältnisse in Jamel der NPD zugerechnet werden können – hieraus kein ausreichender Beleg für die Möglichkeit der NPD, ihre verfassungsfeindlichen Ziele durch die Errichtung von Dominanzzonen in abgegrenzten Sozialräumen durchzusetzen.

Weitere Beispiele erfolgreicher Umsetzung räumlicher Dominanzansprüche der NPD sind nicht bekannt.

Entgegen der Auffassung des Bundesrats kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Hansestadt Anklam in Mecklenburg-Vorpommern um eine Zone kultureller Hegemonie der NPD handelt. Zwar bezeichnet der rechtsextreme Internetauftritt „Freies Pommern“ Anklam in einem Beitrag vom 14.07.2010 sogar als „national befreite Zone“. Tatsächlich fehlt es aber an belastbaren Anhaltspunkten, für die Annahme, dass in Anklam eine Dominanz der NPD vorliegt, die die Freiheit der politischen Willensbildung in einem relevanten Maß zu beeinträchtigen geeignet ist.

Soweit der Bundesrat in diesem Zusammenhang auf eine im Eigentum der Mitglieder des Landesvorstands Mecklenburg-Vorpommern H. und W. stehende Immobilie verweist, die als „nationales Begegnungszentrum“ Sitz des Landesverbands der NPD sowie überregionaler Anlaufpunkt für Rechtsextremisten sei und in welcher der Verfahrensbevollmächtigte zu 2. der NPD ein Bürgerbüro als ehemaliger Landtagsabgeordneter betreibe, kann daraus nicht auf die Durchsetzung von Dominanzansprüchen geschlossen werden. Dies gilt unabhängig davon, welche Veranstaltungen in diesem Begegnungszentrum angeboten werden, da für eine hiervon ausgehende, das gesellschaftliche oder politische Leben in Anklam beeinträchtigende Außenwirkung nichts ersichtlich ist.

Auch die Durchführung einer Demonstration am 31.07.2010 unter dem Motto „Gegen kinderfeindliche Bonzen – für eine lebenswerte Zukunft in unserer Heimat – Freiheit statt BRD“, zu der die NPD gemeinsam mit den Organisationen „Nationale Sozialisten Mecklenburg“ und „Freies Pommern“ aufgerufen hat, belegt eine Dominanz der NPD in Anklam nicht. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass in der vorhergehenden Nacht von der Stadt aufgestellte Schilder mit dem Text „Kein Ort für Neonazis“ entfernt, rund zweihundert Plakate abgehängt, sechs Großaufsteller an den Zufahrtsstraßen zerstört und ein Transparent am Stadttor mit Farbbeuteln beworfen worden seien. In der Stadt habe sich niemand gefunden, der Anzeige erstattet hätte. Viele Geschäftsleute hätten zuvor Angst gehabt, Plakate gegen Rechtsextremisten in ihre Schaufenster zu hängen.

Diesem auf ein punktuelles Ereignis beschränkten Vortrag lässt sich eine Dominanz der NPD gleichwohl nicht entnehmen. Die nächtliche Beschädigung der von der Stadtverwaltung angebrachten Plakate rechtfertigt eine solche Annahme nicht, zumal nicht feststellbar ist, wer hierfür die Verantwortung trägt.

Einer dominierenden Stellung der NPD widerspricht im Übrigen, dass sie bei den Wahlen zur Stadtvertreterversammlung 2014 lediglich ein Ergebnis von 9, 3 % der abgegebenen gültigen Stimmen erzielte und dementsprechend nur zwei von 25 Stadtverordneten stellt. Außerdem sind in Anklam mehrere gegen den Rechtsextremismus gerichtete Initiativen tätig. Dazu zählt etwa ein Büro des „Regionalzentrums für demokratische Kultur“. Ergänzend hat die NPD auf einen durch die Zentrale für politische Bildung geförderten „Demokratieladen“ und den vom Stadtjugendring Greifswald betriebenen „Demokratiebahnhof“ verwiesen. Schließlich vermag auch der Hinweis des Sachverständigen Prof. Borstel in der mündlichen Verhandlung, dass die Normalisierung und Erfahrbarkeit des Rechtsextremismus im unmittelbaren Nahfeld zur Entstehung von subjektiven Angstphänomenen führen und Distanzierungen erschweren könnten, die Einschätzung nicht zu rechtfertigen, dass die NPD in Anklam über eine Position verfügt, die die gleichberechtigte Teilhabe am Prozess der politischen Willensbildung nicht mehr gewährleistet.

Nichts anderes gilt für das vom Bundesrat als weiteres Beispiel einer Dominanzzone der NPD angeführte Lübtheen. Die Tatsache, dass aufgrund möglicherweise gezielter Zuzüge in Lübtheen mehrere führende Funktionäre der NPD – einschließlich der ehemaligen Landtagsabgeordneten Pastörs und Köster sowie des ehemaligen Geschäftsführers der Landtagsfraktion G. – wohnen und aktiv sind, genügt für die Annahme einer Dominanzsituation nicht. Gleiches gilt, soweit die NPD eine prominent im Ortszentrum gelegene Immobilie nutzt und ihre Vertreter bei Veranstaltungen auch dann Präsenz zeigen, wenn diese gegen den Rechtsextremismus gerichtet sind.

Der Bundesrat verweist insoweit auf ein Gebäude am Ernst-Thälmann-Platz, in dem sich die Bundesgeschäftsstelle der JN und ein Bürgerbüro befänden, sowie auf Vorträge zu Themen wie „Brauchtumspflege als Bestandteil des Volkstums!“ am 28.09.2012 und „Europa am Abgrund!“ am 30.05.2012. Weiterhin führt er aus, dass – ähnlich wie schon zur 650-Jahrfeier in Lübtheen – beim „Lindenfest“ 2010 die Funktionäre der NPD Pastörs, T. und K. erschienen seien, Flugblätter verteilt hätten und NPD-Ballons hätten aufsteigen lassen. In einem Kommentar vom 18.09.2010 auf einer entsprechenden Internetseite habe es dazu geheißen:Dies zeigt einmal mehr mit aller Deutlichkeit, daß die Nationalisten aus dem Stadtbild Lübtheens einfach nicht mehr wegzudenken sind und im wahrsten Sinne des Wortes aus der Mitte des VoIkes kommen.

All dies genügt jedoch nicht, um eine dominierende Stellung der NPD in Lübtheen zu begründen. Die bloße Präsenz einzelner Vertreter der NPD bei öffentlichen Veranstaltungen tangiert für sich genommen die Freiheit der politischen Willensbildung nicht. Gegen eine Dominanz der NPD spricht auch hier, dass sie bei der Kommunalwahl 2014 ein Ergebnis von 10, 7 % der abgegebenen gültigen Stimmen erzielte und demgemäß nur über zwei von 17 Mandaten in der Stadtvertretung verfügt. Der Bundesrat räumt außerdem selbst ein, dass die NPD nicht zuletzt aufgrund einer von der Bürgermeisterin initiierten Bürgerinitiative gegen Rechtsextremismus ihren Dominanzanspruch nicht vollständig realisieren könne. Soweit er dabei geltend macht, die NPD sei in Lübtheen ein Stück Normalität geworden, und es bestünden Hemmungen, gegen Pastörs und seine Anhänger öffentlich etwas Negatives zu sagen, bleiben diese Ausführungen spekulativ. Soweit der Bundesrat darauf verweist, es sei auch zu aggressiven Einschüchterungsversuchen gekommen, wird dies nicht mit Tatsachen unterlegt.

Hinsichtlich der Auflistung mehrerer Initiativen der JN, die sich gegen Kriminalität und Überfremdung richten und in Aufklebern und Demonstrationsaufrufen formulieren „Hol Dir Deine Stadt zurück!“ beziehungsweise „Unser Kiez, unsere Stadt und unsere Regeln“ kann dahinstehen, ob es sich dabei – wie der Bundesrat meint – um ein die Grenzen des politischen Meinungskampfes überschreitendes provokatives Auftreten handelt. Ein Eingriff in die Möglichkeit freier und selbstbestimmter Willensbildung ist damit jedenfalls nicht verbunden.

Es gibt auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass bei der NPD eine Grundtendenz besteht, ihre verfassungsfeindlichen Ziele durch Gewalt oder die Begehung von Straftaten durchzusetzen. Weder kann der NPD die Gesamtentwicklung im Bereich ausländerfeindlicher Straftaten zur Last gelegt werden, noch ist aufgrund einer Gesamtschau des strafrechtlich relevanten Verhaltens ihrer Mitglieder die Bereitschaft der NPD hinreichend belegt, ihre verfassungsfeindlichen Ziele mit Gewalt oder durch die Begehung von Straftaten zu verfolgen. Soweit einzelne Gewalttätigkeiten oder sonstige Straftaten von Mitgliedern der NPD belegbar sind, genügen diese nicht, um bei ihr eine Grundtendenz feststellen zu können, ihre verfassungsfeindlichen Absichten gezielt im Wege des Rechtsbruchs durchzusetzen.

Soweit der Bundesrat darauf verweist, dass die NPD sich in einem Gesamtmilieu bewege, das überdurchschnittliche Kriminalitätswerte aufweise, und dass mit 1.031 Straftaten (davon 177 Gewaltdelikte) im Jahr 2015 die Zahl der Übergriffe auf Asylunterkünfte einen Höchststand erreicht habe, kann dies der NPD nicht zugerechnet werden. Erforderlich für eine derartige Zurechnung wäre, dass sich das rechtswidrige Handeln als Teil der verfassungswidrigen Bemühungen der NPD darstellt. Dies setzt voraus, dass sie entweder zu den jeweiligen Straftaten beigetragen oder sich diese zumindest im Nachhinein zu eigen gemacht hat. Hierfür genügt es nicht, dass die NPD durch ihre menschenverachtende Agitation an der Schaffung eines ausländerfeindlichen Klimas beteiligt ist. Das verkennt der Bundesrat, wenn er hervorhebt, bei den „Übergriffen“ auf Asylunterkünfte handele es sich um eine konsequente Umsetzung der fremdenfeindlichen Ideologie der NPD. Zwar entspricht die Ausgrenzung von Asylbewerbern ihrer politischen Programmatik. Damit allein lässt sich jedoch nicht ohne weiteres belegen, dass sie Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte als geeignete Mittel zur Durchsetzung dieser Forderungen ansieht oder in sonstiger Weise billigt. Erforderlich wären vielmehr konkrete Umstände, aus denen sich eine solche Billigung von Anschlägen auf Flüchtlingseinrichtungen durch die NPD ergibt. Eine pauschale Zurechnung ausländerfeindlicher Straftaten zur NPD kommt nicht in Betracht.

Entgegen der Auffassung des Bundesrats ergibt sich die Bereitschaft der NPD zur Anwendung von Gewalt oder zur Begehung von Straftaten als Mittel zur Durchsetzung ihrer verfassungswidrigen Ziele auch nicht aus einer allgemein mangelhaften Rechtstreue ihrer Anhänger. Dem steht bereits entgegen, dass die vorliegenden Belege nicht ausreichen, um die Behauptung einer grundsätzlichen, das Handeln der NPD insgesamt prägenden Missachtung strafrechtlicher Verbote und des staatlichen Gewaltmonopols zu belegen.

Unverwertbar ist in diesem Zusammenhang die vom Bundesrat vorgelegte anonymisierte Statistik des Bundesamts für Verfassungsschutz zur Straffälligkeit der Vorstandsmitglieder der NPD und ihrer Teilorganisationen. Der Untersuchung ist nicht zu entnehmen, inwieweit die aufgeführten Delikte politisch motiviert waren und als Ausdruck des Parteiwillens angesehen werden können.

Soweit der Bundesrat auf den Hinweis der Unverwertbarkeit der vorgenannten Statistik reagiert und insgesamt 57 strafrechtliche Verurteilungen von Funktionären der NPD aufgelistet hat, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Ein erheblicher Teil dieser Verurteilungen hatte – wie sich aus den beigezogenen Akten ergibt – keinen politischen Hintergrund und ist daher nicht als Teil der verfassungsfeindlichen Bestrebungen der NPD anzusehen. Bei einer Reihe weiterer Straftaten ist dieser politische Hintergrund zumindest zweifelhaft. Worin etwa das im vorliegenden Zusammenhang relevante „spezifische Gewaltpotential“ beispielsweise bei einer versuchten Körperverletzung am Rande eines Fußballspiels249 oder bei einer tätlichen Auseinandersetzung im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall250 liegen soll, erschließt sich nicht. Hinzu kommt, dass die Verurteilungen einen Zeitraum von 25 Jahren umfassen, zu einem erheblichen Teil reine Propagandadelikte betreffen, teilweise nach Jugendstrafrecht erfolgten und überwiegend der leichten Kriminalität zuzuordnen sind. Zahl, Gegenstand und Schwere der aufgelisteten Straftaten einzelner Mitglieder der NPD genügen daher nicht, um ihr die Absicht einer Durchsetzung ihrer politischen Ziele mit Gewalt oder durch die Begehung von Straftaten unterstellen zu können.

Auch die vom Bundesrat im Einzelnen dargestellten Ereignisse und Sachverhalte reichen nicht aus, um eine das Tatbestandsmerkmal des „Darauf Ausgehens“ im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG erfüllende Gewaltbereitschaft oder mangelnde Rechtstreue der NPD annehmen zu können. Soweit eine Berücksichtigung nicht bereits mangels Rechtswidrigkeit oder Zurechenbarkeit der Sachverhalte ausscheidet, genügen die verbleibenden Einzelfälle nicht, um eine Grundtendenz der NPD zur Anwendung von Gewalt oder zur Begehung von Straftaten als Mittel der politischen Auseinandersetzung zu bejahen.

Von vornherein außer Betracht zu bleiben haben die Aufrufe einzelner Führungspersönlichkeiten der NPD zur revolutionären Überwindung des bestehenden parlamentarischen Systems und zum Rückgriff auf das Widerstandsrecht. Sie sind allgemein gehalten und nicht mit der Aufforderung zur Begehung konkreter Straftaten verbunden. Dies gilt auch für den Brief, den der Parteivorsitzende der NPD im Februar 2016 an öffentlich Bedienstete gerichtet hat. Dieser mag ein abwegiges Verständnis des Widerstandsrechts gemäß Art.20 Abs. 4 GG offenbaren. Eine Aufforderung zur Begehung konkreter Straftaten und damit ein Indiz dafür, dass die NPD auf diesem Weg ihre verfassungswidrigen Absichten durchzusetzen vermag, enthält er aber nicht.

Das auf „Bürgerwehren“ bezogene Engagement der NPD überschreitet bisher die rechtlich vorgegebenen Grenzen nicht. Zwar wird die Forderung nach der Einrichtung von Bürgerwehren teilweise in fremdenfeindlicher und menschenverachtender Weise begründet. Dass sich diese Bürgerwehren ihnen nicht zustehende Befugnisse anmaßen oder nach dem Willen der NPD anmaßen sollen, ist jedoch nicht ersichtlich. Dies gilt auch für die vom Bundesrat besonders hervorgehobene „Bürgerwehr Güstrow“. Dass Teilnehmer an diesen Streifengängen anderweitig strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wurden, ist insoweit ohne Belang. Daher kann aus den „Bürgerwehr“-Aktivitäten der NPD jedenfalls bisher nicht auf ihre Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt oder zu rechtswidrigem Vorgehen geschlossen werden. Ebenso wenig ergibt sich dies aus dem Angebot von sogenannten Nervendruckseminaren durch die NPD.

Die vom Bundesrat geschilderten tätlichen Auseinandersetzungen und sonstigen Straftaten können der NPD nicht uneingeschränkt zugerechnet werden.

Da die Verursacher der Brandanschläge auf die Scheune in Jamel und eine als Notunterkunft für Asylbewerber geplante Turnhalle in Nauen bislang nicht ermittelt werden konnten und die NPD sich auch nicht zustimmend zu diesen Vorfällen verhalten hat, kommt eine Berücksichtigung dieser Vorfälle zu ihren Lasten nicht in Betracht. Gleiches gilt für die Beschädigung und Entfernung von Plakaten im Vorfeld der Demonstration vom 31.07.2010 in Anklam. Der tätliche Angriff auf einen Teilnehmer des Festivals „Jamel rockt den Förster“ im Jahr 2010 kann der NPD ebenfalls nicht zugerechnet werden, da nicht erkennbar ist, dass es sich bei dem Täter um ein Mitglied oder einen Anhänger der NPD gehandelt hat.

Soweit der Bundesrat schildert, in Güstrow sei die Leiterin einer soziokulturellen Begegnungsstätte, die sich engagiert gegen Rechtsextremismus einsetze, nicht nur regelmäßig bedroht worden, sondern es sei auch zu Sachbeschädigungen wie dem Aufbrechen der Tür ihres Wohnhauses und Vandalismus innerhalb der Räume der „Villa Kunterbündnis“ gekommen, so dass die Polizei eine Schutzmaßnahme angeordnet habe, ist nicht erkennbar, dass diese Taten durch Mitglieder oder Anhänger der NPD begangen wurden. Insbesondere für eine Beteiligung des Stadtvertreters der NPD M. an strafrechtlich relevantem Verhalten gegenüber der Leiterin der Begegnungsstätte fehlen belastbare Anhaltspunkte. Der Hinweis des Bundesrats, M. sei in einem anderen Zusammenhang wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden und wirke am Aufbau von Drohkulissen sowie herabwürdigenden Kampagnen gegen die Leiterin der Begegnungsstätte mit, vermag eine Beteiligung an konkret gegen sie gerichteten Straftaten nicht zu belegen. Dies kann allenfalls bei der Frage, ob es der NPD gelingt, unabhängig von strafrechtlich relevantem Verhalten ein „Klima der Angst“ zu schaffen und dadurch die freie und gleichberechtigte Teilhabe am Prozess der politischen Willensbildung zu beeinträchtigen, berücksichtigt werden.

Ebenfalls nicht feststellbar ist eine Beteiligung der NPD am Besprühen beziehungsweise Beschmieren von zur Erinnerung an jüdische Mitbürger verlegten sogenannten „Stolpersteinen“ in Demmin am 19.08.2010 und in Ueckermünde am 20.08.2010. Die gleichzeitig in Ueckermünde geklebten Plakate sprechen eher für eine Aktion aus dem Bereich des bewegungsförmigen Rechtsextremismus. Jedenfalls fehlt es, selbst wenn in Demmin ein Tatverdächtiger angab, seit 2006 Mitglied der NPD zu sein, an einer rechtskräftigen Feststellung der Täterschaft und damit an der Möglichkeit der Zurechnung zur NPD.

Ebenso wenig können die Ausschreitungen vom 11.01.2016 in Leipzig-Connewitz der NPD zugerechnet werden. Eine Beteiligung ihrer Mitglieder oder Anhänger an diesen Ausschreitungen ist nicht ersichtlich und wird vom Bundesrat auch nicht behauptet. Soweit er demgegenüber darauf verweist, der Vorsitzende des Kreisverbands Leipzig der NPD habe diese Vorfälle positiv kommentiert und dadurch die Situation angeheizt, steht einer Zurechnung dieser Äußerung zur NPD entgegen, dass der Kreisvorsitzende nach deren unwidersprochenem Vortrag unmittelbar im Anschluss an diesen Vorgang seines Amts enthoben worden sei und die Partei sodann freiwillig verlassen habe. Da nicht feststellbar ist, dass es sich dabei um ein rein prozesstaktisches Verhalten handelt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die NPD sich – vermittelt durch die Äußerungen des damaligen Kreisvorsitzenden – die Gewalttätigkeiten vom 11.01.2016 nachträglich zu eigen gemacht hat.

Auch eine Zurechnung der Krawalle im Anschluss an die Demonstrationen der NPD vom 24.07.2015 in Dresden; und vom 21.08.2015 in Heidenau scheidet aus.

Die in Dresden am 24.07.2015 veranstaltete Demonstration unter dem Motto „Asylflut stoppen – Nein zur Zeltstadt auf der Bremer Straße!“ wurde durch ein Mitglied der NPD angemeldet und als Veranstaltung der Partei beworben. An der Kundgebung nahmen etwa 180 Personen teil, denen etwa 250 Gegendemonstranten gegenüberstanden251. Im Nachgang zu dieser Demonstration kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf drei Gegendemonstranten verletzt, 15 Asylbefürworter attackiert und Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes angegriffen wurden. Nach Darstellung des Bundesrats waren der Vorsitzende der Ortsgruppe Heidenau und ein weiterer Anhänger der NPD sowie drei weitere Demonstrationsteilnehmer an den Ausschreitungen beteiligt.

Dies allein genügt jedoch nicht, um die Ausschreitungen in ihrer Gesamtheit der NPD zuzurechnen. Die Gewalttätigkeiten fanden nicht im Rahmen der von der NPD veranstalteten Demonstration, sondern erst nach deren Abschluss statt. Dass die NPD zu diesen Auseinandersetzungen aufgerufen oder sie in sonstiger Weise herbeigeführt hat, ist nicht ersichtlich. Sie hat die Krawalle auch im Nachhinein nicht gebilligt. Die Personen, die für die Gewaltausübung verantwortlich waren und deren Taten am 24.07.2015 einen vorläufigen Höhepunkt erreichten, sollen weder in der NPD organisiert, noch von dieser steuerbar gewesen sein252. Demgemäß kommt eine Zurechnung zur NPD nicht bezogen auf die Ausschreitungen als solche in Betracht, sondern allenfalls bezogen auf das Verhalten ihrer beiden Anhänger im Rahmen der Ausschreitungen, da die NPD sich davon nicht ausdrücklich distanziert hat.

Nichts anderes gilt hinsichtlich der Krawalle, die sich nach der Protestkundgebung der NPD am 21.08.2015 in Heidenau ereigneten und in deren Verlauf unter anderem 31 Polizeibeamte verletzt wurden. Auch hier fanden die Ausschreitungen nicht im Rahmen der von R. angemeldeten Kundgebung, sondern erst nach deren Abschluss statt. Ebenso ist eine Herbeiführung der Krawalle durch die NPD nicht ersichtlich. Der Bundesrat behauptet zwar, innerhalb des von R. geleiteten Aufzugs seien Zettel mit der Information verteilt worden, sich eine halbe Stunde nach Versammlungsende in Kleingruppen in Richtung Erstaufnahmeeinrichtung zu begeben, um eine Blockade durchzuführen. Dafür legt er jedoch keine Belege vor, so dass diese Behauptung nicht verifiziert werden kann. Es bleibt unklar, ob diese Handzettel überhaupt verteilt wurden, wer dafür verantwortlich war und inwieweit die NPD dies hätte verhindern können. An den Ausschreitungen selbst waren – soweit ersichtlich – keine Mitglieder der NPD beteiligt. Die Protagonisten der Gewalttätigkeiten sind in der Vergangenheit vielmehr als Hooligans von Dynamo Dresden in Erscheinung getreten253. Anhaltspunkte für eine Lenkung der Ausschreitungen durch die NPD fehlen. Die Krawalle können ihr daher nicht zugerechnet werden.

Auch eine Zurechnung der Angriffe gegen Wahlkreisbüros anderer Parteien in Mecklenburg-Vorpommern scheidet aus. Da die Täter dieser Anschläge nicht ermittelt werden konnten, kann nicht unterstellt werden, dass Mitglieder oder Anhänger der NPD an der Ausführung dieser Anschläge beteiligt waren. Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass die NPD sich diese Anschläge zu eigen gemacht hat.

Zwar wurde am 18.04.2010 auf einer von David Petereit verantworteten Internetseite ein Artikel unter der Überschrift „Demokraten gibt es auch in Deiner Stadt“ veröffentlicht, der Bezug auf vorausgegangene Anschläge auf Bürgerbüros der SPD nahm, eine Auflistung sämtlicher Bürgerbüros der CDU, FDP und SPD sowie der Partei DIE LINKE in Mecklenburg-Vorpommern einschließlich der vollständigen Büroanschriften enthielt und explizit zum Besuch der Bürgerbüros aufrief, da diese nicht flächendeckend geschützt werden könnten. Selbst wenn dieser Aufruf – wie der Bundesrat behauptet – ironisch zu verstehen ist, genügt dies nicht, um darin zweifelsfrei eine versteckte Aufforderung zur Begehung weiterer Anschläge sehen zu können. Ferner kann im Ergebnis nicht davon ausgegangen werden, dass die NPD diese Anschläge nachträglich gebilligt hat. Die Berichterstattung über diese Anschläge auf dieser Internetseite und in dem von der NPD verantworteten „Uecker-Randow-Boten“ vermögen dies jedenfalls nicht zweifelsfrei zu belegen. Auch wenn diese Berichte durch eine unangemessene Wortwahl geprägt sind (11.05.2010: „Entglasung“; 27.05.2010: „Einzelwertung“, „Mannschaftswertung“ bezogen auf die Zahl der Anschläge; 31.05.2010: „Jammergestalten“), enthalten sie durchgängig eine Distanzierung „von Tätern und Opfern gleichermaßen“. Ebenso wenig kann der den Landtagsabgeordneten Dahlemann verhöhnende Artikel im „Uecker-Randow-Boten“254 zweifelsfrei als Aufforderung zu dem Anschlag vom 05.05.2014 angesehen werden, bei dem unbekannte Täter mit Steinen zwei Fenster des Bürgerbüros einwarfen. Die bloße Berichterstattung über diesen Anschlag auf besagter Internetseite am 6.05.2014 reicht für die Annahme seiner Billigung durch die NPD nicht aus.

Es verbleibt damit lediglich eine begrenzte Zahl von Gewalttaten unter Beteiligung von Mitgliedern und Anhängern der NPD, die aber nicht ausreichen, um ihr eine Grundtendenz zur Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Absichten mit Gewalt oder durch die Begehung von Straftaten nachweisen zu können.

Hierzu zählt der Angriff von JN-Funktionären auf eine DGB-Kundgebung am 1.05.2015 in Weimar. Laut einer LKA-Erkenntnisanfrage vom selben Tag kam es zu einer überfallartigen Situation mit tätlichen Übergriffen auf die sonstigen Veranstaltungsteilnehmer. Gegen insgesamt 34 Personen wurden Ermittlungen wegen Landfriedensbruchs eingeleitet. Unter den vorläufig festgenommenen 27 Tatverdächtigen befanden sich der stellvertretende JN-Bundesvorsitzende G., der stellvertretende JN-Landesvorsitzende Hessen H. und der Landesvorsitzende der JN-Sachsen R.

Führende Vertreter der NPD haben den Anschlag nachträglich gebilligt. So bezeichnete der Bundespressesprecher der NPD Klaus Beier. den Vorfall auf der Facebook-Seite der NPD am 3.05.2015 den Vorfall als „legitime Protestaktion gegen den globalen Kapitalismus“. Der JN-Bundesvorsitzende Sebastian Richter führte auf der Facebook-Seite der JN unter der Überschrift „Solidarität ist eine Waffe!“ aus, „geschlossen hinter den JN-Aktivisten“ zu stehen, „welche in Weimar für ihr Recht auf die Straße gegangen sind“. Soweit die NPD demgegenüber behauptet, die JN-Aktivisten hätten lediglich auf aggressives Verhalten der sonstigen Teilnehmer der DGB-Kundgebung reagiert, ändert dies nichts an der Tatsache, dass die JN die Veranstaltung gezielt gestört und die nachfolgenden Eskalationen durch ihr Verhalten provoziert haben.

Darüber hinaus liegen insgesamt zwölf rechtskräftige Verurteilungen von Mitgliedern und Anhängern der NPD wegen Gewaltdelikten mit politischen Bezügen vor. Dazu gehören die Verurteilung des ehemaligen Geschäftsführers der Landtagsfraktion der NPD in Mecklenburg-Vorpommern G. wegen Landfriedensbruch in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten vor dem Hintergrund des Angriffs auf Gegendemonstranten und Unbeteiligte in einem Zug auf dem Weg zu einer Veranstaltung der NPD255 sowie die Verurteilungen des stellvertretenden rheinland-pfälzischen Landesvorsitzenden der NPD Safet Babic zu sieben Monaten Freiheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung aufgrund einer Schlägerei im Zusammenhang mit der Zerstörung von Wahlplakaten der NPD256 und des JN-Mitglieds W. zu elf Monaten Freiheitsstrafe wegen gemeinschaftlicher schwerer Körperverletzung aufgrund eines Angriffs auf Gegendemonstranten bei einer Veranstaltung der NPD gegen einen Moscheeneubau in Berlin257. Der Kommunalvertreter der NPD O. wurde wegen Sachbeschädigung und versuchter Nötigung zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er sich am 15.08.2013 an einem Angriff auf ein alternatives Wohnprojekt beteiligte, indem er die Scheibe der Eingangstür mit einem Kantholz einwarf258. Bei den übrigen Fällen handelt es sich um vergleichbare, mehrheitlich zufällig entstandene tätliche Auseinandersetzungen mit teilweise deutlich geringerem politischen Bezug.

Außerdem verweist der Bundesrat auf weitere Fälle der Anwendung von Gewalt durch die NPD. Eine besondere Rolle komme dabei ihrem Ordnungsdienst zu. Abgesehen von der bedrohlichen Wirkung, die von diesem ausgehe, sei er für zwei Übergriffe auf Gegendemonstranten bei Veranstaltungen der NPD in Lingen und Aschaffenburg im Jahr 2013 verantwortlich. Die sachkundige Dritte Röpke hat darüber hinaus in der mündlichen Verhandlung über weitere Gewalttätigkeiten des Ordnungsdienstes berichtet. Im Einzelnen schilderte sie Körperverletzungshandlungen gegenüber einem IG-Metall-Mitglied in Niedersachsen, einem Kameramann des NDR beim Wahlkampfauftakt 2006 in Mecklenburg-Vorpommern und einen Angriff auf Gegendemonstranten bei einer Veranstaltung der NPD im Dezember 2004 in Steinfurt.

Des Weiteren behauptet der Bundesrat, bei einer Informationsveranstaltung zur Unterbringung von Asylbewerbern in Goldbach am 6.07.2015 habe der dortige Kreisvorsitzende der NPD S. einem Teilnehmer mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Bei den Krawallen im Anschluss an die Demonstration vom 24.07.2015 in Dresden habe sich der Vorsitzende der Ortsgruppe Heidenau N. innerhalb der Gruppe der gewaltbereiten Teilnehmer aufgehalten. Der bei dieser Demonstration als Ordner tätige Anhänger der NPD K. habe eine Warnbake in Richtung der Gegendemonstranten quer über die Straße geworfen. Die NPD hat die Behauptungen des Bundesrats bestritten und insbesondere darauf verwiesen, dass die Tätlichkeiten nicht von ihren Anhängern ausgegangen seien.

Insgesamt genügen die dargestellten Sachverhalte – ihre Wahrheit unterstellt – nicht, um die Feststellung zu tragen, dass die NPD ihre verfassungswidrigen Absichten mit Gewalt oder durch die Begehung von Straftaten umzusetzen sucht und dadurch in einer für ein „Darauf Ausgehen“ im Sinne des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG ausreichenden Weise in den Prozess freier und gleichberechtigter politischer Willensbildung eingreift. Unter Berücksichtigung der vom Bundesrat und der sachkundigen Dritten Röpke geschilderten Ereignisse handelt es sich um insgesamt 20 selbstständige Sachverhalte, die sich über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren erstrecken. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle liegt dabei nicht ein geplanter und gezielter Einsatz von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele vor; vielmehr handelt es sich um zufällige tätliche Auseinandersetzungen am Rande oder im Vorfeld politischer Veranstaltungen. Zwar bewegen sich die Angriffe auf die DGB-Kundgebung in Weimar am 1.05.2015 und auf das alternative Wohnprojekt in Greifswald am 15.08.2013 im Bereich eines gezielten Einsatzes von Gewalt zu politischen Zwecken. Aus diesen punktuellen Ereignissen kann aber nicht geschlossen werden, dass für die NPD die Anwendung von Gewalt oder die Begehung von Straftaten Teil ihres planmäßigen Vorgehens gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ist. Eine Grundtendenz der NPD zur Durchsetzung ihrer politischen Absichten mit Gewalt oder durch die Begehung von Straftaten kann den geschilderten Einzelfällen (noch) nicht entnommen werden.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass das Handeln der NPD zu einer Atmosphäre der Angst führt, die zu einer relevanten Beeinträchtigung des Rechts auf freie und gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung geeignet ist. Dies ist zwar durch ein Handeln unterhalb der Schwelle strafrechtlicher Relevanz grundsätzlich denkbar. Soweit die in diesem Zusammenhang vom Bundesrat aufgeführten Sachverhalte der NPD überhaupt zurechenbar sind, fehlt es jedoch in beträchtlichem Umfang an der objektiven Eignung zur Herstellung einer bedrohlichen Atmosphäre und einer damit verbundenen Einschränkung der Freiheit zur politischen Willensbildung. Die verbleibenden Sachverhalte stellen sich nicht als Anhaltspunkte von hinreichendem Gewicht dar, die ein Erreichen der von der NPD verfolgten verfassungswidrigen Ziele zumindest möglich erscheinen lassen.

Zur Begründung der Schaffung einer Atmosphäre der Angst durch die NPD kann nicht auf die vom Bundesrat vorgelegte „Liste mit freien Angaben zu Bedrohungserfahrungen“ der Psychologin Anette Hiemisch zurückgegriffen werden. Diese beruht auf der Befragung von 37 Personen aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, von denen 30 Personen angaben, Bedrohungserfahrungen gemacht zu haben. Der Liste ist im Einzelnen aber nicht zu entnehmen, von welcher Organisation die jeweilige Bedrohung, die zudem nach Ort, Datum und handelnden Personen nicht näher konkretisiert wird, ausgegangen ist. Hinzu kommt, dass es sich um anonyme Angaben handelt. Dies schließt eine Zurechnung der erfragten Aussagen zur NPD aus.

Der Auffassung des Bundesrats, dass Bedrohungen und Einschüchterungen durch Mitglieder von Kameradschaften und anderen „freien Gruppen“ der NPD grundsätzlich zuzurechnen seien, kann nicht gefolgt werden. Soweit er meint, dies ergebe sich bereits aus dem Begriff des „Anhängers“ und aus der Existenz des bestehenden Netzwerks rechtsextremer Gruppierungen, steht dem entgegen, dass – wie bereits dargestellt – die NPD und die Kräfte des parteiungebundenen Rechtsextremismus zwar (mit regional unterschiedlicher Intensität) einzelfallbezogen zusammenarbeiten. Dabei kommt aber der NPD keine Führungsrolle zu. Kameradschaften und sonstige Gruppen der freien Szene stellen sich nicht als „verlängerter Arm“ der NPD dar, sondern agieren autonom. Demgemäß kommt eine Zurechnung ihres Handelns zur NPD nur in Betracht, wenn diese das Handeln herbeigeführt oder sich in sonstiger Weise zu eigen gemacht hat. Es bedarf also auch hinsichtlich des Handelns der parteiungebundenen rechtsextremen Szene jeweils eines spezifischen Zurechnungszusammenhangs, um dieses als Teil der gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen der NPD ansehen zu können.

Außer Betracht bleiben muss die Darstellung des Sachverständigen Prof. Borstel, im Kommunalwahlkampf 2009 sei in Bargischow ein auf der Liste der CDU angetretener parteiloser Kandidat, der sich gegen die rechtsextreme Nutzung des Jugendclubs positioniert habe, erheblichen Schmähungen und Bedrohungen ausgesetzt gewesen259, da es an Hinweisen auf die Täter fehlt und daher eine Zurechnung dieses Sachverhalts zur NPD ausscheidet.

Auch die Ereignisse im Anschluss an eine von der Bürgerinitiative „Schneeberg wehrt sich“ im Oktober 2013 veranstaltete Demonstration können der NPD nicht zugerechnet werden. Bei dieser Demonstration hatte auch der Kreisvorsitzende der NPD H. gesprochen. Im Anschluss an die Demonstration zogen 30 bis 50 mit Fackeln ausgestattete Veranstaltungsteilnehmer vor das Privathaus des Bürgermeisters. Der Bundesrat trägt vor, der Bürgermeister habe sich bedroht gefühlt, insbesondere weil ein Aktivist sein Grundstück betreten habe. Seine Ehefrau und die Nachbarn seien ebenfalls entsetzt und verängstigt gewesen. Allerdings ist nicht erkennbar, dass die NPD diese Abläufe veranlasst oder sich in sonstiger Weise zu eigen gemacht hat. Ein Aufruf oder ein sonstiger Beitrag des Kreisvorsitzenden der NPD dazu, dass die Versammlung sich in Richtung des Hauses des Bürgermeisters in Bewegung setzte, ist nicht ersichtlich; und vom Bundesrat nicht beweiskräftig dargelegt.

Die vom Bundesrat dargestellten Bedrohungen des Ehepaars in Jamel können der NPD ebenfalls nicht zugerechnet werden, da diese anonym erfolgten.

Die Feststellung einer durch die NPD herbeigeführten Atmosphäre der Angst oder Bedrohung kommt nur in Betracht, wenn das ihr zurechenbare Handeln objektiv geeignet ist, die freie und gleichberechtigte Teilhabe am Prozess der politischen Willensbildung zu beeinträchtigen.

Unberücksichtigt bleiben muss daher die bloße Teilnahme der NPD am politischen Meinungskampf. Soweit diese die Grenzen des im demokratischen Diskurs Zulässigen nicht überschreitet, führt dies – ungeachtet möglicher weitergehender Intentionen der NPD und subjektiver Gefühle einzelner Betroffener – nicht zu einer Einschränkung Dritter bei der Wahrnehmung ihrer demokratischen Rechte.

Dementsprechend kann die Beteiligung der NPD an Protestkundgebungen im Bereich der Asyl- und Flüchtlingspolitik für sich genommen nicht als Beitrag zur Schaffung einer Atmosphäre der Angst angesehen werden. Unbeachtlich sind im vorliegenden Zusammenhang daher sowohl der Vortrag des Bundesrats zur Gesamtzahl der von der NPD veranstalteten Demonstrationen als auch die Hinweise auf einzelne Kundgebungen, da insoweit eine der NPD zurechenbare Überschreitung der Grenzen des politischen Meinungskampfes nicht dargelegt ist.

Hinsichtlich der vom Bundesrat geschilderten Aktivitäten in Sachsen ist festzustellen, dass die Eskalationen nach den Demonstrationen am 24.07.2015 in Dresden und am 21.08.2015 in Heidenau der NPD nicht zugerechnet werden können. Im Übrigen ist nicht nachgewiesen, dass die NPD bei den vom Bundesrat gesondert aufgeführten Demonstrationen im Raum Sächsische Schweiz, im Landkreis Leipzig oder in Schneeberg in einer Weise agiert hat, die objektiv geeignet ist, ein Klima der Angst oder Bedrohung entstehen zu lassen. Auch das von der NPD in Mecklenburg-Vorpommern zu verantwortende Demonstrationsgeschehen überschreitet – soweit erkennbar – die Grenzen des zulässigen politischen Meinungskampfes jedenfalls nicht in einer Weise, die die Möglichkeit freier und gleichberechtigter Teilnahme am Prozess der politischen Willensbildung einzuschränken geeignet ist. Das bloße Zeigen von Transparenten mit fremdenfeindlichen Aufschriften und Sprechchöre mit entsprechendem Inhalt genügen insoweit nicht. Die Kundgebungstouren der ehemaligen Landtagsfraktion der NPD in den Jahren 2014 und 2015 rechtfertigen keine andere Bewertung.

Hinsichtlich des Rücktritts des Ortsbürgermeisters von Tröglitz erscheint ein Überschreiten der Grenzen des zulässigen politischen Meinungskampfes durch die NPD ebenfalls zweifelhaft. Zwar hat die NPD als Reaktion auf eine geplante Unterbringung von 40 Flüchtlingen in einem Wohnhaus insgesamt zehn sogenannte „Lichterspaziergänge“ durchgeführt. Die Route eines Spaziergangs sollte gezielt am Haus des Ortsbürgermeisters vorbeiführen, um diesen zu einer Stellungnahme zu den Protesten zu veranlassen. Nach Billigung dieser Route durch die Versammlungsbehörde trat der Bürgermeister mit der Begründung zurück, er sehe den Demonstrationszug als Bedrohung für seine von behördlicher Seite nicht ausreichend geschützte Familie. Die NPD hat den Rücktritt des Bürgermeisters als Erfolg begrüßt. Der Bundesvorsitzende Franz äußerte in Bezug auf die Medienschlagzeile „NPD jagt CDU-Bürgermeister aus dem Amt – weil er sich für Flüchtlinge engagierte“ auf seiner Facebook-Seite: „Die Presse verdreht zwar die Tatsachen total, aber solche Titel könnte es öfter geben“.

Auch wenn der Ortsbürgermeister von Tröglitz den geplanten Vorbeizug der von dem NPD-Kreistagsmitglied T. angemeldeten Demonstration an seinem Haus subjektiv als Bedrohung für sich und seine Familie empfunden haben mag, kann die bloße Durchführung eines angemeldeten Aufzuges auf einer gebilligten Route aber für sich noch keinen Eingriff in den Prozess freier und gleichberechtigter Teilhabe an der politischen Willensbildung darstellen.

Auch die Proteste gegen die Nutzung des Spreehotels in Bautzen überschreiten die Grenzen des zulässigen politischen Meinungskampfes noch nicht. Soweit Jürgen Gansel in einem am 29.03.2014 auf der Homepage des Sächsischen Landesverbands eingestellten Brief „die Ausschöpfung aller friedlich-legalen Protestformen von der Flugblattverteilung bis zur Mahnwache und Demonstration“ ankündigt, ist dies im demokratischen Meinungsbildungsprozess ebenso hinzunehmen wie der Besuch des umgewidmeten Hotels durch eine Abgeordnetendelegation der NPD im Juli 2014 und die Durchführung mehrerer Mahnwachen. Zur Begründung einer Atmosphäre der Angst sind diese Aktivitäten nicht geeignet.

Dies gilt auch für den Protest und den Aufruf zu einer Demonstration gegen die Moschee in Leipzig-Gohlis unter dem Motto „Maria statt Scharia! Islamisierung und Überfremdung stoppen“ am 17.08.2013. Die NPD dokumentiert dadurch zwar ihre Islamfeindlichkeit. Dies rechtfertigt aber trotz des Umstandes, dass die Demonstration unmittelbar vor der Moschee stattfand, die Annahme nicht, dass hierdurch in Überschreitung der Grenzen des zulässigen politischen Meinungskampfes eine Atmosphäre der Angst geschaffen wurde. Gleiches gilt für die auf dem Baugrundstück der geplanten Moschee im August 2014 von Mitgliedern der NPD und der JN durchgeführte, nicht angemeldete öffentliche Versammlung.

Weitere Aktivitäten der NPD dürften aufgrund ihres diffamierenden Charakters die Grenzen zulässiger politischer Meinungsbildung überschreiten. Gleichwohl kann für einzelne Fälle nicht davon ausgegangen werden, dass diese objektiv geeignet sind, eine generelle Atmosphäre der Angst herbeizuführen, die der Wahrnehmung demokratischer Rechte entgegensteht.

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Dies gilt insbesondere für einzelne Wahlkampfaktivitäten der NPD. Sowohl die Verwendung des Wahlplakats „Geld für die Oma statt für Sinti & Roma“ als auch des Wahlplakats „Gas geben“ und dessen Platzierung unter anderem vor dem Jüdischen Museum in Berlin belegen zwar eine eklatante Missachtung ethnischer Minderheiten durch die NPD. Auch ist es nachvollziehbar, dass – wie der Bundesrat dargelegt hat – die aggressive Rhetorik der NPD bei den Betroffenen subjektive Bedrohungsgefühle auslösen kann. Es erscheint jedoch bereits zweifelhaft, ob die Häufigkeit und Dichte der von der NPD verbreiteten minderheitenfeindlichen Parolen ausreichen, um objektiv von der Herbeiführung einer Atmosphäre der Angst ausgehen zu können. Eine Beeinträchtigung der Möglichkeit gleichberechtigter Teilhabe am Prozess der politischen Willensbildung resultiert daraus jedenfalls nicht. Ebenso wenig ist belegt, dass die in den Bundestagswahlkämpfen 2009 und 2013 vom Landesverband Berlin versandten Rundschreiben, in denen Kandidaten mit Migrationshintergrund zur Ausreise aufgefordert wurden, die Möglichkeit der Wahrnehmung demokratischer Teilhaberechte eingeschränkt haben. Gleiches gilt für die an den thüringischen Kommunalpolitiker S. gerichteten Aufforderungen.

Die durch Landtagsabgeordnete und Kommunalvertreter der NPD durchgeführten Besuche in Flüchtlingsheimen und Asylunterkünften sind Teil der fremdenfeindlichen Agitation der NPD. So nutzte der Münchener Stadtrat Karl Richter den Besuch in einer Asylunterkunft am 4.03.2014, um gemeinsame Fotos mit Flüchtlingen zu machen, zugleich aber in einem Kommentar auf Facebook vom 13.03.2014 von „vergleichsweise stark pigmentierten Heimbewohnern“ zu sprechen. Soweit die NPD in diesem Zusammenhang behauptet, die Fotos legten die Vermutung nahe, die Bewohner hätten den Besuch als angenehm empfunden, steht dem der Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 27.10.2014260 wegen Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz in drei tateinheitlichen Fällen – auf Strafanzeige und Strafantrag der abgebildeten Asylbewerber – entgegen.

In vergleichbarer Weise suchten Mitglieder der ehemaligen Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern im Dezember 2014 das Gelände eines zu einer Asylunterkunft umfunktionierten Ferienlagers in Plöwen (Landkreis Vorpommern-Greifswald) auf. In einem hierbei angefertigten, im Internet abrufbaren Video unter der Überschrift „Offenes Tor für NPD-Besuch im Asylanten-Ferienlager Plöwen“ schildert Michael Andrejewski eine privilegierte Unterbringung der Flüchtlinge und entwirft Bedrohungsszenarien für die einheimische Bevölkerung. Diese müsse damit rechnen, dass angesichts des Ansturms von Migranten zukünftig Privatwohnungen direkt beschlagnahmt werden könnten.

Gleichwohl ist nicht ersichtlich, dass hierdurch eine Atmosphäre der Angst geschaffen wird, die die Möglichkeit gleichberechtigter Teilhabe am Prozess der politischen Willensbildung einschränkt. Die Besuche der Flüchtlingsunterkünfte können sich noch als zulässige Wahrnehmung parlamentarischer Kontrollrechte darstellen. Die damit verbundene ausländerfeindliche Agitation enthält zumindest kein ausreichendes Bedrohungspotential, um von einer dauerhaften Einschränkung demokratischer Mitwirkungsmöglichkeiten ausgehen zu können. Es ist nachvollziehbar, dass diese Maßnahmen bei den Betroffenen Unbehagen erzeugen oder auch Gefühle der Angst, aber sie sind nicht geeignet, eine generelle Atmosphäre der Angst zu schaffen.

Ebenso wenig ergibt sich dies aus der Behauptung des Bundesrats, in Löcknitz habe eine Gruppe um einen Gemeindevertreter der NPD eine Versammlung der Regionalen Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie gestört und beleidigende Parolen wie „alles Parasiten“ und „polnischer Pöbel“ gerufen. Polizeikräfte verwiesen die Personen des Gebäudes und stellten ihre Identität fest. Eine Bedrohungssituation in Bezug auf die Ausübung demokratischer Beteiligungsrechte ist damit nicht dargetan.

Auch die Behauptungen des Bundesrats zum Versuch der Einschüchterung von Einzelpersonen durch die NPD überzeugen in einzelnen dargestellten Fällen nicht.

Zwar führte der Kreisverband Berlin-Pankow der NPD am 21.01.2015 unter dem Motto „Den Feind erkennen – den Feind benennen“ eine gegen den Pankower Bezirksbürgermeister K. gerichtete Kundgebung mit – nach Darstellung des Bundesrats – circa zehn Teilnehmern durch, von denen zwei versuchten, in dessen gleichzeitig stattfindende Bürgersprechstunde zu gelangen. Das damit verbundene Bedrohungspotential erscheint indes gering. Von einer ernsthaften Gefährdung des betroffenen Bezirksbürgermeisters und einer relevanten Beeinträchtigung der Wahrnehmung seines Amts oder seines Anspruchs auf Teilhabe an der politischen Willensbildung kann nicht ausgegangen werden.

Gleiches gilt hinsichtlich der vom Bundesrat geschilderten Vorfälle aus den Jahren 2007 bis 2009 in Schöneiche bei Berlin. Soweit der Bundesrat darlegt, dass Funktionäre der NPD jüdische Feste gestört hätten, ergibt sich allein daraus kein Hinweis auf eine Bedrohungssituation für die Anwesenden. Auch die Behauptung, beim Heimatfest 2009 hätten zwei Männer aus einer Gruppe um den Ortsverbandsvorsitzenden der NPD aggressiv auf den Bürgermeister eingeredet, rechtfertigt den Rückschluss auf eine Beeinträchtigung seines Anspruchs auf freie und gleichberechtigte Teilhabe am Prozess der politischen Willensbildung nicht. Soweit der Bundesrat darauf verweist, dass es am 27.10.2008 zu einer Bedrohung des Bürgermeisters durch drei vermummte Personen auf dessen privatem Grundstück gekommen sei, kann dieser Vorfall der NPD nicht zugerechnet werden, da keine Täter ermittelt werden konnten. Daran ändern auch befürwortende Kommentare auf der Internetseite Altermedia nichts, da auch diese nicht unmittelbar der NPD zugerechnet werden können.

Das von dem Bundesrat in Bezug genommene Interview, das eine in Deutschland geborene Moderatorin mit dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der NPD Ronny Zasowk im ZDF geführt hat, belegt zwar, dass die NPD das Bleiberecht eingebürgerter Deutscher mit Migrationshintergrund bestreitet. Dass damit aber eine die Freiheit der politischen Willensbildung beeinträchtigende Bedrohungssituation herbeigeführt wurde, ist nicht feststellbar.

Schließlich sind die Aktivitäten der NPD zur Gründung von Bürgerwehren und der Durchführung von Patrouillengängen nicht geeignet, die Herbeiführung einer Atmosphäre der Angst objektiv zu begründen, da eine Überschreitung rechtlicher Grenzen und der unzulässige Eingriff in die Rechte Dritter bisher – soweit erkennbar – nicht stattgefunden haben. Dies gilt auch für die zwei von der NPD gesondert geschilderten Patrouillengänge der Bürgerwehr Güstrow am 4. und 8.04.2015. Dass es dabei zu Rechtsverstößen oder einem in sonstiger Weise objektiv bedrohlichen Vorgehen kam, behauptet der Bundesrat nicht. Daher kann auch die Beteiligung des anderweitig vorbestraften Stadtvertreters der NPD M. an der Gründung und den Aktivitäten der Bürgerwehr nichts daran ändern, dass die Durchführung der beiden Patrouillengänge für die Annahme der Herbeiführung einer demokratische Beteiligungsrechte einschränkenden Atmosphäre der Angst nicht ausreicht.

Soweit darüber hinaus einzelne Sachverhalte verbleiben, bei denen ein die Freiheit der politischen Willensbildung beeinträchtigendes Bedrohungspotential vorhanden ist oder zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, genügen diese nicht, um bei der NPD eine Grundtendenz zur Verfolgung ihrer politischen Ziele durch die Herstellung einer Atmosphäre der Angst feststellen zu können.

Den von den Mitgliedern der NPD begangenen Gewalttaten wohnt hinsichtlich des jeweiligen Einzelfalls ein beträchtliches Einschüchterungs- und Bedrohungspotential inne. Dies gilt auch für die vom Bundesrat im vorliegenden Zusammenhang gesondert aufgeführte Körperverletzung und Beleidigung einer aus Kenia stammenden Frau durch den Vorsitzenden des Kreisverbands Zwickau-Westsachsen G., der wegen dieser Tat zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt wurde261. Wie aber bereits dargestellt, handelt es sich insoweit um meist zufällig zustande gekommene Einzeltaten, die in der Gesamtschau noch nicht als Ausdruck einer der NPD zurechenbaren Grundtendenz zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele mit Gewalt oder der Drohung mit Gewalt und einer damit verbundenen Schaffung einer Atmosphäre der Angst angesehen werden können. Dies gilt auch, soweit bei einer Durchsuchung der Wohnräume des K. Fotos prominenter Politiker und Personen jüdischen Glaubens aufgefunden wurden, die als Zielscheibe gefertigt waren und Einschusslöcher von Luftdruckwaffen aufwiesen.

Auch wenn eine Beteiligung des Stadtvertreters M. oder sonstiger Mitglieder der NPD an den die Leiterin einer multikulturellen Begegnungsstätte in Güstrow betreffenden Straftaten nicht feststellbar ist, kann doch zumindest von der Mitwirkung am Aufbau einer gegen diese gerichteten Drohkulisse ausgegangen werden. Dies ergibt sich sowohl aus dem Umstand, dass auf der M. zurechenbaren Facebook-Seite der Initiative „Güstrow wehrt sich gegen Asylmissbrauch“ in aggressiver und beleidigender Form über die Leiterin der Begegnungsstätte berichtet wird, als auch aus der durch den Bundesrat dargestellten Beobachtung eines Treffens mit einem Zeitungsreporter im April 2015 durch eine Gruppe um M. Dieses Verhalten ist – auch wenn es im Ergebnis nicht zum Erfolg geführt hat – erkennbar darauf gerichtet, Druck auf die Leiterin der Begegnungsstätte auszuüben, um diese zu veranlassen, ihr Engagement gegen Rechtsextremismus zu beenden.

Ebenso auf die Herstellung einer Drohkulisse ausgerichtet war – ungeachtet der strafrechtlichen Beurteilung – die Versammlung von zwölf Aktivisten der NPD unter Führung von David Petereit vor dem Wohnhaus des Bürgermeisters von Lalendorf und die Verteilung von Flugblättern mit dem Text, das Handeln des Bürgermeisters sei mit einem „Stalinorden für Demokratieerhalt“ durch das „Ministerium für Gemeindesicherheit Lalendorf“ zu belohnen, nachdem dieser sich geweigert hatte, einer rechtsextremistischen Familie die Patenurkunde des Bundespräsidenten zur Geburt des siebten Kindes zu überreichen. Diese Aktion kann entgegen der Auffassung der NPD schon deshalb nicht mehr als „politischer Schlagabtausch innerhalb der Auseinandersetzung zwischen politischen Gegnern“ gewertet werden, weil einige der Anwesenden das Grundstück des Bürgermeisters unerlaubt betreten haben.

Schließlich hat der Bundesrat zwar behauptet, dass der Ordnungsdienst der NPD in einschüchternder Weise gegen politische Gegner auftrete. Die sachkundige Dritte Röpke hat dies bekräftigt. Dabei kann allerdings der NPD nicht bereits die Tatsache zur Last gelegt werden, dass sie zur Gewährleistung der störungsfreien Durchführung von Kundgebungen überhaupt über einen Ordnungsdienst verfügt. Hinsichtlich des angeblich einschüchternden Auftretens des Ordnungsdienstes werden lediglich wenige Einzelbeispiele im Umfeld einzelner Veranstaltungen der NPD benannt, die von dieser bestritten werden.

Letztlich kann der Ablauf dieser Einzelbeispiele dahinstehen, da die beschriebenen Sachverhalte insgesamt nicht ausreichen, um festzustellen, dass die NPD ihre verfassungsfeindlichen Absichten planvoll durch den Aufbau von Drohkulissen und die Schaffung einer Atmosphäre der Angst durchzusetzen versucht. Ebenso wie die begangenen Straftaten stellt sich das Vorgehen einzelner Mitglieder der NPD gegen die Leiterin der multikulturellen Begegnungsstätte in Güstrow und gegen den Bürgermeister von Lalendorf als Einzelfallgeschehen dar, das nicht zu Lasten der NPD verallgemeinert werden kann. Dies gilt auch für die Hinweise zum Vorgehen des Ordnungsdienstes der NPD. Die Anordnung eines Parteiverbots rechtfertigen die beschriebenen Sachverhalte noch nicht. Ihre Anzahl und Qualität genügen nicht, um davon ausgehen zu können, dass eine Grundtendenz der NPD besteht, ihre verfassungsfeindlichen Absichten durch die Schaffung einer Atmosphäre der Angst durchzusetzen.

Das Bundesverfassungsgericht verkennt nicht, dass die von einem einschüchternden, gezielt provokativen oder die Grenzen der Strafbarkeit überschreitenden Verhalten der Mitglieder oder Anhänger der NPD Betroffenen sich in ihrer verfassungsrechtlich gewährleisteten Meinungsäußerungs- und Handlungsfreiheit schwer und nachhaltig beeinträchtigt sehen können. Ausmaß, Intensität und Dichte derartiger Vorfälle überschreiten nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung die aus den dargelegten Gründen hohe Schwelle eines Parteiverbots nach Art. 21 Abs. 2 GG jedoch nicht, da die NPD zu einer prägenden Einflussnahme auf den politischen Prozess nicht in der Lage ist. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Präsenz der NPD und damit die vom Verhalten ihrer Mitglieder und Anhänger ausgehende einschüchternde Wirkung lokale oder – seltener – einige wenige regionale Schwerpunkte aufweist. Auf Einschüchterung und Bedrohung sowie den Aufbau von Gewaltpotentialen muss mit den Mitteln des präventiven Polizeirechts und des repressiven Strafrechts rechtzeitig und umfassend reagiert werden, um die Freiheit des politischen Prozesses ebenso wie einzelne vom Verhalten der NPD Betroffene wirkungsvoll zu schützen.

Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 17. Januar 2017 – 2 BvB 1/13

  1. vgl. BT-Drs. 18/4301, S. 109; BT-Drs. 18/8475, S. 109[]
  2. BVerfGE 107, 339[][][]
  3. BR-Drs. 770/12[][]
  4. BVerfGE 135, 234[]
  5. BVerfGE 140, 316[]
  6. vgl. BVerfGE 107, 339, 363[]
  7. BVerfGE 107, 339, 364[]
  8. vgl. BVerfGE 107, 339, 364 f.[]
  9. BVerfGE 107, 339, 380 nicht entscheidungstragende Senatsmehrheit[]
  10. vgl. BVerfGE 107, 339, 365 entscheidungstragende Senatsminderheit[]
  11. vgl. BVerfGE 107, 339, 365[]
  12. vgl. BVerfGE 107, 339, 379 Senatsmehrheit unter Verweis auf BVerfGE 44, 353, 383; 57, 250, 292 f.; 101, 106, 126[]
  13. vgl. BVerfGE 107, 339, 369 Senatsminderheit[][]
  14. vgl. BVerfGE 107, 339, 368 Senatsminderheit[]
  15. vgl. BVerfGE 107, 339, 367 Senatsminderheit[]
  16. vgl. BVerfGE 107, 339, 366 Senatsminderheit[]
  17. vgl. BVerfGE 107, 339, 369[][]
  18. vgl. BVerfGE 107, 339, 366; siehe auch BVerfGE 134, 141, 179 f., Rn. 112 ff.[]
  19. vgl. BVerfGE 1, 115, 116; 1, 433, 436; 62, 194, 200[]
  20. vgl. Posser, Der Bundesrat und seine Bedeutung, in: Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl.1994, § 24 Rn. 77[]
  21. vgl. Hanikel, Die Organisation des Bundesrats, 1991, S. 235 f.; Posser, a.a.O., § 24 Rn. 77[]
  22. vgl. BVerfGE 1, 144, 148 f.[]
  23. vgl. BVerfGE 107, 339, 358[]
  24. vgl. BVerfGE 1, 208, 225; 2, 1, 73; 20, 56, 100; 73, 40, 85; 107, 339, 358[]
  25. BVerfGE 1, 208, 227[]
  26. vgl. Verfassungsausschuss der Ministerpräsidenten-Konferenz der westlichen Besatzungszonen, Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vom 10. bis 23.08.1948, S. 68[]
  27. vgl. v. Doemming/Füsslein/Matz, Entstehungsgeschichte der Artikel des Grundgesetzes, JöR n.F., Bd. 1, 1951, S.208 ff.; Meier, Parteiverbote und demokratische Republik, 1993, S. 151 ff.[]
  28. vgl. BVerfGE 107, 339, 362[]
  29. vgl. BVerfGE 25, 44, 56[]
  30. vgl. BVerfGE 5, 85, 138[]
  31. vgl. BVerfGE 20, 56, 100; 107, 339, 361[]
  32. vgl. zum Ganzen BVerfGE 5, 85, 139[]
  33. vgl. Dreier, JZ 1994, S. 741, 751; Thiel, in: ders., Wehrhafte Demokratie, 2003, S.20, 23; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HStR II, 3. Aufl.2004, § 24 Rn. 54[]
  34. vgl. bereits BVerfGE 5, 85, 139: „Art. 21 Abs. 2 GG steht somit nicht mit einem Grundprinzip der Verfassung in Widerspruch; …“[]
  35. vgl. zum Streitstand: Roellecke, in: Depenheuer/Grabenwarter, Verfassungstheorie, 2010, § 13 Rn. 48 ff.; v. Campenhausen/Unruh, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl.2010, Art. 146 Rn. 7 ff.; Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 146 Rn. 39 ff., November 2012; Michael, in: Bonner Kommentar, Bd.19, Art. 146 Rn. 637 ff., November 2013; Dreier, Idee und Gestalt des freiheitlichen Verfassungsstaates, 2014, S. 433 ff., 452 f.[]
  36. vgl. BVerfGE 5, 85, 128[]
  37. vgl. Hofmann, Recht – Politik – Verfassung, 1986, S. 258; Groh, ZRP 2000, S. 500; Kugelmann, EuGRZ 2003, S. 533, 542; Volkmann, DÖV 2007, S. 577, 584[]
  38. bejahend wohl: Bryde, Verfassungsentwicklung – Stabilität und Dynamik im Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 454 f.; Dreier, in: ders., GG, Bd. 2, 3. Aufl.2015, Art. 79 Abs. 1 Rn. 42[]
  39. BVerfGE 2, 1[]
  40. BVerfGE 5, 85[]
  41. BVerfGE 91, 262[]
  42. BVerfGE 91, 276[]
  43. vgl. BVerfGE 5, 85, 142; 9, 162, 165; 107, 339, 386; zu Art. 9 Abs. 2 GG: BVerfGE 80, 244, 253; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 515, Januar 2012[]
  44. vgl. BVerfGE 5, 85, 135[]
  45. vgl. BVerfGE 124, 300, 320[]
  46. vgl. BVerfGE 107, 339, 361[]
  47. vgl. Meier, a.a.O., S. 263[]
  48. vgl. Klein, a.a.O., Art. 21 Rn. 513, Januar 2012[]
  49. vgl. BVerfGE 40, 287, 291; 47, 198, 228; 107, 339, 362[]
  50. vgl. BVerfGE 12, 296, 305 ff.; 39, 334, 357; 47, 198, 228; 107, 339, 362[]
  51. vgl. BVerfGE 12, 296, 306; 47, 198, 228; 107, 339, 362[]
  52. vgl. auch BVerfGE 5, 85, 391[]
  53. vgl. BVerfGE 2, 1, 14[]
  54. vgl. BVerfGE 2, 1, 12[]
  55. vgl. BVerfGE 2, 1, 12 f.[]
  56. vgl. BVerfGE 5, 85, 112[]
  57. BVerfGE 2, 1, 13[]
  58. vgl. BVerfGE 5, 85, 199[]
  59. vgl. BVerfGE 5, 85, 230, 236[]
  60. vgl. BVerfGE 5, 85, 199 f.[]
  61. vgl. BVerfGE 5, 85, 204; vgl. auch BVerfGE 6, 32, 41[]
  62. BVerfGE 44, 125, 145[]
  63. vgl. BVerfGE 7, 198, 208[]
  64. vgl. BVerfGE 44, 125, 139; siehe auch BVerfGE 20, 56, 97; 107, 339, 360[]
  65. zusammenfassend BVerfGE 77, 65, 74 m.w.N.[]
  66. vgl. BVerfGE 27, 195, 201[]
  67. vgl. BVerfGE 137, 273, 303 Rn. 83[]
  68. vgl. BVerfGE 12, 45, 53; 27, 1, 6; 35, 202, 225; 45, 187, 229; 49, 286, 298; 87, 209, 228[]
  69. vgl. Ridder, Aktuelle Rechtsfragen des KPD-Verbots, 1966, S. 28; Ruland, Der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 1971, S. 16; Stollberg, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen des Parteiverbots, 1976, S. 33; Lameyer, Streitbare Demokratie, 1978, S. 37; Gusy, AöR 105, 1980, S. 279, 285 ff.; Meier, a.a.O., S. 291 ff.; Schaefer, Grundlegung einer ordoliberalen Verfassungstheorie, 2007, S. 572; Kalla/Zillmann, BRJ 2012, S. 176; Schnelle, Freiheitsmissbrauch und Grundrechtsverwirkung, 2014, S. 61; differenziert Morlok, NJW 2001, S. 2931, 2940; ders., Jura 2013, S. 317, 321; ders., in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl.2015, Art. 21 Rn. 148; zustimmend hingegen Peters, Geschichtliche Entwicklung und Grundfragen der Verfassung, 1969, S.204; Thiel, in: ders., Wehrhafte Demokratie, 2003, S. 173, 198 f.; Voscherau, Parteiverbote in der Bundesrepublik Deutschland und im Königreich Spanien, 2009, S. 93; Dürig/Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 18 Rn. 62, April 2010[]
  70. vgl. Denninger, in: Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, 2. Aufl.1994, § 16 Rn. 35 f.; Zacharias, in: Thiel, Wehrhafte Demokratie, 2003, S. 57 ff.[]
  71. vgl. Murswiek, Die verfassunggebende Gewalt nach dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 1978, S. 180; Meier, a.a.O., S. 317; Papier/Durner, AöR 128, 2003, S. 340, 357[]
  72. vgl. BVerfGE 5, 85, 204; 12, 45, 53; 27, 1, 6; 35, 202, 225; 45, 187, 227; 87, 209, 228; 96, 375, 399[]
  73. vgl. BVerfGE 45, 187, 227[]
  74. vgl. Dreier, in: ders., GG, Bd. 1, 3. Aufl.2013, Art. 1 Abs. 1 Rn. 60 ff.; Höfling, in: Sachs, GG, 7. Aufl.2014, Art. 1 Rn.19[]
  75. vgl. BVerfGE 45, 187, 227; 49, 286, 298[]
  76. vgl. BVerfGE 122, 248, 271[]
  77. vgl. BVerfGE 109, 279, 312; kritisch Dreier, a.a.O., Art. 1 Abs. 1 Rn. 55; Höfling, a.a.O., Art. 1 Rn. 15, jeweils m.w.N.[]
  78. so im Ergebnis auch Dreier, a.a.O., Art. 1 Abs. 1 Rn. 60 ff.[]
  79. BVerfGE 115, 118, 153[]
  80. vgl. Isensee, in: Merten/Papier, HGRe, Bd. IV, 2011, § 87 Rn. 168[]
  81. vgl. Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 120, Mai 2009[]
  82. vgl. Höfling, a.a.O., Art. 1 Rn. 35[]
  83. vgl. hierzu BVerfGE 107, 275, 284[]
  84. vgl. BVerfGE 44, 125, 142[]
  85. vgl. BVerfGE 123, 267, 341; 129, 124, 169; 135, 317, 386 Rn. 125; BVerfG, Urteil vom 21.06.2016 – 2 BvR 2728/13 u.a. – 124; Häberle, in: Isensee/Kirchhof, HStR II, 3. Aufl.2004, § 22 Rn. 61 ff.; Unger, Das Verfassungsprinzip der Demokratie, 2008, S. 252 ff.[]
  86. vgl. BVerfGE 44, 125, 140; 69, 315, 346; 107, 339, 361[]
  87. vgl. BVerfGE 38, 258, 271; 47, 253, 272; 77, 1, 40; 83, 60, 71; 93, 37, 66; 107, 59, 87[]
  88. vgl. BVerfGE 83, 60, 71 f.; 89, 155, 182; 93, 37, 66[]
  89. vgl. BVerfGE 47, 253, 275; 52, 95, 130; 77, 1, 40; 93, 37, 66; 107, 59, 87[]
  90. vgl. BVerfGE 83, 60, 72[]
  91. vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl.2015, Art.20, Rechtsstaat Rn. 38[]
  92. vgl. Sachs, in: ders., GG, 7. Aufl.2014, Art.20 Rn. 77; Schulze-Fielitz, a.a.O., Art.20, Rechtsstaat Rn. 40[]
  93. vgl. Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR II, 3. Aufl.2004, § 26 Rn. 11, 71; Isensee, in: ders./Kirchhof, a.a.O., § 15 Rn. 86 ff.; E. Klein, in: Depenheuer/Grabenwarter, Verfassungstheorie, 2010, § 19 Rn. 14[]
  94. BVerfGE 2, 1, 21; 5, 85, insbes. 210 ff., 307 f.; vgl. auch Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 461[]
  95. vgl. Sichert, DÖV 2001, S. 671, 675; Gelberg, Das Parteiverbotsverfahren nach Art. 21 Abs. 2 GG am Beispiel des NPD-Verbotsverfahrens, 2009, S.202; Klein, a.a.O., Art. 21 Rn. 531, Januar 2012; Ipsen, in: Sachs, GG, 7. Aufl.2014, Art. 21 Rn. 164; Morlok, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl.2015, Art. 21 Rn. 153[]
  96. vgl. v. Doemming/Füsslein/Matz, a.a.O., S.209; Meier, a.a.O., S. 154[]
  97. vgl. v. Doemming/Füsslein/Matz, a.a.O., S.209; Meier, a.a.O., S. 155; Feldkamp, Der Parlamentarische Rat 1948-1949, Bd. 14, Teilbd. 1, Hauptausschuss, 2009, S. 120[]
  98. vgl. Meier, a.a.O., S. 157[]
  99. vgl. Meier, a.a.O., S. 158[]
  100. vgl. v Doemming/Füsslein/Matz, a.a.O., S. 210[]
  101. vgl. v. Doemming/Füsslein/Matz, a.a.O., S. 210; Meier, a.a.O., S. 161; Feldkamp, a.a.O., Bd. 14, Teilbd. 2, Hauptausschuss, 2009, S. 1793 f.[]
  102. vgl. BVerfGE 1, 299, 312; 10, 234, 244; 35, 263, 278; 105, 135, 157; 133, 168, 205 Rn. 66[]
  103. vgl. BVerfGE 1, 299, 312; 11, 126, 130 f.; 59, 128, 153; 119, 96, 179; 122, 248, 283 f., 286 ff.[]
  104. vgl. BVerfGE 11, 126, 130; 62, 1, 45[]
  105. vgl. BVerfGE 11, 126, 130; 133, 168, 205 Rn. 66[]
  106. vgl. BVerfGE 105, 135, 157; 133, 168, 205 Rn. 66[]
  107. vgl. Stollberg, a.a.O., S. 51; Sichert, DÖV 2001, S. 671, 675; Streinz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl.2010, Art. 21 Rn. 228; Georg, Politik durch Recht – Recht durch Politik: Das Parteiverbot als Instrument der streitbaren Demokratie in seiner praktischen Bewährung, 2013, S. 91; Ipsen, a.a.O., Art. 21 Rn. 163[]
  108. vgl. Streinz, a.a.O., Art. 21 Rn. 228; Klein, a.a.O., Art. 21 Rn. 531, Januar 2012; Georg, a.a.O., S. 91; Ipsen, a.a.O., Art. 21 Rn. 163[]
  109. vgl. BVerfGE 5, 85, 143 ff.; a.A. Meier, a.a.O., S. 275 ff.[]
  110. vgl. BVerfGE 5, 85, 144[]
  111. vgl. BVerfGE 2, 1, 20; 5, 85, 144; zustimmend Seifert, DÖV 1961, S. 81, 83; Henke, in: Bonner Kommentar, Bd. 6, Art. 21 Rn. 357, November 1991; Streinz, a.a.O., Art. 21 Rn. 234; Klein, a.a.O., Art. 21 Rn. 536, Januar 2012; Kunig, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl.2012, Art. 21 Rn. 76; Ipsen, a.a.O., Art. 21 Rn. 156; Shirvani, JZ 2014, S. 1074, 1075[]
  112. kritisch Meier, a.a.O., S. 104 ff., 275 ff.[]
  113. vgl. BVerfGE 2, 1, 22[]
  114. vgl. BVerfGE 2, 1, 22; siehe auch BVerfGE 47, 130, 139[]
  115. vgl. Streinz, a.a.O., Art. 21 Rn. 237; Morlok, a.a.O., Art. 21 Rn. 152, Fn. 535[]
  116. vgl. Streinz, a.a.O., Art. 21 Rn. 237; Kunig, a.a.O., Art. 21 Rn. 77 f.; Morlok, a.a.O., Art. 21 Rn. 152, Fn. 531[]
  117. vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 46 Rn. 45, Mai 2008; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl.2015, Art. 46 Rn. 18[]
  118. vgl. BVerfGE 104, 310, 332[]
  119. vgl. BVerfGE 134, 141, 183 f. Rn. 124[]
  120. vgl. insoweit zu Art. 10 GG: BVerfGE 30, 1, 19[]
  121. vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 488, Januar 2012[]
  122. vgl. Klein, a.a.O., Art. 21 Rn. 526, Januar 2012[]
  123. vgl. BVerfGE 5, 85, 141[]
  124. vgl. BVerfGE 5, 85, 142[][]
  125. vgl. BVerfGE 5, 85, 143[][][]
  126. vgl. Meier, a.a.O., S. 271 ff.; Morlok, a.a.O., Art. 21 Rn. 150[]
  127. vgl. Maurer, AöR 96, 1971, S.203, 216[]
  128. vgl. Alter, AöR 140, 2015, S. 571, 577 f.[]
  129. vgl. Klein, a.a.O., Art. 21 Rn. 533 f., Januar 2012[]
  130. vgl. Ipsen, a.a.O., Art. 21 Rn. 171[]
  131. vgl. Michael, in: Festschrift für Dimitris Th. Tsatsos, 2003, S. 383, 402[]
  132. vgl. BVerfGE 5, 85, 142; 9, 162, 165; 107, 339, 386; Klein, a.a.O., Art. 21 Rn. 515, Januar 2012[]
  133. vgl. BVerfGE 2, 1, 40 ff.; BVerwGE 134, 275, 292 f.; BVerwG, Urteil vom 30.08.1995 – 1 A 14.92 – NVwZ 1997, S. 66, 67; Urteil vom 19.12 2012 – 6 A 6.11 –, NVwZ 2013, S. 870, 871; Beschluss vom 21.05.2014 – 6 B 24.14 –20[]
  134. vgl. BVerwGE 134, 275, 292 f.; BVerwG, Urteil vom 19.12 2012 – 6 A 6.11 –, NVwZ 2013, S. 870, 871[]
  135. vgl. BVerwGE 134, 275, 304 ff.; BVerwG, Urteil vom 19.12 2012 – 6 A 6.11 –, NVwZ 2013, S. 870, 874[]
  136. vgl. BVerfGE 2, 1, 13 f.; siehe auch BVerfGE 12, 296, 304; 13, 174, 177; 17, 155, 166; Klein, a.a.O., Art. 21 Rn. 511, Dezember 2014; Morlok, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl.2015, Art. 21 Rn. 143[]
  137. vgl. BVerfGE 124, 300, 327 f.[]
  138. vgl. BVerfGE 124, 300, 328[]
  139. vgl. BVerfGE 124, 300, 330; siehe hierzu: Lepsius, Jura 2010, S. 527, 533; Degenhart, JZ 2010, S. 306, 310; Höfling/Augsberg, JZ 2010, S. 1088, 1095; Masing, JZ 2012, S. 585, 589 f.[]
  140. vgl. Schaefer, DÖV 2010, S. 379, 386; Handschell, BayVBl 2011, S. 745, 749[]
  141. vgl. Höfling/Augsberg, JZ 2010, S. 1088, 1094[]
  142. vgl. dazu für den Bereich der Kompetenzabgrenzung: BVerfGE 79, 311, 341; 81, 310, 338; 84, 25, 31; siehe auch: Sachs, in: ders., GG, 7. Aufl.2014, Art.20 Rn. 147; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl.2015, Art.20, Rechtsstaat Rn. 188[]
  143. vgl. BVerfGE 20, 56, 100 f.; 121, 30, 53[]
  144. vgl. Sachs, a.a.O., Art.20 Rn. 148[]
  145. vgl. auch Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 470 f.; Schmidt, Die Freiheit verfassungswidriger Parteien und Vereinigungen, 1983, S. 163 ff.; Koch, DVBl 2002, S. 1388, 1389 f.; Klein, a.a.O., Art. 21 Rn. 513 f., Januar 2012, 558, Dezember 2014; Kunig, a.a.O., Art. 21 Rn. 72[]
  146. vgl. Klein, a.a.O., Art. 21 Rn. 558, Dezember 2014; a.A. Shirvani, JZ 2014, S. 1074, 1080 ff.[]
  147. vgl. Parlamentarischer Rat, Organisationsausschuss, Wortprotokolle 6. bis 9. Sitzung, Teil 1, Bd. 9b, 6. Sitzung, S. 32[]
  148. vgl. Parlamentarischer Rat, a.a.O., S. 31, 39[]
  149. vgl. Parlamentarischer Rat, a.a.O., S. 37[]
  150. so Schliesky, in: Isensee/Kirchhof, HStR XII, 3. Aufl.2014, § 277 Rn. 38[]
  151. vgl. BVerfGE 113, 63, 80[]
  152. Groh, ZRP 2000, S. 500, 505; Emek/Meier, RuP 2013, S. 74, 77 ff.[]
  153. Michael, a.a.O., S. 383, 403 ff.[]
  154. vgl. Pforr, ThürVBl 2002, S. 149, 153; Kumpf, DVBl 2012, S. 1344, 1346 f.; Shirvani, JZ 2014, S. 1074, 1082[]
  155. vgl. BVerfGE 128, 326, 366 ff.[]
  156. vgl. EGMR, GK, United Communist Party of Turkey and Others v. Turkey, Urteil vom 30.01.1998, Nr. 133/1996/752/951, §§ 24 ff.; EGMR, GK, Socialist Party and Others v. Turkey, Urteil vom 25.05.1998, Nr.20/1997/804/1007, § 29; EGMR, Yazar and Others v. Turkey, Urteil vom 09.04.2002, Nr. 22723/93 u.a., §§ 30 ff.; EGMR, Parti de la Democratie, DEP c. Turquie, Urteil vom 10.12 2002, Nr. 25141/94, §§ 28 ff.[]
  157. vgl. EGMR, GK, United Communist Party of Turkey and Others v. Turkey, Urteil vom 30.01.1998, Nr. 133/1996/752/951, § 60; EGMR, GK, Socialist Party and Others v. Turkey, Urteil vom 25.05.1998, Nr.20/1997/804/1007, §§ 29 und 53; EGMR, GK, Freedom and Democracy Party, ÖZDEP v. Turkey, Urteil vom 08.12 1999, Nr. 23885/94, § 47[]
  158. vgl. EGMR, GK, Refah Partisi and Others v. Turkey, Urteil vom 13.02.2003, Nr. 41340/98 u.a., § 103; EGMR, Herri Batasuna and Batasuna v. Spain, Urteil vom 30.06.2009, Nr. 25803/04 u.a., § 82[]
  159. vgl. EGMR, GK, United Communist Party of Turkey and Others v. Turkey, Urteil vom 30.01.1998, Nr. 133/1996/752/951, §§ 40 f.; EGMR, GK, Refah Partisi and Others v. Turkey, Urteil vom 13.02.2003, Nr. 41340/98 u.a., § 67; EGMR, Herri Batasuna and Batasuna v. Spain, Urteil vom 30.06.2009, Nr. 25803/04 u.a., § 64; EGMR, HADEP and Demir v. Turkey, Urteil vom 14.12 2010, Nr. 28003/03, § 44; EGMR, Eusko Abertzale Ekintza – Acción Nacionalista Vasca, EAE-ANV c. Espagne, Urteil vom 15.01.2013, Nr. 40959/09, § 54[]
  160. vgl. EGMR, GK, Socialist Party and Others v. Turkey, Urteil vom 25.05.1998, Nr.20/1997/804/1007, § 49; EGMR, GK, Refah Partisi and Others v. Turkey, Urteil vom 13.02.2003, Nr. 41340/98 u.a., § 104[]
  161. vgl. Theuerkauf, Parteiverbote und die Europäische Menschenrechtskonvention, 2006, S. 260 ff. m.w.N.[]
  162. vgl. EGMR, Yazar and Others v. Turkey, Urteil vom 09.04.2002, Nr. 22723/93 u.a., § 49; EGMR, GK, Refah Partisi and Others v. Turkey, Urteil vom 13.02.2003, Nr. 41340/98 u.a., § 98; EGMR, Parti de la Democratie, DEP c. Turquie, Urteil vom 10.12 2002, Nr. 25141/94, § 46; EGMR, Parti Socialiste de Turquie, STP et autres c. Turquie, Urteil vom 12.11.2003, Nr. 26482/95, § 38; EGMR, Herri Batasuna and Batasuna v. Spain, Urteil vom 30.06.2009, Nr. 25803/04 u.a., § 79; EGMR, HADEP and Demir v. Turkey, Urteil vom 14.12 2010, Nr. 28003/03, § 61[]
  163. vgl. EGMR, GK, Refah Partisi and Others v. Turkey, Urteil vom 13.02.2003, Nr. 41340/98 u.a., §§ 102 f.; EGMR, Herri Batasuna and Batasuna v. Spain, Urteil vom 30.06.2009, Nr. 25803/04 u.a., §§ 81 f.[]
  164. Pabel, ZaöRV 63, 2003, S. 921, 932[]
  165. vgl. EGMR, GK, Refah Partisi and Others v. Turkey, Urteil vom 13.02.2003, Nr. 41340/98 u.a., §§ 104 f.; EGMR, Herri Batasuna and Batasuna v. Spain, Urteil vom 30.06.2009, Nr. 25803/04 u.a., § 83[]
  166. vgl. EGMR, GK, Refah Partisi and Others v. Turkey, Urteil vom 13.02.2003, Nr. 41340/98 u.a., § 124; EGMR, Partidul Comunistilor and Ungureanu v. Romania, Urteil vom 03.02.2005, Nr. 46626/99, § 58; EGMR, HADEP and Demir v. Turkey, Urteil vom 14.12 2010, Nr. 28003/03, §§ 69 ff.; EGMR, Republican Party of Russia v. Russia, Urteil vom 12.04.2011, Nr. 12976/07, § 127[]
  167. vgl. EGMR, GK, Refah Partisi and Others v. Turkey, Urteil vom 13.02.2003, Nr. 41340/98 u.a., §§ 133 f.; EGMR, Herri Batasuna and Batasuna v. Spain, Urteil vom 30.06.2009, Nr. 25803/04 u.a., § 93; EGMR, Eusko Abertzale Ekintza – Acción Nacionalista Vasca, EAE-ANV c. Espagne, Urteil vom 15.01.2013, Nr. 40959/09, § 81[]
  168. vgl. EGMR, Parti de la Democratie, DEP c. Turquie, Urteil vom 10.12 2002, Nr. 25141/94, §§ 61 ff. u. 64 ff.; EGMR, Parti pour une société démocratique, DTP et autres c. Turquie, Urteil vom 12.01.2016, Nr. 3840/10 u.a., §§ 101 ff.[][]
  169. vgl. EGMR, Parti pour une société démocratique, DTP et autres c. Turquie, Urteil vom 12.01.2016, Nr. 3840/10 u.a., §§ 85 ff., § 98[]
  170. vgl. EGMR, GK, Refah Partisi and Others v. Turkey, Urteil vom 13.02.2003, Nr. 41340/98 u.a., § 102[]
  171. vgl. Emek/Meier, RuP 2013, S. 74, 77; Morlok, Jura 2013, S. 317, 323 f.; Bröhmer, in: Dörr/Grote/Marauhn, EMRK/GG, 2. Aufl.2013, Kap.19 Rn. 103 ff.; wohl auch Grimm, in: Meier, Das Verbot der NPD – ein deutsches Staatstheater in zwei Akten, 2015, S. 367, 368[]
  172. vgl. EGMR, Herri Batasuna and Batasuna v. Spain, Urteil vom 30.06.2009, Nr. 25803/04 u.a., §§ 85 ff.; EGMR, Eusko Abertzale Ekintza – Acción Nacionalista Vasca, EAE-ANV c. Espagne, Urteil vom 15.01.2013, Nr. 40959/09, §§ 67 ff.[]
  173. vgl. EGMR, Yazar and Others v. Turkey, Urteil vom 09.04.2002, Nr. 22723/93 u.a., § 58; EGMR, Parti de la Democratie, DEP c. Turquie, Urteil vom 10.12 2002, Nr. 25141/94, § 55; EGMR, The United Macedonian Organisation Ilinden-Pirin and Others v. Bulgaria, Urteil vom 20.10.2005, Nr. 59489/00, § 61[]
  174. so auch Klein, ZRP 2001, S. 397, 401; Koch, DVBl 2002, S. 1388, 1392 f.; Pabel, ZaöRV 63, 2003, S. 921, 932; Sarx, Das Parteiverbotsverfahren der NPD vor dem Bundesverfassungsgericht im Lichte der Rechtsprechung des EGMR, in: Esser/Harich/Lohse/Sinn, Die Bedeutung der EMRK für die nationale Rechtsordnung, 2004, S. 177, 188 f.; Kumpf, DVBl 2012, S. 1344, 1345 f.; Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention, 6. Aufl.2016, § 23 Rn. 95; siehe auch Theuerkauf, a.a.O., S. 257 ff.; Shirvani, JZ 2014, S. 1074, 1082 f.[]
  175. vgl. EGMR, GK, United Communist Party of Turkey and Others v. Turkey, Urteil vom 30.01.1998, Nr. 133/1996/752/951, § 59; EGMR, GK, Refah Partisi and Others v. Turkey, Urteil vom 13.02.2003, Nr. 41340/98 u.a., § 124; EGMR, Partidul Comunistilor and Ungureanu v. Romania, Urteil vom 03.02.2005, Nr. 46626/99, § 58; EGMR, HADEP and Demir v. Turkey, Urteil vom 14.12 2010, Nr. 28003/03, §§ 69 ff.; EGMR, Republican Party of Russia v. Russia, Urteil vom 12.04.2011, Nr. 12976/07, § 127[]
  176. vgl. EGMR, GK, Refah Partisi and Others v. Turkey, Urteil vom 13.02.2003, Nr. 41340/98 u.a., § 133[]
  177. vgl. EGMR, Parti pour une société démocratique, DTP et autres c. Turquie, Urteil vom 12.01.2016, Nr. 3840/10 u.a., §§ 101 ff.[]
  178. CDL-INF<2000001; vgl. European Commission for Democracy through Law, Venice Commission, Compilation of Venice Commission Opinions and Reports concerning Political Parties, CDL<2013045, S. 38[]
  179. vgl. EGMR, Yazar and Others v. Turkey, Urteil vom 09.04.2002, Nr. 22723/93 u.a., § 51 ff.; EGMR, GK, Refah Partisi and Others v. Turkey, Urteil vom 13.02.2003, Nr. 41340/98 u.a., § 98; EGMR, Herri Batasuna and Batasuna v. Spain, Urteil vom 30.06.2009, Nr. 25803/04 u.a., § 79; EGMR, HADEP and Demir v. Turkey, Urteil vom 14.12 2010, Nr. 28003/03, § 61[]
  180. BVerfGE 104, 214[]
  181. vgl. BVerfGE 104, 214, 218 f.[]
  182. vgl. BVerfGE 104, 214, 218; 129, 300, 317; 135, 259, 282 f. Rn. 38 ff.[]
  183. vgl. Arbeit. Familie. Vaterland. – Das Parteiprogramm der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands, NPD, 2010, S. 5 und 6[]
  184. vgl. Arbeit. Familie. Vaterland., a.a.O., S. 6[][][][]
  185. vgl. Arbeit. Familie. Vaterland., a.a.O., S. 5[][][]
  186. vgl. Arbeit. Familie. Vaterland., a.a.O., S. 6, 12, 13[]
  187. Arbeit. Familie. Vaterland., a.a.O., S. 10[]
  188. Arbeit. Familie. Vaterland., a.a.O., S. 7, 9[]
  189. Arbeit. Familie. Vaterland., a.a.O., S. 11 f.[]
  190. vgl. Arbeit. Familie. Vaterland., a.a.O., S. 12 f.[]
  191. vgl. Arbeit. Familie. Vaterland., a.a.O., S. 16 f.[]
  192. vgl. Arbeit. Familie. Vaterland., a.a.O., S. 18 f.[]
  193. Arbeit. Familie. Vaterland., a.a.O., S.19[]
  194. vgl. dazu BVerfGE 45, 187, 245; 64, 261, 272[]
  195. vgl. Arbeit. Familie. Vaterland., a.a.O., S. 18[]
  196. a.a.O., S. 18 ff.[]
  197. S. 45 der Broschüre „Wortgewandt“[]
  198. S.20 der Broschüre „Wortgewandt“[]
  199. VG Neustadt an der Weinstraße, Beschluss vom 25.03.2011 – 5 L 266/11.NW – 3, 7[]
  200. BVerfGE 83, 37, 51[]
  201. vgl. BVerfGE 83, 37, 51 f.[]
  202. BVerfGE 77, 137[]
  203. vgl. BVerfGE 77, 137, 151[]
  204. vgl. BVerfGE 83, 37, 51[][]
  205. vgl. BVerfGE 77, 137, 150 ff.[]
  206. vgl. Arbeit. Familie. Vaterland., a.a.O., S. 12[]
  207. vgl. Wortgewandt – Argumente für Mandats- und Funktionsträger, S.20[]
  208. vgl. Wortgewandt – Argumente für Mandats- und Funktionsträger, S.19 f.[]
  209. vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19.09.2009 – 3 M 155/09 –19, 24[]
  210. VG Köln, Urteil vom 12.01.2011 – 22 K 3151/08[]
  211. OVG NRW, Beschluss vom 28.09.2012 – 19 A 359/11[]
  212. vgl. Arbeit. Familie. Vaterland., a.a.O., S. 7[][][]
  213. vgl. Arbeit. Familie. Vaterland., a.a.O., S. 8[]
  214. vgl. Weckenbrock, in: Pfahl-Traughber, Jahrbuch für Extremismus- und Terrorismusforschung 2011/2012, Bd. I, 2012, S. 180, 197[]
  215. vgl. Hitler, Mein Kampf, Zwei Bände in einem Band, 1938, S. 428[]
  216. vgl. Hitler, Mein Kampf, Zwei Bände in einem Band, 1938, S. 372[]
  217. vgl. Hitler, Reden, Schriften, Anordnungen: Februar 1925 bis Januar 1933, Bd. IV/2, in: Hartmann, Hrsg., 1996, S. 180[]
  218. vgl. Hitler, Reden, Schriften, Anordnungen: Februar 1925 bis Januar 1933, Bd. II A, in: Weinberg/Hartmann/Lankheit, Hrsg., 1995, S. 23[]
  219. vgl. Joseph Goebbels, Was wollen wir im Reichstag?, 30.04.1928, abgedruckt in: ders., Der Angriff – Aufsätze aus der Kampfzeit, 1935, S. 71[]
  220. vgl. BT-Drs. 18/4301 und BT-Drs. 18/8475, jeweils S. 120[]
  221. Ausgabe 7/2012, S. 3[]
  222. vgl. Ausgabe 1/2013, S. 2[]
  223. vgl. Ausgabe 1/2013, S. 4[]
  224. vgl. Ausgabe 1/2014, S. 4[]
  225. vgl. Ausgabe 1/2012, S. 4[]
  226. vgl. Ausgabe 1/2013, S. 6[]
  227. Ausgabe 10-11/2011, S. 17[]
  228. vgl. BT-Drs. 18/4301, S. 109, BT-Drs. 18/8475, S. 109[]
  229. 2006 bis 2011[]
  230. vgl. Eckert/Müller, in: Nestler/Scheele, Hrsg., Die Kommunalwahlen 2014 in Mecklenburg-Vorpommern, S. 78 f.[]
  231. vgl. Borstel, Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern unter besonderer Berücksichtigung der NPD, S. 24[][]
  232. vgl. Bundesministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2014, S. 40 ff.[]
  233. vgl. Senator für Inneres und Sport Bremen, Verfassungsschutzbericht 2014, S. 26; Hessisches Ministerium des Innern und für Sport, Verfassungsschutz in Hessen 2014, S. 33[]
  234. vgl. Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, Verfassungsschutzbericht Niedersachsen 2014, S. 42[]
  235. vgl. Schleswig-Holsteinischer Landtag, Verfassungsschutzbericht 2014, S. 30[]
  236. vgl. Land Brandenburg, Ministerium des Innern und für Kommunales, Verfassungsschutzbericht 2014, S. 29[]
  237. vgl. Land Brandenburg, Ministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2013, S. 149[]
  238. vgl. Sachsen-Anhalt, Ministerium für Inneres und Sport, Verfassungsschutzbericht 2014, S. 78[]
  239. vgl. Freistaat Thüringen, Verfassungsschutzbericht 2013, S. 22 f.[]
  240. vgl. Borstel, Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern unter besonderer Berücksichtigung der NPD, S. 22[][]
  241. vgl. u.a. Bundesministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2014, S. 40; siehe auch: Verfassungsschutzbericht 2013, S. 86 f.; Innenministerium Baden-Württemberg, Verfassungsschutzbericht 2014, S.201; Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin, Verfassungsschutzbericht 2014, S. 99 f.; Senator für Inneres und Sport Bremen, Verfassungsschutzbericht 2014, S. 26; Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, Verfassungsschutzbericht Niedersachsen 2014, S. 93; Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen, Verfassungsschutzbericht über das Jahr 2014, S. 45 f.; Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur Rheinland-Pfalz, Verfassungsschutzbericht 2014, S. 35; Schleswig-Holsteinischer Landtag, Verfassungsschutzbericht 2014, S. 39[]
  242. vgl. Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen, Verfassungsschutzbericht über das Jahr 2014, S. 45; Schleswig-Holsteinischer Landtag, Verfassungsschutzbericht 2014, S. 31[]
  243. vgl. Land Brandenburg, Ministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2013, S. 36[]
  244. vgl. Ministerium für Inneres und Sport Mecklenburg-Vorpommern, Verfassungsschutzbericht 2013, S. 65[]
  245. vgl. Bundesministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2013, S. 97[]
  246. vgl. Borstel, Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern unter besonderer Berücksichtigung der NPD, S. 44[]
  247. vgl. Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen, Verfassungsschutzbericht über das Jahr 2014, S. 69[]
  248. AG Grevesmühlen, Urteil vom 31.08.2011 – 6 Ds 205/11[]
  249. AG Hannover, Urteil vom 10.11.2000 – 248 Ds 123 b Js 49546/00 –[]
  250. AG Wanzleben, Urteil vom 13.10.1997 – 6 Ds 753 Js 39724/96 –[]
  251. vgl. Nattke, in: Lichdi, Hrsg., Darf die NPD wegen Taten parteiloser Neonazis verboten werden?, 2016, S. 64[]
  252. vgl. Nattke, a.a.O., S. 65[]
  253. vgl. Nattke, a.a.O., S. 71[]
  254. Ausgabe Frühling 2014, S. 4[]
  255. vgl. LG Rostock, Urteil vom 03.05.2012 – 13 KLs 125/11, 14 –[]
  256. vgl. LG Trier, Urteil vom 22.12 2010 – 8033 Js 11972/09.5 KLs –[]
  257. vgl. AG Berlin-Tiergarten, Urteil vom 14.08.2007 –, 216 81 Js 2057/07, 26/07 –[]
  258. vgl. AG Greifswald, Urteil vom 30.06.2014 – 33 Ls 1557/13 –[]
  259. vgl. Borstel, Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern unter besonderer Berücksichtigung der NPD, S. 32[]
  260. AG München, Strafbefehl vom 27.10.2014 – Cs 112 Js 136147/14[]
  261. vgl. AG Hohenstein-Ernstthal vom 30.03.2015 – 1 Ds 120 Js 2411/15 –[]