Ausgleichsrente und Unterhaltsleistung

Unterhaltsleistungen des Ausgleichspflichtigen sind bei der Berechnung der Ausgleichsrente nach § 20 Abs. 1 VersAusglG zu berücksichtigen.

Ausgleichsrente und Unterhaltsleistung

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt, soweit Unterhalt für eine Zeit geleistet worden ist, für die dem Unterhaltsberechtigten nachträglich eine Ausgleichsrente bewilligt wird, ein auf Treu und Glauben beruhender Anspruch auf Erstattung eines Teils der Rentennachzahlung in Betracht. Dieser Erstattungsanspruch besteht unabhängig von dem Erfolg einer etwaigen Abänderungsklage, weil nicht der bereits geleistete Unterhalt, sondern ein Teil der Rentennachzahlung zu erstatten ist1.

Hat der an sich unterhaltsberechtigte Ehegatte gegen seinen geschiedenen Ehegatten einen Anspruch auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich, so mindert die Zahlung der Ausgleichsrente die Leistungsfähigkeit des Ausgleichspflichtigen sowie die Bedürftigkeit des Ausgleichsberechtigten mit der Folge, dass ein Unterhaltsanspruch nicht mehr bzw. nur in verminderter Höhe besteht2.

Hat der Ausgleichspflichtige nach Fälligkeit des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs dennoch Unterhalt gezahlt, kann er in Ansehung der Ausgleichsrente zu viel geleisteten Unterhalt nach Bereicherungsrecht zurückfordern. Ist der Unterhalt tituliert, kann allerdings nicht ohne Weiteres kondiziert werden; vielmehr ist der Wegfall bzw. die Verringerung der Unterhaltspflicht erst im Wege der Abänderungsklage geltend zu machen3.

Hat der im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich Ausgleichspflichtige Leistungen auf einen Unterhaltstitel erbracht, erscheint es indes regelmäßig unbillig, ihn auf einen Bereicherungsanspruch zu verweisen, den er erst nach erfolgreicher Abänderungsklage realisieren kann. Der Ausgleichspflichtige müsste in diesem Fall zunächst die rückständige Ausgleichsrente in voller Höhe leisten, obwohl er keine Gewissheit hätte, seine Ansprüche auf Rückzahlung des zu viel gezahlten Unterhalts später auch durchsetzen zu können. Insbesondere hätte der Ausgleichspflichtige das volle Vollstreckungsrisiko zu tragen. Auf diese Weise bestünde die Gefahr, dass der Ausgleichspflichtige insoweit, als die Zahlung der Ausgleichsrente die Unterhaltspflicht entfallen lässt, im Ergebnis doppelt belastet wird, während der Ausgleichsberechtigte doppelte Leistungen erhält.

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Diesem treuwidrigen Ergebnis gilt es dergestalt entgegenzuwirken, dass dem Ausgleichspflichtigen nach Zahlung der rückständigen Ausgleichsrente ein aus Treu und Glauben folgender Anspruch auf Erstattung eines Teils der gezahlten Rente eingeräumt wird, dessen Höhe sich danach bemisst, inwieweit sich der Unterhaltsanspruch ermäßigt hätte, wenn die Rente schon während des fraglichen Zeitraums gezahlt worden wäre4. Da der Ausgleichspflichtige demnach die auf die rückständige Rente zu erbringenden Zahlungen in der fraglichen Höhe sofort nach Zahlung zurückfordern könnte, kann er in Höhe des zu viel geleisteten Unterhalts dem Anspruch auf schuldrechtliche Ausgleichsrente des Ausgleichsberechtigten den dolo-agit-Einwand entgegenhalten5.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 22. April 2013 – 10 UF 159/12

  1. vgl. zum Vorstehenden: BGH, FamRZ 2011, 706, 712 Rn 72ff; BGH, FamRZ 2005, 1479, 1480f m.w.N.[]
  2. vgl. BGH, FamRZ 2011, 706, 712 Rn 78 m.w.N.; Holzwarth, in: Johannsen/Henrich, a.a.O., § 20 VersAusglG Rn 12[]
  3. vgl. BGH, FamRZ 2011, 706, 712 Rn 77; BGH, FamRZ 2005, 1479, 1480[]
  4. vgl. BGH, FamRZ 2011, 706, 712 Rn 78f; BGH, FamRZ 2005, 1479, 1480f, m.w.N.[]
  5. vgl. BGH, FamRZ 2011, 706, 712 Rn 79; OLG Frankfurt, FamRZ 2004, 28, 30; Palandt-Brudermüller, a.a.O., § 20 VersAusglG Rn 12[]