Gem. § 314 FamFG kann das Gericht die Unterbringungssache abgeben, wenn der Betroffene sich im Bezirk des anderen Gerichts aufhält und die Unterbringungsmaßnahme dort vollzogen werden soll, sofern sich dieses zur Übernahme des Verfahrens bereiterklärt hat oder die Bereitschaftserklärung im Verfahren nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 FamFG wegen fehlerhafter Ermessensausübung [1] ersetzt wird.

Auf einen „gewöhnlichen Aufenthalt“ der Betroffenen stellt § 314 FamFG gerade nicht ab, es kommt also nicht darauf an, dass die Betroffene im Bezirk des Gerichts, wohin das Verfahren abgegeben werden soll, den Schwerpunkt ihrer Lebensbindungen begründet hat [2]. § 314 erlaubt vielmehr die isolierte Abgabe des Verfahrens über die zivilrechtliche Unterbringung in den Fällen, in denen sich der Betroffene ohne Veränderung seines gewöhnlichen Aufenthalts in einer auswärtigen Einrichtung, einer Klinik oder einem Heim beispielsweise aufhält und dort eine Unterbringungsmaßnahme vollzogen werden soll [3].
Auch wenn § 314 FamFG als Abgabevoraussetzung nicht ausdrücklich einen wichtigen Grund nennt, ist die Abgabe aufgrund der allgemeinen Regelung in § 4 Abs. 1 FamFG nur dann gerechtfertigt, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt, dabei ist vorrangig auf das Wohl des Betroffenen abzustellen [4]. Für die Beurteilung des wichtigen Grundes maßgeblich sind Gesichtspunkte, die eine leichtere und zweckmäßige Führung des Verfahrens in den Vordergrund stellen. Mit der Möglichkeit der Abgabe allein des Unterbringungsverfahrens bei anhängiger Betreuung wollte der Gesetzgeber verhindern, dass für das an sich zuständige Gericht, insbesondere für die Anhörung des Betroffenen, der Aufwand der persönlichen Anhörung unverhältnismäßig wird [5]. Der Zweck, eine kurzfristige Anhörung durch den Richter des ortsnahen Gerichts zu ermöglichen, dient nicht nur der Effektivität der gerichtlichen Verfahrensführung, indem zeitaufwändige Reisen des Richters zur auswärtigen Unterbringungseinrichtung vermieden werden, sondern zielt maßgebend auch auf den Schutz des Betroffenen, weil auf diese Weise sein Zugang zu einer richterlichen Entscheidung erleichtert wird und im Übrigen den Vorgaben des § 319 Abs. 4 FamFG Rechnung getragen wird, wonach Verfahrenshandlungen wie eine persönliche Anhörung vor einer Unterbringungsmaßnahme nicht im Wege der Rechtshilfe erfolgen sollen [6].
Abzuwägen sind insbesondere die widerstreitenden Interessen, einerseits der Gedanke der Entscheidungskonzentration von Betreuung und Unterbringung bei einem Gericht, der regelmäßig dem die Betreuungssache führenden Gericht den Vorrang geben wird, andererseits die Interessen der betroffenen Person an der schnellen und unaufwändigen Beteiligung im Unterbringungsverfahren [7], wobei weiter zu berücksichtigen sein wird, wo der Schwerpunkt der Aufgaben des Betreuers liegen wird.
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist im hier entschiedenen Fall der Teilabgabe des Unterbringungsverfahrens an das Amtsgericht Bühl Vorrang zu geben. Da die Unterbringung vom Sachverständigen für ein Jahr für erforderlich gehalten und soweit auch genehmigt worden ist, ist davon auszugehen, dass es zumindest für die nächsten Monate bei der Unterbringung der Betroffenen in der Einrichtung in O. bleiben wird. Aufgrund der schweren Erkrankung der Betroffenen und ihres schwankenden Gesundheitszustandes ist davon auszugehen, dass sich die Frage einer Verlängerung der Unterbringung wie auch sonstiger erforderlicher Kontakte zum Gericht vorrangig im Bezirk des Amtsgerichts stellen werden, in dem die Unterbringungseinrichtung liegt. Da die Entfernung zwischen dem Ort der Unterbringung und dem derzeit noch zuständigen Amtsgericht Freiburg ca. 100 km beträgt, die zwischen dem Amtsgericht Bühl und der Unterbringungseinrichtung jedoch lediglich knapp 7 km, es sich auch nicht um benachbarte Amtsgerichtsbezirke handelt, sollte der kurzen Entfernung zwischen Unterbringungseinrichtung und zuständigem Amtsgericht der Vorzug gegeben werden.
Nachdem die Betroffene nur über ein Kleinstvermögen an Erspartem verfügt, wird auch der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Betreuers in Entscheidungen aus dem Bereich der Gesundheitsfürsorge und damit in der Kontaktpflege am jetzigen Aufenthaltsort der Betroffenen und nicht im Bezirk des Amtsgerichts Freiburg liegen, mit dem die Betroffene lediglich die Lage des Wohnhauses ihrer Eltern verbindet.
Im Übrigen lassen es die jeweiligen Anlässe, die eine Unterbringung bisher auslösten (z.B. heftigste Auseinandersetzungen mit den Eltern, Bedrohung des Vaters), fraglich erscheinen, ob der Betroffenen eine Rückkehr in ihr Elternhaus je möglich sein wird.
Allerdings ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Führung des Betreuungs- und des Unterbringungsverfahrens in der Hand eines Gerichts insbesondere wegen des Informationsaustausches und der persönlichen Kenntnis grundsätzlich zu begrüßen ist. Im Hinblick auf die bereits bestehende angeordnete Dauer der Genehmigung und die Ausführungen des Sachverständigen zur Erforderlichkeit spricht hier aber vieles dafür, dass es erstrebenswert ist, Betreuungs- und Unterbringungsverfahren einheitlich beim Amtsgericht Bühl zu führen. Soweit dies im Hinblick auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Betroffenen, der derzeit noch in ihrem Elternhaus anzunehmen ist, nicht möglich ist, ist in deren Interesse wenigstens die Teilabgabe geboten.
Der Annahme dieser Abgabemöglichkeit steht nicht entgegen, dass die Betroffene zunächst im Zentrum für Psychiatrie in E., also einer Einrichtung im benachbarten Bezirk des Amtsgerichts Freiburg untergebracht war und das Amtsgericht Freiburg insoweit eine Abgabe nicht in Betracht gezogen hat. Im Hinblick auf die kurze Entfernung zwischen Freiburg und E. wäre gem. § 314 FamFG eine Abgabe auch nicht gerechtfertigt gewesen. Dass die Abgabemöglichkeit bei einer Verlegung in eine weit entfernte Unterbringungseinrichtung nicht mehr bestehen soll – so ohne weitere Begründung wohl Roth in Prütting/Helms, FamFG 2. Aufl. § 314 Rdn. 2)) – lässt sich weder den Gesetzesmaterialien zu dem nahezu gleichlautenden § 70 Abs. 3 FGG noch dem Zweck der Norm des § 314 FamFG entnehmen. Der Gesetzgeber hat vielmehr für das FGG-RG im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 07.09.2007 [8] für den Regelungsinhalt des § 314 ausdrücklich auf den bisherigen Regelungsinhalt des § 70 Abs. 3 Satz 1 1. Hs. FGG verwiesen.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 5. November 2013 – 11 AR 7/13
- Schmidt-Recla in MünchKomm, 2. Aufl., § 314 FamFG, Rn. 5[↩]
- vgl. KG FamRZ 2010, 1844[↩]
- vgl. Budde in Keidel, FamFG 17. Aufl. § 314 Rdn. 1[↩]
- vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 04.03.2011 – 9 AR 3/11[↩]
- vgl. Gesetzentwurf des Bundesrates zum Betreuungsrechtsänderungsgesetz vom 12.02.2004, BT-Drs. 15/2494 S. 43[↩]
- vgl. dazu Budde a.a.O. § 314 Rdn. 4[↩]
- vgl. Schmidt-Recla in MünchKomm-FamFG 2. Aufl.2013 § 314 Rdn. 3[↩]
- BT-Drs. 16/6308, S. 273[↩]