Regelmäßige Corona-Tests im Schlachthof?

Schlachthöfe, Zerlegebetriebe und fleischverar­beitende Betriebe mit mehr als 100 Beschäftigten grundsätzlich mindestens zwei Mal pro Woche auf Kosten des Betriebsinhabers auf das Coronavirus getestet werden müssen, ist rechtswidrig, weil den jewei­ligen Produktionsbedingungen durch Befreiungstatbestände nicht berücksichtigt werden und es keine Ausnahmeregelungen gibt.

Regelmäßige Corona-Tests im Schlachthof?

Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Münster in dem hier vorliegenden Fall dem Eilantrag eines Fleischverarbeitungsbetriebs aus dem Kreis Warendorf gegen die Allgemein­verfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen zur Vermeidung weiteren Infektions­geschehens in Großbetrieben der Fleischwirtschaft stattgegeben. In der Allgemeinverfügung wird u.a. für Schlachthöfe, Zerlegebetriebe und fleischverar­beitende Betriebe mit mehr als 100 Beschäftigten in der Produktion insbesondere angeordnet, dass die Beschäftigten grundsätzlich mindestens zwei Mal pro Woche auf Kosten des Betriebsinhabers auf das Coronavirus getestet werden müssen.  Dagegen hat sich der Antragsteller vor Gericht gewehrt.

In seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht Münster ausgeführt, dass die auf dem Infektionsschutzgesetz beruhende Allgemeinverfügung al­ler Voraussicht nach (offensichtlich) rechtswidrig sei. Die Gefahrenlage durch die Corona-Pandemie sei zwar allgemein, aber auch konkret in der Fleischindustrie weiterhin als hoch einzustufen.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Münster seien die angeordneten Maßnahmen in Bezug auf den Betrieb der Antragstellerin allerdings nicht erforderlich. Fleischverarbeitungsbetriebe wie derjenige der Antragstellerin dürften nicht, jedenfalls nicht ohne nähere Begründung, mit Schlachthöfen und Zerlegebetrieben gleich­gestellt werden. Es sei von dem Antrags­­gegner nichts Belastbares dazu vorgebracht worden, dass die Gefahrenlage der „Fleischindustrie“ auch auf den Betrieb der Antragstellerin zutreffe. Die Produk­tionsbedingungen der Antragstellerin wichen von den der Allgemein­verfügung zugrunde gelegten ab. Insbesondere werde das bereits zerlegte Fleisch nicht unter denselben „klimatischen“ Bedingungen (Umluft­kühlungen) verarbeitet. Für das Gericht sei nur ersichtlich, dass Schlacht- und Zerlege­betriebe sogenannte Hotspots für Infektions­geschehen darstellen. Der Antragsgegner setze sich durch die genera­lisierende Anordnung somit in Widerspruch zu seiner selbst bekundeten Einschätzung der Gefahrenlage und der zu ihrer Bewältigung einzusetzenden Mittel, keine besonderen Schutz­vorschriften für das gesamte produzierende Gewerbe vorzusehen.

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Darüber hinaus sei die Anordnung auch deswegen rechtswidrig, weil eine ausnahmslose Verpflichtung, ohne die Möglichkeit, den jewei­ligen Produktionsbedingungen durch Befreiungstatbestände Rechnung zu tragen, nicht als notwendig angesehen worden sei. Schließlich falle auch die Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin aus, weil es keine belegbaren Anhaltspunkte für eine besondere Gefährdung der Allgemeinheit durch den Betrieb der Antragstellerin gebe.

Verwaltungsgericht Münster, Beschluss vom 6. August – 5 L 596/20

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