Auskunftspflicht bei illoyalen Vermögensminderungen

§ 1379 BGB in der seit 1. September 2009 geltenden Fassung erstreckt die Auskunftspflicht auch auf illoyale Vermögensminderungen im Sinne des § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB. Allerdings hat der Auskunftsberechtigte nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB – wie bisher nach § 242 BGB – konkrete Tatsachen vorzutragen, die ein unter § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB fallendes Handeln nahelegen. Das gilt jedenfalls dann, wenn und soweit er Auskunft für die Zeit vor der Trennung begehrt.

Auskunftspflicht bei illoyalen Vermögensminderungen

Die im Rahmen des Zugewinnausgleichs bestehende Auskunftspflicht ist in § 1379 BGB geregelt.

Gemäß § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 31.08.2009 geltenden Fassung war jeder Ehegatte verpflichtet, nach Beendigung des Güterstandes dem anderen Ehegatten über den Bestand seines Endvermögens Auskunft zu erteilen.

Nach der zu dieser Norm ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erstreckt sich dieser Auskunftsanspruch indes nicht auf illoyale Vermögensminderungen, die nach § 1375 Abs. 2 BGB dem Endvermögen hinzuzurechnen sind1. Vielmehr wird den Interessen des ausgleichsberechtigten Ehegatten durch den Auskunftsanspruch genügt, den die Rechtsprechung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben bei den Rechtsverhältnissen angenommen hat, deren Natur es mit sich bringt, dass der Berechtigte entschuldbar über das Bestehen und den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, während der Verpflichtete die Auskunft unschwer erteilen kann2. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der die Auskunft beanspruchende Ehegatte konkrete Anhaltspunkte für ein Handeln im Sinne des § 1375 Abs. 2 BGB vorträgt1.

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Nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB in der ab 1.09.2009 geltenden Fassung kann jeder Ehegatte ab den dort näher bezeichneten Zeitpunkten von dem anderen Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung (Nr. 1) oder Auskunft über das Vermögen verlangen, soweit es für die Berechnung des Anfangs- und Endvermögens maßgeblich ist (Nr. 2).

Ob bzw. unter welchen Voraussetzungen § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB nF damit auch einen Auskunftsanspruch über Vermögensbestandteile enthält, die nach § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB dem Endvermögen hinzuzurechnen sind (illoyale Vermögensminderungen), ist streitig3.

Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung bezieht sich der Auskunftsanspruch auch auf illoyale Vermögensminderungen, ohne dass der Auskunftsberechtigte als Anspruchsvoraussetzung konkrete Anhaltspunkte für ein unter § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB fallendes Handeln des Auskunftspflichtigen darlegen müsse4.

Nach der Gegenansicht erfasst § 1379 BGB schon dem Grunde nach keine Verpflichtung, über illoyale Vermögensminderungen Auskunft zu erteilen. Eine entsprechende Auskunftspflicht ergebe sich nach wie vor nur aus § 242 BGB5.

Nach einer differenzierenden Auffassung erstreckt sich die Auskunftspflicht nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB zwar auch auf illoyale Vermögensminderungen im Sinne von § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB als Berechnungselemente des Anfangs- bzw. Endvermögens. Es bedürfe jedoch – wie bislang zu § 242 BGB – eines Vortrages des Auskunftsberechtigten zu konkreten Tatsachen, die ein unter § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB fallendes Handeln nahelegten6.

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Der Bundesgerichtshof folgt im Ausgangspunkt der letztgenannten Auffassung.

Dafür, dass § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber der früheren Fassung eine erweiterte Auskunftspflicht umfasst, spricht bereits sein Wortlaut. Nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB kann der Ehegatte Auskunft über das Vermögen verlangen, soweit es für die Berechnung des Anfangs- und Endvermögens maßgeblich ist. Damit umfasst der Tatbestand auch Auskünfte zu vermögensbezogenen Vorgängen, wie sie von § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB umfasst werden. Demgegenüber war nach § 1379 BGB aF die Auskunft auf das Endvermögen beschränkt2.

Diese Auslegung wird auch von den Gesetzesmaterialien bestätigt. Nach der Entwurfsbegründung schließt der Anspruch aus § 1379 BGB Auskünfte über Vermögensbestandteile ein, die nach § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB dem Endvermögen hinzuzurechnen seien7.

Allerdings hat der Auskunftsberechtigte – wie bisher nach § 242 BGB – konkrete Tatsachen vorzutragen, die ein unter § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB fallendes Handeln nahelegen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Auskunftsberechtigte – wie hier – nicht nur Auskunft für die Zeit nach der Trennung begehrt8. Freilich dürfen auch hier – wie bei dem Anspruch aus § 242 BGB – an den Vortrag ausreichend konkreter Verdachtsgründe keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden9.

Zwar verhält sich die Gesetzesbegründung nicht dazu, dass konkrete Anhaltspunkte i.S.d. § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB zu benennen sind. § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB ist jedoch in diesem Sinne einschränkend auszulegen.

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Grundsätzlich trägt jeder Beteiligte in Familienstreitsachen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Tatbestand der ihr günstigen Rechtsnorm erfüllt ist10. Soweit das Gesetz keine besonderen Anforderungen an den Anspruch stellt, wie etwa § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB für die Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung, bedarf es eines über das Vorliegen der allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen hinausgehenden Vortrages seitens des Auskunftsberechtigten nicht. Setzt der konkrete (Auskunfts-)Anspruch indes die Erfüllung weiterer besonderer Tatbestandsmerkmale voraus, wie etwa die Maßgeblichkeit für die Berechnung des Endvermögens in § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB, sind diese vom Anspruchsteller darzulegen. Begehrt also ein Ehegatte – wie hier – Informationen über den Verbleib eines bestimmten Geldbetrages, der möglicherweise nach § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB dem Endvermögen hinzuzurechnen ist, so hat er zumindest konkrete Anhaltspunkte dafür vorzutragen, dass eine solche Hinzurechnung in Betracht kommt.

Eine Ausnahme davon hat der Gesetzgeber in § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB nF geregelt. Danach hat der auskunftspflichtige Ehegatte darzulegen und zu beweisen, dass die Vermögensminderung nicht auf Handlungen im Sinne des § 1375 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BGB zurückzuführen ist, wenn das Endvermögen dieses Ehegatten geringer als das Vermögen ist, das er in der Auskunft zum Trennungszeitpunkt angegeben hat. Sinn dieser Regelung ist es, den anderen Ehegatten nach erfolgter Trennung zu schützen. Denn zum einen wird es häufig erst nach der Trennung der Parteien zu Vermögensminderungen im vorgenannten Sinne kommen. Zum anderen hat der auskunftsberechtigte Ehegatte nach der Trennung – anders als während des Zusammenlebens11 – regelmäßig keine Möglichkeit mehr, die durch den anderen Ehegatten veranlasste Vermögensbewegung nachzuvollziehen.

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Aus dem Umkehrschluss zu der vorgenannten Ausnahmeregelung folgt, dass es für die Zeit des Zusammenlebens der Eheleute bei den allgemeinen Darlegungsanforderungen sein Bewenden hat. Andernfalls träfe den auskunftspflichtigen Ehegatten eine schwer eingrenzbare Auskunftspflicht; er müsste eigenes früheres, ihn gegebenenfalls belastendes Tun aus der Zeit des Zusammenlebens offenbaren. Die Offenbarung aller möglicherweise für die Beurteilung einer Vermögensminderung nach § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB bedeutsamen Umstände fiele zudem gewöhnlich in eine Zeit erhöhter Spannung nach der Trennung, trüge zu ihrer Vertiefung bei und begründete die Gefahr uferloser Streitigkeiten bis hin zu Strafanzeigen12.

Ein Verzicht auf die Darlegung konkreter Anhaltspunkte liefe zudem darauf hinaus, dass die gesamte Ehezeit hinsichtlich möglicherweise nach § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB einschlägigen Vermögensverfügungen seitens des Auskunftspflichtigen aufgearbeitet werden müsste, ohne dass es auf den Wert der jeweiligen Vermögensverfügung ankäme. Dies würde den Grundsätzen des Zugewinnausgleichs widersprechen, wonach sich dessen Berechnung an konkreten Zeitpunkten orientiert13.

Schließlich dürfte dem Auskunftsberechtigten ein von der Darlegung konkreter Anhaltspunkte losgelöster Auskunftsanspruch über den Verbleib von Vermögensgegenständen im Ergebnis keinen spürbaren Vorteil verschaffen. Orientiert sich der Auskunftsantrag bloß am Gesetzeswortlaut des § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB, ist er zu unbestimmt; ein entsprechender Titel wäre auch nicht vollstreckbar. Im Übrigen stünde es im Belieben des Schuldners, die Voraussetzungen des § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB für sich (negativ) zu beantworten14. Dieses Problem wäre nur dadurch zu lösen, dass ein konkreter Antrag gestellt werden müsste, der wiederum entsprechenden Vortrag seitens des Auskunftsberechtigten voraussetzte.

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Zutreffend hat das Kammergericht darauf verwiesen, dass neben § 1379 BGB dem Grunde nach auch § 1353 Abs. 1 BGB eine Auskunftspflicht der Ehegatten untereinander enthält15. Allerdings entfällt die Unterrichtungspflicht nach § 1353 Abs. 1 BGB mit dem Scheitern der Ehe16, von dem hier im Hinblick auf die langjährige Trennungszeit zweifelsfrei auszugehen ist.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15. August 2012 – XII ZR 80/11

  1. BGH, Urteile vom 09.02.2005 – XII ZR 93/02, FamRZ 2005, 689, 690; und vom 19.04.2000 – XII ZR 62/98, FamRZ 2000, 948, 950; BGHZ 82, 132 = FamRZ 1982, 27, 28[][]
  2. BGHZ 82, 132 = FamRZ 1982, 27, 28[][]
  3. s. Jaeger FPR 2012, 91, 93 mit einem Überblick zum Meinungsstand[]
  4. MünchKomm-BGB/Koch 5. Aufl. § 1379 Rn. 13 a f.; Schwab Handbuch des Scheidungsrechts 6. Aufl. VII Rn. 332; Palandt/Brudermüller BGB 71. Aufl. § 1379 Rn. 2[]
  5. Johannsen/Henrich/Jaeger Familienrecht 5. Aufl. § 1379 BGB Rn. 3; Rakete-Dombek FPR 2009, 270, 271 f.; Büte FF 2010, 279, 290; vgl. auch Hoppenz Familiensachen 9. Aufl. § 1379 Rn. 9[]
  6. vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2011, 568; FAFamR/Heintschel-Heinegg 8. Aufl. Kap. 9 Rn. 149[]
  7. BT-Drucks. 16/10798 S. 18[]
  8. vgl. insoweit § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB[]
  9. vgl. BGH, Urteil vom 09.02.2005 – XII ZR 93/02, FamRZ 2005, 689, 690 mwN[]
  10. vgl. Reichold in Thomas/Putzo ZPO 33. Aufl. Vorbem. § 284 Rn. 23[]
  11. vgl. BT-Drucks. 16/10798 S. 33[]
  12. vgl. BGHZ 82, 132 = FamRZ 1982, 27, 28[]
  13. vgl. auch Braeuer FamRZ 2010, 773, 775 f.[]
  14. Braeuer FamRZ 2010, 773, 775[]
  15. zuletzt BGH, Urteil in BGHZ 186, 13 = FamRZ 2011, 21 Rn.19[]
  16. Büte FF 2010, 279, 291 mwN[]
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