Keine Aufrechnung gegen übergegangene Unterhaltsforderungen

Ein Unterhaltsschuldner darf gegen die auf Sozialleistungsträger übergegangenen Unterhaltsansprüche nicht mit privaten Forderungen gegen den Unterhaltsgläubiger aufrechnen.

Keine Aufrechnung gegen übergegangene  Unterhaltsforderungen

In dem jetzt vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ist der Antragsgegner Vater eines nicht ehelich geborenen Kindes. An die Kindesmutter, die von dem Antragsgegner getrennt lebt und das Kind allein betreut, zahlte er während der ersten drei Lebensjahre des Kindes keinen Betreuungsunterhalt. In diesem Zeitraum erbrachte das Jobcenter an die Kindesmutter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitslose in einer Gesamthöhe von 11.678 €. Das Jobcenter verlangt im vorliegenden Verfahren vom Antragsgegner – aus übergegangenem Recht der Kindesmutter – die Zahlung von Betreuungsunterhalt im Umfang der von ihm erbrachten Leistungen. Der Antragsgegner hat gegenüber dem Jobcenter die Aufrechnung mit einer Forderung erklärt, die er gegen die Kindesmutter auf Rückzahlung eines vor der Geburt des Kindes gewährten Darlehens in Höhe von 12.500 € geltend macht.

Sowohl das erstinstanzlich mit der Zahlungsklage befasste Amtsgericht Leipzig wie auch auf die Berufung des Antragsgegners das Oberlandesgericht Dresden haben den Antragsgegner antragsgemäß zur Zahlung von 11.678 € an das Jobcenter verpflichtet1. Hiergegen hat sich der Antragsgegner mit der Rechtsbeschwerde gewandt, die der Bundesgerichtshof jetzt ebenfalls zurückgewiesen hat:

Werden für den Unterhaltsberechtigten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbracht, geht dessen Unterhaltsanspruch kraft Gesetzes auf den Sozialleistungsträger über. Das gesetzliche Verbot, gegen Unterhaltsansprüche mit privaten Forderungen aufzurechnen, knüpft zwar an den zivilprozessualen Pfändungsschutz nach § 850 b Abs. 1 Nr. 2 ZPO an, den ein Sozialleistungsträger – anders als der Unterhaltsberechtigte – nicht benötigt. Durch das Aufrechnungsverbot sollen aber nicht nur die wirtschaftlichen Lebensgrundlagen des Unterhaltsberechtigten, sondern auch die Sozialsysteme geschützt werden, die beim Wegfall dieser Lebensgrundlagen für das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten einzustehen hätten. Könnten sich die Träger der Grundsicherung nicht auf das Aufrechnungsverbot berufen, stünde es dem Unterhaltsverpflichteten frei, den Unterhaltsberechtigten durch Zahlungsverweigerung zur Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu zwingen, um anschließend durch Aufrechnung private Forderungen gegen den Unterhaltsberechtigten zu Lasten der Allgemeinheit beizutreiben. Dies widerspricht auch dem Grundsatz des Nachrangs von Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Weiterlesen:
Innerstaatliche Anwendung unionsrechtlich vollvereinheitlichten Rechts - und der Maßstab der Unionsgrundrechte

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 8. Mai 2013 –XII ZB 192/11

  1. AG Leipzig, Beschluss vom 03.09.2010 – 338 F 1219/10; OLG Dresden, Beschluss vom 06.04.2011 – 24 UF 880/10[]