Abänderung eines Versäumnisurteils

Für die Abänderung eines Versäumnisurteils ist gemäß § 323 ZPO nicht auf die Änderung der fingierten, sondern der tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Nur in dem Umfang, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse inzwischen geändert haben, ist eine Abänderung des rechtskräftigen Versäumnisurteils zulässig1.

Abänderung eines Versäumnisurteils

Das Abänderungsverfahren ermöglicht weder eine freie, von der bisherigen Höhe unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung derjenigen Verhältnisse, die bereits im Ersturteil eine Bewertung erfahren haben. Vielmehr besteht die Abänderungsentscheidung in einer unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Anpassung des Unterhalts an veränderte Verhältnisse. Für das Ausmaß der Abänderung kommt es darauf an, welche Umstände für die Bemessung der Unterhaltsrente seinerzeit maßgebend waren und welches Gewicht ihnen dabei zugekommen ist. Auf dieser durch Auslegung zu ermittelnden Grundlage hat der Richter im Abänderungsverfahren unter Berücksichtigung der neuen Verhältnisse festzustellen, welche Veränderung in diesen Umständen eingetreten sind und welche Auswirkungen sich daraus für die Höhe des Unterhalts ergeben2. Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für das Versäumnisurteil, das ebenfalls eine Bindungswirkung entfaltet3.

Die bislang umstrittene Frage, welche Verhältnisse im Sinne von § 323 Abs. 1 ZPO a.F. einem Versäumnisurteil zugrunde liegen, hat der Bundesgerichtshof für den Fall einer Änderung der Einkommensverhältnisse unlängst beantwortet. Danach ist für § 323 ZPO a.F. nicht auf die Änderung der fingierten, sondern der tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Dabei dürfen die Abänderungsgründe nicht vor Ablauf der Einspruchsfrist nach § 339 ZPO entstanden sein (vgl. § 323 Abs. 2 ZPO a.F.). Nur in dem Umfang, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse nach Ablauf dieser Frist inzwischen geändert haben, ist eine Abänderung des rechtskräftigen Versäumnisurteils zulässig4.

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Versorgungsausgleich - und der Anspruch auf Ausgleich von Kapitalzahlungen

Dieses BGH-Urteil erfasst zwar ausdrücklich nur die Fälle einer Änderung der Einkommensverhältnisse4. Die von ihm aufgestellten Grundsätze gelten indes gleichermaßen für die Änderung der Vermögensverhältnisse jedenfalls dann, wenn das Vermögen – wie hier – ratierlich auf die Unterhaltszahlungen umgelegt worden ist.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 2. Juni 2010 – XII ZR 160/08

  1. im Anschluss an BGH, Urteil vom 12.05.2010 – XII ZR 98/08[]
  2. BGH, Urteil vom 29.06.1994 – XII ZR 79/93, FamRZ 1994, 1100, 1101; Zöller/Vollkommer ZPO 28. Aufl. § 323 Rdn. 46 f.; Graba FPR 2008, 100, 104[]
  3. BGHZ 173, 210 = FamRZ 2007, 1459[]
  4. BGH, Urteil vom 12.05.2010 – XII ZR 98/08[][]