Elterngeld Plus kann auch dann beansprucht werden, wenn ein Elternteil während der Partnerschaftsbonusmonate für längere Zeit erkrankt und keine Lohnfortzahlung mehr erhält.

Anspruch auf zusätzliche vier Monate Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus haben Eltern nur, wenn beide Elternteile ihr Kind betreuen und gleichzeitig zwischen 25 und 30 Wochenstunden erwerbstätig sind. Während einer Arbeitsunfähigkeit besteht die Erwerbstätigkeit nach den Richtlinien des Bundesfamilienministeriums zum Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) nur bis zum Ende der Lohnfortzahlung weiter.
In dem hier vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall war der Vater kurz nach Beginn der Partnerschaftsbonusmonate erkrankt und über das Ende der Lohnfortzahlung hinaus arbeitsunfähig. Daher hatte die Elterngeldstelle die Leistungsbewilligung aufgehoben und das Elterngeld Plus für die vollen vier Monate vom Kläger zurückgefordert. Die Aufhebung und Rückforderung erfolgten zu Unrecht, wie jetzt das Bundessozialgericht entschied:
Eltern sind auch dann „erwerbstätig“, wenn sie ihre auf die vorgeschriebene Zahl an Wochenstunden festgelegte Tätigkeit während einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit tatsächlich nicht ausüben können, jedoch das Arbeitsverhältnis fortbesteht und die konkrete Tätigkeit voraussichtlich wieder aufgenommen werden wird. Eine andere Auslegung des BEEG widerspricht dem Ziel des Elterngeld Plus, die partnerschaftliche Betreuung des Kindes bei gleichzeitiger Teilzeittätigkeit beider Eltern wirtschaftlich abzusichern. Der Kläger hat damit Anspruch auf Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus, auch wenn er im Bezugszeitraum mehrere Monate arbeitsunfähig ist und nach Auslaufen des Entgeltfortzahlungsanspruchs Krankengeld bezieht.
Anspruch auf vier weitere Monatsbeträge Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus besteht nach § 4 Absatz 4 Satz 3 BEEG1 für jeden Elternteil, wenn beide Elternteile in vier aufeinander folgenden Lebensmonaten gleichzeitig
- nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sind und
- die Voraussetzungen des § 1 BEEG erfüllen.
Letzteres ist hier der Fall. Insbesondere lässt die Unterbrechung der persönlichen Betreuung und Erziehung des gemeinsamen Sohnes durch den Kläger wegen einer viertägigen stationären Behandlung den Leistungsanspruch unberührt (§ 1 Absatz 5 BEEG).
Beide Eltern waren vorliegend auch im vorgeschriebenen Umfang von 25 bis 30 Wochenstunden erwerbstätig. Speziell der Kläger hatte mit seinem Arbeitgeber für den 14. bis 17. Lebensmonat seines Sohnes eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden vereinbart und mit Ausnahme der Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit tatsächlich geleistet. Trotz der Arbeitsunfähigkeit war er „erwerbstätig“ im Sinne von § 4 Absatz 4 Satz 3 Nummer 1 BEEG. An die Richtlinie des Bundesfamilienministeriums zum BEEG, die nach Auslaufen der Entgeltfortzahlung einen Wegfall der Erwerbstätigkeit annimmt, ist der Senat nicht gebunden. Vielmehr ergibt eine Auslegung des § 4 Absatz 4 Satz 3 BEEG, dass Berechtigte auch dann „erwerbstätig“ sind, wenn sie ihre auf die vorgeschriebene Zahl an Wochenstunden festgelegte Tätigkeit während einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit tatsächlich nicht ausüben können, jedoch das Arbeitsverhältnis fortbesteht und die konkrete Tätigkeit voraussichtlich wieder aufgenommen werden wird.
Der Wortlaut der Norm ist für eine solche Auslegung grundsätzlich offen. Der Begriff „erwerbstätig“ ist im BEEG nicht definiert. Auch gibt es keinen feststehenden juristischen Sprachgebrauch, der vorliegend herangezogen werden könnte. Im allgemeinen Sprachgebrauch umschreibt „erwerbstätig“ (jedenfalls auch) eine längerfristige Eigenschaft, zum Beispiel bei der Unterscheidung zwischen Erwerbstätigen und Nichterwerbstätigen. Für einen Fortbestand der Erwerbstätigkeit während vorübergehender Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldbezug spricht in systematischer Hinsicht die im BEEG vorgesehene Anrechnung von Krankengeld auf Elterngeld Plus. Schließlich widerspräche eine Auslegung, nach der die Erwerbstätigkeit und damit der Elterngeldanspruch durch eine vorübergehende krankheitsbedingte Unterbrechung entfiele, dem Ziel des Elterngeld Plus, die Teilzeittätigkeit von Eltern nach der Geburt eines Kindes wirtschaftlich abzusichern. Zugleich minderte ein gegenteiliges Verständnis der Norm die Anreizfunktion des Partnerschaftsbonus deutlich. Dies gilt nach der Lesart der Beklagten insbesondere auch im Hinblick auf Selbstständige, die keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall haben. Bei ihnen ließe schon ein einziger Krankheitstag den Anspruch auf Partnerschaftsbonus entfallen.
Bundessozialgericht, Urteil vom 7. September 2023 – B 10 EG 2/22 R
- in der Fassung des Gesetzes vom 18.12.2014[↩]