Stiefkindadoption in der Lebenspartnerschaft

Das Bundesverfassungsgerichts wird sich derzeit nicht mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen des Lebenspartnerschaftsgesetzes zum Adoptionsrecht der Lebenspartner befassen. Eine entsprechende Richtervorlage des Amtsgerichts Schweinfurt zu § 9 Abs. 7 LPartG wies das Bundesverfassungsgericht jetzt als unzulässig zurück.

Stiefkindadoption in der Lebenspartnerschaft

In dem Ausgangsverfahren vor dem Amtsgericht Schweinfurt will eine Frau das im Juli 2006 geborene Kind ihrer Lebenspartnerin adoptieren. Das zuständige Jugendamt befürwortete in seiner Stellungnahme unter Kindeswohlgesichtspunkten die beabsichtigte Adoption, nachdem sowohl die Kindesmutter als auch der Kindesvater eingewilligt hatten. Das zuständige Amtsgericht Schweinfurt hat das Adoptionsverfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die für die Entscheidung relevante Frage vorgelegt, ob § 9 Abs. 7 Satz 2 LPartG in Verbindung mit § 1754 Abs. 1, Abs. 3 BGB insoweit mit Art. 6 Abs. 2 GG vereinbar ist, als einem Lebenspartner bei der Annahme des leiblichen Kindes des anderen Lebenspartners eine dem leiblichen Elternteil gleiche Rechtsstellung zu dem Kind eingeräumt wird.

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hielt diese Vorlage des Amtsgerichts Schweinfurt nun für unzulässig. Die für eine Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG erforderlichen Formalien seien nicht eingehalten, so die Karlsruher Verfassungsrichter in ihren Entscheidungsgründen. Insbesondere lasse sich dem Beschlusstenor nicht entnehmen, welcher Richter den Beschluss getroffen hat. Außerdem sei der Beschluss im Original nicht unterschrieben.

Abgesehen davon genügt der Beschluss nach Ansicht des BVerfG nicht dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG. Das Amtsgericht ist weder auf die Entstehungsgeschichte von Art. 6 GG noch auf einen möglichen, auf die Interpretation von Art. 6 GG Einfluss nehmenden Wandel des Rechtsverständnisses von Elternschaft eingegangen. Die Vorlage setzt sich zudem nur ungenügend mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und den in der Literatur vertretenen Auffassungen zu der Frage, wer Träger des Elternrechts sein kann, auseinander.

Weiterlesen:
Auskunftspflicht, die zu ihrer Erfüllung erforderlichen Reisekosten - und die Beschwer

Soweit das Amtsgericht meint, die Norm sei verfassungswidrig, weil sie gegen das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verstoße, indem durch den Verweis auf § 1754 Abs. 1, Abs. 3 BGB der annehmende Lebenspartner dem leiblichen Elternteil des Kindes gleichgestellt werde, geht das Amtsgericht nicht darauf ein, dass die Gleichstellung des Annehmenden mit dem leiblichen Elternteil nicht nur bei Annahme eines Kindes durch einen Lebenspartner erfolgt, sondern auch bei Annahme durch einen Ehepartner.

Auch fehlt der Richtervorlage nach Ansicht des BVerfG eine Auseinandersetzung damit, dass für die Vermittlung des Elternrechts neben der biologischen Abstammung auch rechtlichen und sozialen Tatbeständen Bedeutung beigemessen werden kann1, die Elternstellung zu einem Kind im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG damit nicht allein durch die Abstammung, sondern auch aufgrund der sozial-familiären Verantwortungsgemeinschaft vermittelt wird2, diese gleichermaßen den Gehalt von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ausmacht3 und dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die leibliche Elternschaft gegenüber der rechtlichen und sozial-familiären Elternschaft keine Vorrangstellung einnimmt4.

Soweit das Amtsgericht seine Annahme von der Verfassungswidrigkeit der Regelungen zur Stiefkindadoption eines Lebenspartners auf die Erwägung stützt, Eltern eines Kindes könnten nur dessen Mutter und Vater sein und sich dabei auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. April 20035 stützt, verkennt es, dass sich das Bundesverfassungsgericht darin nicht mit der Frage der zwischen den Eltern bestehenden Geschlechterkonstellation, sondern mit der Begrenzung der Trägerschaft des Elternrechts befasst hat. Schließlich zieht das Gericht nicht in seine Erwägungen mit ein, dass Träger des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG nicht die Eltern als Gemeinschaft sind, sondern jeder Elternteil für sich6. Etwaigen Folgerungen hieraus für die Frage, wer unter welchen Voraussetzungen Träger des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG sein kann, geht das Amtsgericht nicht nach, so der weitere Rüffel aus Karlsruhe an der Richtervorlage.

Weiterlesen:
Der Verfahrenspfleger und die Feststellung der Erforderlichkeit anwaltsspezifischer Tätigkeit

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10. August 2009 – 1 BvL 15/09

  1. vgl.BVerfGE 92, 158 <178>[]
  2. vgl. BVerfGE 56, 363 <382>; 61, 358 <372>; 103, 89 <107>[]
  3. vgl. BVerfGE 108, 82 <101, 106>[]
  4. vgl. BVerfGE 108, 82 <105 f.>[]
  5. BVerfGE 108, 82[]
  6. vgl.BVerfGE 47, 46 <76>; 99, 145 <164>[]